Vorbemerkung: Gestern habe ich schon mal einen Beitrag hierzu geschrieben und dann unveröffentlicht wieder gelöscht, weil ich das Gefühl nicht losgeworden bin, dass er nur wieder zu den sattsam bekannten "Du spielst falsch!", "Nein, du!"-Diskussionen führen würde. Ich fand das aber irgendwie traurig, dass ich mich hier mittlerweile schon selbst zensiere. Also habe ich versucht, das Ganze mal umzuformulieren, verbinde es aber trotzdem mit der Bitte, auf Extrempositionen zu verzichten.
Also: Beim Blättern in "Return of the Lazy Dungeon Master" (das ich eigentlich sehr mag und das bei mir am Spieltisch auch gut funktioniert hat) ist mir aufgefallen, dass der Autor eigentlich Elemente eines Spielstils favorisiert, den ich in der Vergangenheit gerne mal als "nicht meins" bezeichnet habe. Er plädiert nämlich dafür, bestimmte Elemente nicht schon vorher festzulegen, sondern erst während des Spiels zur Realität werden zu lassen. Beispielsweise entsteht eine Begegnung einfach deshalb, weil es gerade langweilig ist oder die Spieler nicht weiterkommen. Oder eine Information kommt jetzt aus Quelle B, nachdem die Quelle A übersehen haben. Solche Sachen.
Traditionell komme ich ja eigentlich eher aus der Ecke des herausforderungsorientierten Spiels: Die Situation in der Spielwelt wurde vom Spielleiter vor Spielbeginn festgelegt, Aufgabe der Spieler ist es, einen Weg zu finden, damit umzugehen. Etwas abstrakt gesprochen könnte man das bezeichnen als "Dinge, die bereits in Vergangenheit der Spielwelt geschehen sind, stehen auch bereits vor Spielbeginn fest.".
Andererseits verstehe ich den Ansatz von Sly Flourish gut. So ist er tatsächlich leichter vorzubereiten, schon allein, weil der Spielleiter eben kaum etwas vorbereiten muss, was die Spieler im Spiel ohnehin nicht zu sehen bekommen. Auch gibt er aus einer Vielzahl von Gründen die glattere Story: Wenn es hakt, kann der Spielleiter während des Spiels "retconnen", ohne dass die Spieler es je erfahren werden. Und wenn es langweilig wird, kann plötzlich etwas geschehen, was eigentlich gar nicht vorgesehen war, aber jetzt wieder Bewegung ins Spiel bringt. Für die Spieler bedeutet das mehr Action und typischerweise auch mehr Erfolgserlebnisse. Dazu muss man aber die obige Prämisse verändern und sagen: "Dinge, die bereits in der Vergangenheit der Spielwelt geschehen sind, können auch nach Spielbeginn noch festgelegt oder verändert werden (solange sie nichts widersprechen, was bereits im Spiel selbst geschehen ist."
Als Extrempositionen verstehe ich beide Ansätze gut. Was mich hier aber interessieren würde - und zwar ausschließlich - ist, welche Zwischenlösungen ihr benutzt (falls ihr das tut, natürlich). Wenn ihr also bestimmte Dinge vorher festlegt und andere in der Sitzung. Oder unter welchen Bedingungen sich bei euch Dinge während der Sitzung verändern dürfen, die ihr eigentlich vorher anders festgelegt hattet. Denn nach meiner Erfahrung machen die meisten Spielleiter in der Praxis doch viel mehr Kompromisse, als man im ersten Moment denken würde, wenn man solch klar getrennte Positionen liest...
Ich bin gespannt, ob wir dazu eine echte Mittelwege-Diskussion ohne gegenseitige Badwrongfun-Vorwürfe hinkriegen!