Autor Thema: [Herr der Ringe] reine Fantasy oder Analogie zur Wirklichkeit?  (Gelesen 14240 mal)

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Eulenspiegel

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Tolkien selber hatte ja behauptet, sein Werk enthalte keinerlei Analogie zu den Geschehnissen rund um die beiden Weltkriege.
Die Frage, die sich in einem anderen Thread dazu gestellt hat, war die Frage, ob dem wirklich so ist.

Im anderen Thread ist das ganze leider zu einer Quoting-Schlacht verkommen.
Ich hoffe mal, dass wir in diesem Thread das ganze Endlosgequote sein lassen können und uns argumentativ der Frage stellen:
Lügt (oder irrt) Tolkien und sein Werk enthält doch (evtl. unbewusst) Analogien zu einen der beiden Weltkriege?
Oder sagt er die Wahrheit und auftauchende Parallelen sind rein zufällig?

Offline Gaukelmeister

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Ich habe die andere Endlosschlacht nicht verfolgt - deswegen meine Frage: an welche Ähnlichkeiten denkst du denn? Große Schlachten, viele Tote etc. können ja nicht gemeint sein.
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oliof

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Man kann ihn ja nur schwer fragen. Er hat sich aber die Mühe gemacht, in seinem Vorwort zu belegen, wieso das ganze eben genau keine Allegorie ist.

Ob man das glaubt oder nicht, ist eher Geschmackssache. Es gibt ja auch Leute die behaupten, das ganze Silmarillion sei ein Propagandainstrument zur Unterdrückung der Orks, die in Wahrheit nur libertäre Nonkonformisten sind, und kollektiv von den Herrschenden Mächten(TM) mit Häßlichkeit gestraft wurden.

Oder so.

Offline 6

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Ich zitiere mal Eulenspiegels Beispiele:
Die Orks aus dem Osten stellen natürlich die Russen da.
Und die "Elite-Orks" oder auch Uruk-Hai genannt stellen den deutschen Arier da.

Man muss dazu folgendes bedenken:
Tolkien war Brite und hat sein Buch unter dem Eindruck des 2. Weltkrieges geschrieben:
Es gab im Osten zwei große Mächte: Die Russen und die Deutschen.

Das kommt bei Herr der Ringe vor allem im Buch "Die zwei Türme" sehr stark zum Ausdruck, wo sich auch herauskristallisiert, dass es zwei böse Mächte gibt.
Und Saruman verstand es wie Hitler, seine Mitmenschen mit Worten und Schmeicheleien um den kleinen Finger zu wickeln und sie zu Zugeständnisse zu bewegen. (Hitler hat die Sudetengebiete bekommen und Saruman hat die Wälder der Ents langsam abgeholzt.)

Und während Deutschland und Russland sich Verbündeten und gemeinsam Polen angriffen, standen die Westmächte tatenlos daneben und diskutierten.
Und während Saruman die Wälder abholzte, standen die Ents nur tatenlos daneben und diskutierten.

Und erst, als es fast zu spät war, konnten sich die Allierten endlich einigen und beschlossen, Hitler anzugreifen.
Und erst als es fast zu spät war, konnten sich die Ents endlich einigen und beschlossen, Saruman anzugreifen.

Während die Allierten gegen Deutschland kämpften, hat Russland die Gunst der Stunde genutzt und weiter aufgerüstet.
Während die Ents mit dem Krieg gegen Saruman beschäftigt war, hat Sauron kräftig aufgerüstet.

Nach dem Sieg über Deutschland, verhärteten sich die Fronten zwischen Amis/Briten auf der einen Seite und der Sowjetunion auf der anderen Seite.
Nach dem Sieg über Saruman verschärfte sich der Konflikt zwischen den Menschen/Elben auf der einen Seite und den Orks auf der anderen Seite.

Die Kämpfe zwischen Menschen und Orks zeigen nun die Befürchtung Tolkiens, dass es zu einem Krieg zwischen NATO und Sowjetunion kommen könnte.

Das wirkt auf uns heutzutage natürlich komplett antiquitiert.
Aber du musst halt bedenken, dass damals 1950 die "Dunkle Bedrohung aus dem Osten" sehr real war. (Einmal die gerade besiegte Bedrohung aus dem 3. Reich und dann die entstehende Bedrohung der Sowjetunion.)
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Drudenfusz

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Habe den anderen Thread nicht gelesen, aber wenn her Tolkien meint das es keine Anspielung auf die Kriege ist, dann sollte man dies vielleicht hinnehmen, schließlich weiß er am besten was er da geschrieben hat. Ansonsten gilt natürlich das Leute immer irgendwelche Zusammenhänge sehen wollen, auch wenn es keine gibt (besonders Verschwörungstheoretiker sind immer ein gutes Beispiel für solche Leute).
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Offline TerraNova

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Ich tue mir immer schwer, jemandem "Du Lügst" ins Gesicht zu schmettern, insbesondere jemandem wie Prof. Tolkien. Er hat in seinem Vorwort zwar etliche "Gegenbeispiele" genannt, doch dabei hat er sich explizit und genau nur auf WK2 bezogen, nicht auf dem in der Entstehungszeit deutlich akuteren WK1.

Ich halte die parallelen im HdR allerdings für so stark, das sagen würde, das Werk enthält durchaus anleihen an das England des Jahrhundertwechsels. Ich vermute das Tolkien als "Kind seiner Zeit" einfach einen Teil dieser Lebenslage das auch in sein Werk eingefließen ließ. Dazu gehört dann eben auch, das die Kleinbürger-Idylle des Auenlandes ohne Makel und Hinterfragen gezeichnet ist, das der Feind aus dem Osten stammt, und das es diverse Untermenschen-Völker gibt.

Man muß nicht zielen, um zu treffen. Manchmal reicht schießen vollkommen aus.

Pyromancer

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  • In dem Moment, in dem ein Autor ein Werk veröffentlicht, hat er seinen Alleininterpretierungsanspruch daran verwirkt.
  • Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass sich einschneidende Lebensereignisse nicht in den eigenen Werken wiederspiegeln - auf welche Art auch immer.
  • Eine 1:1-Übertragung a la "Saruman=Hitler, Ents=Sudeten, Orks=Russen, ..." scheint mir arg an den Haaren herbeigezogen.

Offline Grimnir

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Tja, ich wollte gerade antworten, da nimmt mir Tobias D. die Worte aus dem Mund  :d

In JEDEM literarischen/filmischen/etc. Werk schwingt der entsprechende Zeitgeist mit - davor kann sich der Autor nicht verstecken. Insofern bin ich mir sicher, dass es unbewusst viele Anklänge an den 2. Weltkrieg gibt.

Aber vor einer konkreten Zuordnung von Einzelerscheinungen zu Ereignissen, Personen und Völkern der Zeit sollte man sich hüten. Ich gebe Settembrini (im anderen Thread) insofern recht, dass die Inspiration Tolkiens aufgrund seiner Rückwärtsgewandtheit viel eher in Sagen, Mythen und vorzeitlichen bis frühmittelalterlichen Ereignissen zu suchen ist.

Die Argumentation "Wo sollen denn sonst die Koinzidenzen herkommen?" halte ich für gefährlich und für eine Unterschätzung des Zufalls. Im Nachhinein kann man überall Allegorien sehen. Mit diesem Prinzip arbeiten auch "Chronologiekritiker", die uns weiß machen wollen, es fehlten mal in der römischen Kaiserzeit, mal im Mittelalter mehrere hundert Jahre: Sie finden Koinzidenzen bei verschiedenen Herrschern und folgern daraus, dass es sich um die gleichen handeln müsse.

Es grüßt
Grimnir
Selber Regelwerke schreiben zeugt IMHO von einer reaktionär-defaitistischen Haltung [...]

Vergibt Mitleidspunkte...
... und hetzt seine Mutter auf unschuldige Tanelornis (hier der Beweis)

Offline Vash the stampede

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Sind die Reiter von Rohan nicht auch schon mal als Arier/Nazis gedeutet worden? ~;D
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"Manchmal ist eine Schockotorte einfach nur eine Schockotorte!"  ::)

Eulenspiegel

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@ Tobis D.
Ja, eine 1:1 Übertragung findet sicherlich nicht statt. Saruman ist nicht Hitler. Er hat auch viele eigene Wesenszüge. Aber er hat eben auch viele Wesenszüge von Hitler.

Das gleiche mit den Orks: Die Orks sind nicht identisch mit den Russen. (Alleine das Aussehen und die Entstehungsgeschichte sind unterschiedlich.) Aber es gibt eben auch viele Eigenschaften der Orks, die man damals auch in den Russen gesehen hat.

Und wie du selber schreibst: Ein Autor ist selten von den Einflüssen seiner Umwelt gefeit. Da ist es nur nachvollziehbar, dass er den Krieg auch irgendwie literarisch verarbeitet.

@ ComStar
"Wenn eine Schokotorte nicht nach Schokolade sondern nach Zitrone schmeckt, ist die angebliche Schokotorte vielleicht doch keine Schokotorte."
(Auch wenn der Bäcker beteuert, dass das keine Zitronentorte sei.)

Online ComStar

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@Eulenspiegel:

Das war ein Zitat frei nach Sigmund Freud, dem Meister in allem und jedem irgendeine bewusste oder auch unbewusste Botschaft zu sehen. Und selbst der gute alte Sigi Schlomo Freud wusste ganz genau, dass nicht überall etwas dahinter stehen muss. Manchmal ist das was man vor sich sieht eben ganz genau das und nichts anderes....


Nur mal so als Anstoß zum drüber nachdenken... ;)

Kinshasa Beatboy

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Also die rassischen Ähnlichkeiten von Ariern und Elben scheinen mir auch überzufällig und für die Zeit der Entstehung des HdR sehr typisch. Am Rest mögen sich die hobby-Exegeten abarbeiten.

Offline Drudenfusz

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    • Also schrieb Drudenfusz
Also die rassischen Ähnlichkeiten von Ariern und Elben scheinen mir auch überzufällig und für die Zeit der Entstehung des HdR sehr typisch. Am Rest mögen sich die hobby-Exegeten abarbeiten.
Ja, aber der Gedanke an Übermenschen ist nicht von den Nazis erfunden worden...
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Offline Crimson King

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Der HdR stellt eine rückwärts gewandte, einfache Welt dar. Ein guter König statt einer Demokratie, ein klar definierter Feind, der per se (genetisch) böse ist, eine naturbelassene Welt, in die die Bäume fällenden und industrialisierenden Orks einfallen, extrem auf die Spitze getrieben in der idyllisch-schlichten bäuerlich-kleinbürgerlichen Hobbit-Welt. Es wird im Allgemeinen vermutet, dass Tolkien selbst auch ein Vertreter dieses reaktionären Weltbildes ist.

Den HdR darüber hinaus zu interpretieren, halte ich allerdings für total daneben. Gegen jedweden Bezug zu Nazi-Deutschland hat sich Tolkien immer verwehrt und mehr als oft sein Mitgefühl mit den kontinentaleuropäischen Juden bekundet. Rassismus steckt in diesem Werk keiner, lediglich ein Weltbild, das sehr einfach und schwarz-weiß ist und Rassismus sicherlich fördert.

Insbesondere halte ich es für bescheuert, Tolkien-Rassen mit real existierenden Rassen und Ereignisse aus Mittelerde mit Ereignissen aus unserer Welt gleichzusetzen. Tolkiens Quellen befinden sich vorwiegend in der nordischen Mythologie. Tolkien hatte vor allem ein Interesse daran, seine erfundenen Sprachen und Kulturen zum Leben zu erwecken.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Daheon

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Tolkien sagt, dass er keine Allegorie geschrieben habe und legt damit seine Absicht als Autor dar.
Natürlich ist sein Werk, wie alle - gute(?) - Literatur deutungsoffen. Die Deutung des Werkes hängt von der Disposition des Lesers ab, liegt nicht mehr im Einflussbereich des Verfassers, hat aber rückwirkend auch keinen Einfluss auf dessen Absichten.

Gedankenspiel: Erfüllte der Herr der Ringe die Intention des Autors, auch wenn dem Leser die Ereignisse der beiden Weltkriege nicht bekannt sind?

Imago

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Gab es eine ähnliche Diskussion nicht auch als die Filme rauskamen (nicht zwangsläufig hier,da war ich hier eh noch nicht)?

So von wegen "Aha, Orks allesamt dunkelhäutig mit Dreadlocks und die Guten sehen alle aus wie True Metal Heroen"... die Piraten von Umbar/Ostlinge als Taliban, diskutierende Ents als Old Europe...

Grundsätzlich gilt wohl das man es nie wirklich wissen wird. Viele Elemente des HdR sind garantiert von der damaligen Lage beeinflusst aber das heißt ja nicht das es die Plotbestimmenden sein müssen.
Zitat
Der HdR stellt eine rückwärts gewandte, einfache Welt dar. Ein guter König statt einer Demokratie, ein klar definierter Feind, der per se (genetisch) böse ist, eine naturbelassene Welt, in die die Bäume fällenden und industrialisierenden Orks einfallen, extrem auf die Spitze getrieben in der idyllisch-schlichten bäuerlich-kleinbürgerlichen Hobbit-Welt. Es wird im Allgemeinen vermutet, dass Tolkien selbst auch ein Vertreter dieses reaktionären Weltbildes ist.

Naja ich würde sagen eine gewisse romantisierende Technophobie kann man dem HdR auf jeden Fall nachweisen.
Für weitergehende Interpretationen empfiehlt sich ja vielleicht ein Blick auf das Leben des Autors:
http://de.wikipedia.org/wiki/J._R._R._Tolkien


Offline Foul Ole Ron

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...
Gedankenspiel: Erfüllte der Herr der Ringe die Intention des Autors, auch wenn dem Leser die Ereignisse der beiden Weltkriege nicht bekannt sind?
Ernstgemeinte Frage: Was war denn die Intention des Autors beim Herrn der Ringe?
"... Was das für diesen Thread bedeutet? Eigentlich nix. Warum ich trotzdem antworte? Weil ich nicht will, dass jemand denkt, Eulenspiegel hätte Recht.  Grin ..." [Dolge]

"...die Basher bashen, die Fanboys verteidigen, die Tafkabs regen sich auf, die Glinnefizzens machen sich lustig..." [Boba]

Offline Bitpicker

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John Ronald Reuel Tolkien = Hitler Juda Kolonnen Lore

Damit ist wohl alles klar.  ~;D

Robin
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Daheon

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Praesi schrieb:
Zitat
Ernstgemeinte Frage: Was war denn die Intention des Autors beim Herrn der Ringe?

Gute Frage. Für den Anfang würde ich seine eigenen Anmerkungen dazu heranziehen. Zitier ich hier jetzt aber vorsichtshalber mal nicht, da das vom Threaderöffner nicht beabsichtigt ist. Er wollte jedenfalls keine Allegorie verfassen.

Offline Skele-Surtur

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Das die Orks aus dem Osten kommen hängt IMHO primär damit zusammen, dass einfach alles aus dem "Osten" damals und in gewisser Weise auch heute eher unerforscht, ein wenig exotisch und auch irgendwie bedrohlich wirkte bzw. wirkt.

der HDR ist eine Fortsetzung des Kleinen Hobbits, der widerum als Kinderbuch intentioniert war. Ich bezweifle, dass Tolkien bereits damals ein Werk solchen Ausmaßes geplant hat, es ist vielmehr nach und nach entstanden, wohl auch ein Grund, warum es nicht so konstruiert wirkt, obwohl der HDR doch ein relativ naives Weltbild präsentiert. Entsprechend der Ausgangssituation hat er eben eine fantastische Welt erschaffen, in der die gängigen Stereotypen vorherrschen.
Der Einfluss der Germanisch/Keltischen Mythenwelt hatte seinen Einfluss. Die Tatsache, dass ein klar definierter Feind in einem Phantasieroman zwangsläufig Parallelen zu einem in Kriegszeiten ebenfalls klar definierten Feind aufweisen tut sein übriges.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Belchion

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Die Schlußfolgerung: "Es gibt Übereinstimmungen, also ist es eine Allegorie, obwohl der Autor etwas anderes behauptet" ist kein Beweis. Nur weil es Übereinstimmungen gibt, ist es noch lange keine Allegorie. Wenn man die Schlußfolgerung beweisen will, müsste man also darlegen, daß es für die genannten Punkte im HdR keine anderen möglichen Vorbilder gibt.

Die gibt es aber: Man kann das ganze nämlich auch als Allegorie auf die "Schlacht um Wien" lesen, bei der die Osmanen (Saurons dunkle Horden) die Stadt Wien (Gondor) belagern, bis Wien von polnischen Rittern (Rohan) entsetzt wurde. Die osmanischen Janitscharen (Orks) waren bekanntlich Kinder christlicher Eltern (Elfen), die in sehr jungen Jahren vom Sultanshof im muslimischen Glauben erzogen (zu Orks verwandelt) wurden. Während der ganzen Zeit streiten die westeuropäischen Fürstentümer (Ents) untereinander, anstatt gegen die Gefahr aus dem Osten vorzugehen. So müssen die Polen (Rohan) erst die Krimtataren (Saruman) besiegen, bevor sie den Wienern zu Hilfe eilen können.

Ich vermute einmal, wenn man ein wenig sucht, kann man fast jeden größeren Krieg der Weltgeschichte, von Attila dem Hunnen bis Napoleon, in das Symbolgewand des Herrn der Ringe kleiden. Ich habe mir jetzt absichtlich ein besonders absurdes Beispiel ausgesucht; ich bin mir sicher, daß das mit Dschinghis Khans Mongolen noch viel besser funktioniert als mit der Belagerung von Wien.

Offline Niniane

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Die Diskussion gab es, als die Filme rauskamen, und irgendjemand meinte, in die Orks Aborigines reininterpretieren zu müssen, wenn ich mich richtig erinnere. Tolkien Rassismus zu unterstellen halte ich für eine sehr gewagte Theorie, dazu empfehle ich seine Briefe an seinen Sohn Michael, in denen er sich sehr negativ über Hitler und den Krieg äussert.

Zum anderen:
Ernstgemeinte Frage: Was war denn die Intention des Autors beim Herrn der Ringe?
Tolkien wollte ein englisches Epos schaffen, ähnlich der finnischen Kalevala oder der nordischen Edda. Die ersten "Fassungen" des Silmarillion handeln auch von einem Helden, der ein Land ähnlich England entdeckt. Viele der Sprachen basieren z.B. auf Altangelsächsisch. Kann man in seiner Biographie nachlesen, von Humphrey Carpenter.
Flawless is a fiction, imperfection makes us whole
The weight that holds you down, let it go
(Parkway Drive - Ground Zero)

Samael

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Das Buch ist voller Elemente, die auf Tolkiens Umfeld und Lebenssituation zurückzuführen sind. Die persönlich erlebten Schrecken des Krieges, der Untergang der ländlichen Strukturen im Zuge der Industrialisierung, Tolkiens tiefe christliche Überzeugung. Aber direkte Allegorien wie Ring = Atombombe, Elfen = westliche Herrenmenschen, Orks = Russen u. Ä. halte ich für Unsinn. Gerade auch weil er sich ja explizit gegen eine so direkte allegorische Deutung verwehrt hat.

Wer sowas reinlesen will, kann es natürlich tun, es passen ja einige Dinge schon.

Eulenspiegel

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Man muss zwischen Allegorie und Analogie unterscheiden. Nur weil er keine Allegorie wollte, heißt das nicht, dass es keine Analogien gibt.

Desweiteren:
Ring = Atombombe würde ich auch nicht sagen. Da kann ich auch kaum Ähnlichkeiten feststellen.

Aber:
Orks: Dunkle Bedrohung aus dem Osten.
Russen: Dunkle Bedrohung aus dem Osten.

Saruman: Böser Herrscher, der mit seinen Worten andere Menschen um den Finger wickeln kann.
Hitler: Böser Herrscher, der mit seinen Worten andere Menschen um den Finger wickeln kann.

Da sehe ich doch deutliche Analogien. (Keine Allegorien.)

@ Praesi
Tolkien hat in seinem neuen Vorwort zu LOTR unter anderem geschrieben:
Zitat von: Tolkien
Das wichtigste Motiv war der Wunsch des Erzählers, sich an einer wirklich langen Geschichte zu versuchen, die die Aufmerksamkeit des Lesers wach halten, ihn belustigen und erfreuen und ihn vielleicht auch manchmal erregen oder ihn tiefer berühren könnte.

@ Daheon
Du darfst ruhig Aussagen des Autoren zitieren.
Man sollte halt bloß im Hinterkopf behalten, dass auch der Autor sich nicht unbedingt im Klaren darüber sein muss, warum er jetzt gerade dies oder jenes genau so schreibt, wie er es nunmal schreibt. - Viele Techniken laufen bewusst ab. (Sozusagen der ganze handwerkliche Fleiß.) Aber ebensoviele andere Sachen (auch Inspiration oder Muse genannt), laufen halt unbewusst ab.

Das heißt, der Autor muss sich gar nicht bewusst gesagt haben: "So, jetzt schreibe ich etwas über die bösen Russen." Es kann auch sein, dass er einen Zeitungsbericht gelesen hat oder etwas von Freunden gehört hat und diese Sachen dann unbewusst verarbeitet und in die Handlung hineinprojiziert hat.