Autor Thema: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative  (Gelesen 4865 mal)

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alexandro

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Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« am: 17.06.2008 | 16:12 »
In letzter Zeit wird (bedingt durch ein gewisses Ereignis, welches nicht näher bezeichnet werden braucht) immer wieder über die angebliche Entwertung von Spielerleistung durch „vorgekaute“ Optionen gesprochen. Und das überdies in vorhersagbar falscher Weise, so dass es angebracht wäre, einmal Klartext zu reden.

Um zu verstehen, wovon wir eigentlich reden, gehen wir zurück in die Rollenspiel-Steinzeit: verschiedene Gruppen spielen so vor sich hin, mit Regeln welche gerade das notwendigste abdecken und eigentlich relativ phantasielos sind. Dann passiert es: einer der Spieler macht etwas Cooles. Ehrfürchtiges Staunen, dann frenetisch zum 2001-Thema in die Luft geworfene Würfel: das ist es, was das Rollenspiel spielenswert macht. Die Gruppe nimmt möglicherweise aufgrund dieses Schlüsselerlebnisses selber einige Merkmale dieser Spielweise an, diese Art zu spielen wird zu einer Art „group identity“ für diese Gruppe und alle Mitglieder derselben verstehen intuitiv, warum es cool ist so und nicht anders zu spielen.

Da liegt aber auch gleich der große Haken: die auf diese Weise „erlernte“ Spielweise ist emulierbar, aber sie ist nicht replizierbar. Die Gruppe ist mit dieser Art zu spielen vertraut und hat sie als Konstante akzeptiert- es bedarf keiner weiteren „Erweckungsmomente“ um diesen Spielstil zu festigen, er wird als Gewohnheit übernommen und daher für gut befunden. Jemand neues der zu der Gruppe dazu stößt hat jedoch höchstwahrscheinlich Probleme den Sinn dieses Spielstils zu sehen, einfach weil er diesen nicht gewohnt ist und nicht am Ereignis beteiligt war, welches zur Übernahme desselben geführt hat. Wenn er Glück hat, so findet während er in der Runde ist ein weiterer dieser seltenen Momente statt und er versteht den Spielstil der Runde und kann sich einfügen. Wahrscheinlich aber eher nicht.

Problematisch wird die ganze Angelegenheit, wenn die Spieler von damals selber Rollenspiele schreiben und darin ihre Erfahrungen verarbeiten. Rollenspiele, welche eine ganz bestimmte Herangehensweise erfordern, um sie „richtig“ zu spielen und die dementsprechende SL-Hinweise enthalten. Gut, viele Gruppen ignorieren ohnehin das SL-Kapitel und kommen auf anderen wegen zu ihrer Interpretation (bzw. in diesem Fall: Neudeutung) des Spiels, aber einige stolpern auch relativ hilflos über die darin enthaltenen „Widersprüche“.

Der Versuch die Spieler durch bestimmte Spielmechanismen in eine bestimmte Spielweise zu drängen ist nichts neues, jedoch wurde er in der Vergangenheit allzu oft auf zu krude Weise umgesetzt und lief letztendlich auf ein „Tauziehen“ zwischen Spieler und SL heraus. Hinweise in der Art wie:
„Wenn die Spieler „schlecht“ Rollenspielen bekommen sie weniger EP“
„Wenn ein Spieler seine Geistesstörung ignoriert verliert er einen Punkt Willenskraft.“
„Wenn die Spieler sich zu viel Zeit mit der Bewältigung des Dungeons nehmen, so taucht (unabhängig von der Spielweltlogik) eine zweite Heldengruppe auf, die sich den Schatz unter den Nagel reißt, während die SC noch rasten.“
- all dies sind Artefakte aus dieser Zeit.

Langsam aber sicher sickerte dann doch die Erkenntnis durch, dass bestimmte Regeln oft auch zu einer bestimmte Spielweise führten. Die Forge sprach dann lediglich aus, was einige schon erkannt hatten und gab dem Ganzen einen schicken Namen: Belohnungsmechanismen. Jetzt wusste jeder worüber man redete und konnte einigermaßen einschätzen, wie ein bestimmtes Spiel wahrscheinlich gedacht war, aber die extreme Fixierung auf diese Ressourcenkreise als definierendes Merkmal der Spiele nahmen dem Hobby auch einen Teil seiner Unschuld.

Trotzdem sind Belohnungsmechanismen an sich nichts grundsätzlich Schädliches: wenn eine Gruppe wirklich auf eine bestimmte Weise spielen will, dann hält sie auch dieser Mechanismus nicht davon ab. Eine Überbewertung dieser Hilfsmittel sollte man ebenfalls vermeiden: wenn die eigene Gruppe sich bereits auf einen Spielstil eingependelt hat der ohnehin mit dem übereinstimmt was die Belohnungsmechanismen erreichen wollen, so sind diese überflüssig pressen sie doch etwas in künstliche Bahnen, was (in diesem sehr speziellem Fall) sowieso geschieht.

In meiner (derzeit inaktiven) Vampire-Runde konnte ich immer davon ausgehen, dass die Spieler „runde“ Charaktere erschaffen, die nicht perfekt sind und die ihre Schwächen auch im Spiel berücksichtigen, ohne dass sie dran erinnert werden müssten. Und das unabhängig davon, ob sie für die entsprechende Schwäche jetzt Punkte vorgeschossen bekommen hätten oder (wie bei TSOY oder der nWoD) dafür im Spiel Punkte bekommen oder sonst einen Vorteil deswegen genießen würden. Einfach weil sie so zu spielen gewohnt sind und wissen, dass diese Spielweise (zumindest bei mir als SL) zu interessanten Abenteuern führt.

Aber da liegt auch der Hund begraben: wir reden hier von einer Gruppe die sich gut kennt. Die Spieler wissen, wie ich leite und ich weiß wie die Spieler sich ins Spiel einbringen (und kann mich dementsprechend auf das Spiel vorbereiten). Wenn Unterschiedliche Voraussetzungen da sind dann stirbt das Spiel (z.B. wäre im erwähnten Fall nur ein einziger ExEx-Vollprofi oder ein Opfer eines sadistischen Djinn-SLs eher schädlich für die Gruppendynamik). Ich kann mich zwar relativ schnell auf die Spielerbedürfnisse einstellen, aber selbst ich möchte nicht vor jedem One-Shot meine Spieler analysieren müssen, um zu sehen womit ich es zu tun habe. In diesem Fall sind Belohnungsmechanismen wirklich ein nützliches Hilfsmittel, um einen schnellen Einstieg ins Spiel zu gewährleisten.

Die Faustregel lautet also: man sollte als SL keine Erwartungen an das Spiel stellen, bei denen man nicht davon ausgehen kann, dass die Spieler diese (ob nun aus Veranlagung oder durch Hinterherjagen nach dem „Spielziel“) auch erfüllen werden.

Offline Lord Verminaard

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #1 am: 17.06.2008 | 16:37 »
Ich halte ja die Fixierung auf Reward Mechanics für den größten Fehler der Forge.
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Offline der.hobbit

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #2 am: 17.06.2008 | 16:49 »
Kann ich dein Posting als "Spieler haben ihre eigenen Interessen, und auch mit Belohnungsmechanismen kann ich sie nicht umerziehen" zusammenfassen, oder habe ich es falsch verstanden?
Nochmal deine Sentenz gelesen, die klingt mehr nach: "Wenn ich einen bestimmten Spielstil möchte, dann sollte ich darauf achten, dass dieser Stil über Belohnungsmechanismen forciert wird." Das wäre ziemlich genau das Gegenteil von dem was ich zuerst vermutet habe.
Bin wohl etwas doof heute.  :-[
« Letzte Änderung: 17.06.2008 | 16:51 von der.hobbit »
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #3 am: 17.06.2008 | 17:02 »
Belohnungsmechanismen sind Missverstanden (och, die armen kleinen ;))

Meist wird darunter verstanden dass da irgendwelche Gummipunkte verteilt werden, oder Ressourcen im Kreis fließen. Soweit ich weiß war damit aber immer nur Motivation der Spieler gemeint und die ist eben von Spielern und deren Intentionen abhängig. Man kann einen Belonungsmechanismus also nicht in ein Spiel "einbauen", sondern nur so designen dass hoffentlich einer entsteht, den die Spieler begreifen können.

Letzteres kann durch die genannten "Erweckungserlebnisse" geschehen, besser aber durch eine Art Kommunikation durch das Regelwerk. Das System belohnt die Spieler nicht, es zeigt ihnen im Idealfall wie sie sich gegenseitig belohnen, indem es ihnen glasklar macht was von ihnen verlangt wird.

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #4 am: 17.06.2008 | 17:20 »
Ich versuche mal mit ein paar Schlagworten das wiederzugeben, was ich verstanden habe:

Wenn man eine GRuppe hat, die ihren Stil gefunden hat, dann existieren schon durch den Gruppenbeifall und Anerkennung innerhalb der Gruppe Belohnungsmechanismen, die den Spielstil festigen.
Wenn das System diese Möglichkeiten bietet (Fanmail), dann kann es helfen, ist aber nicht zwingend nötig...
Es kann weder die Spieler ändern, noch den , von der Gruppe geforderten, Spielstil.

In dem Sinne:
Hört sich sehr vernünftig an, Namensvetter!

alexandro

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #5 am: 17.06.2008 | 23:22 »
DK hats erfasst.

@hobbit: der "Widerspruch" löst sich folgendermaßen:
wenn die Gruppe noch jung ist, dann kann es befreiend sein, "einfach nur das System zu spielen" (bei TSOY Keys hinterherzuhecheln, bei D&D Monster zu plätten und Schätze einzusacken usw.), weil man eine gemeinsame Basis hat auf der man das Spiel aufbauen kann. Bei würfellosen Systemen oder Systemen die zwar Regeln haben, aber halt keine für die wichtigen Elemente des Spiels (z.B. WoD) ist das schwerer (nicht unmöglich, aber schwerer). Solche Gruppen tasten sich langsamer an das Spielerlebnis ran und machen dabei auch ein paar Umwege- diejenigen die genug Geduld haben werden mit einem guten Spielerlebnis belohnt, die anderen steigen halt aus und meckern über das "Scheißsystem".

Allerdings bietet "einfach nur das System spielen" kaum wirkliche Langzeitmotivation- für ein Rollenspiel bietet eine ausschließliche Beschäftigung mit den Regeln nicht genug Entscheidungsfreiheit und Identifikation und für ein nicht-Rollenspiel haben die Regeln nicht genug taktische Varianten, um mit Brettspielen oder Tabletops mithalten zu können (egal was man über Forge-Spiele oder D&D4 sagt).

Aber Langzeitmotivation müssen die Regeln gar nicht bieten, da diese durch die Gruppe getragen wird. Daran etwas zu verändern hat (sogar bei der Forge oder D&D4) bisher noch keiner versucht und ich denke das ist gut so.

Offline Beral

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #6 am: 18.06.2008 | 00:05 »
Ich steige noch nicht ganz durch. Dass Belohnungsmechanismen am Werk sind, wenn Menschen freiwillig einer Beschäftigung nachgehen, liegt nahe. Dass es verschiedene Spielziele und verschiedene Spielarten im Rollenspiel gibt, ist auch keine Neuigkeit. Dass es sinnvoll ist, wenn möglichst alle Spieler die gleichen Ziele anstreben und diese auch nach einer einheitlichen Methode anstreben, klingt logisch. Dass Bestrafungsmechanismen, die den bevorzugten Spielstil der Gruppe unterdrücken, nicht zwingend spassfördernd sind, leuchtet auch ein.

Die Einzelaussagen des Textes finde ich im Großen und Ganzen plausibel, aber mir fehlt der rote Faden, der sie verknüpft. Die Thesen zur Spielerinitiative, die in der Überschrift angekündigt wurden, finde ich noch gar nicht. Vielleicht verstecken sie sich zwischen den Zeilen und ich erkenne sie nur nicht?
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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #7 am: 18.06.2008 | 01:12 »
Nach Forge war "Reward System" vorrangig als ein Element der Creative Agenda gemeint. Es ist der Teil in dem sich die Spieler gegenseitige Verstärkung für ihre Ideen geben indem sie sie honorieren. Dies geschieht durch aufgreifen und weiter verwenden, oder durch Zeichen der Anerkennung, da gibt es verschiedene Stufen und Möglichkeiten.

Ein Spezialfall davon ist allerdings das was dann nachher bei den meisten als Reward System hängen geblieben ist, nämlich eine Verbesserung des Spielers (bzw. eines Charakters) durch mechanische Mittel. Das ist deshalb ein Spezialfall weil die mechanischen Mittel natürlich letztlich nur Ausdruck einer Anerkennung der Spieler sein können.
Funktioniert das Spiel aber nicht richtig kann durchaus der mechanische Anreiz völlig von dieser Anerkennung der Spieler losgelöst sein und hat dann nichts mehr mit Reward System zu tun.

Offline Lord Verminaard

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #8 am: 18.06.2008 | 11:38 »
Bitte folgende essentielle Differenzierung beachten:

Belohnungsmechanismen = ausdrückliche Spielregeln (XP, Fan Mail usw.), die den Spieler auf irgendeine Weise belohnen.
Belohnungssystem = die Gesamtheit dessen, was an "Belohnung" abläuft, einschließlich der kommunizierten Anerkennung der Mitspieler.

Letzteres ist allein entscheidend. Es kann für einen gegebenen Spielstil durch die Mechanismen im Regelwerk unterstützt werden, aber dabei nehmen Belohnungsmechanismen keine herausragende Rolle ein, sondern sie stehen völlig gleichberechtigt neben allen anderen Bestandteilen des Regelwerks.
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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #9 am: 18.06.2008 | 16:00 »
Zählen hervorragend beschriebene Spielsituationen, erfolgreiches Zusammenspiel in der Gruppe und witzige, intelligente, schöne, phantastische, abenteuerliche Plots auch zur Kategorie Belohnung(smechanismen)?
Nein. Diese Dinge können mit verschiedenen Belohnungsmechanismen belohnt werden (müssen aber nicht). Zum Beispiel indem du dem SL sagst, dass sein Plot genial war. Oder indem der SL dir sagt, dass deine Beschreibung ganz toll war. Oder indem er dir Erfahrungspunkte für die tolle Beschreibung gibt. Oder indem dein Gehirn Endorphine ausschüttet, weil du eine erzählerische Herausforderung gemeistert hast.
Im Gegensatz zu Vermi behaupte ich, dass Belohnungsmechanismen nicht ausdrücklich als Spielregeln festgehalten werden müssen. Viele davon, vielleicht sogar der Großteil, sind implizit. Das sind übliche Belohnungsmechanismen, die wir auch außerhalb des Rollenspiels verwenden, zum Beispiel lachen, nachdem jemand einen Witz erzählt hat oder jemanden loben, wenn man mit der erbrachten Leistung zufrieden war.

Ich fühle mich für die falschen Dinge belohnt.
Hehe, das kenne ich. Entweder benutzt ihr ein Regelwerk, das nicht zu eurer Gruppe passt oder die anderen Gruppenmitglieder haben andere Spielziele als du und belohnen deswegen nicht die Dinge, die dir wichtig erscheinen.
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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #10 am: 19.06.2008 | 00:56 »
Im Gegensatz zu Vermi behaupte ich, dass Belohnungsmechanismen nicht ausdrücklich als Spielregeln festgehalten werden müssen. Viele davon, vielleicht sogar der Großteil, sind implizit.

Das wäre nach Vermi Teil des Belohnungssystems. Ihr habt das beide in euren Betrachtungen, nur das Wort ist ein anders.

Alelxandro bezog sich glaube ich auf die Bedeutungslosigkeit der Mechanismen bzgl., des Spielstils, da sie gegen das etablierte Belohnungssystem nicht "anstinken" können. (sie können halt Spaß rauben, oder dem Spaß nicht im Wege stehen/freien Lauf lassen...)

Zitat
Hehe, das kenne ich. Entweder benutzt ihr ein Regelwerk, das nicht zu eurer Gruppe passt oder die anderen Gruppenmitglieder haben andere Spielziele als du und belohnen deswegen nicht die Dinge, die dir wichtig erscheinen.
Oder der SL hat eine starke Machtrolle und bewertet "gutes Rollenspiel" anders, als man es selbst tut....aber das fällt ja unter Mitspieler.

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #11 am: 19.06.2008 | 12:22 »
Das wäre nach Vermi Teil des Belohnungssystems. Ihr habt das beide in euren Betrachtungen, nur das Wort ist ein anders.
Stimmt, das könnte sein. Dann haben wir ein Kommunikationsproblem - wie sollen wir Belohnungsmechanismen nennen, die nicht im Rollenspielregelwerk, sondern im Regelwerk unserer gesellschaftlicher Verhaltensweisen festgehalten sind? Lob ist beispielsweise ein vielverwendeter Belohnungsmechanismus, aber nicht jedes Regelwerk wird es explizit erwähnen.
Ich schlage eine Unterteilung in explizite und implizite Belohnungsmechanismen vor.

Dass explizite Belohnungsmechanismen, also solche die im Regelwerk festgehalten sind (z.B. Erfahrungspunkte), belanglos sind gegen den Spielstil der Gruppe, streite ich ab. In meiner ad&d Gruppe wurde Charakterdarstellung als oberstes Ziel ausgerufen, aber die Belohnung orientierte sich überwiegend an den abgeschlachteten Monstern (so in etwa war es wohl vom Regelwerk vorgesehen). Das war ein übler Konflikt zwischen Anspruch und Wirklichkeit, der immer wieder zu mühsamen Diskussionen führte, aber wir waren uns dieses Konfliktes damals nicht bewusst genug, um ihn gezielt ausräumen zu können.
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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #12 am: 19.06.2008 | 13:28 »
Ich schlage eine Unterteilung in explizite und implizite Belohnungsmechanismen vor.
Nimm doch einfach die von Vermi vorgeschlagene Definition.
Zitat
Dass explizite Belohnungsmechanismen, also solche die im Regelwerk festgehalten sind (z.B. Erfahrungspunkte), belanglos sind gegen den Spielstil der Gruppe, streite ich ab. ...
aber ihr habt an eurem Spielstil festgehalten und seid nicht auf HnS umgestiegen. Mehr sagte Alexandro ja nicht.
Ein anderes System hätte dann viellleicht besser zu euch gepasst, aber verändert hat es euch nicht, oder?

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #13 am: 19.06.2008 | 14:41 »
In Vermis Definition hängen die impliziten Belohnungsmechanismen in der Luft. Es gibt für sie keinen Begriff. Da sie aber nicht weniger wichtig sind, sollten sie nicht im Definitionsraster durchfallen.

aber ihr habt an eurem Spielstil festgehalten und seid nicht auf HnS umgestiegen. Mehr sagte Alexandro ja nicht.
Ein anderes System hätte dann viellleicht besser zu euch gepasst, aber verändert hat es euch nicht, oder?
Doch. Die Grenzen sind da fließend. Einige Spieler haben zum Beispiel die Regeln ausgereizt - wo wir uns doch eh so eng an die Regeln hielten - um größtmögliche Vorteile für ihre Chars abzustauben. Davon wiederum war die Gruppe häufig angepisst, weil die Charakterdarstellung im Vordergrund stehen sollte und nicht Paragraphenreiterei. Also bestrafte der Spielleiter die Powergamer, indem er sie - im Rahmen der Regeln versteht sich (§1. Der Spielleiter hat immer Recht) - ein bisschen mobbte. 

Der Spielstil der Gruppe ist nicht unabhängig vom verwendeten Regelwerk. Wir hatten eine konfliktgeladene Mischung aus unseren eigenen Spielstilwünschen und den Spielstilvorgaben des Regelwerks. Wir wären unabhängig, wenn wir genau gewusst hätten, was unser Spielstil ist und wenn wir ausschließlich die Teile des Regelwerks verwendet hätten, die unseren Spielstil unterstützten. Das war aber nicht der Fall.
Deswegen finde ich die Aussage, dass der Spielstil der Gruppe stabil und vom Regelwerk unbeeinflust ist, nicht generalisierbar. Mag sein, dass das für einige Gruppen Geltung hat. Für andere Gruppen könnte genau das Gegenteil gelten - sie passen sich jeweils dem Regelwerk an und übernehmen den vorgegebenen Spielstil. Und dazwischen gibt es die Mischformen, so wie meine Gruppe das hatte.

Ganz sinnvoll ist vielleicht die Vorstellung eines Kontinuums, an dessen einem Ende sich der Spielstil der Gruppe zu 100% durchsetzt und am anderen Ende das Regelwerk zu 100% den Spielstil bestimmt. Die beiden Endpunkte findet man in der Realität vermutlich nur sehr selten oder gar nicht. Das tatsächliche Spielverhalten dürfte irgendwo dazwischen liegen, mehr oder weniger in eine Richtung verschoben.
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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #14 am: 19.06.2008 | 20:53 »
Dann gib den sozialen Zielen doch auch EP-Werte!
oder vergib für das aktivieren von Schwächen/das Überwinden solcher EPs.....

vllt. legen sich die Spieler selbst schranken, die sie erreichen wollen?
gibt ein paar Möglichkeiten dran zu drehen.

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #15 am: 20.06.2008 | 11:31 »
ich halte es für einen funktionalen Ansatz.
(Es ist allerdings eine der größten Probleme der Geisteswissenschaften ihre Aussagen in irgendwie signifikant überprüfbare Thesen umzuwandeln und zu testen...sie stehen unter dem Druck, da sich eine Wissenschaft dadurch auszeichnet, dass ihre Aussagen falsifizierbar sind und das geht meist nur über Experimente/Umfragen/Simulationen und sie gerne als Wissenschaft gelten wollen)

Das Ansagen von Zielen mit EP-Wert ist eine einfache Erweiterung der Monster EP.
So könnte man das System erweitern, ohne ein anderes wählen zu müssen, vor Allem, wenn es SPieler gibt, denen der Brettspielpart so gut gefällt.

sers,
Alex

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Re: Ein paar Thesen über die Spielerinitiative
« Antwort #16 am: 22.07.2008 | 09:52 »
Hallo zusammen,

kann man die Belohnungsmechanismen nicht wie in der Soziologie üblich in intrinsisch und extrinsisch einteilen?

Intrinsische Belohnungsmechanismen würde sich der Spieler also selbst definieren und nach Theorie auch intensiver anstreben. Dazu könnte also die soziale Anerkennung durch die Mitspieler gehören.
Extrinsische Belohnungsmechanismen würden von außen aufgesetzt und sind deshalb nach Theorie schwächere Mechanismen. Das sind dann Belohnungsmechanismen die durch das Spielsystem etwa in Erfahrungspunkten oder negativen Konsequenzen beschrieben werden.
Optimal ist natürlich wenn intrinsische und extrinsische Motivation zusammenwirken. Wenn also eine Art zu spielen die einen intrinsisch belohnt auch extrinsisch aus dem Spielsystem heraus belohnt wird.

In der Soziologie spricht man statt von Belohnungsmechanismen von Verstärkern. Also von Faktoren die ein gezeigtes Verhalten, also etwa ein gezeigtes Spielverhalten verstärken sollen.
Dabei gibt es negative Verstärker bei denen bei nicht gezeigten Verhalten eine Bestrafung erfolgt und positive Verstärker bei denen bei gewünschten Verhalten eine Belohnung erfolgt.
Nach bisherigen Stand gelten positive Verstärker als wirkungsvoller. Das entspricht auch meinen Erfahrungen am Spieltisch. Wenn es negative Verstärker gibt versuchen die Spieler diesen auszuweichen das eigentliche Ziel Rollenspiel kann also deutlich in den Hintergrund treten.

Generell gilt das Verstärker besonders gut arbeiten wenn sie zeitnah und einem klaren Verhalten zuordbar erfolgen.
Hier tauchen bei den mir bekannten Spielsystemen und Gruppen ein paar Probleme auf.
Der Verstärker wird selten in ganz direkter Form gegeben. Denn selbst wenn man direkt nach dem Ereigniss Erfahrungspunkte gibt wird dasgewünschte positive Ergebniss, Stufenaufstieg oder Lernmöglichkeit häufig erst lange nach dem gezeigten Verhalten wirksam. Denn je nach System kommt der Verstärker erst nach dem Spielabend oder gar gar erst nach mehreren Spielabenden zum Tragen.
Es ist nicht klar zuordbar welches Verhalten unterstützt wird bzw. häufig wird extrinsisch kein Verhalten sondern ein besonders glücklicher Zufall unterstützt, also ein günstiger Würfelwurf.
Auch das das Verhalten des Spielers durch Verstärker für seine Rollenspielfigur gelenkt wird schwächt diesen meiner Ansicht nach ab.
Ob es auch eine Rolle spielt das nicht klar ist ob man jetzt das Verhalten des Spielers oder das Verhalten seiner Spielfigur unterstützen möchte macht die Zuordnung eines Verstärkers sicherlich nicht einfacher. Zudem ist in Rollenspielerkreisen noch umstritten ob man überhaupt gruppendynamische Prozesse auch in das Spiel einbringen sollte.

Gruß Jochen

Die liebe Rechtschreibekorrektur.
« Letzte Änderung: 3.01.2009 | 22:37 von Arkam »
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