Autor Thema: Besseres Rollenspiel  (Gelesen 2424 mal)

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Besseres Rollenspiel
« am: 23.06.2004 | 15:31 »
4 Tipps: besseres Rollenspiel

Jeder ambitionierte Spielleiter kennt dieses Leid: Du engagierst dich, versuchst Atmosphäre zu erzeugen, Stimmung aufkommen zu lassen, die Spielwelt und ihre Bewohner so anschaulich wie möglich durch engagiertes Rollenspiel darzustellen und dann ruiniert ein Spieler alles mit einem einfachen Satz: "Mein Zwerg geht zu deinem Krieger und fragt ihn, ob er da ein magisches +5-Schwert auf dem Rücken hat."

Sieh's ein: Deine Rollenspielrunde wird nur dann zu einem gelungenen Erlebnis, wenn nicht nur du, sondern auch deine Spieler sich ins Zeug legen und gutes Rollenspiel leisten.

Aber - was ist gutes Rollenspiel?

Wenn du unzufrieden damit bist, wie deine Spieler ihre Charaktere darstellen und am Spielgeschehen teilnehmen, ist der erste Schritt zur Veränderung die Frage, was du eigentlich unter gutem Rollenspiel verstehst. Was gutes Rollenspiel ist, steht in den wenigsten Rollenspiel-Regelwerken geschrieben - und das mit gutem Grund: Nur du kannst entscheiden, was für dich das Maß der Dinge ist.

Solltest du also feststellen, dass du mit dem Rollenspiel deiner Spieler unzufrieden bist, musst du dir zuerst folgende, alles entscheidende Frage stellen:

Sind deine Spieler ebenfalls unzufrieden?

Unter Umständen gefällt ihnen der Mangel an Atmosphäre. Nicht jeder legt Wert auf schauspielerische Höchstleistung (oder auch minimale Leistungen). Vielleicht stehst du mit deinem Gefühl alleine da. Zugegeben, dieser Fall ist eher selten, kommt aber vor. Hier solltest du eine grundlegende Entscheidung treffen: Du musst dich entweder mit den Verhältnissen arrangieren und deine Spieler akzeptieren wie sie sind oder dir eine neue Rollenspielrunde suchen, die eher deinen Vorstellungen entspricht.

Manchmal sind Spieler aber nur scheinbar mit der Art und Weise, wie sie ihre Charaktere darstellen, zufrieden. In Wirklichkeit trauen sie sich nicht, Kritik zu äußern oder sind auf unbestimmte Weise unzufrieden - sie können also nicht sagen, was sie stört, da ihnen Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Sie schweigen deswegen lieber, anstatt einfach zu meckern.

In jedem Fall lohnt es sich, mal ein wenig zu experimentieren und die Grenzen deiner Spieler zu erkunden. Vielleicht schaffst du es, das Rollenspiel-Niveau in deiner Runde zu steigern, sodass der Spielspaß gesteigert wird.

1. Such dir ein neues Rollenspiel

Beginne eine vollkommen neue Kampagne mit einem Rollenspiel, das deine Gruppe nicht kennt. Wähle auch eine neue Spielwelt. Auf dieser Basis lassen sich am ehesten neue Wege gehen, weil deine Spieler sich sowieso auf neue Gegebenheiten einstellen müssen. Das angestammte Rollenspiel hat einfach zu viele Gewohnheiten in den Köpfen deiner Spieler verfestigt, die bereit unbewusst ins Spiel einfließen und gegen die du nur schwer ankommst.

Der Ausflug in ein neues Regelwerk und eine neue Spielwelt muss ja nicht bedeuten, dass die lieb gewonnene Kampagne aufgegeben werden muss. Du kannst später wieder zu ihr zurückkehren und die neuen Erfahrungen und den neuen Stil deiner Spieler in dein Lieblingsspiel einbringen.

2. Spiele ohne Regeln

Wenn es dein Ziel ist, deine Spieler davon abzubringen, ständig in Regeln, Charakterklassen und Angriffsboni zu denken, dann spiele einfach mal ein Abenteuer ganz ohne Regeln. Am besten eignet sich dazu die erste Sitzung mit einem neuen Rollenspiel. Lass deine Spieler ihre Charaktere nur als Persönlichkeiten entwerfen, ganz ohne Spielwerte (Attribute, Fertigkeiten usw.).

Am besten eignen sich für solche Experimente Detektiv-Abenteuer, in denen die Spieler sowieso auf ihre eigenen Fähigkeiten angewiesen sind. Lass lieber keine Kämpfe stattfinden.

Es gibt viele Strategien, wie man Kämpfe vermeide kann. Kommt es doch zu einem Kampf, wirf eine Münze oder entscheide einfach, wer den Kampf gewinnt. Auf diese Weise signalisierst du, dass in diesem Abenteuer Kämpfe nicht von Interesse sind. Deine Spieler werden den Hinweis schnell begreifen - wenn sie an einer Verbesserung ihres Rollenspiels Interesse haben.

Natürlich darf ein Abenteuer auch ohne Würfel nicht langweilig werden. Das Geheimnis einer guten Rollenspielrunde ohne Regeln lautet: Interaktion. Bereite die Nichtspielercharaktere besonders gut vor. Du musst sie überzeugend, originell und unterhaltsam darstellen, also selbst schauspielerische Leistung erbringen, um mit deinem Enthusiasmus deine Spieler anzustecken - ansonsten wird das Experiment misslingen. Hab keine Angst vor Fehlern oder peinlichen Situationen, schließlich spielst du ja mit deinen Freunden. Wenn die Sache in die Hose geht, werden sie's dir verzeihen.

3. Spieler kritisieren Spieler

Wenn du mit deiner Spielrunde unzufrieden bist, gibt es subtile Möglichkeiten, deinen Frust zu äußern.

Es ist kein guter Weg, wenn du dich als Spielleiter hinstellst und deiner Unzufriedenheit in Form von Kritik äußerst. Selbst wenn sie noch so freundlich verpackt ist, besteht nicht nur die Gefahr, dass deine Spieler sie übel nehmen. Auch wenn du besonders aufmerksame Spieler hast, die gerne eine Anregung von dir aufnehmen, wird diese Kritik nicht besonders fruchtbar sein - denn sie kommt von außen, von dir.

Ein besserer Weg ist, die Erkenntnis, das etwas am Spielstil geändert werden muss, in den Spielern selbst wachsen zu lassen. Lass dazu deine Spieler einfach mal eine Charakterisierung ihrer Mitstreiter verfassen. Wie sehen die Spieler die Charaktere ihrer Mitspieler? Wie würden sie deren Persönlichkeiten beschreiben? Was haben sie bislang von ihrem Aussehen, ihrer Hintergrundgeschichte und ihren Vorlieben und Abneigungen mitbekommen? Wie verstehen sich die Charaktere untereinander, was halten sie voneinander?

Sollte bei dieser gegenseitigen Beurteilung der Spieler untereinander herauskommen, dass die Spieler nicht mal die Namen der Charaktere ihrer Mitspieler kennen, dann werden sie wohl selbst beschämt erkennen, dass sie an ihrem Rollenspiel etwas ändern müssen.

Achte aber darauf, dass du subtil vorgehst. Gib deinen Spielern einfach am Ende eines Spielabends die kleine Hausaufgabe, eine kurze Beschreibung der Charaktere in der Gruppe anzufertigen. Gib ihnen am besten eine kleine Checkliste (s. u.), in die sie nur einzelne Punkte eintragen müssen oder versorge sie mündlich mit ein paar Stichworten, die sie beachten sollen.

Gib später jedem Spieler die Beschreibungen seines Charakters, die die anderen Spieler angefertigt haben. Auf diese Weise lernen die Spieler voneinander, welche Defizite ihre Darstellung aufweist und wie Weit ihre Vorstellung von den Eindrücken der anderen entfernt ist. Du als Spielleiter trittst in den Hintergrund und verfällst nicht in die Rolle des Oberlehrers und ewigen Nörglers. Außerdem bleibt dir eine ganze Menge Arbeit erspart.

4. Charakter-Checklisten für die Charaktererschaffung

Die wenigsten Rollenspiel-Regelwerke fördern bei der Charaktererschaffung das Erstellen einer guten Hintergrundgeschichte oder einer abgerundeten Persönlichkeit.

Sollten deine Spieler bei der Charaktererschaffung in Tabellen versinken und unentwegt mit Zahlen jonglieren anstatt interessante Figuren zu erschaffen, nimm ihnen ihre Tabellen und Regelwerke einfach weg. Beginne viel weiter vorne und versuche deine Spieler zu ermutigen, sich erst Gedanken über die Persönlichkeit ihrer Charaktere zu machen, um anschließend in einem zweiten, untergeordneten Schritt die Spielwerte zu ermitteln.

Wahrscheinlich sind deine Spieler nicht gewohnt, auf diese Weise vorzugehen. Erleichtere ihnen die Charakterschaffung deswegen mit einer kleinen Checkliste. Sie könnte folgendermaßen aussehen:

Charakter-Checkliste
  • Äußeres (Körper, Aussehen, Bewegung, Mimik, Gestik, bevorzugte Kleidung etc.)
  • Besondere Begabung
  • Grundlegender Wesenszug und bezeichnende Äußerlichkeit
  • Vergangenheit und Vorgeschichte (Erwartungen, Gewohnheiten, Vorbilder, alte Freunde und Feinde)
  • Familie, sozialer Hintergrund, soziales Netz
  • Beruf, Ansehen
  • Einstellungen (werden wie dargestellt?)
  • Gewohnheiten (Vorlieben und Abneigungen, Geschmack, Interessen, Phobien, Überempfindlichkeiten etc.)
  • Hobbys
  • Wünsche Ambitionen, Ziele
  • Emotionen und Motivationen
  • (Tag-)Träume
  • Alltägliches Verhalten und Reaktionen in Stresssituationen, in Gefahr
  • Typisches Interaktionsmuster
  • Rätselhafte Züge

Fazit

Es ist der schwerste Job eines Spielleiters, Schwung in seine Runde zu bringen. Das Verwalten von Regeln und das Vorbereiten von Abenteuern und Kampagnen ist vergleichsweise einfach. Aber wenn du mehr Atmosphäre und besseres Rollenspiel in deiner Runde einführen möchtest, kommt es nicht auf deine Fähigkeiten als Schiedsrichter oder Autor an, sondern auf deine Persönlichkeit. Es kommt darauf an, dass du deine Spielrunde nicht nur verwalten, sondern auch mitreißen und begeistern kannst.

Der erste Schritt zum besseren Rollenspiel liegt bei dir. Die Vorschläge dieses Spielleiter-Tipps können dir helfen - aber ihr Erfolg hängt von deiner Persönlichkeit ab. Steck deine Ansprüche nicht zu hoch, versuche deine Fähigkeiten realistisch einzuschätzen und handle in ihrem Rahmen, damit du nicht frustriert wirst und gestehe dir und deinen Spielern zu, mit der Zeit zu wachsen.


© Marcus Johanus
« Letzte Änderung: 23.06.2004 | 15:40 von Ar´Xu´Xos o. t. Abyss »

Offline Arkam

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Re: Besseres Rollenspiel
« Antwort #1 am: 28.05.2007 | 09:39 »
Hallo zusammen,

man sollte bei dem Versuch das Rollenspiel seiner Gruppe zu verbessern aber auch Vorsicht walten lassen.

Man sollte vor dem Spielabend bekannt geben das man etwas Neues anfängt oder geänderte Regeln gelten.
Ich hatte ein Mal einen pädagogischen Spielleiter der das mitten im SAbenteuer gemacht hat. Verständlicherweise kam Frust auf.
Gerade wenn man der Gruppe neue Handlungsmöglichkeiten schmackhaft machen will sollte man Alternativen anbieten und nicht die bevorzugte Alternative unmöglich machen.
Wir haben damals alle Gegner bekämpft. Der Spielleiter fand das nicht so gut und hat die entsprechende Ausrüstung klauen lassen, Regelungen für das Brechen von Waffen plötzlich angewendet und Situationen die nicht von den Regeln gefaßt waren immer zu unserem Nachteil ausgelegt.
Wenn man gefragt hat wo die Alternativen gewesen wären kamen nur unklare Antworten. Dieses Verhalten hat dazu geführt das wir alle Abenteuer bei diesem Spielleiter abgebrochen haben.

Änderungen von 0 auf 100 schafft auch niemand. Wenn man sich genervt fühlt sollte man außerhalb des Spieleabends mit seiner Runde sprechen.
Denn auch der Spielleiter gibt eine Spielrichtung vor. Wenn man auf der einen Seite Gespräche mit NPCs focieren möchte bei einem Ball aber alle Spieler übebügelt die Gespräche ausspielen wollen oder alle NPCs auf stur schalten läßt wenn die Spielercharaktere nach Informationen suchen wird nichts erreichen.

Häufig kann es auch an den unterschiedlichen Zeitvorstellungen liegen wenn es in der Runde klemmt. Wenn die einen jeden Einkauf und jedes Gespräch auf zwei Stunden ziehen und die ansderen jede Kampagne in längstens 10 Spielabenden erledigt haben wollen tauchen offensichtlich Probleme auf.
Noch ärger wird es wenn solche Differenzen in der Planungsphase führ eine Aktion auftauchen. Möchte man diese Phase als Spielleiter kurz halten so sollte man ruhig die Pläne der Spieler nach dem Wissen der Charaktere kommentieren. Hilfreich ist es auch wenn man Mal fnf gerade sein läßt. Wenn man als Spielleiter Mal zuläßt das vergessene Seil doch noch besorgt zu haben planen die Spieler anders als wenn sie jeden Punkt doppelnd und dreifach abchecken müssen.

Die äußeren Bedingungen spielen auch eine entscheidende Rolle für das Rollenspiel.
Wenn man das Treffen um 19.00 Uhr ausmacht und ab 21.00 Uhr spielt werden alle mehr abgelenkt sein als wenn es direkt zur Sache geht.
Arbeitende Spieler können Freitags schon Mal etwas müde sein oder noch von der Arbeit frustriert.
Unbequeme Sitzgelegenheiten, Einschränkungen "Seid bitte leise unser Kind schläft gerade!" oder auch nur ein schlecht durchlüfteter Raum können die Konzentration jeder Runde nachhaltig stören.
Auch Nichtmitspieler die im gleichen Raum noch Fernsehen oder Computerspielen können ablenkend wirken.

Gruß Jochen
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Pyromancer

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Re: Besseres Rollenspiel
« Antwort #2 am: 28.05.2007 | 09:53 »
Zitat
Wenn man das Treffen um 19.00 Uhr ausmacht und ab 21.00 Uhr spielt werden alle mehr abgelenkt sein als wenn es direkt zur Sache geht.

Das sehe ich genau umgekehrt. Ich spiele in einer extrem unregelmäßig stattfindenden Gruppe. Wir spielen so alle 1-3 Monate. Und gerade da hat sich eine "Chill-In-Phase" bewährt, so nach dem Motto "Treffen um 15:00h, gespielt wird ab 17:00h". Seit wir das so machen ist das Spiel viel konzentrierter. Weil wir eben alle auch ein privates, nicht spielbezogenes Mitteilungsbedürfnis haben. Und wenn man das nicht vor dem Spiel befriedigen kann, dann passiert es halt währenddessen.

Offline Arkam

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Re: Besseres Rollenspiel
« Antwort #3 am: 28.05.2007 | 10:12 »
Hallo Tobias D.,

wenn es natürlich feststeht das es so abläuft ist alles wunderbar.
Bei einer Gruppe die sich nur selten trifft freut man sich ja auch schon Mal ohne Rollenspiel darüber die Leute wiedergesehen zu haben.

Wir sehen uns aber wöchentlich 1-4 Mal so das genügend Gelegenheit für die Diskussion anderer Themen existiert.
Da nervt einen entgangene Spielzeit doch schon. Ich gebe zu da ich durch Schicht- und Wochenenddienst nur selten zum Spielen komme sind mir die paar verbleibenden Termine dann auch entsprechend wichtig.

Da stört es wenn man pünktlich da ist und dann noch 1,5 - 2 Stunden warten muß bis das eigentliche Spiel beginnt.
Das es so extrem ist hat allerdings auch noch gruppeninterne Gründe die ich hier nicht dalegen möchte.

Gruß Jochen
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Pyromancer

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Re: Besseres Rollenspiel
« Antwort #4 am: 28.05.2007 | 10:17 »
Da stört es wenn man pünktlich da ist und dann noch 1,5 - 2 Stunden warten muß bis das eigentliche Spiel beginnt.

Was die Spieler sagen müssen, das müssen sie sagen. Selbst so erlebt (in besagter Gruppe, bevor wir das Chill-In eingeführt haben): Spannender Kampf, es steht auf Messers Schneide, ein Spieler sagt eine ziemlich gewagte, coole Aktion an... und ein anderer Spieler meint: "Ach übrigens, ich hab dir noch gar nicht erzählt, dass... blablabla"  ::)
Dann lieber vorher. Ehrlich!