Autor Thema: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn  (Gelesen 12336 mal)

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Offline Fredi der Elch

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #50 am: 12.01.2005 | 17:06 »
Aber sobald auch nur einer der Charaktere auf die Idee kommt, über den Plan mit seinem Kollegen zu reden, geht schnell alles schief. Jeder hat eine andere Vorstellung davon, wie er den Plan durchgezogen hätte
Das kann dir theoretisch auch bei einer Überlandreise passieren ("Und dann hab ich das Lager errichtet"- "Halt! ICH hab das Lager errichtet..."). Deswegen: Sachen, die den Spielern wichtig sind ausspielen. Und über die unwichtigen Sachen gibts dann auch keine Diskussionen. Was ich nur sagen will: Ein Plan ein Schiff zu erobern muss nicht wichtig sein. Er war es bei LotR nicht und muss es auch beim Rollenspiel nicht sein. Und haben sich Aragorn, Gimli iund Legolas später darüber unterhalten, wie sie das Schiff gekapert haben? Nein! Weil es eben nicht wichtig war. Und btw: solche "Damals, als mein toller Char der großen Drachen geplättet hat" Geschichten (und ähnliche Geschichten von "tollen Plänen") sind im Allgemeinen eher langweilig.

Zitat
Entwicklungen - kein Problem. Aber sehr schöne Entwicklungen? Vielleicht setzen wir andere Maßstäbe an, jedoch habe ich bisher noch keine schöne Entwicklung im Rollenspiel erlebt, bei der mir nicht vorher der Zustand am Anfang gut nahegebracht wurde.
Das ist ja völlig richtig. Der Punkt ist aber doch: Um den Zustand am Anfang gut klar zu machen, braucht es eben nicht viel Zeit. Im zweifelsfall reicht eine gut gewählte Szene! (ok, es dürfen auch mal 2 sein ;) )

Zitat
Zitat
Deswegen finde ich es ja so toll, dass man diese Szenen nicht braucht, um eine gute Geschichte zu erzählen.
Es kommt ganz auf die Art der Geschichte an.
Das ist auch richtig. Ich meine aber eine spannende, filmartige Geschichte. Und die kommt gemeinhin ohne stundenlange Szenen, in denen Nichts passiert, aus. Den Film, der von seiner begrenzten Zeit die Hälfte mit einer Tavernenszene verplempert, möchte ich lieber nicht sehen (gähn!).

Wenn dir das alles Spaß macht ist es ja ok. Aber zu behaupten, dass man viel Zeit benötigt, um im Rollenspiel eine gute Charakterentwicklung darzustellen, ist einfach falsch. Eine gute Geschichte (und dazu gehört für mich auch Charakterentwicklung) braucht im Rollenspiel zwar mehr Zeit als im Film, aber es geht doch ziemlich zügig, wenn man sich Mühe gibt. Und dieses Gerede von Monatelange Kampagnen als einzige Möglichkeit für Charakterentwicklung ist einfach ein weit verbreiteter aber trotzdem völlig falscher Rollenspielmythos.
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Zitat von: 1of3
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Offline Bad Horse

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #51 am: 14.01.2005 | 13:53 »
Beim Rollenspiel würde ich eigentlich nur einen One-Shot mit einem Film vergleichen - da muß dann alles passieren, die Chars sollten sich irgendwie verändern, und das alles innerhalb von 5 oder 6 Stunden. Klar. Stimm ich zu.

Aber Rollenspiel in Kampagnen hat für mich viel mehr mit einer Fernsehserie zu tun als mit einem Film. Und in einer Serie verändern sich die Charaktere eher nach und nach (von gelegentlichen "Bumm, jetzt ist sie böse, weil ihre Freundin erschossen wurde"-Sachen abgesehen - und die können durchaus gut und wichtig sein), und das ist genauso gut. Schließlich kann man dann nach langen Jahren Spielzeit zurückblicken und sehen, wie weit der Char gekommen ist - und wo er sich gar nicht verändert hat.

Mir ist als SL - wenn´s um Hintergrundgeschichten geht - eine kurze, knackige Geschichte (oder vielleicht nur ein Ansatzpunkt) lieber als eine ellenlange Story. Beispiel: In meiner UA-Runde hat Aliana einen relativ normalen Char, dem schon mal etwas seltsames passiert ist - ein Haken, ein Ansatz, den ich aufgreifen kann. Das hat mir sehr gut gefallen.  :D
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Nick-Nack

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #52 am: 14.01.2005 | 15:48 »
Zitat
Und haben sich Aragorn, Gimli iund Legolas später darüber unterhalten, wie sie das Schiff gekapert haben? Nein! Weil es eben nicht wichtig war.
Das hat einen anderen Grund: Aragorn, Gimli und Legolas unterlagen dem Willen des Regisseurs. Sie wussten also, wie der Plan funktioniert.
Die Spieler tun das nicht. Die Spieler wissen also weniger als die Helden, sowas ist mMn immer mit sehr starker Vorsicht zu genießen.

Zitat
Und btw: solche "Damals, als mein toller Char der großen Drachen geplättet hat" Geschichten (und ähnliche Geschichten von "tollen Plänen") sind im Allgemeinen eher langweilig.
Trotzdem gibt es sehr viele Spieler, die gerne mit dem angeben, was ihre Helden erreicht haben. Dazu noch die aus vielen Filmen bekannten Geheimabsprachen in Anwesenheit des Bösewichts ("Erinnerst du dich noch, damals, als wir den Elefanten gestürzt haben?"), die dann meistens recht lustig enden ("Warum hast du ihn nicht vergiftet, wie den dicken Fürst damals?"-"Fürst? Hast du nicht das Mammut gemeint, das wir gefangen haben?") - das nicht-ausspielen eines Planes schränkt schon sehr stark ein.

Zitat
Das ist ja völlig richtig. Der Punkt ist aber doch: Um den Zustand am Anfang gut klar zu machen, braucht es eben nicht viel Zeit.
Wie bringst du in einer einzigen Szene beispielsweise dem Spieler von Luke bei, welches Spezialwissen Luke besitzt (Name der Eltern, Ben, etc.), und welches Settingwissen?

Zitat
Das ist auch richtig. Ich meine aber eine spannende, filmartige Geschichte. Und die kommt gemeinhin ohne stundenlange Szenen, in denen Nichts passiert, aus. Den Film, der von seiner begrenzten Zeit die Hälfte mit einer Tavernenszene verplempert, möchte ich lieber nicht sehen (gähn!).
Da pauschalisierst du aber über die Filme hinweg. Beispielsweise Blair Witch Project besteht praktisch nur aus Gesprächen. Trotzdem meiner Meinung nach ein sehr guter Film.
Für Actionfilme mag zwar all das zutreffen, was du bisher geschrieben hast, aber es trifft nicht aufs Rollenspiel allgemein zu.

Offline Maarzan

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #53 am: 23.01.2005 | 10:20 »
So wie ich das sehe, scheitern eine Menge Dinge daran, dass der Betreffende -sei es Spielleiter oder Spieler - nicht alleine am Spieltisch sitzt. Die Leute haben unterschiedliche Priorotäten und Vorstellungen und das muss unter einen Hut gebracht werden und das kostet eben Zeit im Spiel, wenn man nicht vorher drüber diskutiert und festlegt, was ab einem bestimmten Maß für mich spielhemmend wäre.
Das solche Schnitte für einige kein Problem zu sein scheinen deutet für mich darauf, dass sie sich nicht all zu viel Gedanken über ihre Mitspieler und deren Spielspaß gemacht haben oder eine ungewöhnliuch koheränte Gruppe haben und nur mit diese spielen oder aber dominant genug sind anderen ihre Sicht zu diktieren. Wiederum kein Zustand, der für mich auf generellen Spielspaß schließen lassen würde.

Zum Thema regeltechnische Untermalung von Veränderungen. Geänderte Einstellungen und Verhalten erfordern aber auch geänderte Fertigkeiten und der Erwerb solcher sollte systemtechnisch entsprechend machbar sein.

Charakterbautechnisch sehe ich das Problem in der Tendenz den Charakter danach zu bauen, was der Charakter zu Spielbeginn ist, und nicht danach was er an Zielen hat und sich primär über Erscheinung und cool powerz definieren.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Thalamus Grondak

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #54 am: 23.01.2005 | 11:01 »
Ich habe jetzt nur Verminaards eingangspost gelesen.

Die direkte Antwort auf die erste Frage Lauet bei mir, und den meisten meiner Spieler - JA.
Die meisten Rollenspieler wollen einen Charakter spielen, und Abenteuer erleben.(Impliziert der Charakter ist bereits geformt, und das Augenmerk liegt auf dem erleben)

Ein Rollenspiel, das die Charentwicklung ind en Fordergrund stellt?
Meinst du ein System, oder nur eine Spielweise?
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Miriamele

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #55 am: 23.01.2005 | 13:20 »
Die Leute haben unterschiedliche Priorotäten und Vorstellungen und das muss unter einen Hut gebracht werden und das kostet eben Zeit im Spiel, wenn man nicht vorher drüber diskutiert und festlegt, was ab einem bestimmten Maß für mich spielhemmend wäre.
Das solche Schnitte für einige kein Problem zu sein scheinen deutet für mich darauf, dass sie sich nicht all zu viel Gedanken über ihre Mitspieler und deren Spielspaß gemacht haben oder eine ungewöhnliuch koheränte Gruppe haben und nur mit diese spielen oder aber dominant genug sind anderen ihre Sicht zu diktieren.

Was ist schon gewöhnlich oder ungewöhnlich? Wenn man hier im Forum die Beiträge verfolgt, scheinen doch die meisten hier eine recht kohärente Gruppe zu haben, in der es nicht ständig Streit darüber gibt, wie das Spiel jetzt laufen soll. Die ständigen Bedenkenträger sind die, die schlechte Erfahrungen mit ihren Mitspielern gemacht haben. Klassisches Argumentationsschema: "Das geht aber alles nicht, wenn ein Spieler dazwischen funkt." Wenn ein Spieler dazwischen funkt, dann ist das

Zitat
Wiederum kein Zustand, der für mich auf generellen Spielspaß schließen lassen würde.

 ;)

Also kurz zum Thema Schnitte: Wir benutzen das sehr oft. Und es gab noch nie Probleme damit. Wenn ein Spieler eine bestimmte Szene wichtig findet, kann er das ja sagen. "Das Wiedersehen mit meine Vater würde ich aber schon gerne ausspielen." Aber das ist meiner Erfahrung nach nicht der klassische Grund, warum Spieler Probleme mit Schnittechnik haben. Der klassische Grund ist dieser:

SL: "Ihr geht gerade den dunklen Waldweg entlang, als um euch herum plötzlich das Gebüsch raschelt und 20 zuvor perfekt verborgene Elfenkrieger auch umzingeln, die ihre gespannten Bogen auf euch richten."
Spieler: "MOOOOOOOMENT."

In meiner Runde würde sich kein Spieler über eine solche Aktion aufregen, weil Rollenspiel für uns kein Strategiespiel ist und niemand es als Niederlage empfindet, in einen Hinterhalt der Elfen zu geraten, sondern als interessante Wendung der Handlung. Natürlich bin ich auch nicht so eine bescheuerte ähm ihren eigenen, völlig gleichwertigen Spielstil verfolgende ;D SL, die die Elfen in dieser Situation dann wirklich angreifen lassen würde mit der Folge, dass die SCs draufgehen.

@ Vorgeschichte:

Wenn die interessantesten Erlebnisse eines Charakters in der Vorgeschichte stattfinden und nicht im Spiel, ist etwas schief gelaufen. Allerdings finde ich es nicht unbedingt nötig, dass der Charakter am Anfang einer persönlichen Entwicklung steht, wenn das Spiel beginnt. Das kann interessant sein. Aber viele der Bücher und Filme, die ich mag, drehen sich um Hauptfiguren, die am Anfang der Geschichte bereits relativ "fertig" sind. Das Interessante an der Geschichte sind dann die Dinge, die sie tun und erleben, und deren Auswirkung auf ihre Umwelt und ihre Lebenssituation, nicht so sehr auf ihre Persönlichkeit und Fähigkeiten.

Offline Jens

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #56 am: 23.01.2005 | 13:48 »
Ich hab da zwei Modelle:
Als Spieler: ich erschaffe eine Geschichte die spannend zu lesen (und manchmal schon 14 Seiten lang) ist und vielerlei Charaktere und anderes enthält, die in vielen Beziehungen zu meinem SC stehen. Dann hat der SL vielleicht Ansatzpunkte für Abenteuer (obwohl ich selbst finde das Abenteuer nur um eine Hauptperson herum zu stricken ist manchmal gut aber nicht häufig) oder aber er kann die Charaktere selbst einbauen (zum Beispiel als letzte Rettung oder als weitere Bedrohung->sie wollen meinen Sc dann lassen sie die anderen leben -> machen die anderen SC das usw.). Ich versuche ihm da etwas Hilfestellung zu geben. Dann muss die letzte Rettung nicht immer orgendein unbekannter Übergott sein sondern den effekt auslösen "Den kenn ich, der hat mich doch schon mal gerettet:"

Als SL: entwickle ich die Geschichte der Chars mit den Spielern gemeinsam. Auch Bekannte staffiere ich aus wenn die Spieler nicht können oder wollen (bei SR zum Beispiel die Connections wenn man zwar "den Schieber" (sogar mit Namen!) hat aber nichts weiter weiß) und integriere sie essentiell in ihre Welt. So wird das lebendiger und die Spieler haben nicht immer das Gefühl sie würden nur mit meinen Lieblings-NSCen spielen. Ich versuche dann auch immer soweit möglich auf die von den Spielern gemachten Beschreibungen einzugehen. Man muss ja auch nicht immer alles verwenden.