Autor Thema: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann  (Gelesen 20194 mal)

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Offline Fredi der Elch

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #75 am: 10.03.2005 | 09:24 »
Ha, geil! :D Gefällt mir echt gut und ist eine Möglichkeit, ein beliebiges "normales" Rollenspiel mit einer RM zu verbinden, ohne die als SL selber machen zu müssen. Ich denke zwar trotzdem, dass ein eigenes System für die Charakterentwicklung im Zentrum her müsste (also ein ganz neues Rollenspiel) aber das ist der Chef-Narr, der da spricht.

Cay, kannst du mal ein Beispiel für eine RM geben, die sich da entwickelt hat? Ich möchte einfach nur mal sehen, wie kreativ Spieler sein können. So als gutes Beispiel. :)
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Offline Transmission King

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #76 am: 10.03.2005 | 10:12 »
Edit: Ich bin's, Wjassula. Wenn Hereingeschneite den Tod ins Haus bringen...äh, sich einloggen  ::).

@Robin: Danke für die Antwort. Ich dachte mir sowas natürlich schon, aber schön, dass es mal einer sagt. Ich würde spontan entgegen, dass ich zumindest die Spielleitung ja nicht abschaffen, sondern nur verändern möchte. Das würde schon bedeuten, dass sie weniger "Macht" hätte, und dass sie nicht mehr allein den kreativen Rahmen setzen würde. Aber deine gute Ideen wären ja nach wie vor gefragt. Du sollst ja gar nicht euthanisiert werden, du schwarze Seele. Wir machen eine ganz friedliche Revolution, auch noch von oben! Du bist nicht Marie Antoinette, sondern der Vorsitzende des ZK, der die Demokratie ausruft, und weil ihm alle dafür so dankbar sind, wird er gleich auch noch Präsident.

Ich kann deine Bedenken ganz gut verstehen, weil ich bei uns in der Gruppe eigentlich auch der klassische SL bin. Ich bin der Typ, der die ganzen Bücher liest, ich kenn die Regeln, ich hab am meisten "Ahnung" von Rollenspiel, und in aller Bescheidenheit habe ich auch das grösste erzählerische Talent in der Gruppe. Damit könen wir alle gut leben, weil ich mich ausleben kann und die Spieler schöne Geschichten vorgesetzt kriegen. Was mich stört ist, dass der Arbeitsaufwand für mich am grössten ist, dass ich oft in die Position rutsche, wo ich für Scheitern oder Gelingen einer Session verantwortlich bin (oder mich fühle) und dass ich unter der Oberfläche unseres Spiels ein gewaltiges Potenzial brodeln fühle, von dem ICH auch profitieren könnte. Manchmal entwickeln die Spieler ja Issues und bestimmen in den Erzählungen über die Umwelt oder erzählen nach einem verpatzen Würfelwurf ihr Scheitern oder machen outgame Vorschläge über den weiteren Verlauf der Kampagne. Und das ist immer am Besten. Kann man das nicht irgendwie formalisieren? Und fordern und fördern  ;)? Oder so?

 
Zitat
Worüber wir hier diskutieren ist, wie man Spielweise 1) mit den Vorzügen der Spielweise 2) anreichern und trotzdem die wesentlichen Vorzüge der Spielweise 1) erhalten kann

Yes, indeed. Um mal die Bedenken aufzugreifen, die hier kamen: Wir haben einmal den möglichen Verlust der Immersion und nur noch Autorenperspektive. Das will anscheinden niemand, auch wenn die Vorstellungen, wie die beiden Möglichkeiten gewichtet werden sollen, unterschiedlich sind. Bräuchte man jetzt nur noch geschickte Mechanismen, die einen möglichst reibungslosen Wechsel fördern.

Punkt zwei, über den ich gern noch mehr wüsste, wäre "Die Welt entdecken und Geheimnisse herausfinden". Es ist echt wahr, dass das für viele Spielende einen grossen Teil des Spielspasses ausmacht. Wieviel Wissensvorspung kann/soll die Spielleitung haben, wie geht das mit der gemeinsamen Vorplanung der Kampagnenstruktur zusammen und wie implementieren wir das?

Ich finde, vorgeplante Spannungsbögen und Konflikte könnten die Spannung noch erhöhen, oder? Ist doch wie ein Teaser; Ich weiss, dass es heute um die Probleme meines Chars mit der Familie gehen wird, aber wie wird das aussehen? Und noch wichtiger: Wie wird der Konflikt ausgehen?

Um die Konflikte letzendlich spannend rüberzubringen, ist ein guter "Meister" nicht verkehrt. Jemand der sowas erzählerisch gut ausmelken und rüberbringen kann wächst ja nicht auf Bäumen. 

Zitat
Derjenige, der wie ich von beiden Spielweisen fasziniert ist, beobachtet die Diskussion, die hier stattfindet, mit Begeisterung

Ich doch auch, ich doch auch.
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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #77 am: 10.03.2005 | 10:16 »
Am Wochende scann ich unsere RM ein und kommentiere die noch ein wenig. Vielleicht finde ich auch die Traits, die wir erschaffen haben, dann kann ich die bei Interesse mit posten. Da ich aber immer noch mit meinem Webserver kämpfe, wäre es gut, wenn jemand anders das Zeug dann ins Netz stellen könnte.
Nur so viel sei verraten: Es war die Planung für ein WuShu-Spiel mit max 4-5 Sitzungen und dem allgemeinen Thema Ehre in einem an das historische mittelalterliche angelegten Japan. Wichtige NSCs sind ein Drache, der Teno und Ninjas (irgendjemand hat auf die bestanden) ;D.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #78 am: 10.03.2005 | 11:02 »
Bräuchte man jetzt nur noch geschickte Mechanismen, die einen möglichst reibungslosen Wechsel fördern.
Das ist, denke ich, der Kern! Und da gibt es sicher noch viel zu entdecken, entwickeln und verbessern. Ha, dann mal los! Ich denke schon die Ganze Zeit drüber nach...

Zitat
Ich finde, vorgeplante Spannungsbögen und Konflikte könnten die Spannung noch erhöhen, oder? Ist doch wie ein Teaser; Ich weiss, dass es heute um die Probleme meines Chars mit der Familie gehen wird, aber wie wird das aussehen? Und noch wichtiger: Wie wird der Konflikt ausgehen?
Das finde ich nämlich auch. Mir macht das fast noch mehr Spaß. (ach was sag ich, bestimmt!). Aber es ist wohl eine andere Art von Spaß.

Btw: Du, mein lieber Wjassula, kommst aufs Sommertreffen und spielst mit PtA! Keine Widerrede! ;D Ich notiere dann mal: Boba, Bitpicker, Wjassula. Da ist die Runde eigentlich schon (fast) voll. Hm, wird Vermi wohl auch PtA anbieten müssen, oder? ;) Ich finde einen gemeinsamen Workshop mit anschließenden Runden PtA eine gute Idee...

Noch was ganz wirres:
Wenn man also die Relationship Map (RM) zusammen erstellt (Universalis oder sonstwie) und trotzdem eine Art Geheimnisse reinbringen möchte, könnte man ja folgendes machen: Der SL darf nach Fertigstellung noch eine genau festgelegte Anzahl von Dingen ändern und eine weitere Zahl hinzufügen. Das sind dann Dinge, die die Spieler nicht wissen und sie noch überraschen können, auch wenn sie den Großteil der Arbeit gemacht haben. Zusätzlich können die Spieler evtl. "KernIssues oder Beziehungen" festsetzen, die niemand ändern darf (also die wirklich wirchtigen Sachen). Optional darf sogar jeder Spieler dem SL eine Änderung/Zusatz geheim mitteilen. Das weiß dann nur er und der SL, die anderen Spieler nicht (und der SL hat wieder Arbeit gespart).

Gaga. Aber könnte klappen.
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Offline Bitpicker

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #79 am: 10.03.2005 | 16:25 »

Btw: Du, mein lieber Wjassula, kommst aufs Sommertreffen und spielst mit PtA! Keine Widerrede! ;D Ich notiere dann mal: Boba, Bitpicker, Wjassula. Da ist die Runde eigentlich schon (fast) voll. Hm, wird Vermi wohl auch PtA anbieten müssen, oder? ;) Ich finde einen gemeinsamen Workshop mit anschließenden Runden PtA eine gute Idee...

Also, mit mir brauchst du nicht zu rechnen. Ich habe Leben und Familie, ich kriege kein frei für sowas.

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Offline Lord Verminaard

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #80 am: 10.03.2005 | 17:02 »
Zitat
"Die Welt entdecken und Geheimnisse herausfinden". Es ist echt wahr, dass das für viele Spielende einen grossen Teil des Spielspasses ausmacht.

Vor allem, wenn es sich um eine "neue" Welt handelt. Meiner Erfahrung nach nimmt die Faszination der Erforschung des Settings mit der Zeit ab, selbst wenn das Setting viele Geheimnisse noch nicht enthüllt haben mag. Ist vielleicht nur mein subjektiver Eindruck.

Was Mechanismen angeht, die den Wechsel zwischen den Perspektiven fördern: Hm. Schwierig. Vielleicht nicht Mechanismen im strengen Sinne. Vielleicht braucht es mehr. Bewusstmachung. Lernen. Intuition. Und ein paar gute Tipps. ???
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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #81 am: 10.03.2005 | 17:06 »
Natürlich bedarf es für das Wechseln der Perspektiven vor allem zweier Dinge: Vorbilder und Übung. Es gibt aber Möglichkeiten das zu 'üben'. Z.B. indem man am Anfang und Ende einer Spielsitzung auf der Meta-Ebene über das Spielgeschehen und die Spielerwünsche spricht. Nichts anders habe ich mit den Universalis-Planungsphasen vorgeschlagen; und auch unsere Planungsthreads hier im Forum für die IRC-Spiele sind genau das, nur etwas freier.
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Offline Jestocost

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #82 am: 10.03.2005 | 17:36 »
Was hier klar wird: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Struktur und Inhalt...

Man kann eine funktionierende Struktur aufbauen und durchziehen, und den Inhalt später dort einbetten...

Im klassischen Rollenspiel herrscht ja starker Perspektivismus - jeder Spieler hat unterschiedliche Informationen und kann sich nie sicher sein, ob diese richtig sind - das entscheidet der Spielleiter...

Solange wir uns in der Wahrnehmung/Perspektive eines Spierlcharkaters befinden, kann der Spieler diesen so ziemlich alles erfahren lassen - wir wissen ja nie, ob der uns dabei die Wahrheit erzählt, sich das ausgedacht hat etc.. Wenn ich jetzt mit Mechanismen wie Flashbacks arbeite, kann ich sagen: Dein Charakter erzählt, was damals passiert ist... Und das wird dann ausgespielt..

Ich kann dann immer wieder, in bester Rashomon-Manier, darauf zurückkommen und unterschiedliche Sichten/Realitäten einführen. Aber wer entscheidet, was dann wirklich wirklich ist: Wie auch sonst - irgendwie alle: Illusionisten-Spielleiter nehmen ja auch das Feedback und die Vermutungen der Spielercharaktere auf und machen diese zur Realität: Es sollte immer das wirklich passiert sein/passieren, was am coolsten für die Geschichte ist.

Jetzt schauen wir uns das mal in Bezug auf Setting Info an: Das Interessante daran ist ja die Mischung aus Vorwissen und Unwissen, die sich im Verlauf des Spiels zugunsten der Spieler verändert. Die Spieler kennen ein wenig was von der Kampagne und der Welt, aber keine Details.. Sie lesen ein wenig Hintergrund, kaufen sich ihr Splatbook und pochen darauf, dass das wahr ist (denn so steht es geschrieben)... Sie haben sogar ein Recht darauf, dass das "wahr" ist, also der SL das so auch einbauen muss (und nicht sagt: Nee, eigentlich sind bei mir alle Dunkelelfen gar nicht dunkel, haben Flügel, und sind sogar echt nett...)

Wir konstatieren: Spieler wollen was wissen, aber nicht alles.. Dann machen wir das doch: Bei Midnight lasse ich einen Spieler (der einen erfahrenen Krieger spielt) alles über Orks lesen - auch mehr als sein Charakter je wissen wird.. Wenn im Spiel jetzt Orks auftreffen, ist der Spieler dafür verantwortlich, die Szene zu "leiten". Gleichzeitig können andere Spieler wie auch der Spielleiter diesen Spotlight beeinflussen und ergänzen...

So wird das Spielerlebnis und der Inhalt von allen Spielern erschaffen, aber der Spielleiter hat immer noch starke "realitätsbildende" Rechte, weil er steuern kann und mitentscheiden, welche Informationen "wahr sind" - z.B. durch geheime Umfragen: "Wer sollte der Mörder sein und warum?" Und dann kann er den Plot so steuern..
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wjassula

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #83 am: 10.03.2005 | 23:10 »
Uff, Tim, das muss ich jetzt erstmal sacken lassen. Spontan fällt mir auf, dass du diese Idee mit der Verteilung unterschiedlicher Kompetenzbereiche auf Spielende je nach Charakter vorher schon mal gebracht hattest...Orkspieler wissen alles über Orks und leiten alles, was mit Orks zusammenhängt für die anderen.

Irgendwas sträubt sich in mir dagegen, ich weiss bloss noch nicht,was es ist.

Zitat
Und dann kann er den Plot so steuern..

Ah, das könnte es sein. Du magst das nicht aufgeben, dass die Spielleitung letztendlich über allem steht, hm? *ponder*

Und deine Gedanken zum Perspektivwechsel und Struktur/Inhalt hab ich einfach noch nicht verstanden. Aber vielleicht morgen, wenn ich frischer bin.

@Caynreth: Ich lese deine Beiträge und sie gefallen mir - vor allem die Idee mit einem formalisierten Outgame-Teil vor und nach der Session klaue ich unbedingt. Mehr Kluges fällt mir aber nicht dazu ein. Nicht dass du denkst, ich les' das nicht  :).

@Fredi: Ja, schon. Ich würde supergern aufs Treffen und irgendwelche narrativistischen Schweinereien mit euch machen (und wer dreimal seine Prämisse im Käse verliert muss mit einem Gewicht an den Füssen in den See oder so). Aber die Entfernung muss ich erstmal überbrücken.

@Bitpicker: Schade! Ich hätte dich gern mal getroffen.

Offline Lord Verminaard

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #84 am: 11.03.2005 | 10:15 »
@ Jesto: In meinen Gruppen haben wir es schon früher so gehandhabt, dass jeder sein besonderes Wissen zur Unterstützung des SL eingebracht hat. Die Bundis in Sachen Survival, Waffen, Kämfen etc., die Geschichtsfreaks in Sachen Geschichte, ich in Sachen Nautik, oder eben die Setting-Spezialisten in Sachen Setting. Hey, man kann das sogar auf Regeln erweitern, wenn die Regeln so umfangreich untergliedert sind, dass es Sinn macht. Wie z.B. die Shadowrun-Regeln für Decken und Riggen.

Dass der „Spezialisten“-Spieler dann selbst die Spielleitung voll übernimmt, ist eigentlich nur die konsequente Weiterentwicklung der Idee. Probleme ergeben sich allenfalls dann, wenn er in Dialog mit seinem eigenen Charakter tritt. Denn dass ein SL im Selbstgespräch für die Spieler auf Dauer langweilig wird, wissen wir nicht erst seit wir das Wort Narrativismus kennen... ;)

Zum Rest: Wow. Muss ich noch mal drüber nachdenken. Könnte zu üblen Gehirnverknotungen führen. ;)
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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #85 am: 11.03.2005 | 10:25 »
@Wjassula: Danke für die Blumen :D
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sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig.

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Offline Dr.Boomslang

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #86 am: 11.03.2005 | 13:26 »
Ich hoffe ich rede jetzt nicht am Thema vorbei. So wie ich es verstanden habe soll es darum gehen den klassischen Rollenspielstil in dem der Spieler seinen Charakter und der SL den Rest spielt angereichert werden mit Stilmitteln des Narrativismus, so richtig?
Als Kernelement von (klassischem) Sim würde ich die Beschränkung auf den Charakter bzw das Weltmonopol des SL sehen. Es gibt aber einige Mittel die das vielleicht aufweichen aber nicht brechen. Es darf einfach nie ein direkt sichtbarer Interessenskonflikt zwischen dem bestehen was ein Spieler zur Spielwelt beiträgt und dem was er zu seinem Charakter beiträgt. Ingame-Outgame-Wechsel zum Einbringen von Plotelementen wurde schon genannt. Der Spieler wünscht sich ja schließlich nur etwas vom SL, das ist der wichtige Punkt.
Eine weitere Sache ist das eigentlich schon allseits beliebte Einbringen von Teilen der Spielrealität in der unmittelbaren Umgebung des Charakters, z.B. "Ich nehme den Draht und knack damit die Tür", obwohl der SL nie was von einem Draht gesagt hat. Hierbei ist es entscheident das der SL das ganze absegnet, aber eben nicht willkürlich, sondern eher wie eine Art Richter, der zwar auch Entscheidungen und Bewertungen macht, jedoch aufrgrund einer sehr strengen Vorgabe die auch jedem anderen bekannt ist. Im Falle von Sim ist diese Vorgabe die Plausibilität und eben in keinem Fall ob das Eingebrachte interessant, cool, oder nützlich ist. Natürlich wird niemand dem SL nachweisen können dass er die Eingabe nur zugelassen hat weil er sie cool findet, wenn sie gleichzeiteg eben auch plausibel ist. Diese Ungewissheit ist aber ganz wichtig.
Oft entsteht diese leichte Form des PE ja dadurch dass Spieler anfangen Suggestivfragen zu stellen um damit die Realität zu formen: "Liegt da zufällig ein Draht?". Oder mit der Methode Laut denken: "Jetzt könnte ich einen Heiltrank gebrauchen" und der nächste umgehauene Ork hatte natürlich einen dabei. Als SL ist es ein offenes Geheimnis das diese Einwürfe wirklich die Spielrealität beeinflussen, für die Spieler geht aber etwas verloren wenn sie merken dass das wirklich so ist, bzw wenn sie sich darauf verlassen können das und wie es funktioniert.
Auch wenn Spieler ihr Wissen einbringen ist das in Ordnung, aber nicht in Verbindung damit ihrem Charakter dadurch zu helfen oder auch nur Informationen zu erlangen die ihr Charakter nicht haben kann.
Wichtig ist immer dass der Spieler nichts wirklich verlangen darf ("Auf Seite XY Quellenbuch soundso steht aber das Orks immer Heiltränke dabei haben, also bekomme ich jetzt einen!"). Vielleicht kann man es mit einer Gerichtsverhandlung vergleichen. Die Spieler sind Anwälte die Eingaben machen, der SL ist der Richter der Entscheidet, aber er ist an eine starke höhere Instanz gebunden. Im Idealfall handelt es sich bei allem was Anwälte in einer Gerichtsverhandlung vorbringen natürlich nur um Fakten und im Idealfall kommt daher am Ende eigentlich immer dasselbe raus nämlich die Wahrheit. Wir alle wissen zwar dass allein dadurch welche Fakten genannt werden und welche nicht und dadurch wie sie genannt werden zwar nicht die Wahrheit aber das Urteil darüber verändert werden kann. Und so ist es dann auch im Rollenspiel, die Spieler beeinflussen die Welt, aber sie fällen eben nicht die abschließenden Urteile.

Noch eine weitere Sache in punkte PE. Der Charakter-Sim-Spieler hat kein Problem damit Charaktere zu spielen, das liegt in der klarerweise in seiner Natur. Es ist also erstaunlich Problemlos möglich ihm eigentliche NSCs zum vorläufigen Spielen zu überlassen (das Thema wurd hier sicher auch schon diskutiert). Wichtig dabei ist dass kein Interessenskonflikt zum eigentlichen Charakter besteht und dass der Spieler nicht das Monopol über den NSC erhält, sondern er sich verantwortlich fühlt, die Charakterintigrität zu wahren, d.h. das Ganze macht nur Sinn wenn der Spieler den NSC bereits gut kennt, oder er ihn garnicht kennt und er ihn mit den Vorgaben spielt die er aus dem Auftreten des NSC schließen kann.

Mir fällt grade auf dass vor allem das was ich im letzten Abschnitt gesagt habe viel mit dem zu tun hat was Jestocost angesprochen hat. Man könnte das ganze bestimmt fast so weit führen, dass man "Spieler für einen Bereich" hat, ich sehe aber immer noch das Problem mit den Interessenskonflikten die sich potentiell vermehren wenn der Bereich wächst.
« Letzte Änderung: 11.03.2005 | 13:37 von Dr.Boomslang »

Offline Fredi der Elch

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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #87 am: 11.03.2005 | 17:27 »
Hi Leute, kurzer Einwurf von der Definitionspolizei. Und was zum Thema Nar und PE.

Hier: http://tanelorn.net/index.php?topic=18057.0
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Re: Wie man narrative Elemente fürs Rollenspiel einsetzen kann
« Antwort #88 am: 11.03.2005 | 21:55 »
Noch mal zu:

Zitat von: Jesto
Im klassischen Rollenspiel herrscht ja starker Perspektivismus - jeder Spieler hat unterschiedliche Informationen und kann sich nie sicher sein, ob diese richtig sind - das entscheidet der Spielleiter...

Solange wir uns in der Wahrnehmung/Perspektive eines Spierlcharkaters befinden, kann der Spieler diesen so ziemlich alles erfahren lassen - wir wissen ja nie, ob der uns dabei die Wahrheit erzählt, sich das ausgedacht hat etc.. Wenn ich jetzt mit Mechanismen wie Flashbacks arbeite, kann ich sagen: Dein Charakter erzählt, was damals passiert ist... Und das wird dann ausgespielt..

Ich kann dann immer wieder, in bester Rashomon-Manier, darauf zurückkommen und unterschiedliche Sichten/Realitäten einführen. Aber wer entscheidet, was dann wirklich wirklich ist: Wie auch sonst - irgendwie alle: Illusionisten-Spielleiter nehmen ja auch das Feedback und die Vermutungen der Spielercharaktere auf und machen diese zur Realität: Es sollte immer das wirklich passiert sein/passieren, was am coolsten für die Geschichte ist.

Richtig komplex wird es aber dann, wenn du die Ereignisse der Vergangenheit (aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Spieler / Charaktere dargestellt) mit den Ereignissen der Gegenwart (selbst wenn es davon nur eine Version gibt) verknüpfst. Dabei gibt es ein großes Problem: Die Beteiligten vergessen Details. Jeder vergisst andere Details. Oder erinnert Dinge anders.

Ich bin ja jemand, der sich an ziemlich viele Details erinnern kann, normalerweise jedenfalls, wenn ich nicht gerade nach 10 Stunden Arbeit abgespannt bin. Und mich stört es ungemein, wenn meine Mitspieler sich mit ihrer Erzählung in Widerspruch zu dem setzen, was bereits etabliert ist. Das hat mich z.B. in unserer Universalis-Chatrunde genervt.

Bei einem linear erzählten Plot lässt sich das alles noch einigermaßen bewerkstelligen. Aber sobald du mit Flashbacks und verschiedenen Versionen der Realität arbeitest, wird es sehr unübersichtlich.

Wenn du als SL die absolute Kontrolle hast, fällt es noch einigermaßen leicht, den Überblick zu behalten, weil

a) du über ein gedankliches Konstrukt wachst, dessen Urheber du zunächst selbst bist, so dass du eine klare Vision davon vor Augen hast,

b) als einziger Änderungen daran vornimmst und so den Überblick behalten kannst und

c) die Spieler wissen, dass sie sich an dich wenden müssen, wenn sie etwas wollen, so dass nicht die Gefahr besteht, etwas Relevantes zu verpassen.

Wenn du jetzt Spieler ganze Szenen gestalten lässt, fallen diese Punkte alle drei weg. Und selbst wenn es dir als SL trotzdem gelingt, den Überblick zu behalten, wirst du schnell vor der Wahl stehen, dem Spieler entweder dazwischen zu reden, weil er gerade einen Widerspruch etabliert, den nur noch niemand bemerkt hat -- oder diesen Widerspruch hinzunehmen.

Ständiges Dazwischenreden (im Sinne von Unterbrechen) finde ich super nervig (gell, Fredi? ;)) Widersprüche finde ich ebenso schlimm. Bekanntlich ist Plausibilität ja auch kein reines Sim-Feature, sondern gehört zum Prozess des Rollenspiels (=Exploration) dazu. Stichwort: Suspension of Disbelief.

Da kommen wir also schon wieder an den Berührungspunkt mit dem Thema Player Empowerment. Na ja, PE scheint nun mal auch die Technik Nr. 1 zu sein, die immer wieder vorgeschlagen wird, wenn es um narrative Elemente im Spiel geht.
_________

Was ich sehr interessant finde, ist die hier angesprochene Möglichkeit des "Zwei-Ebenen-Spiels". In regelmäßigen Abständen Immersion *klick* aus, Tür in der Spielrealität auf, raus in die Meta-Ebene. Von gleich zu gleich mit allen Mitspielern Parameter festlegen. Dann wieder rein, Tür zu, Immersion an. Nicht dass solche Prozesse nicht in vielen Runden heute schon stattfänden. Aber das zu formalisieren hat was. Vor allem wenn man sich dadurch die Möglichkeit eröffnet, im "In-Game" möglichst wenig störende "Meta-Ebene" präsent zu haben und trotzdem das Spiel auf für den eigenen Charakter interessante Konflikte zu lenken.
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