Autor Thema: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis  (Gelesen 15244 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« am: 18.02.2005 | 13:41 »
Ich würde gerne mal über Erkenntnisse diskutieren, die man für das alltägliche Rollenspiel aus dem Lumpley-Prinzip (LP) ziehen kann. Lumpley-Prinzip, was ist das überhaupt? Es gibt eine kurze Definition im Definitionen-Thread, aber zum besseren Verständnis möchte ich das etwas genauer ausführen.
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Benannt nach dem Forge-Nick seines Schöpfers Vincent Baker, Autor von "Dogs in the Vineyard", "Kill Puppies for Satan" und "Otherkind", ist das LP ein Stück Forge-Theorie, das ich für wirklich hervorragend halte.

Das LP befasst sich mit der Frage, wie eigentlich die Spielrealität, genauer die gemeinsame Vorstellung von der Spielrealität ("shared imagined space"), zustande kommt. Es besagt, dass der Inhalt der Spielrealität von allen am Rollenspiel beteiligten Mitspielern verhandelt und durch Einigung festgelegt wird.

Also: Etwas ist nicht da, weil der SL es sagt, sondern weil der SL es sagt und jeder einzelne Spieler es akzeptiert. Vielleicht hat ein Spieler einen guten Grund, es anzuzweifeln, z.B. weil in einem Setting-Band das Gegenteil steht. Vielleicht haben sich aber die anderen Spieler mit dem SL darauf geeinigt, diesen Setting-Band nicht oder nur als Anregung zu verwenden. Die Aussage des SL, dass X in der Spielrealität existiert oder stattfindet, ist daher ein Vorschlag, der der Annahme durch alle Spieler bedarf, ehe das Spiel fortgesetzt werden kann. Oftmals erfolgt die Annahme natürlich stillschweigend. Ob der Vorschlag angenommen wird oder nicht, hängt von der Glaubwürdigkeit ("credibility") des Vorschlags ab. Glaubwürdigkeit kann von den verschiedensten Dingen herrühren: Regeln und Würfelwürfe, Setting-Informationen, gesunder Menschenverstand, persönliche Sympathie, u.v.a.m.

Ebenso sind die Ansagen der Spieler, was ihre Charaktere tun, als Vorschläge zu begreifen. Dies nicht nur, wenn eine Handlung etwa nach den Regeln von einer Probe abhängt - in diesem Fall besteht eine vorweggenommene Einigung darüber, dass das Ergebnis der Probe Inhalt der Spielrealität werden soll. Aber auch jede andere Ansage eines Spielers bedarf der Zustimmung aller anderen Mitspieler. Ein Spieler kann mit seinem Charakter nicht tun, was er will, sondern nur das, was seine Mitspieler akzeptieren. Daher ist es auch nicht per se illegitim, wenn gegen die Art und Weise, wie ein Charakter gespielt wird, protestiert wird. Das ist alles Teil des Verhandlungsprozesses.

Sp1: "Ich reite zurück in die Stadt."
Sp2: "Och nö, das ist doch kacke, geh uns doch lieber suchen, dann sind wir zusammen und können den Endkampf machen."
Sp1: "Aber ich hab doch gar keinen Grund, euch zu suchen."
SL: "Na ja, du könntest ja einer inneren Stimme folgen. Schau, es ist schon 23 Uhr und ich möchte bald zum Schluss kommen."
Sp1: "Na okay, ich geh sie suchen."
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Die Gesamtheit der Mittel, mit denen dieser Verhandlungsprozess geführt wird, nennt das LP das System ("system"). Eine unglückliche Begriffswahl, wie ich finde, da viele Rollenspieler mit System schlicht die Regeln meinen. Wie wir aber gerade gehört haben, können nicht nur die Regeln, sondern auch viele andere Dinge Glaubwürdigkeit verleihen.
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Zurück zur Ausgangsfrage: Was lernt und das? ;)

Das LP zu verinnerlichen heißt, jedem Setting-Sklaven und Abuse Actor von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die letzte Instanz, die entscheidet was geht und was nicht, sind WIR - deine Mitspieler. UNS gegenüber musst du begründen, warum wir das was du willst in unsere gemeinsame Vorstellung aufnehmen sollen. Der Verweis auf ein Splatbook oder die Rolle deines Charakters kann als Begründung ausreichen. Muss sie aber nicht.

Das gleiche gilt für tyrannische und inkompetente SLs. Es ist nicht so, weil DU es so sagst, sondern nur, weil WIR dir zustimmen. Vielleicht machen wir es, weil wir dir vertrauen und davon ausgehen, dass du dir etwas vernünftiges dabei gedacht hast. Aber wenn wir das Gefühl bekommen, dass du dir nichts vernünftiges dabei denkst, können wir dir auch ganz einfach das Vertrauen entziehen.

Dann sind da noch die SLs, die wie mit Pattex an ihrem vorbereiteten Plot kleben, oder an ihrem Kaufabenteuer, oder an ihrem Hintergrundband. Denen kann man sagen: Es ist nicht Teil der Spielrealität, bloß weil es da steht. Du kannst es jederzeit ändern und anpassen, bis zu dem Punkt, wo du es den Spielern beschreibst und sie deiner Beschreibung nicht widersprechen (sei es direkt oder, was wahrscheinlicher ist, indirekt durch Nachfragen). Erst danach ist es Teil der Spielrealität und kann nicht mehr so ohne weiteres geändert werden.

Umgekehrt folgt daraus auch, dass z.B. die oft gehörte Beschwerde, Spieler hätten es zu akzeptieren, wenn der SL das vorgegebene Setting ändert, zu hinterfragen ist. Denn der SL hat nicht ohne weiteres das Recht, das vorgegebene Setting zu ändern. Wenn alle Mitspieler das vorgegebene Setting kennen und davon ausgehen, dass es Anwendung findet, dann ist dieses Setting teil der Spielrealität. Jede Änderung bedarf dann der Zustimmung der Spieler.
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Offline Kardinal Richelingo

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #1 am: 18.02.2005 | 13:49 »
börks, igittigitt. Nichts für meine Kampagnen, gut für einen one-shot. Viel zuviel metagaming.

 Aber schön, dass wir drüber geredet haben, Mylady.  ~;D
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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #2 am: 18.02.2005 | 13:50 »
Sehr witzig, Sie Scherzkeks. *nach Regenschirm greif* ;)
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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #3 am: 18.02.2005 | 13:51 »
Nichts einzuwenden gegen, wobei ich noch einwerfen möchte, dass die Sicht der Spielrealität von Spieler zu Spieler unterschiedlich ist. Das wirkliche Bild der Spielrealität entsteht erst im Kopf des Spielers, in dem er fehlende (z.B. ungenannte) Teile der Spielrealität durch Assoziation substitutiert. Da die Vorstellungswelten sich von Person zu Person unterscheiden, kann sich das Ergebnis natürlich auch stark voneinander unterscheiden.

Allerdings wehre ich mich vehement gegen den Namen Lumpley-Prinzip.

Online Maarzan

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #4 am: 18.02.2005 | 13:55 »
Was lernen wir daraus?

Systeme mit der goldenen Regel "Der eSeL hat immer recht" sind scheiße? (IMHO!)

Die Wahl eine Regelwerkes und ggf. von Ergänzungen ist dann aber auch schon als erste, sehr umfangreiche Aussage zu sehen, was als in der Spielrealität geht oder nicht.

Der Wert dieser Aussage ist denke ich eine Erinnerung, gefälligst vorher sich darüber zu unterhalten, was man machen möchte und nicht hinterher moppern oder eigenmächtig ändern.

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Offline Kardinal Richelingo

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #5 am: 18.02.2005 | 13:56 »
ok, ich versuch mal was vernünftiges zu sagen. ähm. ist vielleicht sehr geeignet, um ein Abenteuer zu schreiben. Also eine Spielergruppe einladen, es auf dem Weg testen und dann eben "konservativ" atmosphärisch spielen.
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Offline Tantalos

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #6 am: 18.02.2005 | 14:01 »
Naja, es ist ja hauptsächlich eine "Spieltheorie"
Es beleutet schlichtweg den Hintergrund, wie und warum eine Spielwelt zustande kommt. Und natürlich kann man sagen "Hey SL, nach der Theorie ist das erst so, wenn wir zustimmen"... aber das  galt ja immer schon so... nur das wir jetzt auf die Theorie zurückgreifen können.

Mal ehrlich, wenn mir ein SL nicht gefällt, dann spiel ich nicht mehr mit ihm, aus welchem Grund auch immer. Wenn ein Spieler meiner Meinung nach blöd spielt, sage ich ihm dass und entweder er passt sich an oder ich leite nicht mehr. Ob ich dafür jetzt die Theorie benötige oder nicht, ist mir in erster Linie egal.
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Ein

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #7 am: 18.02.2005 | 14:05 »
Es ist vollkommen irrelevant, ob man darüber diskutiert oder nicht. Spielrealität entsteht so oder so in den Köpfen der Spieler. Dabei ist es vollkommen egal, ob der SL alles diktiert oder nicht, es geht allein darum, ob sich die Aussagen des Spielleiters in das Bild der Spielrealität der Spieler einfügt oder contraire geht.

Aber das ist uralt. Eigentlich ist das nichts anderes als Suspension of Disbelief genannt, was sicherlich nicht so hip klingt wie das Prinzip das nach jemanden benannt ist, der wie ein Hund klingt.

Miriamele

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #8 am: 18.02.2005 | 14:06 »
@ eed_de:

Du sollst es ja nicht vorher verhandeln, Mensch! ;)

@ Jack:

Ich habe genug Leute kennengelernt, die da anderer Meinung waren und das Spiel zum Stillstand brachten, weil sie auf ihrer persönlichen Vorstellung beharrten. Ob man es nun Lumpley-Prinzip nennt oder nicht, entscheidend ist die Erkenntnis, dass Rollenspiel nur über Konsens funktioniert.

Daher hat die Aussage "es steht im Regelwerk" oder "ich bin der SL" oder "ich spiele doch meine Rolle aus" nicht den Wert, den manche ihr beimessen.

@ Ein:

Nö, Suspension of Disbelief ist was ganz anderes. Das heißt neudeutsch Immersion, wenn ich nicht irre. Zustimmung zum Rest.

Offline Doc Letterwood

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #9 am: 18.02.2005 | 14:14 »
@Ein: Suspension of Disbelief ist ein bisschen anders: http://www.azundris.com/output/rp/drsrm/faq/glossar.xml#SoD

@Verminaard
Ich denke, Miri hat Recht: Konsens im Rahmen des Settings ist Kern des Spiels, Glaubwürdigkeit im Rahmen des Settings (guggsdu Suspension of Disbelief) Voraussetzung dafür, wenn man annimmt, Spieleridealtypen vor sich zu haben.
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Ein

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #10 am: 18.02.2005 | 14:19 »
Die Definition im drsrm-FAQ ist zu spezifisch und wurde im drsrm zu meinen Zeiten schon nicht mehr in dieser Form getragen. Es bedarf keiner Fremdartigkeit des Settings, da sich Spielrealität immer mit dem Spieler messen muss. Daher:

Suspension of Disbelief
Der Mechanismus, der dem Spieler erlaubt, die Spielrealität als authetisch zu akzeptieren und damit in die Spielwelt einzutauchen. Sobald das nicht mehr der Fall ist, fällt er aus dem Spiel heraus.

Kein Schimmer, wo da die großartige Weiterentwicklung beim Lumpie-Prinzip sein soll. Sowohl die Erläuterungen, die Schlüsse als auch das Fazit die Vermi zieht, sind absolut die gleichen wie beim SoD.

Offline Boba Fett

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #11 am: 18.02.2005 | 14:20 »
Und wenn man keine Idealtypen hat (Normalfall) ist fraglich, ob sie sich auf das LP einlassen.
Die Hälfte meiner alten Runde lehnt Player-Empowerment kategorisch ab.
(Wohlgemerkt: Die Spieler wollen kein PE, der Spielleiter ist damit einverstanden)
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Offline Doc Letterwood

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #12 am: 18.02.2005 | 14:22 »
@Boba
Idealtypen hat man echt nie als Spieler, da hast Du Recht. Aber gerade die Sache des gemeinsamen Konsenses bezügl. PE zeigt doch, dass ihr das Prinzip anwendet.

@Ein
Okay, diese Definition ist in der Tat allgemeiner, obwohl das LP es als Prozess sieht und die SoD als vom Spieler ausgehende "Oberhoheit" über das Setting.
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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #13 am: 18.02.2005 | 14:27 »
@morebytes
Ich glaube nciht, dass man das trennen kann. Das passiert einfach.

Offline Doc Letterwood

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #14 am: 18.02.2005 | 14:30 »
@Ein
Das glaube ich auch. Die Herangehensweise der beiden Theorien unterscheiden sich auf den ersten Blick, könnten aber imho aneinander angeschlossen werden.
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Offline Boba Fett

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #15 am: 18.02.2005 | 14:31 »
@Morebytes: Naja, die Runde hat einen Konsens und ich bin erstmal nicht länger mit von der Partie.
Konsens heisst eigentlich, dass alle diesem zustimmen und nicht das nur die übrig bleiben, die zustimmen.
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Offline Doc Letterwood

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #16 am: 18.02.2005 | 14:36 »
@Morebytes: Naja, die Runde hat einen Konsens und ich bin erstmal nicht länger mit von der Partie.
Konsens heisst eigentlich, dass alle diesem zustimmen und nicht das nur die übrig bleiben, die zustimmen.

Ich Schussel habe gerade die Sache mit der "Hälfte der Runde" überlesen *Brille aufsetz*  ::)

Könnte man also an das LP anschließen, dass, wenn der Verhandlungsprozess scheitert, die Runde scheitert? Ich meine, solche Erfahrungen kennen wir ja zur Genüge.
Obwohl...LP spricht eigentlich nur von Spielrealität, und Player Empowerment hat ja nur indirekt etwas mit der Spielrealität zu tun.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #17 am: 18.02.2005 | 14:44 »
LP hat mit Player Empowerment nicht das Geringste zu tun. Auch in der klassischen Runde, in der der SL qua Definition das Sagen hat, findet ein Verhandlungsprozess statt, nur ist er nicht so offensichtlich. Standard-Beispiel:

SL: "Auf dem Hügel ist eine Burg."
Sp1: "Ich kann mich gar nicht erinnern, dass früher in dieser Gegend eine Burg war."
Sp2: "Es muss eine Illusion sein."
(Spiel wird fortgesetzt)

Auch bei Null Player Empowerment kann das Spiel nur funktionieren, wenn die Spieler das, was der SL sagt, in ihre Vorstellung aufnehmen. Ein hat natürlich recht: da diese Vorstellungen voneinander abweichen, gibt es eine wirklich gemeinsame Vorstellung nicht. Aber es gibt eben Elemente, die in allen Vorstellungen vorhanden sind, und das ist die gemeinsame Spielrealität. Diesen Teil hatte ich oben weggelassen, um es nicht unnötig auszuweiten.

Auch bei Null Player Empowerment kommt das Spiel zum Erliegen, wenn ein Spieler dem SL seine Zustimmung entzieht. Habe ich schon erlebt. Auch bei Null Player Empowerment machen Spieler Vorschläge, die der Annahme bedürfen:

Sp1: "Ich schieße durch das Glas."
SL: "Okay, das reduziert deinen Schaden um 2."
Sp2: "Ist das kein Panzerglas?"
SL: "Nein, das ist nur ein ganz normales Kassenhäuschen, keine Bank."
Sp2: "Ach so."

Wenn Sp1 jetzt würfelt, akzeptiert er, dass er durch das Glas schießen kann, aber weniger Schaden anrichtet. Er könnte auch mit dem SL über den Abzug diskutieren. Dann wäre noch keine Spielrealität hergestellt, weil noch keine Einigkeit bestünde.
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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #18 am: 18.02.2005 | 15:01 »
Sag ich doch 100% Suspension of Disbelief. Das geistert schon seit mindestens '95 durch rgfa.

Offline Lord Verminaard

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #19 am: 18.02.2005 | 15:02 »
Was ist rgfa?
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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #20 am: 18.02.2005 | 15:04 »
@Lord V:
Dann besteht das LP nur dann nicht, wenn es eine Diskussion ohne Ergebnis gibt?
In dem Fall macht das LP keinen Sinn, da letztendlich fast jede Diskussion zu einem Ende kommt, weil letztendlich schlimmstenfalls eine Seite klein beigibt um endlich weiterspielen zu können. Welche Hilfe bietet das LP.
LP heisst doch nur dass es einen Konsens gibt, wenn es einen Konsens gibt. Wie der zustande kommt ist offen.
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Offline Tantalos

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #21 am: 18.02.2005 | 15:10 »
Ich hab des Lords Beschreibung nicht so verstanden, dass es zwangsläufig zu ner Diskussion kommt.
Sondern vielmehr gleichen sich Spielrealitäten des SLs und er Spieler an.

Ich würde als Spielleiter auch nich immer mir in alles reinreden lassen. Beispiel aus der Realität... Luxushotel hat zwei Aufzüge... S1 meckert, dass das nicht real wäre... Ich sage darauf, dass es aber so jetzt ist, merke mir das aber fürs nächste Szenario, dass es eventuell mehrere Aufzüge gibt.
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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #22 am: 18.02.2005 | 15:17 »
@vermi
Die Usenet-Newsgroup rec.games.frp.advocacy. Anfang so ziemlich aller Rollenspieltheorie. Und es würde mich sogar nicht wundern, wenn ein ganzer Teil der Forge-Besatzung aus rgfa-Leuten bestehen würde.

Zitat
Sondern vielmehr gleichen sich Spielrealitäten des SLs und er Spieler an.

Leider falsch. In dem Moment, wo du (ungeachtet der Vorstellung des Spielers) sagst "Das ist aber so." verlierst du den Spieler. Vielleicht spielt er weiter, aber für ihn ist dieser Sitzung potetiell versaut. Er ist in diesem Moment halt nicht mehr von der Glaubwürdigkeit der von dir dargestellten Welt überzeugt. Damit ist er (zumindest temporär) auch nicht mehr von deiner Glaubwürdigkeit überzeugt und hält dich im schlimmsten Fall für einen unfähigen, vielleicht sogar unterdrückerischen SL.

Offline Doc Letterwood

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #23 am: 18.02.2005 | 15:17 »
@Vermi

Also zusammenfassend: Fakten der Spielrealität in den Köpfen von Spielern und Spielleiter entstehen dann, wenn per Verhandlungsprozess ein Konsens innerhalb der Gruppe bei Spielern und SL herrscht und dieser Konsens als Voraussetzung und Grundlage für weiteres Spielgeschehen angenommen wird?

Das kann ich zumindest dann so allgemeingültig akzeptieren.

Was ich als Spielleiter davon habe? Ich kann Spielwelten, die nicht wie DSA zu, sagen wir 90% definiert oder ausgestaltet sind, nur in gemeinsamer Arbeit entwickeln - und müsste auf jedes wichtige Detail der Spielrealität, dass eingeführt wird, immer Zugriff haben.
« Letzte Änderung: 18.02.2005 | 15:20 von Morebytes »
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Online Maarzan

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Re: Das Lumpley-Prinzip in der Praxis
« Antwort #24 am: 18.02.2005 | 15:24 »
@Lord V:
Dann besteht das LP nur dann nicht, wenn es eine Diskussion ohne Ergebnis gibt?
In dem Fall macht das LP keinen Sinn, da letztendlich fast jede Diskussion zu einem Ende kommt, weil letztendlich schlimmstenfalls eine Seite klein beigibt um endlich weiterspielen zu können. Welche Hilfe bietet das LP.
LP heisst doch nur dass es einen Konsens gibt, wenn es einen Konsens gibt. Wie der zustande kommt ist offen.

Ich denke das LP steht eher dafür festzustellen, dass die Aussagen wie Der SL hat immer recht oder Mein Charakter gehört alleine mirreal nicht so durchzusetzen sind. Es wäre in vielen Runden leider schon eine Leistung wenn alle feststellen würden, daß die anderen keine ReallifeNSC sind.

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