Autor Thema: Hilfe mein Pferd lahmt oder warum mir Reign zu langsam ist.  (Gelesen 2276 mal)

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Offline Haukrinn

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Hallo allerseits,

da Jörg mich darum gebeten hat, möchte ich hier einige der Probleme schildern, die sich für mich persönlich mittlerweile bei Reign heraus kristallisiert haben. Ich spiele Reign nur sehr unregelmässig mit wechselnden Spielern und kurzen Szenarien sowie mit halbwegs erfahrenen Charakteren, die schon was reißen können.

Es geht mir hier übrigens nicht darum, Reign oder die ORE schlecht zu machen. Wer hier rumblöken will, kann zuhause bleiben, wenn's trotzdem einer macht, dann mache ich halt den Thread zu und ihr könnt woanders flamen. Mir geht es darum festzustellen, ob ihr ähnliche Probleme habt und wie ihr diese löst.

1. Regelflut Teil 1: Während man es durchaus noch schaffen kann, dem Durchschnittsrollenspieler den ORE-Kernmechanismus relativ schnell zu vermitteln, hört es dann bei den ganzen Sonderregeln auf. Knapp 30 Kampfmanöver in drei Schwierigkeitsgraden, und jedes dieser Manöver bietet Sonderregeln. Da kommt kaum einer mit. Als SL komme ich zudem in akute Entscheidungsnot, denn ich muss in aller Regel für eine Vielzahl von Kontrahenten die Manöver festlegen. Lässt man diese Elemente weg, so präsentieren sich die Gefechte dagegen extrem variationsarm und arten in reinem Rumgemosche aus. Zudem ja eh jeder nur versucht, möglichst schöne 10er-Sets zu bauen, weil das in beinahe allen Fällen immer die Ideallösung ist.

2. Regelflut 2: Schulen. Kampfschulen und esoterische Pfade finde ich eigentlich sehr stimmungsvoll. Aber auch hier will mir nicht einleuchten, warum jede Schule wieder unzählige Sonderregeln braucht. Der Verwaltungsaufwand für den SL ist hier meiner Meinung nach ebenfalls viel zu hoch.

3. Unübersichtlichkeit: Eine Gruppe von 4 Helden steht zwei Antagonisten und zwei Gruppen von unworthy opponents gegenüber. Ich habe jetzt 4 Würfelpools zu bändigen, mit je 2 - 3 Sets, die ich gegen vier Gegner mit ebenfalls 2 - 3 Sets setzen muss. Zudem muss ich Manöver und Zahl der Aktionen bestimmen sowie alle Ergebnisse im Auge behalten. Eine Kampfrunde dauert da gerne mal 10-15 Minuten. Was an sich nicht schlimm wäre. Rüstungen und Gobble Dice sorgen aber oft genug dafür, dass so eine Kampfrunde einfach ergebnislos bleibt. Und dann kann so ein Kampf schon mal 90 Minuten oder mehr dauern. Das finde ich bei etwas taktisch taktilem wie D&D vertretbar (zumal hier dann auch mal 30-40 Gegner auf 6-7 SC warten), aber für ein abstraktes Kampfsystem ist das eindeutig zu viel.

Das wär's erst einmal bzgl. der Dinge, die mir jetzt so direkt einfallen. Später kommt vielleicht noch mehr.

PS: Fluid Combat hat Jörg mir netterweise schon geschickt, aber das löst ehrlich gesagt keines der von mir genannten Probleme wirklich elegant.
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Offline Joerg.D

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Vielen Dank für die Mühe mit der Erklärung, Haukrinn

1) Zu den Manövern schreibt Greg:
Zitat
The biggest problem you’re likely to encounter using these rules is task saturation. If the system only supported three maneuvers, you’d rarely have problems deciding which to use - but by the same token, you might get bored with them fast. With the long list of maneuvers, it can become overwhelming - you’re tempted to try everything, all at once, and combats can get bogged down as everyone fl ips through the book looking for That Perfect Move for a particular situation.

The best way to prevent this option clog problem is to give yourself time to learn the system. When you’re just starting out, stick to a few basic moves. (Unless your characters are highly skilled, you probably won’t have much of a chance at diffi cult feats anyhow.) When you feel like you’ve got those down, try a few exotic attacks that sound interesting and see if you like them.

It can also help to specialize. Many of the combat schools make certain moves easier - often by removing rule restrictions instead of adding additional rules. For instance the Living Weapon Stance lets you parry unarmed and unarmored without the hassle of taking damage. By learning that technique, the rules for that move
become easier for you (the player) even as the maneuver becomes safer for your character. The more time you spend with the system, the easier it becomes. As you master the basics, you become ready to use
advanced stuff. Just like your character.

Es ist wirklich so, das einem viele Manöver überfordern, wenn man sie gleich alle auf einmal einsetzen will.

Man sollte sich Zeit lassen, die Manöver langsam zu lernen oder sie auf einen Bogen zu schreiben und dort nachsehen. Ich nutze zur Zeit den im Anhang befindlichen Bogen als Übersicht und habe ihn auch meiner Gruppe ausgedruckt und in die Hand gedrückt.

Man geht zur Erklärung einmal alle Manöver schön mit der Gruppe durch und zeigt sie auch mit Würfeln als praktische Beispiele. Dann wird der Bogen als Erinnerungshilfe verteilt und die Sache geht erheblich schneller.

Tatsächlich haben wir in meiner Gruppe lange Zeit fast ohne die Manöver gekämpft und bringen die erst jetzt intensiver ein, wo die Schwertkampfschulen richtig gut sitzen. Außerdem setze ich die Manöver als SL sehr sparsam ein und überlasse das Feld lieber meinen Spielern. Ich mache die Gegner lieber etwas härter und verzichte dafür auf große taktische Spielerein.

2) Die vielen Schulen und Regeln sorgen für ein Gleichgewicht zwischen den Waffen und sorgen so dafür, das nicht alle Spieler das Gleiche lernen. Hier gilt es den Spielern klar zu machen, dass sie ihre Schulen selber können müssen. Wärend der Declare Phase sagt ja jeder an, was er macht und es ist bei Anfänger Gruppen auch sinnvoll, das der jeweilige Spieler erklärt, was diese Aktion bedeutet. Auf dem Bogen gibt es genügend Platz um die Aktionen drauf zu schreiben, damit der Spieler sie nachlesen kann.

Ich weiß, das Du gerne ein starker und regelkundiger SL bist. Aber bei dem Umfang der Regeln gilt es den Spielern die Verantwortung zum Kennen ihrer Regeln zu überlassen. So lernen sie, die Regeln anzuwenden und du bekommst es auch schneller ins Hirn.

Der Verwaltungsaufwand ist also IMHO eine Organisationssache.

3) Ich wünschte ich könnte dir da ein Patentrezept geben, aber das gibt es nicht.

Wichtig ist:
Bei Mooks an den Treadlevel (1-4) denken, was die ganzen kleinen Sets schon mal wegräumt und im Auge behalten, das sie nicht mehr als weite 3 Sets gegen einen Gegner einsetzen können, falls der Anführer nicht den passenden Esoteric Path hat und sich ihrer Führung aktiv widmet. (Hinten stehen und Befehle bellen oder multible Aktionen haben)

Bei gut gerüsteten Gegnern, wie sie in Reign üblich sind, bringen Mooks aufgrund der Maximalweite ihrer Sets nix mehr Also sind sie nur das Kanonenfutter, dass ihrem Anführer Zeit verschafft oder Treffer abfängt.  Außerdem werden die Reihen durch Display Kills und die Leute mit der Winnowing Axe eh sehr schnell ausgedünnt. Es sollte sein wie im Film, ein paar Mooks zum wegmachen und dann kommen die Big Guys um den Kampf interessant werden zu lassen.

Massenkämpfe mit Mooks entsprechen nicht dem, was Reign auf höheren Fertigkeits- und Machtgraden will. Da kommt es auf gezielte Aktionen und wichtige Entscheidungen an, nicht wieviele Mooks man weggemosht hat. Ganz im Ernst, wenn die Big Guys kommen, machen sich die kleinen Leute aus dem Weg und hoffen, dass die großen Jungs aus ihrer Company das Regeln.

Mooks können keine Manöver machen, wenn ihr Anführer nicht den pasenden Esoteric Path hat.

Für den Rest gibt es Company Rolls.

Ich hoffe, dass ich ein paar Anregungen geben konnte.

[gelöscht durch Administrator]
« Letzte Änderung: 4.05.2009 | 20:44 von Joerg.D »
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oliof

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Joerg: fuer einen erklaerten gelegenheits-sl wie haukrinn ist reign vielleicht tatsaechlich zu barock. Den Aufwand den Du fuer eine Kampagne treibst, wuerde ich fuer den gelegentlichen one shot auch nicht fuer angemessen halten.

« Letzte Änderung: 4.05.2009 | 21:27 von oliof »

Offline Joerg.D

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Hm, ich habe den Bogen im Anhang auch schon für One Shots benutzt einmal drcken und fertig. Die Fertigkeiten sind auch schnell auf die Charakterbögen, wenn man die PDF des Regelwerkes hat.

Ich sehe nicht, was das für ein Aufwand sein soll.

Durch Master Dice, höhere Ränge in den Kapfschulen und größere Pools auf der Spieler Seite werden die Kämpfe auch viel schneller, genau wie beim geschickten Einbringen von Mission und Craving um multible Aktionen zu machen.
« Letzte Änderung: 4.05.2009 | 21:18 von Joerg.D »
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oliof

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Jörg.D: Du hast Dir aber die Mühe gemacht, den Bogen zu erstellen. Und das machen viele Leute eher für eine Kampagne oder drei als für einen Oneshot oder drei. Dass er – wo er schonmal da ist – auch  für Oneshots genutzt werden kann, steht auf einem anderen Blatt.

Offline Joerg.D

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Nö, den habe ich aus dem Internet gezogen.

Er ist auch unter nützliches für die ORE zu finden.

Da rein zu sehen, kann ich jedem nur immer wieder empfehlen.
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Offline Haukrinn

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Die Sachen kenne ich alle und die benutze ich auch (ich will garnicht wissen wie das sonst ablaufen würde). Aber die lösen meine Probleme ja nicht - die Stelle die Fülle an Optionen und Details zwar kompakter da, aber dadurch werden die Wahlmöglichkeiten ja nicht weniger und die Sonderregeln auch nicht.
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Erfahrungsgemäß taktieren die Spieler mit wachsenden Fertigkeiten weniger, besonders, wenn die Kampfschulen besser gelernt worden sind, lohnen sich die Mannöver nur noch in wenigen Situationen und werden gezielter eingesetzt.

Ich bestreite gar nicht, das es viele Regeln sind und man sich anstrengen muss um sie zu behalten, aber gerade das macht ein System für mich auf lange Zeit interessant, mann kann die Komplexität steigern, wenn einem die Sachen zu einfach sind.

Lass auf jeden Fall deine Spieler mehr Verantwortung für die Regeln übernehmen und nehme weniger Mooks, dann geht das mit den Kämpfen viel schneller. Ich hoffe MSch schreibt noch was, der weiß ja wie ich das als SL mache und kann das vielleicht mal aus der Spielersicht beschreiben.
« Letzte Änderung: 4.05.2009 | 22:02 von Joerg.D »
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Ludovico

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Danke an Haukrinn für die Darstellung seiner von ihm empfundenen Schwachpunkte des Systems und an Jörg für die Gegendarstellung!
Das liest sich sehr interessant und hilfreich, insbesondere weil ich bislang ausschließlich positives über die ORE lesen konnte. So allerdings weiss ich zumindest, dass ich sie mir definitiv nicht holen kann als Freund von einfachen und wenig umfangreichen Regeln.

Offline Joerg.D

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Ludovico, das war keine Gegendarstellung. Ich kann Haukrinns Punkte alle nachvollziehen und sage nicht, nein so ist das nicht.

Fakt ist, das die Kernregeln des Systemes sehr schnell sind und auch einfach erklärt worden sind. Durch die Manöver erhält man sehr viele Möglichkeiten im Kampf genau wie durch die Kampfschulen und es ist sichergestellt, das man einen langen Entwicklungszyklus hat, in dem die Charaktere sich beständig weiter entwickeln können. Das System ist im Gegensatz zu 7te See was Du ja gerne magst extrem schnell, schlank und vor allem balanciert.

Es gibt keine Killerfertigkeiten oder Waffen, die alles aus dem Ruder laufen lassen.

Aber ja, wenn man es für gelegentliche One Shots verwendet und auf einem mittleren bis hohen Fertigkeitslevel anfängt, kann einen die Vielzahl der Möglichkeiten als SL erschlagen. Es bleibt bloß die Frage, ob man alles verwenden muss und als SL die Pflicht hat alles perfekt zu kennen. Wenn man die Manöver auf die Big Seven und Simple Maneuvers beschränkt und mit den vorgegebenen wenigen EPs anfängt, dann ist das Ganze für den SL am Anfang überschaubar.

Genauso ist es mit den Mooks, am Anfang macht es Spaß und sie können einen Herrausfordern, aber es ist ein Game of Lords an Leaders, nicht ein wir schnetzeln uns bei jedem Kampf durch 100 Mooks Spiel. Für die Massenschlachten gibt es die von Haukrinn gelobten Company Rolls.

Wenn man hingegen im mittleren bis hohen Erfahrungsbereich anfängt, dann hat man Probleme. Wenn ich einen D&D Charakter auf der 10 bis 15 Stufe für One Shots benutze, dann erschlägt mich die Wucht der Kampf-Regeln auch.

Es stellt sich bloß die Frage, ob man es sich einfach macht und auf viele Regeln verzichtet oder ob man seinen Spielern auch für eine lange Kampagne Entwicklungsmöglichkeiten bieten will und deshalb das komplette Paket an Regeln nimmt.

« Letzte Änderung: 5.05.2009 | 09:36 von Joerg.D »
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Re: Hilfe mein Pferd lahmt oder warum mir Reign zu langsam ist.
« Antwort #10 am: 18.05.2009 | 12:30 »
Ich habe am WE übrigens mal einen Vergleich zwischen der Reign ORE, Earth Dawn und D&D 3.5 angestellt, es waren jeweils 4 Sehr kompetente Charaktere mit schweren Rüstungen, 4 Spieler mit guter Systemkenntnis und 4 gleichwertige Gegner:

ORE: 12 Minuten

D&D: 18 Minuten

Earth Dawn: 34 Minuten

Mich würde mal interessieren, wie das mit der NWOD aussieht.

Mein Fazit: Reign ist immer noich verdammt schnell, wenn man die Regeln kennt. Wenn man die nicht so gut kennt, was aufgrund des Umfanges leicht passieren kann, ist das Spiel wie jedes Spiel mit viel Regeln und taktischen Optionen schnell am Ausufern.

« Letzte Änderung: 18.05.2009 | 12:40 von Joerg.D »
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