Der real existierende Gott rückt einer Fantasy-Welt in die Funktion einer durchaus weltlichen Autorität. Sprich, wenn jemand seine Gebote direkt missachtet, und sei es auch, um sie dadurch indirekt zu befolgen, muss auch der Gott zumindest administrativ strafen, wenn er seine Gebote nicht als x-beliebig brandmarken will. Dann kommt nämlich irgendwann jeder und macht was er will, sofern er nur denkt, es wäre im Endeffekt doch noch für einen gottgefälligen Zweck.
Die Gebote sind doch nicht x-beliebig.
- 1. Gebot: "Du darfst nur Foltern, um das Leben eines Kindes zu retten. Ansonsten darfst du nicht foltern."
- 2. Gebot: "Auge um Auge, Zahn um Zahn: Falls dich einer auf die rechte Wange schlägt, so schlage zurück. Falls du siehst, wie jemand anderes geschlagen wird, so schlage zurück. Falls dir dein gegenüber jedoch freundlich gesonnen ist, so sei ihm gegenüber auch freundlich."
- 3. Gebot: "Wenn ein Andersgläubiger seien Religion still vor sich hinlebt, so akzeptiere seinen anderen Glauben. Sollte der Andersgläubige jedoch missionarisch tätig werden,s o missioniere ihn deinerseits. Sollte dir das nicht gelingen, so erschlage den andersgläubigen Missionar, lasse die restlichen Andersgläubigen aber am leben." (Sinngemäß steht so etwas ähnliches auch im Koran.)
- 4. Gebot: Sei ein guter Gast und befolge die Gesetze des Staates, in dem du lebst. Sollte der Staat jedoch Gesetze erlassen, die gegen meine ersten drei Gebote verstoßen, so stürze den Staat und errichte einen neuen.
Ich sehe kein Problem damit, dass diese Gesetze jetzt nicht von allen Gläubigen verstanden und befolgt werden könnten.
Und auch in unserem Rechtssystem gibt es nie eine lose-lose Situation: Egal, in welcher Situation du bist, es gibt immer eine Handlung, die legal ist.
- Beim Folterbeispiel, ist es legal, das Kind sterben zu lassen, weil man den Entführer nicht foltert.
- Im Notwehr-Beispiel ist es legal, den Kriminellen zu erschießen, um das Leben eines Unschuldigen zu retten.
Aber ebenso wäre ein Rechtsstaat denkbar, wo es genau andersrum abläuft:
- Beim Folterbeispiel wird der Polizist bestraft,d er nicht alles tut, um das Kind zu retten. Wenn man den ENtführer jedoch foltert, um das Kind zu retten, geht der Polizist straffrei aus.
- Ein Zivilist darf
niemals eine andere Person töten (auch nicht in Notwehr).
Dieser Rechtsstaat verfolgt zwar eine andere Moral, aber es sind dennoch noch rechtsstaatliche Prinzipien (auf eine andere Moral angewandt).
Was jedoch kein Rechtsstaat sein kann, ist ein Staat, der die Person bestraft, egal wie sie handelt:
- Der Polizist wird entweder bestraft, weil er den Entführer gefoltert hat, oder er wird bestraft, weil er das Kind nicht gerettet hat.
- Der Zivilist wird entweder wegen Tötung oder wegen unterlassener Hilfeleistung bestraft.
Das wäre kein Rechtsstaat mehr: Ein Rechtsstaat muss immer mindestens eine Handlungsoption offen lassen, die nicht bestraft wird. (Ob der Staat nun die Notwehr oder die unterlassene Hilfeleistung straffrei macht, ist egal. - Aber eines von beiden muss ein Rechtsstaat straffrei machen. - Er dürfte theoretisch auch beides straffrei machen. Aber er darf nicht beides verbieten.)
Und das, was ich jetzt zum Rechtsstaat geschrieben habe, gilt in vollem Umfang auch für einen Gott, der sich erwachsen benimmt.
Gott muss also in diesem speziellen Fall den Polizisten/Büttel auf jeden Fall bestrafen, weil er gefoltert hat, auch wenn dies zu dem Zweck geschah, einen anderen Menschen zu retten. Dafür kann er ihn wiederum belohnen, aber er hat nicht die Option zu sagen: "Für Folter verdienst Du Strafe, für die Rettung des Kindes erlasse ich sie Dir."
Es ist Gott! Natürlich hat er die Option:
Siehe mein 1. Gebot: Folter ist nur strafbar, wenn dadurch nicht das Leben eines Kindes gerettet wird.
Wird die Folter jedoch angewandt, um das Leben eines Kindes zu retten, so ist die Folter laut meinem 1. gebot straffrei.
Wieso sollte Gott so ein Gebot nicht erlassen können?
- Da wäre auch eine Unwucht drin: Die Folter ist ein doppeltes Vergehen; sie ist als Sache verboten, und sie trotzdem anzuwenden ist außerdem noch Missachtung göttlicher Gebote, also Häresie.
1)
Was meinst du mit "sie ist als Sache verboten"?
Entweder Gott hat Folter verboten, oder er hat Folter nicht verboten.
2) Missachtung göttlicher Gebote sind noch lange keine Häresie.
Häresie ist das denunzieren von Gott.
Mörder, Ehebrecher, entlaufene Kinder etc. galten in der christlichen Gesellschaft jedoch nicht als Häretiker, obwohl sie gegen die christlichen Gebote verstoßen haben.