Autor Thema: Warum ich nicht Drivethru für meine Eigenentwicklung nutzen werde  (Gelesen 939 mal)

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Offline flaschengeist

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Spätestens im April werde ich meinen Eigenbau DuoDecem als PDF veröffentlichen. Dabei habe ich zwischen zwei Alternativen geschwankt:
1. Einfach als kostenlosen download auf der Website, die ich für das Systems sowieso erstelle
2. Bei DriveThruRPG als "pay what you want" einstellen - wäre ja schön, sich ab und an eine Pizza extra gönnen zu können ;).

Zum Glück fällt mir die Entscheidung sehr leicht, nachdem ich den Vertrag durchgelesen habe, welchen Drivethru anbietet. Meine Bedenken möchte ich gerne mit euch teilen - vielleicht hilft es dem einen oder der anderen ja bei der eigenen Entscheidung. Damit es leichter nachvollziehbar ist, habe ich den Vertrag in den Anhang gepackt und alle Stellen, auf die ich mich im Folgenden beziehe, gelb markiert.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


1. Man versichert Drivethru, die weltweiten Rechte zu besitzen (siehe Absatz 3). Meine Marke ist z.B. nur ins deutsche Markenregister eingetragen. Diesen Punkt halte ich noch für relativ unproblematisch, da Eintragungen in Markenregister zwar die Rechtssicherheit erhöhen, jedoch nicht zwingend nötig sind.

2. Drivethru darf die Rechte, die du ihnen gewährst, u.A. an Dritte übertragen (siehe §1).

3. Wenn du Drivethru kündigst, sind eventuell Rechte, die sie an Dritte übertragen haben, von der Kündigung unberührt (siehe §5). Hier bin ich allerdings unsicher, ob ich das richtig verstanden habe - bin kein Jurist sondern nur informierter Laie. Um sicher zu gehen müsste ich einen Juristen fragen, der sich mit internationalem bzw. US-amerikanischem Wirtschaftsrecht auskennt, und so ein spezielles Exemplar kenne ich leider nicht.

4. Du versicherst, dass dein Werk keine obszönen, beleidigenden oder anderweitig schädigenden Inhalte hat und keinerlei öffentlichen oder privaten Rechte verletzt (siehe §9). Für sich vermutlich eher unproblematisch, nicht aber in Verbindung mit dem folgenden Punkt.

5. Wenn jemand an Drivethru herantritt, weil er seine Rechte durch dein Produkt verletzt sieht, wird Drivethru dich davon in Kenntnis setzen. Für alle Kosten in diesem Zusammenhang - auch Drivethrus Aufwand um dich zu informieren - kommst du alleine auf (§11). Streitigkeiten werden nach US-Recht verhandelt, Gerichtsstand ist Clark County, Nevada (§19).

6. Drivethru darf den Vertrag einseitig ändern (§15), ohne deine explizite Zustimmung einzuholen. Genau solche Klausen in Bank-AGBs hat unser BGH 2022 gekippt, weil sie Verbraucher unangemessen benachteiligen.


Meine Schlussfolgerung: Diese Risiken lohnen sich vielleicht, falls man die Absicht hat, über Drivethru ordentlich Geld zu verdienen. Für ein paar Pizzen extra im Jahr ist mir persönlich das jedoch viel zu heikel.
« Letzte Änderung: 23.02.2023 | 11:18 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Wisdom-of-Wombats

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Zu 2 und 3: Da geht es um den Verkauf des PDFs. Wenn das nicht drin ist, dann müsste DriveThru Dein Werk aus den DriveThru Bibliotheken der Käufer entfernen, sobald Euer Vertrag ungültig wird. Zusätzlich hat DriveThru eine Koop mit Roll20 und User dort können demnächst ihre Roll20 Bibliothek anbinden

Hast Du beim Lesen des Vertrags berücksichtigt, dass Du ein PDF verkaufst, und das Du DriveThru damit das Recht geben musst, das zu vermarkten und anzubieten?

Zu 4 und 5: Das der Gerichtsstand dort liegt, wo das Unternehmen sitzt, ist an sich klar, oder?

Zu 6: Du sagst das Wichtigste selber: „Verbraucher unangemessen benachteiligen“. Du bist bei DriveThru mit diesem Vertrag kein Verbraucher, sondern ein Anbieter also ein Geschäftspartner.

Hast Du als Alternative schon mal einen Vertrieb über ePubli in Betracht gezogen? Die sitzen in Deutschland.
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Offline Runenstahl

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Das tragische an diesen Dingen ist ja das große Plattformen praktisch Monopolstellungen haben. Wer nur was aus Spass an der Freude veröffentlichen möchte, dem kann das egal sein, aber wer wirklich vorhat das als Einkommenquelle zu nutzen ist auf einige wenige große Plattformen angewiesen sein es nun z.B. Drivethru oder Steam. Das US Antitrust Gesetz das Monopol-Stellungen einzelner Firmen verhindern soll wird leider nicht konsequent angewendet. Und solange es keine ernsthaften Mitbewerber gibt können diese Riesen ihre Bedingungen quasi diktieren.

Kann absolut nicht Schaden mal auf diese Zustände hinzuweisen (wie du es gerade tust).  :d
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Offline Tintenteufel

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Habe erst vor Kurzem herausgefunden, dass es auch itch.io auch einen Markt für RSP-Sachen gibt.
Leite derzeit DCC, Mausritter, S&W, VgdF und Shadowdark.
Im Bereich Spielberichte könnt ihr mehr über unsere Hauptkampagne lesen, auf meinem Blog mehr zu unserer Spielwelt Avalon und auf Instagram Bilder unserer Runde sehen. Über meine ko-fi-Seite gibt es kostenlose Karten!

Offline flaschengeist

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Zu 2 und 3: Da geht es um den Verkauf des PDFs. Wenn das nicht drin ist, dann müsste DriveThru Dein Werk aus den DriveThru Bibliotheken der Käufer entfernen, sobald Euer Vertrag ungültig wird. Zusätzlich hat DriveThru eine Koop mit Roll20 und User dort können demnächst ihre Roll20 Bibliothek anbinden

Hast Du beim Lesen des Vertrags berücksichtigt, dass Du ein PDF verkaufst, und das Du DriveThru damit das Recht geben musst, das zu vermarkten und anzubieten?

Das habe ich bedacht, die Klausel gewährt aber weitergehende Rechte. Wenn du allerdings Fachjurist bist oder in einem Unternehmen solche Verträge schon unterschrieben hast, die von einem Fachjuristen geprüft wurden (also nicht: "Das haben wir schon immer so gemacht, bisher ist uns nie was passiert."), und sie trotzdem für unbedenklich hältst, wäre das eine super Info.

Zu 4 und 5: Das der Gerichtsstand dort liegt, wo das Unternehmen sitzt, ist an sich klar, oder?

Mir war das klar, ich bezweifle allerdings, ob allen folgendes Szenario klar ist, dass sich daraus ergeben kann: Irgendein "Ami", der sich einen Anwalt leisten kann, stört sich an deinem Produkt und wendet sich an Drivethru. Genau jetzt entstehen schon die ersten Kosten für dich. Und, egal wie berechtigt die Vorwürfe sind, als nächstes brauchst du einen Anwalt, der am Gerichtsstand zugelassen ist. Da nutzt dir dann z.B. eine herkömmliche Rechtsschutzspolice meiner Kenntnis nach nix.

Zu 6: Du sagst das Wichtigste selber: „Verbraucher unangemessen benachteiligen“. Du bist bei DriveThru mit diesem Vertrag kein Verbraucher, sondern ein Anbieter also ein Geschäftspartner.

Du bist auch als Verbraucher Geschäftspartner deiner Bank oder jeder Partei, mit der du einen Vertrag abschließt. Auch hier gilt: Wenn du juristische Fachexpertise hast, habe ich nichts gesagt ;).

Hast Du als Alternative schon mal einen Vertrieb über ePubli in Betracht gezogen? Die sitzen in Deutschland.

Nein, das kannte ich gar nicht. Vielen Dank für den Tipp :d.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Koruun

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Ich kann sonst noch lulu.com als Plattform empfehlen. Die haben auch viel Rollenspielkram, gerade im OSR-Bereich.
Da kannst du auch PDFs reinstellen. Ob die auch PWYW haben, weiß ich aber gerade nicht.
"The only thing standing in the way of unique characters in OSR is a lack of creativity and a reliance on words printed by other people."

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Offline Wisdom-of-Wombats

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Du bist auch als Verbraucher Geschäftspartner deiner Bank oder jeder Partei, mit der du einen Vertrag abschließt. Auch hier gilt: Wenn du juristische Fachexpertise hast, habe ich nichts gesagt ;).

Fachjurist bin ich definitiv nicht. Ich wollte nur drauf hinaus, dass das Urteil sich auf B2C (Business to Consumer) Beziehungen und nicht auf B2B (Business to Business) Beziehungen bezieht. Wenn Du den Vertrag mit DriveThru schließt, bist Du ein Business und kein Consumer. Einfach als Hinweis darauf, dass sich hier auch das Vertragsrecht unterscheidet. Zumal ein Urteil in Deutschland keine Anwendung auf eine Geschäftsbeziehung mit den USA mit Gerichtsstand USA findet.

Übrigens noch ein Hinweis: wenn Du mit PWYW Einnahmen erzielst, ist das auch bei uns relevant für Deine Steuererklärung. Du hast dort einen Freibetrag, aber sollte PYWY diese Grenze reißen, ist der Umsatz steuerpflichtig. Mit dem Teil habe ich mich beschäftigt, da ich auch schon drüber nachgedacht habe, zu veröffentlichen. Ich war aber noch nie soweit wie Du, mir konkret den Vertrag mit DriveThru anzuschauen.

Mit ePubli, Lulu und itch.io hast Du auch noch Alternativen, die es sich bestimmt anzuschauen lohnt.
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Offline flaschengeist

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Fachjurist bin ich definitiv nicht. Ich wollte nur drauf hinaus, dass das Urteil sich auf B2C (Business to Consumer) Beziehungen und nicht auf B2B (Business to Business) Beziehungen bezieht. Wenn Du den Vertrag mit DriveThru schließt, bist Du ein Business und kein Consumer. Einfach als Hinweis darauf, dass sich hier auch das Vertragsrecht unterscheidet. Zumal ein Urteil in Deutschland keine Anwendung auf eine Geschäftsbeziehung mit den USA mit Gerichtsstand USA findet.

Das ist richtig. Ich hatte diesen Punkt aufgeführt, um weiter zu verdeutlichen, dass der Vertrag aus meiner Sicht insgesamt nicht fair gestaltet ist.

Übrigens noch ein Hinweis: wenn Du mit PWYW Einnahmen erzielst, ist das auch bei uns relevant für Deine Steuererklärung. Du hast dort einen Freibetrag, aber sollte PYWY diese Grenze reißen, ist der Umsatz steuerpflichtig. Mit dem Teil habe ich mich beschäftigt, da ich auch schon drüber nachgedacht habe, zu veröffentlichen. Ich war aber noch nie soweit wie Du, mir konkret den Vertrag mit DriveThru anzuschauen.

Für Selbstständige wie mich ist der bürokratische Mehraufwand vernachlässigbar aber das ist ein wichtiger Hinweis für alle abhängig Beschäftigen  :d. Ihr wärt mit solchen Einkünften Nebenerwerbsselbstständige (zumindest solange sie unter euren Arbeitseinkünften liegen). Umsatzsteuerpflichtig ist ein solches Nebeneinkommen 2023 dann ab mehr als 22.000 € pro Jahr. Ansonsten sind die Einkünfte normal steuerpflichtig aber - das ist eine der schönen Seiten der Nebenerwerbsselbstständigkeit - nicht sozialversicherungspflichtig.


Mit ePubli, Lulu und itch.io hast Du auch noch Alternativen, die es sich bestimmt anzuschauen lohnt.
Ich kann sonst noch lulu.com als Plattform empfehlen. Die haben auch viel Rollenspielkram, gerade im OSR-Bereich.
Da kannst du auch PDFs reinstellen. Ob die auch PWYW haben, weiß ich aber gerade nicht.
Habe erst vor Kurzem herausgefunden, dass es auch itch.io auch einen Markt für RSP-Sachen gibt.

 :d
« Letzte Änderung: 23.02.2023 | 20:22 von flaschengeist »
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Offline Prisma

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Habe erst vor Kurzem herausgefunden, dass es auch itch.io auch einen Markt für RSP-Sachen gibt.
Ich habe von itch.io bisher nur gutes gehört und da auch schon gekauft. Kennt jemand/hat jemand Erfahrung mit deren Vertragsbedingungen für Veröffentlichungen?
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