Autor Thema: Organisation/Übersichtlichkeit von Rollenspielbüchern  (Gelesen 2422 mal)

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Offline blut_und_glas

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Ich habe das Gefühl, dass in den Rezensionen von, und Diskussionen über die meisten Rollenspiele sehr oft die Organisation der Bücher, besonders der Regelteile bemängelt wird, und ich stolpere auch selbst immer wieder darüber.

Warum ist das so? (Ist das überhaupt tatsächlich so?)

Das Problem dürfte den Autoren, schließlich selbst Spieler, doch durchaus geläufig sein, warum also hält es sich?

Empfinden verschiedene Leute vielleicht wirklich so unterschiedliche Dinge als klar, übersichtlich, gut strukturiert, dass die Macher selbst keine Schwäche sehen?

mfG
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Offline Bitpicker

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Re:Organisation/Übersichtlichkeit von Rollenspielbüchern
« Antwort #1 am: 9.05.2003 | 15:42 »
Es ist oft sehr schwierig, die Fehler des eigenen Produktes einzuschätzen. Z. B. hat sich R. Sean Borgstrom, Autorin von Nobilis, sehr dankbar darüber geäußert, dass es für die 2. Ausgabe einen Editor gegeben hat, der die Ausgabe auf Sinn und Struktur überprüft hat. Das plus ein übersichtlicheres Layout selbst verbatim übernommener Passagen und einige Hinzufügungen haben eine unspielbare erste Ausgabe für mich höchst spielbar gemacht.

Ich schreibe ja mein eigenes Regelwerk, aber ich kann es nicht mit den Augen eines Unwissenden lesen. Sage ich wirklich alles, was gesagt werden muss? Das können nur andere entscheiden.

Robin
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Offline Lord Verminaard

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Re:Organisation/Übersichtlichkeit von Rollenspielbüchern
« Antwort #2 am: 10.05.2003 | 03:06 »
Ich habe ja auch schon selbst ein paar Regelwerke geschrieben. Das erste Problem dabei ist, dass in den allermeisten Systemen, allein was die Regeln angeht, schwierig ein stringenter linearer Aufbau möglich ist, da die verschiedenen Regeln kreuz und quer vernetzt sind und miteinander in Wechselwirkung treten. Es gibt keine logisch zwingende Reihenfolge, außer dass man mit der Charaktererschaffung beginnt.

Ein Beispiel: Verwundung und Heilung. Wo soll sie hin? Man wird im Kampf verwundet. Man nimmt Schaden aus weiteren Quellen. Man hat Abzüge im Kampf, aber auch bei sonstigem Fertigkeiteneinsatz. Für die Heilung wird ein Fertigkeiteneinsatz oder aber Magie nötig. Was also tun? Alles da besprechen, wo es anfällt? Ein Kapitel über Verwundung und Heilung, auf das dann verwiesen wird? Ich habe mich für letztere Variante entschieden.

Ein anderes Beispiel: Manche Rollenspiele halten den Abschnitt über Charaktererschaffung kurz, erläutern dann die allgemeinen Spielmechanismen und kommen zu den einzelnen Spielwerten erst dort, wo deren Einsatz erklärt wird. Andere bringen bereits im Kapitel über Charaktererschaffung alle relevanten Details zu den Eigenschaften, Fertigkeiten etc. Wieder andere teilen es irgendwie auf. Keine dieser Lösungen ist optimal, weil man einerseits nicht vorgreifen will, andererseits für die Charaktererschaffung die Info braucht, wozu die Werte taugen.

Je komplexer ein System wird und je mehr Optionalregeln es bietet, desto mehr stehen diese Regeln zudem nebeneinander, ohne aufeinander aufzubauen. Auch hier gibt es keine logisch zwingende Gliederung mehr, was bleibt, ist eine Aneinanderreihung der Optionalregeln. Man kann und sollte allerdings versuchen, sie in sinnvolle Kategorien einzuteilen, damit man sie schneller wiederfindet.

Dann ergibt sich das nächste Problem, dass bei den meisten Systemen Regeln und Hintergrund ineinander greifen. Was also tun? Den Hintergrund unabhängig von den Regeln vorab beschreiben? Ihn hinterher beschreiben? Oder alles in einen Topf werfen? Ich habe schon elegantere und weniger elegante Lösungen für dieses Problem gesehen.

Ich persönlich schätze ein Regelwerk, bei dem sich die beabsichtigte Stimmung des Spiels auch in den Regeln wiederfindet und dementsprechend wie ein roter Faden durch die Erläuterungen der Regeln zieht. Insofern sollte man auch mit einer Einführung in den Hintergrund beginnen, ehe man damit anfängt, was Rollenspiel ist und wie man einen Charakter bastelt. Der Hintergrund sollte bei der Lektüre immer präsent sein, Details können dann im Anschluss an die Regeln näher beschrieben werden.

Dann müssen ja auch noch die Rollenspieltipps und SL-Infos rein. Wie man Abenteuer schreibt und so. Okay, man kann ersteres auch im Anhang als FAQ und letzteres gar nicht machen wie die DSA BaBo, aber das ist nun wirklich ziemlich dünn. Es hilft einerseits, wenn man bei jeder Regel gleich einen passenden Rollenspieltip findet, andererseits wird das Nachschlagen dann wiederum schwierig.

Ich merke schon, mein Post wird langsam so unübersichtlich wie ein WoD-Regelwerk... ;) Ich denke, das Hauptproblem ist, einen Kompromiss zwischen einem Regelwerk zu finden, das bei der ersten Lektüre einen guten Einblick gibt und den Leser an das Spiel gut heranführt, und einem Regelwerk, in dem man beim Nachschlagen schnell alles findet. Das erstere erfordert nämlich ein didaktisches Vorgehen und eine hinreichende Redundanz (Wiederholung der wichtigen Punkte), das letztere erfordert vor allem eine übersichtliche, logisch durchstrukturierte Gliederung. Eine logisch strukturierte Gliederung trennt die natürliche Einheit des späteren Rollenspielgeschehens in voneinander abstrakte Elemente, ein didaktischer Aufbau verbindet sie.
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Offline /dev/null

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Re:Organisation/Übersichtlichkeit von Rollenspielbüchern
« Antwort #3 am: 10.05.2003 | 11:20 »
ein Beispiel das mir gerade einfällt: Continuum

Da werden Begriffe genannt und durchaus auch verwendet, die erst teilweise dutzende Seiten später erläutert werden, was immer zum "aha-zurückblätter-so war das gemeint"-Effekt führt. Für ein Zeitreise-Rollenspiel vieleicht anfangs ein ungewollte Gag nervt es doch immer mehr, je weiter man liest.

Ist für mich eindeutig darauf zurückzuführen, dass niemand wirlich "unbedarftes" das System gelesen hat, bevor es in den Druck ging, sonst wäre das eindeutig aufgefallen.

Ich merke das ja auch: Man schreibt ja nicht alle Kapitel in Reihenfolge sondern hat hier mal Idee, dort mal, macht anderswo eine Änderung und vergisst alle Kapitel auf Verweise zu überprüfen.

Das einizge was da hilft ist ab und zu mal eine komplette (aber zeit- und nervenaufwendige) Selbstkontrolle und unbedarfte Probeleser...
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Offline Dash Bannon

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Re:Organisation/Übersichtlichkeit von Rollenspielbüchern
« Antwort #4 am: 10.05.2003 | 11:29 »
ich denke, dass man als Macher einfach nicht einschätzen kann, für wie übersichtlich ein potentieller Käufer sein Werk hält.
So kann ein Regelwerk für den/die Macher durchaus übersichtlich erscheinen, stellt sich dann aber in den Händen des Käufers als absolut konfus heraus....vielleicht sollte es eine Vorab-Version geben, damit auf Cons gehen und von den Spielern auf Übersichtlichkeit 'testen' lassen
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Offline Arkam

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Re:Organisation/Übersichtlichkeit von Rollenspielbüchern
« Antwort #5 am: 13.05.2003 | 19:42 »
Hallo,

ich denke Mal die Unübersichtlichkeit mancher Regelwerke kommt auch zustande weil viele Ortnungsmöglichkeit für die Autoren nicht in ein Spiel gehören.
Das fängt mit einem ordentlichen Inhaltsverzeichnis an das ja schon viel Sucherei spart.
Das endet mit einem ordentlichen Index falls man einen speziellen Begriff sucht.
Das sind ja nun eher Sachen die man bei einem Sachbuch und nicht bei einem Spiel vermissen würde aber sie erschließen einem die manchmal doch mehrere 100 Seiten Text doch besser.
Die Erklärung von neuen Begriffen gehört am besten bei jedem Kapitel dorthin wo der Begriff als erstes auftaucht. Und ja am besten zu jedem Kapitel gehört eine neue Erklärung denn schließlich weiß man nicht wo der Spieler anfängt zu lesen.
Farbmarkierungen oder Eingriffe am Rand die die einzelnen Kapitel trennen ermöglichen einem ein schnelles springen zu verschiedenen Kapiteln.
Abweichungen von der groben Form der Regelbuchordnung (Begrüßung/Hintergrund, Charaktererschaffung, Skills, Kampf, Heilung, Magie/PSI, weiterer Hintergrund, eventuelles Abenteuer) sorgen dafür das der Spielleiter oder der Spieler später unnötig sucht. Fürchterlich ist für mich in dieser Hinsicht das 7th Sea Spielerbuch wo alles anders ist.
Auch die Tendenz für alles neue komplizierte mindestens 20 Buchstaben lange neue Begriffe zu finden ist nicht unbedingt hilfreich. Denn wenn ich nicht weiß wonach genau ich suche werde ich wahrscheinlich keinen Erfolg haben.

Gruß Jochen
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