Autor Thema: Essence von Superhelden?  (Gelesen 522 mal)

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Offline copacetic

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Essence von Superhelden?
« am: 13.08.2022 | 22:41 »
Die Principia Apogrypha (englisches Original) fasst recht gut und knapp zusammen warum es bei OSR Rollenspiel geht. Die Charaktere sind keine großen Helden sondern Grabräuber die um ihr Überleben bangen.

Das DnD 5e Spielgefühl ist eher "Fantasy Superhelden" oder auch "Avengers in Faerun" oder so. Hat das mal jemand versucht auf seine Essence zusammenzufassen? Aus den DC und Marvel Welten gibt es doch bestimmt auch viele Theoretiker die sich da Gedanken gemacht haben. Wobei Geschichten und Rollenspiel ja nochmal ein kleiner Unterschied sind.

Was mir so in den Sinn kommt sind Aspekte wie "Bei Superhelden geht es nicht darum ob sie überleben, es geht darum was es sie kostet" oder auch "es geht eigentlich um die Bösewichte und deren Tragödie".

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Re: Essence von Superhelden?
« Antwort #1 am: 14.08.2022 | 00:07 »
Ich habe sehr lange CHAMPIONS geleitet und würde sagen:
Es geht darum Superhelden zu spielen, die interessante Superfähigkeiten haben, den Dicken machen, selbstlos Gutes tun und dabei die Bösen verhauen.

Die Abenteuer sollten in der Regel so gestaltet sein, dass sie nur mit den Fähigkeiten von Superhelden zu bestehen sind (deshalb ja SUPERhelden) und nicht durch die Kombinationsgabe von Detektiv Spürnase und seinem Assistenten und vielleicht zwei Streifenwagen zur Unterstützung.

Die Kämpfe sollten ebenfalls farbenfroh und vielfältig sein - und es ordentlich beben lassen! Da fliegt man durch Mauern, da kriegt man eine gescheuert und wacht (nach kurzer Besinnungslosigkeit) einen Stadtteil weiter auf, da werden Autos geworfen und Straßen aufgerissen - nach dem Kampf sieht es aus wie Dresden 45.

Gleichzeitig ist der Verlust von Menschenleben in der Reel (bei Silver Age) NULL. Selbst die Bösen töten nie bis selten und sind dann aber SEHR BÖSE (zumindest bei vierfarbigen Silver Age-Kampagne - "postmoderne" Kampagnen oder Iron Age gehen da andere Wege).

Superhelden und Superschurken sterben selten bis nie. Und wenn, dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie doch wieder auftauchen - vielleicht mit veränderten Kräften. Aber ums Überleben geht es eigentlich nicht.

Postmoderne Ansätze wie "Was kostet mich meine Superkraft (an Gesundheit/ Beziehung/ Menschlichkeit) ... oh weh!" oder "Was ist bei Doktor Evil nur in der Kindheit falsch gelaufen? .. oh Jammer!" kann man auch spielen, aber das ist nicht das, was ich in über 25 Jahren meist geleitet und auch in unterschiedlichen Spilezusammenhängen (meist Einschüsser) auch gespielt habe.

Klar, geht auch.

Man kann ja auch ganze Fantasy-Kampagnen damit bestreiten kann, Ausrüstung zu kaufen, dafür bei Bauer Bücklich den Stall auszumisten, um an genügend Geld zu kommen, und dann beim anschließenden Trinken in der Taverne die Wirtstochter toll finden, heiraten und die Kneipe "Zum Großen Ork" übernimmt und ansonsten den Dorftratsch lösen und Betrunkene rauswerfen ("Unsere kleine Kneipe in den Knarzerbergen".

Aber es ist eben keine Essenz des Superheldenspiels (bzw. Fantasy).

Das ist in Kurzfassung: Supertypen und Wunderelsen in Spandex tun Supertaten mit Superkräften und hauen Superbösewichten super was aufs Maul. Und dabei geht ordentlich was kaputt, aber dauerhaft zu Schaden kommt eigentlich nie wer.

Und morgen kommt ein anderer Schurke mit einem anderen Meisterplan - und dann geht es wieder rund.
« Letzte Änderung: 14.08.2022 | 00:12 von General Kong »
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Re: Essence von Superhelden?
« Antwort #2 am: 14.08.2022 | 08:18 »
Und morgen kommt ein anderer Schurke mit einem anderen Meisterplan - und dann geht es wieder rund.

Was meiner Ansicht nach nebenbei auch zumindest klassischerweise zum "Superhelden"-Genre gehört. Da zieht man nicht selber auf der Suche nach neuen Schurken zum Verprügeln durch die Welt (wie in der Standard-Rollenspielfantasy), sondern man wartet brav ab, bis sich mal wieder ein Problem von selber zeigt, und fliegt ansonsten höchstens mal in der Vorstadt Patrouille, damit einem ja kein Banküberfall entgeht. Schurken agieren, Helden reagieren, das ist eben so...und im Extremfall kann sich schon der bloße Versuch, als Held die Welt doch mal selber ernsthaft zu "verbessern", als gefährlicher erster Schritt in die potentielle neue Schurkenkarriere herausstellen.

Offline copacetic

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Re: Essence von Superhelden?
« Antwort #3 am: 14.08.2022 | 11:55 »
Postmoderne Ansätze wie "Was kostet mich meine Superkraft (an Gesundheit/ Beziehung/ Menschlichkeit) ... oh weh!" oder "Was ist bei Doktor Evil nur in der Kindheit falsch gelaufen? .. oh Jammer!" kann man auch spielen, aber das ist nicht das, was ich in über 25 Jahren meist geleitet und auch in unterschiedlichen Spilezusammenhängen (meist Einschüsser) auch gespielt habe.

Wow, 25 Jahre ist ein Wort.

Hattest du nie Spieler die als Batman damit hadern wollen dass sie böse Dinge tun müssen um Gutes zu erreichen? Oder Spider-Man den die richtige Distanz zu seinem Schwarm sucht? „Masks“ ist auch ein Superheldenspiel und zielt voll auf diesen emotionalen Aspekt.

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Re: Essence von Superhelden?
« Antwort #4 am: 14.08.2022 | 13:10 »
Die Spieler haben bis auf eine Einschüsser ins Golden Age (40er jahre) immer eigene Charaktere gespielt. Zunächst vierfarbige Superhelden (Tue Gutes! Hau die Bösen! Morgen wieder!) auf unterschieldichen Powerleveln (ansteigend, da im Rollenspiel - anders als im Comic) Superhelden auch Erfahrungspunkte bekommen udn fähiger werden.

Dann wurde uns das zu einseitig und wir schraubtend en Powerlevel auf Iron Age "Streetlevel", zunächst noch in "kaum einer stirbt", dann auf Punisher-Level. Da sind die Guten überhaupt nicht zimperlich, aber die Verbrecher sind wahre Viecher - anders kann man das nicht spielen, denn man kann ja nicht Taschendiebe erschießen, wenn man irgendwie doch noch einen Heldenvigilanten spielen will. Dazu ist die Polizei größtensteils korrupt oder unfähig, denn sonst könnte man die ja ihren Job machen lassen.
Die Welt ist da eigentlich noch schwarz-weißer als in den normalen Superheldensettings, nur, dass man Schwarz nicht immer erkennt. Und weiß bezieht sich auf Motive und Resultate (Abwehr der Gefahr für Unschuldige), nicht auf die Mittel.

Dazu benötigt man erwachsene Spieler, die sich darauf einlassen (können), sonst wird das echt Scheiße - Mörderhobos mit automatischen Waffen, das macht keinen Spaß.

So eine Kmapagne ist dann eher schon die Richtung "Was mache ich eigentlich hier? Wie weit kann/ darf/ wil ch gehen? habe ich schon die Seite gewechselt?"
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Re: Essence von Superhelden?
« Antwort #5 am: 20.08.2022 | 12:30 »
D&D ist in keiner Form ein Spiel, das Superhelden darstellt.

Superhelden sind reaktiv. Die Schurken agieren gewöhnlich.

Superhelden reisen für gewöhnlich nicht umher. Sie können mitunter große Strecken zurücklegen, aber es liegt kein Fokus auf der eigentlichen Reise und gewöhnlich gibt es ein HQ oder Heimatstadt.

Superhelden haben eine Super-Identität, selbst wenn sie diese nicht geheim halten. Und diese Rolle ist üblicher Weise problembehaftet.

Die Fähigkeiten von Supers sind singulär. Sogar wenn man eine gemeinsame Quelle hat, ist jede Kraft einmalig.

Ich weiß jetzt nicht was Leute zu Hause spielen, aber die typische Abenteurergruppe besteht aus Individuen, die gewisse Befähigungen haben und aus Abenteuerlust oder persönlicher Verlustgeschichte herumreisen und Fiesewichte vertrimmen. Entweder werden sie von Locals als Spezialisten angeheuert oder tun dies aus persönlichem Sendungsbewusstsein. Sie sind dabei explizit Vertreter irgendeiner einer Klasse.