Autor Thema: Nutten-und-Drogen-Charaktere  (Gelesen 2743 mal)

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Offline Lichtbringer

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Nutten-und-Drogen-Charaktere
« am: 4.02.2009 | 18:33 »
Ihr kennt doch bestimmt diese Charaktere, die vollkommen hedonistisch und kurzsichtig vorgehen. Die nur nach ihrer aktuellen Lustbefriedigung streben und niemals weiter denken. Halt Nutten-und-Drogen-Charaktere.
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass solchen Charakteren fast immer jeglicher Tiefgang fehlt und sie meistens von schlechten Rollenspielern gespielt werden. Das würde zumindest erklären, warum sie scheinbar keine langfristigen Ziele haben und offensichtlich an sowas wie Konsequenzen gar nicht erst denken. Die dazu gehörigen Spieler können sich nicht gut genug in die wirkliche Lebenslage eines Charakters hineinversetzen.

Stimmt das oder liegt das bloß an mir? Was habt ihr da für Erfahrungen gemacht?

Pyromancer

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #1 am: 4.02.2009 | 18:37 »
Hast du eben implizit behauptet, es gäbe im echten Leben keine kurzsichtigen, hedonistischen Menschen, die sich einen Dreck um Morgen scheren?  :o

Offline Lord Verminaard

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #2 am: 4.02.2009 | 18:39 »
Gute Nutten-und-Drogen-Charaktere sind immer die, bei denen man erst am Ende des Abenteuers weiß, was ihnen WIRKLICH wichtig ist.

Ich habe schon eine Menge Nutten-und-Drogen-Charaktere erlebt und schon eine Menge Charaktere ohne Tiefgang, aber in meiner zugegeben umwölkten Erinnerung begünstigt das eine nicht die Wahrscheinlichkeit für das andere. Stereotypen sind allgemein ein nützliches Werkzeug im Rollenspiel und der Tarrantino-Hype hat bei Rollenspielern wahrscheinlich überproportional zugeschlagen, also kein Wunder.

Ich hab solche Charaktere gelegentlich auch ganz gerne gespielt. Man kann die natürlich auch bewusst oberflächlich machen, also nicht weil man selber sie nur oberflächlich durchdenkt, sondern weil man eben einen oberflächlichen Menschen spielen möchte. Dafür sind Hedonisten ja besonders geeignet.
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Offline JS

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #3 am: 4.02.2009 | 18:41 »
wieso müssen denn solche charaktere immer "keinen tiefgang" haben? hat bender etwa weniger zu bieten als leela? mir sind bisher viel mehr schlechte/langweilige spieler untergekommen, die seitenlange laberhintergründe verfaßt haben. dann lieber amüsantes black jack & nutten.
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Offline Lichtbringer

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #4 am: 4.02.2009 | 18:41 »
@Wilhelm von Blitzen
Nein. So meinte ich das nicht. Ich denke, dass die meisten Leute im wirklichen Leben die Gedanken an die Konsequenzen durchaus haben, sie aber wegschieben oder verdrängen. Oder sie ihnen egal sind.

Im Rollenspiel dagegen habe ich zumindest das Gefühl, dass es nicht an Verdrängung liegt, sondern daran, dass diese Überlegungen und Gedanken gar nicht erst aufkommen. Spielte man den Charakter so, dass er solche Selbstzweifel verdrängt, wäre es interessant. Er wäre eine gescheiterte, aber vollständige Persönlichkeit. Ohne diese Überlegungen ist er aber einfach unvollständig.

Offline Crimson King

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #5 am: 5.02.2009 | 09:20 »
Derartige Charaktere können auf zweierlei Arten und Weisen Tiefgang bekommen.

1. Sie sind Zyniker und Misanthropen, aus einem bestimmten Grund so geworden, wie sie sind. Sie haben sich ganz bewusst für diesen Lebensstil entschieden.
2. Sie weigern sich beharrlich, erwachsen zu werden und auf die Suche nach ihren eigentlichen Wünschen und Zielen zu gehen. Das Leben zwingt sie aber irgendwann dazu.
3. Sie dienen anderen als schlechtes Beispiel und ihre Hybris wird ihnen irgendwann zum Verhängnis.

Derartige Charaktere können auf dreierlei Arten und Weisen Tiefgang bekommen.  ;)
Die dritte ist allerdings eher indirekt.
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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #6 am: 5.02.2009 | 11:23 »
Charaktere erhalten nur dann Tiefgang, wenn sie zu anderen in Beziehung stehen.

Offline Joerg.D

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #7 am: 5.02.2009 | 11:28 »
Wer so einen Charakter wirklich durchziehen will benötigt erst einmal einen guten SL und SEHR tollerante Mitspieler.

Der kümmert sich halt kaum um andere. Ich habe das Konzept einmal noch mit schicken Rassismuss gekreutzt, aber die Mitspieler haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil sie alle Meta Menschen gespielt haben.

Hat also nur mit den Nutten und Drogen geklappt.
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Offline Drudenfusz

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #8 am: 5.02.2009 | 22:43 »
Tiefgang ist schön und gut, aber kein reiner Selbstzweck (den langweilig Lagefeuerszenen wo die Charaktere belanglose Geschichten aus ihrer Jugend erzählen will doch auch niemand). Wenn ein Spieler sich einen Koks&Nutten-Charakter baut dann wird er sich dabei schon etwas überlegt haben (und wenn er es auch nur mal interessant findet es auszuprobieren, also völlig auf der Metaebene). Für mich ist Charakterentwicklung immer interessanter als Charakterspiel, also wenn der Spieler durchgehend die mitspieler mit seinem Charakter nervt, ist er nicht Gruppentauglich, wenn er aber durch den Umgang mit der Welt und den anderen SC geprägt wird, kann es sichlich zu ganz schönen Szenen kommen.

Habe selbst schon solche Charaktere gespielt, die meist versuchten ihre Probleme zu bewäligien in dem sie ignorierten und sich lieber damit beschäftigten wie sie den nächsten Kick bekommen, in dem moment wenn der Charakter an seine Grenzen kam und brach, war dies meist ziemlich intensiv (Charaktere die von beiden Seiten brennen bringen soetwas meist mit sich).
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Joe Dizzy

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #9 am: 5.02.2009 | 23:46 »
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass solchen Charakteren fast immer jeglicher Tiefgang fehlt und sie meistens von schlechten Rollenspielern gespielt werden.

Ich hab das Gefühl, dass Leute die bei Charakteren anderer mangelnden Tiefgang beklagen meistens schlechte Rollenspieler sind, die sich viel zu wichtig nehmen.

Ein Charakter kann immer nur so viel Tiefgang haben, wie die Leute mit denen er zu tun hat. Ein hat das schon ganz richtig in Worte gefasst. Wenn der Charakter also oberflächlich und dümmlich ist, dann sollte man sich vielleicht fragen ob man nicht auch dazu beigetragen hat. In 9 von 10 Fällen ist das mMn der Fall.

Was jedoch ein ganz anderes Problem ist, als Rollenspieler die sich überhaupt nicht um die Persönlichkeit oder den Charakter ihrer Figur scheren und einfach nur irgendeinen Mist verzapfen und "Nutten und Alkohol" als Rechtfertigung benutzen. Das sind nicht unbedingt schlechte Rollenspieler, sondern eher Spielverderber.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #10 am: 6.02.2009 | 14:41 »
Ich kann die Benennung nicht ganz nachvollziehen. Alle oberflächlichen Charaktere die ich gesehen habe sind eigentlich eher das Gegenteil von Hedonisten. Sie haben eine unmenschliche Selbstbeherrschung, keine Bedürfnisse oder Schwächen und brauchen keine menschlichen Kontakte, die Familie ist sowieso tot, damit es keine unerwarteten Plot-Twists gibt, Teflon-Billy also.

Nutten und Drogen sind doch in den meisten Spielen völlig sinnlos. Nutten spielen gar keine Rolle und wenn Drogen eine Rolle spielen dann sind sie durch die Regeln meist schon mal moralisch pädagogisch korrekt bewertet, also ihre Verwendung ist irrational.

Diese Art Charakter kenne ich also nicht wirklich. Vielleicht ist das ne neue Mode?
Das einzige was ich kenne das in die Richtung "unmittelbare Lustbefriedigung" geht sind "böse" Charaktere die einfach böse sind, damit der Spieler die Erlaubnis hat zu machen wozu er gerade Lust hat. Spieler glauben sich so von der Verpflichtung der Rolle befreien zu können, ihr Ziel ist es also eine Rolle zu schaffen die scheinbar keine Beschränkungen aufweist.

Dieses Verhalten ist meist eine schlechte Erfahrung mit Railroading oder eventuell auch ein Anflug von Größenwahn, oder beides.

Vielleicht liegt das Problem in diesem Fall aber auch etwas anders als den Komplex den ich hier beschreibe und es geht einfach darum dass der Spieler wirklich denkt eine coole, interessante Rolle zu spielen, weil er glaubt dass Antihelden eben toll und überhaupt die wahren Rollen sind. Vielleicht ist das ein (misslungener) Versuch Anerkennung für besonders interessantes Rollenspiel zu bekommen.

Offline Lord Verminaard

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #11 am: 6.02.2009 | 14:47 »
Zitat
Vielleicht liegt das Problem in diesem Fall aber auch etwas anders als den Komplex den ich hier beschreibe und es geht einfach darum dass der Spieler wirklich denkt eine coole, interessante Rolle zu spielen, weil er glaubt dass Antihelden eben toll und überhaupt die wahren Rollen sind.

Antihelden sind toll, wobei ein echter Antiheld mehr auf dem Kerbholz hat als Nutten und Drogen. Ich würde sogar sagen, Nutten und Drogen sind gar nicht wirklich antiheldisch, höchstens ein damit zusammenhängender selbstzerstörerischer Drang. Nutten und Drogen sind doch einfach nur ein kleines bisschen Rock'n'Roll. Ich baue immer Nutten ein, wenn ich kann, fast jedes Abenteuer wird dadurch besser. ;D
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Pyromancer

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #12 am: 6.02.2009 | 14:53 »
Ich kann die Benennung nicht ganz nachvollziehen. Alle oberflächlichen Charaktere die ich gesehen habe sind eigentlich eher das Gegenteil von Hedonisten. Sie haben eine unmenschliche Selbstbeherrschung, keine Bedürfnisse oder Schwächen und brauchen keine menschlichen Kontakte, die Familie ist sowieso tot, damit es keine unerwarteten Plot-Twists gibt, Teflon-Billy also.

Nutten und Drogen sind doch in den meisten Spielen völlig sinnlos. Nutten spielen gar keine Rolle und wenn Drogen eine Rolle spielen dann sind sie durch die Regeln meist schon mal moralisch pädagogisch korrekt bewertet, also ihre Verwendung ist irrational.

Diese Art Charakter kenne ich also nicht wirklich. Vielleicht ist das ne neue Mode?

Neue Mode? Ich weiß nicht.
Aber seit einiger Zeit spiele ich ab und zu einen hedonistisch veranlagten Gnomen-Krieger. Der will einfach nur möglichst bequem durchs Leben kommen, liebt Frauen und Alkohol und denkt wenig bis gar nicht über die Konsequenzen seines Handelns nach. Und was hat es ihm gebracht? Einmal nicht richtig aufgepasst, und jetzt hat er eine Verlobte am Hacken.  ::)

Vom Konzept her finde ich das auf jeden Fall spannender als "Orks haben mein Dorf niedergebrannt und meine Familie getötet, und jetzt will ich Rache!"

Offline Dr.Boomslang

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #13 am: 6.02.2009 | 14:58 »
Ich baue immer Nutten ein, wenn ich kann, fast jedes Abenteuer wird dadurch besser. ;D
Das stimmt natürlich. Aber viele Spieler wissen doch nichts damit anzufangen. Wir müssen doch Rücksicht auf die WoW  Generation nehmen.
"Was ne Nutte? Was soll ich denn damit machen, bringt das XP?" Da fehlt eben das Ausrufezeichen über dem Kopf des NSC (Blizzards größte Erfindung) und die übliche Reden oder Kämpfen Option. Reden-Kämpfen-Sex das ist zu kompliziert.

MadMalik

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #14 am: 6.02.2009 | 15:10 »
Das wort kennen die garantiert, mach dir da mal keine falschen Hoffnungen über das sprachliche Niveau in Gilden Teamspeak/Ventrillo Channels.

Offline Khouni

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #15 am: 6.02.2009 | 15:49 »
Warum Leute Nutten-Und-Drogen-Charaktere spielen wollen?
Weil Nutten und Drogen Spaß machen.

Offline Bad Horse

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Re: Nutten-und-Drogen-Charaktere
« Antwort #16 am: 6.02.2009 | 17:49 »
Mein Fulminata-Charakter will eigentlich auch nur poppen und saufen. Außerdem ist er auch noch ziemlich dumm, leicht zu beeinflußen und willensschwach. Und der einzige Patrizier in der Runde, also quasi der Gruppenchef.

Leider, leider hat er nebenher auch noch ein weiches Herz und will ein guter Mensch sein (wenn er dafür nicht früh aufstehen muss). Seine Versuche, sich vor jeglicher Verantwortung zu drücken, illegale Wagenrennen zu fahren und jeden Abend mal mindestens eine Party zu feiern, ohne irgendwen zu enttäuschen, sind einfach zu lustig mit anzugucken.  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?