Autor Thema: [Tim Kirk's Hearts & Souls] Superhelden mit Herz, Systembeschreibung!  (Gelesen 13686 mal)

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Offline Nocturama

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Lulu ist mir immer zu aufwändig, schade...
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Offline Jed Clayton

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Ich auch  ;)

Lulu ist mir immer zu aufwändig, schade...

Dann erzähl' es doch mal Sphärenmeister weiter, dass du das Buch haben willst.
Du bist schließlich der Kunde. Ein bisschen Druck hilft!

Wenn ich mir angucke, wie viele Klicks dieser Thread bereits hat, gibt es doch eine größere Zahl von Rollenspielern, die H&S durchaus kaufen würden.
"Somewhere there is danger, somewhere there's injustice, and somewhere else the tea is getting cold."

(Doctor Who, Survival, 26th season, serial 4, part 3)

Offline Jed Clayton

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Weil wir gerade beim Thema sind: Heute kam bei mir das Päckchen mit Hearts & Souls als Buch an.  :d

Ich hatte es bei Lulu geordert. Geliefert wurde es jetzt über "CPI Anthony Rowe" (noch nie gehört) aus Eastbourne, East Sussex in England die Londoner Adresse von Lulu, was das Porto auch relativ niedrig hielt.

Ich freue mich sagen zu können: Das Buch sieht um SOOOOO Vieles besser aus als mein PDF-Ausdruck des Spiels. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund waren nämlich in meinem PDF nicht sämtliche verwendeten Fonts "eingebettet" und wenn ich die Seiten des PDFs dann ausdrucken möchte, erhalte ich Seiten, auf denen jeweils das Anfangsbuchstaben-I und das kleine L (l) als fettgedruckt erscheinen. Ein Wiedergabefehler, den ich schon bei mehreren PDF-Büchern bemerkt habe.
Außerdem sahen beim Ausdrucken manche Rahmen und Textkästchen schief oder "verbogen" aus (kann ich jetzt schwer mit Worten wiedergeben... wenn man es konkret auf Papier vor sich sieht, ist es ganz deutlich), und der neue Drucker spuckte und schmierte zudem noch herum, dass ich mir ernsthaft Sorgen um ihn machte.

Jetzt ist wie gesagt das Buch da. Als Hardcover hat H&S ein sehr interessantes Format:
Die Buchdimensionen sind exakt 23,7 x 15,8 x 1,2 cm.
Das heißt also, kein großes Gamebook-Format wie D&D, kleiner als ein Comicheft, aber etwas größer als ein Taschenbuchroman oder Mangaband. Die breiten weißen Ränder, die überall durch die Wiedergabe auf DIN A4 entstehen, fallen bei dem Buch natürlich auch weg. Es ist ein sehr praktischer kleiner Rollenspielband zum In-die-Reisetasche-Stecken. Das Farbcover ist zum Glück stabil.

Jetzt kann's losgehen.  :D
« Letzte Änderung: 21.04.2009 | 22:04 von Jed Clayton »
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Offline Azzu

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Ich hab nicht widerstehen können und hab's auch geordert. Bin gespannt!

Offline Jed Clayton

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Ich hab nicht widerstehen können und hab's auch geordert. Bin gespannt!

Ich denke, dass du nicht enttäuscht sein wirst. Viel Spaß damit!
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Offline Skyrock

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Ich habe mein Exemplar eben noch auf dem Weg von der Arbeit im Copyshop drucken lassen. Muss mal über das lange WE schauen was es taugt... Wahrscheinlich nehme ich es gleich zum HeidelCon mit, falls ich ein Alternativprogramm zu Kopikala brauche.
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Offline Azzu

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So, ich habe mein Exemplar.

Die optische Gestaltung ist zum Davonlaufen. Da hätte ich von einem Buch, das auf Comic-Fans abzielt, mehr erwartet.

Was mir am System beim ersten Überfliegen auffällt: Sehr viel SL-Willkür für ein Indy-Spiel. Welche Konsequenzen Stress hat, und wann überhaupt Konsequenzen auftreten, entscheidet der SL nach Gutdünken, das System liefert hier nur Richtwerte. Ein System für die Charaktererschaffung gibt's effektiv nicht, die Werte werden von den Spielern einfach festgelegt.

Mein Eindruck: Schöne Ansätze, aber unfertig in vielen Punkten.
« Letzte Änderung: 29.04.2009 | 23:07 von Azzurayelos »

Imago

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Denke ic hwerde mir es auch mal holen. 5 Dollar für ein PDF sind ja nicht die Welt und evtl eignet es sich ja auch für eine dazwischengeschobene "Superheldenrunde - Doch Watchmen" hier in der Ecke um sich vor dem Treffen ma lein bisschen damit vertraut zu machen. :)

Offline Jed Clayton

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Die optische Gestaltung ist zum Davonlaufen. Da hätte ich von einem Buch, das auf Comic-Fans abzielt, mehr erwartet.

Ja, optisch ist es nicht so der Bringer. Tim Kirk plant eine überarbeitete Edition für spätestens 2011.  :)

Aber natürlich gibt es im RPG-Bereich viel Schlimmeres. Ich kenne auch einige grafisch schöne Bücher mit 'nem Kack-System (...die Namen verkneife ich mir jetzt lieber...).

Zitat
Was mir am System beim ersten Überfliegen auffällt: Sehr viel SL-Willkür für ein Indy-Spiel. Welche Konsequenzen Stress hat, und wann überhaupt Konsequenzen auftreten, entscheidet der SL nach Gutdünken, das System liefert hier nur Richtwerte.

Bislang habe ich keine ernsthaften Argumente dagegen bekommen.
Für mich und meine Spieler ist es alles okay.

Zitat
Ein System für die Charaktererschaffung gibt's effektiv nicht, die Werte werden von den Spielern einfach festgelegt.

Das ist richtig. (Siehe meine Beschreibung oben!)
Beim ersten Mal Lesen habe ich ständig verblüfft geguckt und gesucht, wo denn verdammt noch mal die Charakter-Generierungspunkte stehen und wieviel ich wo und warum haben kann... :)

Ich bin mittlerweile ehrlich gesagt froh über diese "Nicht-Regeln". Alle typischen Punktallokationssysteme (GURPS, HERO, Fuzion, Savage Worlds, M&M) lassen am Ende immer irgendetwas unausgewogen oder unfertig wirken. Noch dazu spare ich mir bei H&S einen der Hauptnachteile von Punktallokationssystemen: die Tendenz, den Spieler dahin zu bewegen, sich Skills und Talente zu kaufen, die er eigentlich nie im Abenteuer einsetzt!

In H&S schreibst du NUR das auf, was du wirklich im Abenteuer einsetzt. Skills sind Background und haben keine Regeln.
« Letzte Änderung: 29.04.2009 | 23:22 von Jed Clayton »
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Offline reinecke

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Ich finde das auch super. :)

Offline Skyrock

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Ich kann Azzurayelos' Kritik im großen und ganzen nur zustimmen.
Das Ding hat hervorragende Ideen, die aber strukturlos herumschwimmen.

Insbesondere bei Stress hätte ich als SL gern klarere Richtlinien als "bei halber Würfelgröße von Resilience oder Resolve gibt's ein durchschnittliches Stress Event, früher oder später eben ein schwächeres oder stärkeres". (Zumal "durchschnittlich" nie definiert wird - mal sind es die Beispielevents mit klaren Regelfolgen wie "Self-Doubt", dann wieder Larifari-Sachen "Werwölfe werfen Held ins Wasser - Stress wieder auf 0, Kampf geht weiter wie bisher".)
Vielleicht wäre da ein Harm Track à TSoY (wo der Schaden direkt mechanisch spürbare Folgen hat) besser gewesen, inklusive klar angesagter Ziele und der Möglichkeit, nach Abwägung von weiterem Schaden und negativen Folgen bewusst aufzugeben.

Ich sehe da auch großes Potenzial für Mißbrauch für Erzählonkel, die ihre "schöne Geschichte" gegen die Spieler durchdrücken wollen, da mit dem Drive verbundene Monologe das ein und alles sind, um Konflikte zu entscheiden.
Solange der SL den Spielern alle Monologe durchgehen lässt, können sie nicht verlieren; solange der SL alle Monologe seiner Schurken durchgehen lässt, können sie nicht gewinnen. (Außer die Spieler verzichten bewusst auf Monologe und kaufen ihre Re-Rolls immer mit Stress. Wobei ich mich dann fragen würde, warum sie ausgerechnet ein Spiel wie H&S spielen, wo der Grund um ein Held zu sein einen so zentralen Platz einnimmt, weshalb ich diesen Fall als praktisch nicht-existent ignoriere, ähnlich wie ein TSoY-Spiel wo SCs niemals ihre Pfade anspielen.)


Bei der freien Charaktergenerierung sehe ich übrigens kein Problem. Es gibt ja die Richtlinie "sollte sich alles in der und der Bandbreite von Power abspielen", und mehr als zu wissen, was der maximale Wert ist, braucht man nicht. Man ist schließlich flexibel, was den Werteeinsatz angeht, und wird immer schauen dass man so an ein Problem rangeht dass man einen starken Wert nutzt (Traveller-UTP-Mentalität). Ob das "tote Gewicht", das gar nicht erst zum Einsatz kommt, dann bei 2d4 oder 1d8 liegt, ist praktisch gesehen egal. (Und dank Monologen kann man früher oder später eh das maximale Resultat in seiner Wertespanne erreichen.)
Insofern eigentlich ein eleganter Weg um Superhelden zu emulieren, wo die Powerlevel oft vorne und hinten nicht vergleichbar sind (Batman vs Superman; unverwundbarer, superstarker, mjöllnirschwingender etc. Halbgott Thor neben Hawkeye, der nur übermenschlich präzise Bogenschießen kann, bei den Avengers), bei der stärksten Kraft aber aus Sicht, wie oft man damit Konflikte für sich entscheiden kann, Gleichstand herrscht.


Was ich für das Langzeitspiel aber als größere Schwäche sehe, ist das Fehlen von Taktik und Charakterverbesserung.

Die Zielsetzung des Spiels ist Genreemulation und interessante Fiktion, und entsprechend kommt die Effektivität zu 90% aus der Fähigkeit zu unterhalten, im Gegensatz zu klugen taktischen Entscheidungen. (Abwechslungsreiche und packende Drive-Monologe; Nutzung von Humor in Dialogen zum Stressabbau; kreativer Fähigkeiteneinsatz um seine guten Werte nutzen zu können; interessante Ideen für frühe und relativ harmlose Stress Events, um Stress abbauen zu können ehe er ernste Folgen hat etc.)
Kurzzeitig macht so was Laune, aber auf die Dauer schließt man damit 50% von dem aus, was Rollenspiel spaßig macht, womit es sich für die meisten Spieler schnell totläuft. (Die Wushu- und Inspectres-Problematik, die in einem One-Shot rocken, sich langfristig aber schnell totlaufen, manchmal schon innerhalb eines längeren Abenteuers.)
Gerade weil eines der Ziele der Aufbau eines eigenen Superheldenuniversums und Charakterentwicklung ist, was einige Zeit braucht, wäre ein mehr an Taktik mehr.

In die gleiche Kerbe schlägt die fehlende Charakterverbesserung.
Ich meine damit nicht direkte Werteverbesserung (für die die Skala sowieso zu eng und die Werte zu breit sind), aber mechanisch unterfütterter Ausbau des Charakters. Beziehungen und Kontakte etwa, oder die Möglichkeit, die Schwierigkeit von Power Stunts zu senken und diese langfristig als festen Bestandteil der jeweiligen Kraft zu kaufen (s. MSH).
Klar kann man sich das alles herbeierzählen, wie es die Fiktion nahelegt, aber das hinterlässt immer ein hohles Gefühl, weil es eben nur herbeierzählt ist im Gegensatz zu hart erspielt. Was man aufbaut hat einfach auch emotional mehr Gewicht, wenn man dafür knappe Ressourcen opfert oder es sich gegen Widerstand verschafft.


(Übrigens: Tim "Silverlion" Kirk sammelt hier Vorschläge für die revidierte Version. Sobald ich das Spiel tatsächlich angetestet habe und damit meine Punkt vom Lesen her bestätigen oder ausbauen kann, werde ich auf jeden Fall meine einbringen, denn das Spiel hat a.) Potenzial und b.) noch einiges zu verbessern.)
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Offline Jed Clayton

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Das Ding hat hervorragende Ideen, die aber strukturlos herumschwimmen.
[...]
Tim "Silverlion" Kirk sammelt hier Vorschläge für die revidierte Version. Sobald ich das Spiel tatsächlich angetestet habe und damit meine Punkt vom Lesen her bestätigen oder ausbauen kann, werde ich auf jeden Fall meine einbringen, denn das Spiel hat a.) Potenzial und b.) noch einiges zu verbessern.)

Danke fürs Feedback und vor allem für den Link.
Bislang habe ich nur ein paar kurze E-Mails an Tim geschickt, die er auch alle prompt beantwortet hat.

Gerade das mit dem Stress-Akkumulieren und "wann passiert dem Charakter 'was" habe ich beim ersten Durchlesen ehrlich gesagt auch nicht verstanden, ebenso wie die "Defense" Regel: Ein Charakter verteidigt sich gegen einen anderen Charakter durch antizipierte Verteidigung, d.h. er fährt quasi seine Abwehr hoch, um alle folgenden Angriffe des Angreifers schwerer zu machen. Dadurch bekommt der Angreifer automatisch Stress... Da man sich bei H&S erst mal an den Gedanken gewöhnen muss, dass Charaktere nicht gegeneinander würfeln (mein Würfelergebnis gegen dein Würfelergebnis), sondern nur gegen eine statische 2 / 4 / 6, ist das ausgesprochen seltsam.
Ich habe es noch nie aktiv mit anderen Leuten am Spieltisch ausprobiert, aber dass werden wir ja spätestens im August erleben. Stimmt's, Skyrock? ;)

Bezüglich der erzählerischen Elemente bzw. der Re-Rolls kann ich dir insofern beipflichten, dass der traditionelle DSA- / D&D- / Warhammer- / Midgard-Rollenspieler hier wahrscheinlich am ehesten den Grund dafür sieht, dass Spiel gar nicht zu zocken.
Ein Nicht-Märchenonkel hat gar nicht den Zugang zu Comic-Konventionen und Comic-Dialogen und daher auch tendenziell keine Lust, zu schwafeln, um seinen Würfelwurf doch nicht irgendwie zu schaffen.
Ein Märchenonkel (oder 'ne Märchentante, ich denke schließlich auch an die Mädels) wird dagegen wie du schon sagtest eher versuchen, durch lange blumige Monologe die Dinge zu seinen Gunsten hinzudrehen. Hier denke ich bereits über ein Limit beim Nochmalwürfeln nach.

Ich werde ja spätestens nach dem Sommertreffen ein paar Anhaltspunkte haben.
Wir werden sehen...
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Offline Azzu

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Was das Spiel effektiv tut, ist Richtlinien für ein ansonsten freies Erzählspiel zu liefern, bei dem leider alle Erzählrechte beim Spielleiter liegen. Beispiel: Die Regeln deklarieren einzelne Aktionen als Erfolg oder Misserfolg, aber wie der Ausgang der einzelnen Aktion den Konflikt insgesamt beeinflusst, oder ob er ihn sogar entscheidet, und was Obsiegen oder Verlieren in dem Konflikt für die Beteiligten überhaupt bedeutet, oder wann es eigentlich zum Konflikt kommt, entscheidet alles der Spielleiter nach seinem Ermessen.

Das ist deutlich konkreter, als z. B. das Ziehen und Interpretieren von Tarotkarten bei Engel, aber noch lange kein in sich geschlossenes Spielsystem. Alle für das Spiel wirklich wesentlichen Entscheidungen muss der SL frei treffen, aus seiner vorausgesetzten, angeborenen Weisheit heraus vermutlich. Und wenn er das packt, macht H&S sicher eine Menge Spaß. Aber ein SL, der das hinbekommt, rockt auch jedes andere erzähllastige System.

Offline Skyrock

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Jetzt weiß ich wieder woran mich das mit dem endlosen Nachwürfeln erinnert hat: Vermis Blogeintrag "Die Lizenz zum Schummeln".
Wobei es bei H&S nicht ganz so schlimm ist, da a.) der Drive eine nachvollziehbare Rolle spielen muss und b.) der Monolog immer wieder unterschiedlich sein muss. Ob und inwiefern da zusätzliche Stopper rein müssen kann nur ein Spieltest zeigen.

Wobei es hier auch auf den Willen der Spieler, sich durch immer ähnlicher werdende Monologe durchzubeißen, sowie die Einschätzung des SLs, was zu ähnlich und was unterschiedlich genug ist, ankommt, weshalb es wohl kein Patentrezept gibt.
Man darf bei solchen Überlegungen auch nicht Stress Trigger vergessen, deren Vorhandensein ausgiebigen Gebrauch von Monologen (und Humor zum Stressabbau, um mehr als einen Gleichstand zu erreichen) erzwingt, wenn man trotzdem noch Erfolg haben will. In solchen Situationen könnte ein zusätzlicher Stopper das Spiel kräftig zerhauen und die Genreemulation stören. (Spiderman kurz nach "The Night When Gwen Stacy Died" wäre etwa unfähig, gegen den Green Goblin zu bestehen, anstatt einfach eine Extraladung Ansporn zu brauchen. Wobei, eigentlich scheitert er in der zweiten Hälfte des Comics, in dem er den Goblin entgegen seiner Absichten und Prinzipien versehentlich "tötet" und sich so in noch tiefere Selbstzweifel stürzt... Diskussionen zu Comic-Genreemulation sind einfach knifflig, wenn jeder Schreiberling sein eigenes Ding macht und man dann noch solche kontroversen Wendepunkte wie "The Night When..." in die Gleichung wirft, wo die Grundannahmen des Genres durcheinandergewirbelt wurden und noch keiner so recht wusste, wie "richtige" Comics im Moment und in Zukunft auszusehen haben :P )


Azzurelayos:
Ja, da sehe ich auch das Kernproblem, dass H&S kein geschlossenes System mitliefert und nicht mal alle Klötzchen um sich selbst sein funktionierendes System zusammenzupuzzlen, sondern nur unverbundene Mechanismen und Ideen mit ein paar schwammigen Andeutungen, wie man sie in Beziehung setzen und nutzen könnte.
So, als würde man ein IKEA-Regal kaufen und dann nur ein paar Bretter vorfinden, zusammen mit dem Zettel: "Das lange Brett kann man hochkant stellen, oder auch flach. Zur Verbindung bieten sich Schrauben an, aber welche Größe am besten für eure Zwecke hält, das müsst ihr selbst rausfinden. (Wobei manche Leute vielleicht Leim oder Nägel vorziehen könnten, was man auch machen kann, aber nicht muss.)"


die "Defense" Regel: Ein Charakter verteidigt sich gegen einen anderen Charakter durch antizipierte Verteidigung, d.h. er fährt quasi seine Abwehr hoch, um alle folgenden Angriffe des Angreifers schwerer zu machen. Dadurch bekommt der Angreifer automatisch Stress...
War für mich sofort zu verstehen, als jemand der a.) mehrere andere abstrakte Spiele kennt und gespielt hat, wo Absicht und Aktion entkoppelt sind, und b.) in seiner aktiven Comiczeit v.a. Spiderman gelesen hat.
In 2 von 3 Kämpfen ermüdet Spidey seine Gegner durch ausgiebiges Ausweichen und Rumhampeln, verleitet sie zu Fehlern (oder lockt sie von Menschenmassen weg, ehe ein Unschuldiger Schaden nimmt) und packt sie dann, wenn sie unaufmerksam werden. Wahrscheinlich waren solche Kämpfe gemeint, als es darum ging wie Defensive Stress erzeugt.

Als praktisches Beispiel:
Ich erinnere mich etwa an einen Kampf mit Electro, wo Spiderman erst mal nichts anderes macht als den Elektrostrahlen aus dem Weg zu hüpfen und den Elektroschurken mit Müll wie Reifen oder Mülltonnen zu bewerfen. Anfangs feuert Electro das Zeug noch vor dem Aufprall ab, aber gegen Ende, als die Geschosse immer alberner und unpräziser werden, ignoriert er vor lauter Zorn die Geschosse und den Ort, an den Spiderman mit seinen Flic-Flacs ihn führt, und konzentriert sich nur noch darauf, die Spinne durchzurösten.
Die letzten Panels sehen dann so aus:
  • Perspektive direkt hinter Electro, wie Spiderman eine Radkappe in flachem Bogen _neben_ Electro pfeffert.
  • Dialog: "Was, _damit_ wolltest du mich treffen? - Lächerlich!" - "Nein, eigentlich nicht... - Sondern den Hydranten."
  • Close-Up von der Radkappe, wie sie die Verschraubung an einem Feuerhydranten abschneidet
  • Close-Up von einem durchnässten Electro, der in Krämpfen durchgeschüttelt wird
  • Spidey, über einem rauchenden und bewusstlosen Electro stehend: "Nicht in der Schule aufgepasst, als es darum ging, dass man Elektronik immer von Wasser fernhalten muss?"
~;D
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Offline Jed Clayton

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Hallo Skyrock,

ich finde das Beispiel sehr gut und sehr lustig.
Ich denke, du wärst auf alle Fälle auch ein guter Spielleiter für Hearts & Souls.

Hoffentlich kommt du selbst auch bald einmal dazu, H&S zu leiten, denn dieses Spiel braucht offensichtlich Spielleiter wie dich. Es braucht Leute, sie so (mit)denken wie du.  :d

Ich werde nun selbst auch erst noch einige aktuelle Comics nach passenden Beispielen durchforsten. Umsetzungen von Stress sind sehr leicht zu finden, in so gut wie jedem DC- und Marvel-Heft.
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Offline Skyrock

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Je nachdem, wie es sich ergibt, teste ich es vielleicht am WE auf dem Heidelcon...
Ich musste dazu erst den Silberlöwen wegen verschiedener Punkte löchern, um sicher zu gehen dass ich alles verstehe, und weiche in drei Punkten von RAW ab, bzw. interpretiere den Regulierungsspielraum etwas abweichend von der "offiziellen" Vision:
Zitat
1.) I'll generally roll for "named" villains as nemeseis and leutnants, to let their ranks have an actual mechanical effect, and to make it clearer that these aren't your part-of-the-scenery mooks you can just crunch through. (On the other hand, actual mooks without stats are fine as they are with their fixed target number.)
If I add the exploding dice from the outdated playtest document on the Yahoo group (which seem to have been dropped in the final version), it shouldn't destroy anything, as lower-scale abilities keep to be able to beat even good rolls on abilities from a higher scale (although at a stress cost, and even then with just a slim chance, but at least here's your chance, and with a bit of stress relief like an minor event or humor you might yet dish out more stress than you gain).

2.) I'll be strict on what constitutes as a new kind of monologue and what doesn't.
As a rule of thumb (which I'll also state clearly to the players to let them know what they should aim at), I'll probably go with the goal that the monologue aims at. You can't say twice that you have to beat Mothman to save the community - however, if you can find another angle (like "showing that even mutants can be heroes by stopping this menace"), or if the situation shifts so that you find a new goal, and you actually exploit it ("oh no, Mothman's punch lets the wall crumble while there are people beneath it, I'll have to stop this to keep them safe"), you are fine.

3.) I'll mostly disallow to blow off stress with harmless stress events.
I think the minor stuff as disarranged clothing or being "about to" be tossed down the cliff can be done fine as mere description of the process of getting stress.
The few cases where an early stress event would make more sense can yet be handled on a case-by-case base, and even then, I'll certainly look that it has at least some minor recognizable effect, rather than just being window dressing.
Im fraglichen Thread werden übrigens die Hintergedanken zu Stress nochmal etwas elaboriert - und das Beispiel mit den Werwolfrockern war als "Kampf endet" gedacht, nicht als "Falle ins Wasser und kämpfe weiter wie normal".
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Oh, das ist ein guter Thread. Muss ich bei Gelegenheit mal ganz lesen.

Stammen die obigen Zitate von dir, Skyrock?

Nun, ich hatte mich da auch schon gewundert bei dem Beispiel mit der Werwolf-Gang. Wenn jetzt klar ist, dass die Auswirkung "Szene vorbei, Kampf vorbei" gemeint war, sind die Regeln soweit in Ordnung für mich.

Das heißt, der Kampf in dieser Szene, in diesem Heft geht eben so aus. Im nächsten Heft wird es natürlich eine neue Begegnung mit neuem Kampf geben.
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Offline Skyrock

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Ja, der obige Zitatblock ist von mir und nicht offiziell (wie man auch an der Benutzung der explodierenden Würfel sieht, die es im Spieltestdokument noch gab, die in der finalen Version aber gestrichen wurden).

Ansonsten interessant, dass ich nicht der einzige bin, der das Beispiel Flea vs The Pack vollkommen missverstanden hat... Hoffentlich bekommt die 2011-Edition 40 Seiten weniger Setting und 40 Seiten mehr und bessere Erklärungen.
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Ja, der obige Zitatblock ist von mir und nicht offiziell (wie man auch an der Benutzung der explodierenden Würfel sieht, die es im Spieltestdokument noch gab, die in der finalen Version aber gestrichen wurden).

Ansonsten interessant, dass ich nicht der einzige bin, der das Beispiel Flea vs The Pack vollkommen missverstanden hat... Hoffentlich bekommt die 2011-Edition 40 Seiten weniger Setting und 40 Seiten mehr und bessere Erklärungen.

Hmm, das wäre wünschenwert.
Wobei die zwei Settings in H&S ja zu 90% Auflistungen von Stat Blocks zu diversen NPCs sind. Das kann man immerhin auch mal leicht und unverbindlich überfliegen, um den einen oder anderen "coolen Gegner" für ein Abenteuer hervorzuzaubern. (Wann habe ich schon mal die Gelegenheit, irgendein 200-Seiten-Quellenbuch nur über ein Setting zu lesen? Dann lese ich doch lieber gleich einen guten Roman, bzw. das nächste Panini-Taschenbuch mit meinen Lieblingshelden.)

Gestern Abend hab' ich mich übrigens auch in dem besagten amerikanischen Forum registriert und poste bereits eifrig mit.
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Interessante Erkenntnis aus dem RPGsite-Thread: Die Multi-Aktionen durch Stressausgabe auf S.21 waren eigentlich nicht nur als Mehrfachaktionen gedacht, sondern als generelle Aufskalierung - einschließlich der Änderung der Skala Normalmenschlich/Supermenschlich/Kosmisch.

Damit werden genaue Fähigkeitswerte noch unwichtiger als ich dachte... Es ist interessant, wie die Mächtigkeit von Drives und Stress Relieves die "eigentlichen" Werte nur dritte Geige spielen lässt, was Konfliktlösungspotenzial angeht. Damit ist H&S das einzige mir bekannte System, bei dem Freiformcharaktererschaffung auch funktioniert und nur Charaktere ausspuckt, die gegeneinander prinzipiell auch eine ernste Chance haben.
Da soll noch mal einer sagen, innovatives käme nur (noch) aus der Schmiede.
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oliof

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Das ist doch schon lange widerlegt, cowboy.

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Also, ich spiele wie geplant wahrscheinlich heute Abend noch mit neuen Leuten H&S. Bei einem benachbarten Spieletreff (Twilight Games e.V. in Nürnberg) haben es letzte Woche nämlich drei Personen angefragt.

Noch ist nicht ganz sicher, ob wir heute Abend H&S oder vielleicht doch Cartoon Action Hour spielen. In jedem Fall muss ich meistern. Ich habe beide Bücher eingepackt.

Falls es H&S wird, gibt es meine Eindrücke in Kürze gleich hier in diesem Thread.

Schönes WE!
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Also, wir haben's getan  ;D ... zum allerersten Mal.

Meine erste Spielrunde mit Hearts & Souls hat am vergangenen Freitagabend stattgefunden, von etwa 19.30 bis 0.30 Uhr. Es ging wirklich heftig ab.
Ich hatte mit 3 oder maximal 4 Spielern gerechnet, aber es kam sogar noch einer mehr. (Notiz: Für einen Spieler nächstes Mal noch einen neuen Charakterbogen mitnehmen, denn ich hatte nur 4 Stück mitgebracht.)

Da die ersten beiden Stunden von insgesamt 5 Stunden für die Char-Gen draufgingen, mitsamt allen Erklärungen und Beispielen aus Superheldencomics, die alle sehr wohlwollend aufgenommen wurden, konnten wir mit sehr individuellen und recht ausführlichen Hintergrundgeschichten arbeiten. Da gab es fast ein wenig zuviel an Details und Einfällen, als dass man sie alle konkret in einer Session verwenden konnte, aber es klappte letztendlich doch alles erstaunlich gut.

Da ich selbst kein konkretes Abenteuer vorbereitet hatte, orientierte ich mich ganz an den Storys der Spielercharaktere. Diese Storys hatten es dann auch wirklich in sich, wenn ich ehrlich sein soll.

Ich hatte auch deswegen kein festes H&S-Abenteuer mitgebracht, weil bis 5 Minuten vor dem Start noch nicht sicher feststand, ob ich an dem besagten Abend H&S leiten würde oder CAH: Season 2. Das Votum ging dann aber doch 4-zu-2 zugunsten von H&S aus. Der andere Grund, den ich immer wieder erwähne (auch bei anderen Rollenspielen), war der, dass ich ja im Voraus nicht sagen konnte, welche Charaktere die neuen Spieler sich ausdenken würden. Somit hielt ich mich an mein Prinzip, das Abenteuer auf die Charaktere zuzuschneiden und nicht die Charaktere auf das Abenteuer.

Manche Dinge an dem sehr freien Charaktergenerierungsprozess in H&S musste ich logischerweise den einzelnen Spielern mehrmals erklären, und bei einer Runde, in der einige Leute schon aus Gewohnheit immer hineinreden oder Witze erzählen, ist es auch klar, dass es zu solchen Wiederholungen kommt. Am ungewohntesten war wohl für die anwesenden Spieler, dass es kein Punktelimit bei der Wahl der Attribute gab bzw. auch kein Limit, das ich konkret für alle vorgab. Ebenfalls war nicht allen Spielern auf der Stelle klar, dass die Namen der einzelnen Ränge (Stufen) sich in den drei Skalen wiederholten: "Ordinary", "Exceptional" und "Spectacular" konnten daher jeweils Ordinary - menschliche Skala, Ordinary - übermenschliche Skala, Ordinary - kosmische Skala heißen. Aber mit den drei verschiedenen Würfelarten (W4, W8, W12) konnte ich das dann glaube ich doch recht gut erklären. Letzten Endes habe ich von Fähigkeiten auf der "Cosmic Scale" abgeraten und die Spielercharaktere hatten damit alle maximal Werte mit 3W8 ("Spectacular Superhuman" in H&S, was aber auch tatsächlich sehr spektakuläre Ergebnisse im Abenteuer zur Folge hatte).

Die Wahl der Powers und Hintergrundgeschichten fiel auch sehr differenziert aus, wenn auch zwei der fünf Spieler (ich als SL nicht mitgerechnet) sich Charaktere aufschrieben, die hart an der Grenze zum "Alleskönner" waren und für den Anfang mit sehr vielen unterschiedlichen Powers auffuhren.
Ein Spieler dachte sich zum Beispiel einen Mentalisten aus, der neben Telepathie und Gedankenkontrolle im herkömmlichen Sinn auch die Fähigkeit haben sollte, Gegenstände und Substanzen in seiner Umgebung zu verändern (heiß oder kalt werden lassen, Drähte durchschmoren lassen, Eisen verrosten lassen, Beton brüchig werden lassen, etc.). Er begann das Abenteuer dann auch gleich damit, sich wie ein Maulwurf durch die Erde zu buddeln, indem er die Erdmassen verschob und verdrängte. Aber Kreativität und ein wenig Comic-Spinnerei sind ja durchaus gefragt, sonst würden wir wohl nicht H&S spielen.

Ein anderer Spieler wollte gern einen Transformer-Anzug, der ihn quasi zu Land, zu Wasser und in der Luft transportieren konnte, gepanzert und mit verschiedenen Ortungssystemen (Radar, Sonar, GPS) ausgerüstet war. Ich habe gesagt, "Na klar, kein Problem." Zusätzlich ist aber dieser Charakter im Stahlanzug auch noch ein Alien mit telepathischen Fähigkeiten, also in diesem Fall mit sehr hohen Spielwerten in Telepathie, Telekinese, sowie fast unbegrenzter Teleportation und mit der Fähigkeit, sich selbst (nicht jedoch das Fahrzeug) unsichtbar zu machen. Wenn er in seinem Anzug-Gefährt steckt, benutzt dieser Charakter hauptsächlich die Fahrzeugfähigkeiten und außerhalb des Anzugs seine telepathischen Fähigkeiten. Ich werde bei der nächsten Session wahrscheinlich dieses Fähigkeiten-Paket ein wenig begrenzen: Unsichtbarmachen ist in H&S ja kein großes Ding (es ist eine klassische Fantastic-Four-Fähigkeit), Telepathie schön und gut. Aber der Spieler möchte außerdem noch, dass sein transformierbares Alien-Fahrzeug sich in jedes herkömmliche Erdfahrzeug verwandeln kann, also so aussehen kann wie ein VW, dann wie ein Bus, wie ein Traktor, wie ein Helikopter und andere. Ich möchte das mit der Einschränkung versehen, "Keine vollständige Tarnung - sieht immer wie ein Science-Fiction-Fahrzeug aus und kann nicht beliebig Farbe und Form wechseln". Das hat letzten Endes auch damit zu tun, dass ich Superhelden haben möchte, die sich oft und gern in der Öffentlichkeit zeigen und für die Bevölkerung auch als Superhelden "präsent" sind, mit all ihren Gimmicks und kitschigen Elementen. Ich möchte nicht, dass das Spiel eine Story mit ständig getarnten Secret Operatives wird, die sich ständig perfekt verstecken und alles im Verborgenen erledigen können.

Wieder ein anderer Spieler wählte als seine Figur einen sehr interessanten weiblichen Charakter: im Großen und Ganzen eine Art Hexenmädchen, das aussah wie 13, aber schon über 700 Jahre lebte (alterslos) und aus dem mittelalterlichen Litauen stammte. Die Fähigkeiten dieses Hexenmädchens waren größtenteils angelehnt an die "headology" aus Terry Pratchetts Discworld-Romanen. Da ich nur ganz peripher mit Pratchetts Romanen und seinem Humor vertraut bin, habe ich mir von diesem Spieler erst einmal am Rande erklären lassen, was mit dem Begriff "headology" eigentlich gemeint war. Aber das war auch ziemlich gut und es hat im Spiel mit H&S-Regeln reibungslos funktioniert.

Unser Abenteuer am Freitagabend sah dann im Wesentlichen so aus, dass ein anderer Spieler den Vorschlag machte, den Strahlenunfall, der seinem Charakter Superkräfte geben sollte, zum Anlass für das Zusammentreffen der neuen Helden zu nehmen. Okay... also, ein Strahlenunfall bzw. eine geheimnisvolle Explosion passiert im Kellergewölbe eines Fabrikkomplexes einer bekannten Firma für Militärtechnik (wobei diese Firma praktischerweise auch gleich dem Spielercharakter mit besagtem Unfall gehörte). Als das Fernsehen über diese Explosion in den Nachmittagsnachrichten berichtet, machen sich die anderen Charaktere getrennt voneinander auf den Weg, um der Sache mehr oder weniger auf den Grund zu gehen.

Das führte zu recht interessanten und lustigen Situationen... die Comic-Atmosphäre war eigentlich von Anfang an da. Nur leider bedeutete diese Herangehensweise in diesem Fall auch, dass man nicht von Anfang an als geschlossene "Party" arbeiten konnte, sondern eigentlich vier einzelne Wege beschrieb, für vier verschiedene Charaktere, die alle zu dem abgeriegelten Fabrikgebäude wollten, jeder davon mit seinen eigenen Fähigkeiten. Der fünfte Charakter weilte ja quasi noch für längere Zeit außer Gefecht in seinem Geheimlabor im Keller.

Da nun niemand aus der Gruppe einen der anderen Helden kannte und daher niemand sagen konnte, wer zu den Guten gehörte und wer nicht, gingen sich praktisch alle fünf Helden gezielt aus dem Weg. Niemand wollte sich in die Karten gucken lassen und jeder wollte gern der erste Held am "Tatort" sein, so dass wir die einmalige Situation bekamen, dass die Charaktere ihre Powers nicht gegen Schurken einsetzten, sondern zunächst mal gegen einander. Die Charaktere, die sich unsichtbar machen konnten, taten das auch mit großem Geschick, der Tunnelbuddler überwand auch elektronische Barrieren und Sicherheitsanlagen, löste aber auf längere Sicht trotzdem alle möglichen Alarme aus, die Hexe versetzte sich mit "Spiegelmagie" von einem Spiegel über eine spiegelnde Fensterscheibe des Firmengeländes in ein Bürozimmer, und von dort aus über andere Spiegel und Schatten weiter durch das Gebäude. Da dieses Mädchen auch über enorm große Fähigkeiten auf dem Gebiet des Aura-Erspürens und der Telepathie verfügte, stieß es relativ bald auf die anderen versteckten Superhelden in der Nähe. Über mehrere Minuten, vielleicht sogar mehr als eine halbe Stunde, konnten sich mindestens drei der Charaktere zwar spüren, aber durch Einsatz ihrer verschiedenen Unsichtbarkeits-, Farbänderungs-, Tarnungs- und Anschleichfähigkeiten gegenseitig nicht sehen. Es dauerte eine gefühlte "halbe Ewigkeit", bis sie endlich ihre gegenseitigen Vorbehalte und Beargwöhnungen fallen ließen und offen miteinander zu sprechen begannen. Bevor sie dann aber noch etwas Konkretes über das Gebäude, über den verunfallten fünften Charakter und die gesamte Situation in Erfahrung bringen konnten, ging uns für diesen Abend auch schon die Zeit aus (drei Spieler aus der Gruppe wollten kurz nach Mitternacht zusammen mit dem Auto zurückfahren). Damit es interessant blieb, schickte ich dann noch spaßeshalber fünf Superschurken aus dem Buch (Analog Prime-Kapitel) in das Gebäude und ließ sie durch die Zugangstür zum innersten Kellergewölbe brechen (Seltsam, dass fast jedes Abenteuer im Kern wieder ein Dungeon-Abenteuer wird! Sogar ein moderner Keller ist ja irgendwie ein Dungeon...).

An dieser Stelle hörten wir praktisch mit einem "Fortsetzung folgt" auf.

Die fünf Spieler möchten aber alle schon am kommenden Wochenende weiterspielen. (Mit anderen Worten: Es war kein One-Shot!)

Als positive Eindrücke aus dieser Runde nehme ich auf jeden Fall mit:

  • Sehr wohlwollende und aufmerksame neue Spieler, die gern etwas im Comic-Bereich spielen wollen. Hoffentlich bleibt das so!
  • Mitspieler, die aus dem Stegreif hervorragende Comic-Hintergrundgeschichten erfanden.
  • Nach ein wenig gutem Zureden nutzte niemand das offene Char-Gen-System in der Weise aus, dass er einfach allen Attributen und Fähigkeiten maximale Werte gab. (H&S wäre ja ansonsten ein Tummelplatz für Min-Maxer.)
  • Wir hatten eine sehr gute Essensversorgung in unserer neuen Location.
  • Bei H&S, obwohl es mein neuester Spielekauf war, musste ich nie Regeln nachschlagen, den ganzen Abend über nicht. Keine Tabellen, keine Magie- oder Powers-Regeln!
  • Sehr entspannte neue Situation für mich als Spielleiter: Als Editor bei H&S muss ich nie selber würfeln, sondern nur einfachste Zahlen im Kopf behalten (wie "4" oder "6"). Gewürfelt habe ich nur im Vorfeld, als ich die Regeln erklärte.
"Somewhere there is danger, somewhere there's injustice, and somewhere else the tea is getting cold."

(Doctor Who, Survival, 26th season, serial 4, part 3)

Offline Skyrock

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Mein Test war eher weniger berauschend, wobei das an anderen Faktoren hing:
1.) 7(!) Spieler und entsprechend wenig Zeit, um Charaktere auszugestalten, Spotlight zu geben und Stress Trigger anzusprechen.
2.) Spielzeit von 1.00-4.00 nachts
3.) Ich habe den Stressabbau der Schurken verschlumpft, womit sie natürlich schnell aus den Latschen kippten.

Immerhin, nachschlagen musste ich nichts, und die Zufallstabellen aus MSH und die ersten zwei Kapitel aus dessen Einstiegsabenteuer "Day of the Octopus" haben sich einmal mehr bewährt, um die Spieler schnell in die Aktion zu stoßen, oder um die Lobrede von Jeff Rients zu zitieren:
Zitat
I love that module. It's jammed packed with silly action, just like a Marvel comic.
Ich hätte gerne noch einen Test unter vernünftigeren Parametern durchgeführt, aber es hat sich an dem Con-WE durch andere Verpflichtungen bzw Spielerströme in andere Richtungen nicht ergeben.

PS: Die freie Charaktererschaffung wurde auch als ungewöhnlichster Teil empfunden, wobei ich nicht festgestellt habe, dass irgendwer irgendwen unterbuttert - nicht zuletzt weil a.) die Spieler immer geschaut haben auch mit dem worin sie super sind zur Geltung zu kommen und b.) ich gemäß Silverlion erlaubt habe, mit Stress für einzelne Würfe hochzuskalieren.
Wurde übrigens positiv als gute Genreemulation aufgenommen, spätestens nach meinem Beispiel "Green Arrow ist auch mit Superman in einem Team, kann nichts außer gut Bogen schießen _und_ kann trotzdem noch sinnvolle Beiträge bringen".
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Offline Jed Clayton

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Danke für dein Feedback, Skyrock.

Auf einem Con werde ich H&S wohl nicht allzu bald leiten. Mein nächster richtiger Con wird frühestens der FeenCon in Bad Godesberg. Für dort habe ich praktisch schon eine Tunnels & Trolls Runde versprochen (das kennt Tim Kirk sogar auch!) und möchte noch ein oder zwei andere Spiele mitnehmen... na ja, mindestens eines noch, das ich letztes Jahr aus zeitlichen Gründen nicht mehr spielen konnte.

Danach hat dann H&S seinen großen Auftritt bei unserem Sommertreffen (im August)!
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