Autor Thema: [Eberron] Satire: Whispers of the Vampire's Blade - abschließende Betrachtung  (Gelesen 1718 mal)

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Whispers of the Vampire's Blade - Eine abschließende Betrachtung

Dieses aus der Feder von David Noonans kommende Machwerk, das sich als zweiter Teil einer Trilogie bezeichnet, mit der es nichts im geringsten zu tun hat,ist von mir und meiner Gruppe vergangenen Samstag fertiggespielt worden. Schon bei der ersten Lektüre war ich gelinde gesagt ein wenig skeptisch, was den Sinn und die Plausibilität verschiedenster Abschnitte anging. Doch das Gesamtwerk las sich eigentlich recht gut, und so schritt ich frohen Mutes zur Tat. Aus knapp 16 Stunden Spiel, die für mich mit Qual zu tun hatten, meinen Spielern hat es dank Improvisation anscheinend doch gefallen, habe ich eine einfache Erkenntnis gewonnen: Das Wort Katastrophe stellt in Verbindung mit diesem Abenteuer einen Euphemismus dar.
Um diese einfache aber doch schwerwiegende Erkenntnis ein wenig auszuführen, werde ich mal die Perlen dieses vor Idiotie nur triefenden Abenteuers vorstellen:
Alles beginnt in der wunderschönen Stadt Sharn, wo der Chef des Geheimdienstes nichts besseres zu tun hat, als irgendwelche unbeschriebenen Blätter anzuheuern, um einen Verräter aus eigenen Reihen zu jagen. Das Treffen findet in einem Gewächshaus mit subtropischem Klima statt, in dem jener Chef sich Tee trinkender Weise zur Ruhe gesetzt hat, und seinen Rettern in Not, bevor er mit mehr Informationen rausrückt, ihnen erstmal aufträgt einen fleischfressendenRiesengorilla zu fangen ohne ihn zu töten. Macht das nur mich stutzig, oder würde jeder Mensch mit Verstand sich einfach weigern, sich dem Kampf zu stellen, indem die ernsthafte Gefahr besteht Schmerzen zu erfahren oder schlimmer: zu sterben? Von der anderen Warte aus gesehen: Wenn ich möchte, das eine Truppe einen Verräter jagt, und zwar schnell, lasse ich sie zuvor von einem Affen zerreißen, um zu sehen was sie können, und um sie geschwächt loszuschicken? Wenn ich als oberster Führer der Sicherheitsdienste im Namen der Krone an Abenteurer wende, um eine delikate Aufgabe zu lösen, dann werde ich mich bevorzugterweise an Leute widmen, deren Heroismus und Loyalität zur Krone, vor allem aber ihre Fähigkeiten hinreichend bekannt sind. Es ist ja nicht so, dass es in der 200.000 Einwohnerstadt Sharn zwei Abenteurergilden gibt, die sehr fähige Mitglieder hervorgebracht haben... da muss man sich schon an Unbekannte wenden, die mit Stufe 4 zwar nicht über eindrucksvolle Talente verfügen, aber immerhin nicht maulen, wenn sie einen Riesenaffen erlegen sollen.

Da der Geflohene einen zeitlichen Vorteil von 8 Stunden hat, werden den Abenteurern mit Magie gezüchtete Pferde aus dem Hause Vadalis gestellt. Jene erlesene Brut von Pferden, die zu den schnellsten und besten des ganzen Kontinents gehören. Leider wird es auch denen nicht gelingen, die schwere, schwarze Kutsche mit der der Flüchtende reist in den nächsten 10 Tagen einzuholen. So eine schwere, barocke Kutsche ist halt schneller, vor allen Dingen, wenn man die  Pferde schindet und alle 4 Tage gegen die Klepper aus irgendwelchen Bauerndörfern einwechselt. Mich wundert aber schon nichts mehr, denn ein Meisterspion, der seine Flucht durch das Haupttor der Stadt  in einer stilechten schwarzen Kutsche |Hier zu sehen!| vollführt, der hätte es eigentlich verdient, schon am ersten Tag geschnappt zu werden. Aber dann würden wir uns ja Noonans Erguß sparen, der eine wahre Rundreise durch die wunderbare Welt des Schwachsinns ist.

Die Verfolgungsjagd findet übrigens entlang einer Haupthandelsstraße zwischen Sharn und Trolanport, der gnomischen  Hauptstadt statt. Hier wird dem Spielleiter eine Zufallsbegegnungstabelle an die Hand gegeben. Ja, es kommt zu einer sinnlosen Serie zufälliger  Begegnungen, nicht das dies ein antiquitiertes Reliktaus Zeiten, in denen Rollenspiel eher noch erzählerisches Tabletoping war, wäre... Aber gut, es steht drin und es macht das Abenteuer auch nicht wirklich schlimmer, also wird gewürfelt!Bei näherer Betrachtung der Tabelle stellen sich mir allerdings einige wirklich essentielle Fragen bezüglich der Ökologie entlang dieser Handelsroute. Bei einer stündlichen Chance von 10% auf eine Begegnung, sind das täglich 80%, denn es werden, warum auch immer, nur Reisestunden ge- wertet. Zu 10% trifft man auf eine Cockatrice. Das ist eindrucksvoll, entspricht dies doch 0,08 Cockatrice/d oder der Begegnung mit einem dieser Biester alle 12 - 13 Tage. Was für Reisende Helden höchstens lästig ist, wird für ansässige Bauern und Zivilisten schnell zu einem ernsthaften Überlebensproblem. Weiterhin habe ich auch noch eine faire 6% Chance auf Wereber und eine 7% Chance auf Zentaurenbanditen. Die Anwohner können einem wirklich nur Leid tun.

Dabei schießt mir eine Frage durch den Kopf: Müssen mir wirklich die fiktiven Bewohner entlang dieser Ebene Leid tun, oder der Autor, der sich durch die  Veröffentlichung dieser 32 - Seiten Klopapier geoutet hat.

Nach genau 10 Tagen, wenn die Sonne untergeht, kommt es zur ersten Begegung mit dem Vampir. Dem natürlich die Flucht gelingen muss. Der Kampf ist unspektakulär und macht wie jedes Monster/Gegner - totschlagen einen heidenspaß. Zumindest den Spielern, den als SL dem Vampir zur mies vorbereiteten Flucht zu verhelfen ist garnicht einfach.

Später in Trolanport: In Trolanport angekommen, haben die Abenteurer zunächst mal keine Ahnung, was sie machen sollen. Zum Glück hat der Chef ihnen das  mysteriöse Wort "Krell" mitgegeben, der der entscheidende Hinweis ist: Es ist der Name einer audairischen Botschafterin, die heute Nacht einen großen Ball gibt. Es ist sehr beruhigend zu wissen, das der Chef des Sicherheitsdienstes nicht den Namen einer Botschafterin, die für ihre prächtige Bälle bekannt ist, aus der Hauptstadt der Nachbarnation und engsten Verbündeten Brelands, kennt oder ermitteln kann. Beruhigend, fragen sie? Ja, beruhigend, denn jetzt erklärt sich das Ausmaß an Dummheit in diesem Geheimdienst. Hier sind alle Inkompetenten der Nation versammelt, und darum braucht es Stufe 4 Helden, um sie zu retten.

Man geht also auf den Ball, es kommt zum Kampf, der Verräter flieht. Man weiß nicht wohin. Glücklicherweise flüstert es die Person, die ihm vorher zur Flucht verholfen hat, den Abenteurern jetzt ins Ohr: Er will mit einem Luftschiff weg. Wie schön, ich würde dieser unbekannten Freundin des Vampirs auch vertrauen, denn genauso sehe ich aus: Ein Depp, der von den größten Deppen der Nation angeheuert wurde. Viel wahrscheinlicher wäre es doch, dass sie lügt.
Und vor allem: Warum erzählt sie das Abenteurern die im Namen des Königs einer anderen Nation unterwegs sind, und nicht dem eigenen Geheimdienst, der nämlich ebenfalls anwesend ist? Egal, mich wundert mittlerweile gar nichts mehr, denn ich bin bei der Hälfe dieser hirnerweichenden Lektüre angekommen, mein Gesicht hat die starre Mimik eines Zombies angenommen, Sabber läuft langsam aus dem Munde und das EEG zeigt nur noch die 0 - Linie. Wer kann mir das verübeln?

Die Helden rasen zum Dock-Turm des Luftschiffes, um oben in die Arme von Dockarbeitern zu rennen, die Kampferfahrener und besser sind, als die Soldaten der Emerald Claw, jener ehemaligen karrnathischen Elite-Einheit. Obendrein mit Rabenschnäbeln bewaffnet und vom Verräter, der ja ein Vampir ist, dominiert hieben sie auf die Abenteurer ein, die an ihnen vorbeirennen, um das Luftschiff noch zu erreichen.

Der garstige Kapitän dieses Luftschiffes erlaubt natürlich keine Durchsuchung, denn auch ein Mördervampir auf seinem Schiff interessiert ihn nicht, wenn er Passage bezahlt hat. Die nächsten 24 Stunden werden also recht ereignislos, außer die SC durchsuchen das Schiff illegal auf eigene Faust. Wie schön, dass  uns der Autor hierzu gerade die passenden Werkzeuge an die Hand gegeben hat, die Szene schön auszuspielen. "There are other passengers." ist so ziemlich alles, was wir über die anderen Passagiere erfahren: Es gibt sie! Immerhin, wer will in einem Rollenspiel schon mit irgendwem interagieren? Man soll sie nicht totschlagen, also gibt es keine Werte. Die Beschreibung der Passagiere ist aber detaillierter, als die des Schiffes. Denn hier steht nur eine Karte zur Verfügung. Gut. Also wird improvisiert, wofür ich dankbar bin, denn es ist garnicht auszudenken, was David Noonan sich hier hätte ausdenken können. Auftritt Emerald Claw! Dafür sind auch die 4 Seiten dieses Kapitels gedacht, Kampfanweisungen und Kampfwerte für ein Enterschiff und die Crew des eigentlichen Schiffes. Okay, es kommt zur Massenschlacht. Das ist unterhaltsam, wahrscheinlich ist es das, weil Noonan nicht für die Kampfregeln verantwortlich ist. Dumm nur, das er vorschreibt, das der Kapitän des Emerald Claw Schiffes, der mächtigste Charakter der Entermannschaft, auf dem Schiff bleibt und zuschaut, wie seine Truppen verheizt werden. Macht nichts, die Matrosen sind genauso schlecht, so dass die Abenteurer eigentlich alles töten. Dafür schwenkt er dann zum Kollisionskurs ein und rammt das Schiff. Warum? Ich weiß es nicht. Im Text steht jedenfalls, dass er so die Flucht des Vampirs verhindern will.

In der Nähe des Absturzortes ist die Stadt Sterngate, in der gerade ein Zug steht. Dort hin geht auch der Vampir. Eigentlich hat er ein Dutzend Möglichkeiten aus der Stadt zu kommen. Aber er steht ja, als Meisterspion und Vampir, leider unter Einfluss der flüsternden Stimme seines Schwertes, respektive David Noonans. Das scheint der Grund dafür zu sein, dass er sich möglichst ungeschickt und dumm anstellt. Als Spieler folgt man ja dem Plot, und wenn schon ein Zug erwähnt wird, dann wird der Verfolgte auch da drin sein. Soviel zum Thema Railroading, den genau das ist das gesamte Abenteuer, so flexibel wie ein stück Beton. aus irgendwelchen Gründen ist die nächtliche Durchsuchung des Zuges verboten oder wird als Option gar nicht angeboten. Man weiß als SL gar nicht, wie der Vampir es in den Zug schafft. Am Morgen zusammen mit den anderen Fahrgästen wohl (hoffentlich) nicht, das traue ich dann Noonan doch nicht zu. Die SC steigen also in den Zug, nachdem sie sich an zwei dominierten Wachen vorbeigeprügelt haben. Nun hindert sie aber das Zugpersonal am Durchsuchen des Zuges, auch sie sind vom offiziellen Schreiben des Königs unbeeindruckt. Wie viel Wort und Einfluß des Königs doch in Breland gilt! Man fährt also weiter. Bis mitten in Thrane und mitten in der Nacht, der Zug angegriffen wird. Diesmal von Agenten des Herrn der Klingen, zusammen mit Halbling - Barbaren aus Talenta. Ich dachte, der Herr der Klingen verachtet Fleisch, aber zum verheizen ist es wahrscheinlich noch gut genug. Man prügelt sich mit den Jungs, der Vampir flieht...

... zum antiken Ziggurat in Sicht der Reiseroute. Dort dominiert er sich an allen Monstern vorbei um stilecht in der letzten Kammer Platz zu nehmen und auf die Helden, die ihn verfolgen zu warten. Warum?? Die Helden folgen, prügeln sich durch die Pyramide vorbei an: 1 Cloaker, 1 Minotaurenzombie, 2 Grick und 1 Ochre Jelly. Dabei können sie Schätze im Wert mehrerer 1000 Goldstücke einsammeln. Um am Ende den Vampir evtl. totzuprügeln, oder zu pflocken und ihn beim Deppchef aka. Chef der
Sicherheitskräfte in Sharn abzuliefern.
Wenn man sich jetzt, als denkender Mensch, insofern es einem von Hollywood - Kino oder diesen 32 Seiten nicht schon längst abgewöhnt wurde, fragt, was dieses Ziggurat hier sucht, dann gibt Whispers of the Vampires Blade einem dazu keine Antwort. Mitten in einem zivilisierten Land, in der Nähe einer Bahnlinie steht ein altes Ziggurat voller Schätze und Monster, diese natürlich in brüderlicher Eintracht wartend, und keiner hat es entdeckt? Klar, die Morgrave University interessiert sich ja nur für Alte Zivilisationen, die mindestens 1000 Meilen entfernt liegen. Ohnehin könnten sie aus der Pyramide keine Informationen gewinnen,
denn er Autor weiß ja selbst nicht ganz, was sie hier soll, oder wer sie gebaut hat. Zumindest ist der Informationsgehalt von "old runes", "antic textes",  "mysterious symbols" genauso groß wie die Wahrscheinlichkeit einer Präsidentschaftskandidatur von Dieter Bohlen.

Was mich weiterhin wundert, ist, wieso der Vampir es schafft, sich an jedem vorbei zu dominieren. Der mit dem Rettungswurf Willenskraft zu erreichende Wert ist eine 14. DIe Shifter - Waldläuferin aus meiner Gruppe hat den Wurf geschafft. Alle Monster, NSCs, etc. aus diesem Abenteuer nicht. Vor allen Dingen haben es die Elitewachen des Königs, die das mächtige Todesschwert, das der Vampir gestohlen hat, bewachten, nicht geschafft. Was mich doch sehr wundert. Eigentlich nicht, denn NSCs und Kreaturen aus der Feder David Noonans können nicht über hohe Willenskraft besitzen.

Jetzt höre ich schon die Gegenstimmen: Du musst das Abenteuer ja nicht so verwenden wie es ist! Du kannst improvisieren, verändern. So Schlimm ist es nicht. Was erwartest du überhaupt? Sicherlich kann ich mir selbst was ausdenken, doch wenn ich mir ein Abenteuer kaufe, dann meistens, weil ich mir nichts ausdenken will, das kostet nämlich Zeit! Und was ich erwarte, wenn ich ein Produkt kaufe: Zumindest mal Qualitätssicherung. Schön wären aber auch ein Plausibler und logischer Plot, durchdachte Handlung und intelligente Herausforderungen, nicht aber eine Aneinanderreihung von Szenen, die schön aussehen, es aber nicht sind. Ich möchte keine Abenteuer kaufen, gegen die Hollywoodspielfilme die reinsten Musterbeispiele von Realismus, Logik und Plausibilität sind!
« Letzte Änderung: 15.03.2005 | 11:53 von Sohn des Äthers »
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Seraph

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Also  mein Kommentar beschränkt sich erstmal auf ein: LOL!  ;)

Aber mal ehrlich, das Abenteuer ist reines Railrolling, oder? Aus der deiner Schilderung schliesse ich, das der gesamte Handlungsverlauf mehr als nur linear ist.

Offline knörzbot

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Das Railroading stört vielleicht noch nicht mal so sehr. Es ist halt eine geradlinige actionreiche Hetzjagd.
Das Problem ist, dass das Ganze vollkommen unlogisch verknüpft ist und sich die NScs alle saudumm anstellen.

Offline Scorpio

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Die Zusammenfassung ist herrlich!  :d
DORP - Wir kochen mit Äther!

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Offline Morpheus

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Er hatt die 12 erbeutbaren Studded Leather Armors +1 noch gar nicht erwähnt.... ;)

Ich lese gerade Teil 3 "Crasp of the Emerald Claw"
Bruce Cordel macht es auch nicht viel besser.
Mitarbeiterführung ist die Fähigkeit, den Mitarbeiter so über den Tisch zu ziehen, dass er die Reibungshitze als Nestwärme empfindet.