Autor Thema: [DSA] Spielerentwertung made in Germany  (Gelesen 26432 mal)

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Offline Markus

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[DSA] Spielerentwertung made in Germany
« am: 10.03.2010 | 14:23 »
Ich bin ganz sicher schon mal hiergewesen, ich weiß nur nicht mehr wann.

Ich hatte gestern durch Zufall das Mißvergnügen, in eine DSA-Runde zu geraten, die ich furchtbar und entsetzlich langweilig fand, die aber genau so ablief, wie die viele DSA-Runden, die ich kenne. Und die mangels Kenntnis von Alternativen von den Beteiligten für "normales" Rollenspiel gehalten wird, aber wahrscheinlich mit Gewinn durch das gemeinsame Schauen von Germany's Next Top Model ersetzt werden könnte.

Die Spieler waren allesamt sehr nette Menschen, die schon geraume Zeit spielen und Aventurien kennen. Der Meister war mir als sehr kreativer Spieler bekannt, intelligent, sozial kompetent (von der Sorte: kann mit jedem gut) also eigentlich die Sorte Mitspieler, beim dem man sich ohne Bedenken an den Tisch setzt. Er ist auch als Meister sehr beliebt und könnte ohne Probleme zwei Gruppen finden, die er bespielt. Gut, wir haben im Vorfeld kurz über Kaufabenteuer gesprochen und als er zu den vielen Flaschenhälsen und zu den teilweise überhaupt nicht zur genannten Spielerstufe passenden Werten und zum Fehlen besiegbarer Unterschurken (bei der 7G-Kampagne), den Klassiker "das kann ich als Meister ja anpassen" auffuhr schwante mir schon, dass sein rollenspielerischer Horizont nicht der breiteste ist. Als er mir dann noch versicherte, er lenke die Geschichte ohne dass die Spieler das merken (Illusionismus) hat sich dieser Eindruck noch verstärkt, aber der Sachverhalt war unklar genug, dass mir das Ganze einen Blick wert schien.

- Schneckentempo
Wir spielten Perlwasser aus der Anthologie Strandgut und kamen in vier Stunden ungefähr zwei Seiten weit. Wir gingen an Bord eines Schiffes, hatten eine Begegnung mit der Sulman al Nassori und kämpften abschließend gegen eine Seeschlange. Die Zeit dazwischen war "Charakterspiel" und zog sich sicher dadurch in die Länge, dass zwei neue SCs und die Schiffsbesatzung eingeführt werden mussten.

- Französische Baguette-Salami aus dem Supermarkt
Das Spiel war nicht hartwurstig in dem Sinne, dass gänzlich unwichtige und uninteressante Teile breit gewalzt wurden. Die Interaktionen mit der Besatzung waren ja notwendig, um die NSCs kennen zu lernen. Das Problem war eher, dass 90% dieser Interaktionen belanglos waren. Es stand kein Konflikt dahinter, es war im Grunde völlig egal, wie sich die SCs verhalten, es war einfach nur Schaulaufen.
Die Szenen haben uns auch wenig über die anderen SCs oder die NSCs verraten: Die Efferdgeweihte maulte ein bisschen über den SC-Korgeweihten, die Seeleute zeigten sich abergläubisch, der 1. Offizier verteidigte sein Revier und gab den harten Hund, der Zwerg war kauzig und sagte oft "Angrosch" und so weiter und so fort. Erinnerlich ist mir eigentlich nur eine Szene, in der der 1. Offizier die Elfe erst mit körperlicher Gewalt daran hinderte, die Seeleute auf die Seeschlange hinzuweisen und sie dann überraschend ins Vertrauen zog und bat, die Mannschaft nicht zu beunruhigen. Das war interessant und hat uns Neues über den NSC verraten. Leider war es ein Einzelfall.

- Spielerkleinhalten deluxe
Fast alle NSCs schienen wahnsinnig interessiert daran, ihr Territorium abzustecken und eine Hackordnung zu etablieren. Inhaltlich war das einigermaßen nachvollziehbar, die Expedition wird von der Schule der SC-Magierin nur teilfinanziert und an Bord gelten andere Regeln als an Land. Dummerweise hatte der Meister versäumt, die komplexen Zuständigkeiten im Vorfeld klar zu machen. Das führte zu einigen absurden Szenen: Ein Einbrecher/BGB Fischer-SC wurde vom 1. Offizier angemault, weil er bei irgendwelchen Kisten rumstand ohne irgendwas zu machen. Der SC-Korgeweihte opferte vor Abfahrt mit ausführlicher Beschreibung und Liturgie eine Katze, nur um gleich danach in der Gunst der Seeleute klar von der - für mich überraschend, weil vorher unerwähnt - auftauchenden Efferd-Geweihten ausgestochen zu werden, die nebenbei ein paar Perlen ins Wasser warf. Die Magierin, Repräsentantin der Schule, die die Expedition mitfinanzierte, bekam keine ordentliche Kajüte, sondern musste sich von der Efferdgeweihten, die AFAIK alleine eine Kajüte belegte, auf ihren Platz verweisen lassen. Mein SC (Seemann BGB Gladiator) wollte sich nützlich machen, obwohl er nicht zur Mannschaft gehörte. Der Versuch, irgendwo mit anzupacken (als Seeman sollte er IMO wissen wo) wurde mit einem "Das ist mein Tau" quittiert. Als er daraufhin dem Bootsmeister seine Hilfe anbot musste er sich von diesem auch noch anscheißen lassen (der Meister schien zu erwarten, dass ich mir das nicht bieten lasse) und landete dann im Ausguck. Am besten kam der Kor-Geweihte weg, weil er schon höherstufig war und schlicht niemand an Bord es mit ihm aufnehmen konnte. Beim Schwanzvergleich mit einer Magierin von der Sulman al Nassori hat er gut gewürfelt - um ihren Namen zu erfahren.
Eine andere Technik von der gleich noch die Rede sein wird war "NSCs würfeln nicht". Besonders deutlich wurde das, als die Magierin von der al Nassori mit ihrem Djinn wieder abhob, und die SCs ein Körperkraftprobe würfeln mussten. Eine prima Gelegenheit für die Magierin und den Korgeweihten peinlich auf dem Hosenboden zu laden. Die umstehenden NSCs waren diesem Risiko nicht ausgesetzt.

- Illusionismustechniken
Völlig klar, dass wir weder der al Nassori noch der Seeschlange ausweichen konnten, auch wenn letztere, wie ein Spieler anmerkte, die Wahrscheinlichkeit realisierte, dass sich zwei 30 Meter lange Objekte auf einer Fläche von tausend Quadratkilometern begegnen. Geschenkt, genau wie die mangels Optionen völlig sinnlose Planungsphase vorher, die am Spieltisch noch dadurch in die Länge gezogen wurde, dass Magierin und Kor-Geweihter in-game diskutierten, die Magierspielerin aber die Magieregeln nicht gut kannte, der Geweihtenspieler schon. Also musste sie ihn out-time fragen, was ihr SC in-time zu seinem SC sagen würde. Das war ein bisschen umständlich bis die Sache einfach out-time durchdiskutiert wurde.
Der Endkampf war der Punkt, an dem der Meister alle Register zog und nicht bloß Spielerentscheidungen entwertete, sondern die Spieler überflüssig machte. Das war ein großer Film in seinem Kopf in dem die SCs heroisch zu sein hatten, die Spieler ihn aber möglichst nicht stören sollten. Das setzte er sehr kunstvoll um:
(1) Spielweltkontrolle
Bsp 1: Seeschlange kommt heran, Viertelzauberelfe legt Bogen an, setzt Magie ein (Magischer Meisterschuss) und will Angriff würfeln. Meister "Die Seeschlange ist abgetaucht." Äh, wie, gerade eben kam sie doch noch gleichmäßig auf uns zu. "Nee, die ist plötzlich sehr schnell geworden."
Bsp 2: Mein SC will eigentlich die am Heck liegende Seeschlange angreifen. Meister bedeutungsvoll "Du siehst, dass die beiden am Buggeschütz hantieren, hilfst du ihnen?" Nach dem Schuss, mein SC läuft wieder nach vorne "Du siehst eine Pike herumliegen, die gut zum Kampf geeignet wäre. Nimmst du die?" Ja Meister, aber ich hab dann AT 9, weil mein SC mit sowas nicht umgehen kann "Ach, das passt schon."
Bsp 3: Weder die NSCs, noch die von uns angeheuerten Seesöldner haben sich nennenswert am Kampf beteiligt, letztere haben erst am Schluß noch eine Armbrustsalve abgegeben.
Bsp 4: SC ist vom Kopf der Schlange auf's Deck gefallen, will wieder angreifen: Meister "Du siehst, dass du über die Aufbauten wieder auf den Rücken der Schlange kommen könntest. Machst du das?"

Man muss gerade beim letzten Beispiel dazusagen, dass es keinen Plan gab, keine Positionierung und eigentlich die ganze Zeit die Dinge da waren, wo sie halt im Kopffilm des Meisters gerade waren. Wo die Aufbauten herkamen und was genau das war entzieht sich meiner Kenntnis.
(2) Würfeldrehvarianten
Viele Dinge sind einfach so passiert, ohne das gewürfelt wurde. INI-Reihenfolge, Angriffe durch die Seeschlange, war alles egal, Hauptsache jeder kam mal dran und es war "spannend". Wenn gewürfelt wurde (Sturzschaden auf's Deck) ging's rein nach Meisterdramaturgie, einmal wurde ein Spieler ganz offen aufgefordert, einen Wurf zu wiederholen, damit's besser passt. Ein andermal wäre ein SC nach vergeigter Parade im Maul der Seeschlange gelandet, als plötzlich aus dem Nichts ein Seesöldner sich mit dem Schild dazwischen warf und gefressen wurde. Besonders häufig war die Technik, unbeliebte Dinge durch Mehrfachproben hinzubiegen, wobei der Meister nach einer KK+5 und einer GE+5 das Ergebnis akzeptiert hat. Dafür kam die Technik auch zum Einsatz als weit vorher im Spiel bei einem freundlichen SC-Schaukampf mit Holzschwertern ein SC 10 Ausdauerschadenspunkte abbekommen hat. Ohne erfolgreiche KO + GE Probe sind die SCs dann auf's Deck geklatscht (siehe auch Spielerkleinhalten).
(3) Wird sind alle Meisterspielercharaktere
Den ganzen Abend über hatte der Meister schon recht oft Situationen ungenau beschrieben, dann eine Probe verlangt, und dann beschrieben, was der SC macht. Spielerinput war entweder durch freundliche Vorgabe (siehe Spielweltkontrolle) oder Mangel an Alternativen auf ein Minimum reduziert.
Bsp: Mein SC klettert in den Ausguck, um den dortigen x-beliebigen Seemann zu unterstützen. Ich "Ich sag Hallo, unterhalte mich ein bisschen über Seefahrerzeug, wo man schon war etc." Meister "Der Typ scheint recht desinteressiert. Ab zu und nennt er mal einen Hafen, aber die meiste Zeit redest du auf ihn ein, und er nickt ab und zu." Ich hab drauf verzichtet, klarzustellen, dass mein SC selbst ein eher ruhiger Typ ist und schnell schweigen würde (Intuition 14 sollte helfen), er war ja so schön drin in seiner Vorstellung von der Spielwelt. (Die unbewusste Projektion seinerseits, dass sich mein SC genauso verhalten würde wie der Meister sich gegenüber den Spielern verhielt ist mir erst später aufgefallen.)
Allerdings, freies, folgenloses Charaktergespräch ging immer. Manchmal ging der Meister noch weiter und hat uns auch gleich miterklärt, was die SCs fühlen und denken. Als allerdings die Spielerin der Magierin dagegen protestierte, dass er ihr erklärt, welche SCs und NSCs ihr SC körperlich anziehend findet, hat er nach einer pro-forma Probe eingelenkt.
Schön auch folgende Szene: Endkampf, mein SC hat die Pike in den Bauch der Seeschlange gerammt und macht durch abwechselndes Reinstoßen und Rausziehen per KK-Probe ordentlich Schaden (Das Vieh hat sich im Grunde nach seinem großen Auftritt faul auf's Heck gelegt und sich nicht mehr groß bewegt.) Meister: "Du siehst, dass die anderen alle am Kopf der Schlange sind und willst da auch rauf." Nö, ich bleib wo ich bin. Schadenswurf. Nächste Runde. Meister "Das Vieh ist schwer angeschlagen, die anderen hauen und stechen auf seinen Kopf ein. Du willst da doch bestimmt auch hin." Nö...ooOO(Aber bitte, hier ist mein Charakterblatt und die Würfel, du kriegst das sicher besser ohne mich hin)

- Spaßquellen
Die Stammspieler der Runde hatten an diesem Abend viel Spaß. Einmal sicher dadurch, dass der Meister gut beschreiben und erzählen konnte, kreativ im Endkampf war und dort großes Actionkino inszenierte. Wir wurden soweit gut unterhalten. Wie bei TV-Fantasyserien üblich gab's halt vorher viel sinnloses Gelaber, weil das Special-Effects Budget nur für einen Bruchteil der Zeit reichte, der Ausgang war offensichtlich und die Charaktertiefe minimal. Dennoch hatten die Stammspieler auch vorher viel Spaß und zwar (1) durch aktuelle-/Popkultur-Referenzen (Filmzitate etc.) und (2) Scherze darüber, wie blöd Spielwelt und Handlung eigentlich sind.
Bsp: Die fast blinde Navigatorin war öfter Anlass für einen Scherz auch wenn sie nicht vorkam (gespochen hat ohnehin kein SC mit ihr), die abergläubischen Seeleute inspirierten zu Überlegungen, der Viertelelfe die Ohren zuzuschneiden und die elfische Essenz über Bord zu werfen etc. Wenn der Meister mitmachte sah das aus wie ganz am Ende, als der - vollgerüstete - Zwerg überredet werden musste, der toten Seeschlange nicht nachzutauchen um sich ihren Kopf als Trophäe zu sichern und sich dann Hirnreste und ein Schädelstück sicherte und unters Kettenhemd schob.


Nun ist es so, dass ich ein paar sehr intelligente, beruflich sehr erfolgreiche junge Frauen kenne, die sich ab und zu treffen, um Germany's Next Top Modell zu schauen und ein bisschen Prosecco zu trinken. Die Sendung halten alle - nüchtern betrachtet - für unglaublichen Blödsinn, aber sie ist eine gute Vorlage. Man kann sich dabei problemlos über andere Dinge unterhalten, das abwechselnde Geschehen liefert einem immer mal wieder Vorlagen für einen Witz oder Gelegenheit zu lästern, im Minimum aber immerhin einen Anlass, sich mal wieder zu treffen.
Ich bin mir nicht sicher, ob der Unterschied zur Runde gestern darüber hinausgeht, dass Heidi Klum meistert.
« Letzte Änderung: 10.03.2010 | 15:21 von Markus »

Mann ohne Zähne

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Re: [DSA] Der Spielerentwerter ist ein Meister aus Deutschland
« Antwort #1 am: 10.03.2010 | 15:03 »
Deckt sich mit meinen Erfahrungen mit "typischen" Neuzeit-DSA-Spielern  ;D

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Re: [DSA] Der Spielerentwerter ist ein Meister aus Deutschland
« Antwort #2 am: 10.03.2010 | 15:06 »
Vielen Dank für diesen unterhaltsamen Text.

Mit Fate hätte der Meister so seine Probleme gehabt und mit SW wären die Aufbauten nicht ganz so flexibel...
Ich bleibe bei meinen elitären Pseudorollenspielen.

Offline Blutschrei

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Re: [DSA] Der Spielerentwerter ist ein Meister aus Deutschland
« Antwort #3 am: 10.03.2010 | 15:11 »
Klingt bekannt, aus den Gründen versuche ich auch die typischen DSA-Gruppen zu meiden.
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Offline korknadel

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Re: [DSA] Der Spielerentwerter ist ein Meister aus Deutschland
« Antwort #4 am: 10.03.2010 | 15:15 »
Gut argumentiert und gut dargestellt.

Nur mit dem Threadtitel bin ich etwas unglücklich, denn das man da über eine Formulierung Celans eine Brücke zwischen dem Übel der Judenvernichtung im dritten Reich und dem Übel unbefriedigernder Rollenspielabende mit "deutschem" Rollenspiel schlägt, halte ich für wenig statthaft und schräg.

Aber wahrscheinlich bin ich da überempfindlich.
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Offline Markus

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Re: [DSA] Der Spielerentwerter ist ein Meister aus Deutschland
« Antwort #5 am: 10.03.2010 | 15:20 »
Nur mit dem Threadtitel bin ich etwas unglücklich, denn das man da über eine Formulierung Celans eine Brücke zwischen dem Übel der Judenvernichtung im dritten Reich und dem Übel unbefriedigernder Rollenspielabende mit "deutschem" Rollenspiel schlägt, halte ich für wenig statthaft und schräg.
Entschuldigung, das war nicht meine Absicht. Wird gleich geändert.

Offline First Orko

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #6 am: 10.03.2010 | 15:26 »
Erstmal vielen Dank für die Arbeit, die du in den Text gesteckt hast! Echt ne Spitzenidee, einfachmal alle NoGos für den geneigten Spielleiter zu sammeln. Vor allem die Aufbereitung in Prosform anhand eines fiktiven Beispiels find ich absolut gelungen. Wie gut, dass wirklich niemand so ein Worst-Case-Szenario durchleben... halt mal... *Forenbereich checkt* Diary of Sessions?! Ach du.... OMG!

Im Ernst: Der beschriebene SL scheint mir wirklich wie ein lebendes Cliché und die Bestätigung sämtlicher DSA-Vorurteile die man hier immer wieder vorfindet. Einige der Fehler hab ich selbst zu Beginn meiner Spielleiterlaufbahn (bin seit Jahren selbst immer wieder DSA-SL) gemacht-wenn auch nie so gebündel- mich davon mittlerweile aber auch weit entfernt. Und solche Runden haben ich in dem Ausmaß zum Glück auch nicht miterleben müssen. Im Gegenteil: Spielleiter in den DSA-Runden, in denen ich bisher gespielt habe hatten eigentlich alle eine eher moderne/aufgeklärte Art zu leiten. Was mich mal interessieren würde: Kennt der "Meister" oder einer der Mitspieler noch andere Rollenspiele? Und wie lange leitet er schon?

Ich hoffe, das hat dir DSA jetzt nicht auf ewig verdorben, sei bitte versichert: Man kann auch mit DSA Spass haben! Wenn du aus der Gegend bist, würd ich dir ja glatt anbieten bei uns mal reinzuschauen ;) (allerdings spielen wir DSA3 mit QVAT)
It's repetitive.
And redundant.

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Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Lord Verminaard

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #7 am: 10.03.2010 | 15:47 »
 Ein schöner und anschaulicher Bericht, danke dafür! :) Ich fürchte fast, ich habe früher mal so ähnlich geleitet, wobei dieses dauernde: „Du könntest jetzt xyz machen, willst du?“ schon recht extrem ist, so weit bin ich selten gegangen (hoffe ich). Immerhin hat euer SL sich nicht erblödet, euch noch Klugheits-Proben machen zu lassen oder sowas…* Der eigentliche Punkt ist ja aber, dass selbst nach deinem Eindruck die Spieler Spaß hatten. Das deckt sich mit meiner Erfahrung in meiner etwas gemäßigteren Variante: In der Gruppe, die ich zu Schulzeiten dergestalt bespaßte, scheiterte jeder Versuch, die Spielweise umzustellen und den Spielern mehr Einfluss einzuräumen, an der Unwilligkeit der Spieler, bis hin zu dem Punkt, wo ich ausdrücklich gefragt wurde, ob wir nicht einfach wieder so wie früher spielen könnten.

Die Frage ist, welche Rückschlüsse das zulässt. In der damaligen Gruppe war es so, dass die anderen Spieler recht unambitioniert waren, sich nur selten überhaupt Regelwerke zulegten, sich nicht auf die Sitzungen vorbereiteten und niemals auf die Idee gekommen wären, etwa selbst eine Runde zu leiten. Ich nehme an, das ist schon charakteristisch für den Spielertyp, der sich mit so einer passiven Rolle abfindet bzw. gar keine aktivere Rolle will.

Wo sich meine Erfahrungen nicht decken, ist bei Inkonsistenzen der Spielwelt. Da wurde bei uns schon mehr drauf geachtet, dass alles einigermaßen zusammen passt. Aber na ja, das ist lange her und vielleicht lüge ich mir auch in die Tasche.

Der zweite interessante Punkt ist, was eigentlich den Spielleiter an einer solchen Spielweise reizt. Ich für meinen Teil habe irgendwann die Lust daran verloren, die Last für das Gelingen der Spielsitzung allein zu schultern. Auch gingen mir irgendwann die Ideen aus, ich hatte das Gefühl, dass sich alles wiederholt. Meine eigenen Geschichten haben mich gelangweilt. Nach allem, was ich auf den Foren in den letzten Jahren gelesen habe, scheint mir ein derart dominanter Leitstil dazu prädestiniert, früher oder später zu einem „SL-Burnout“ zu führen.

Am Rande:

Zitat
einmal wurde ein Spieler ganz offen aufgefordert, einen Wurf zu wiederholen, damit's besser passt.

Das habe ich seinerzeit bisweilen auch gemacht. Scheint mir eine relativ gute Technik für diese Spielweise zu sein, jedenfalls ist sie transparent und unprätentiös. Ich mag sie.

*Für unvermeidliche Flaschenhälse mag das ja mal okay sein, aber nicht für jede einzelne Aktion.
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Offline Abd al Rahman

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #8 am: 10.03.2010 | 16:05 »
Letztendlich läuft es auf die ganz banale, aber dennoch viel zu oft ignorierte Wahrheit hinaus.

Rollenspiel ist ein Spiel. Es soll Spass machen. Haben die Leute Spass, spielen sie richtig.

Es gibt kein gutes und kein schlechtes Rollenspiel. Es gibt nur Spielvarianten bzw. Erwartungen, die nicht zusammenpassen. Banal, aber wahr.

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #9 am: 10.03.2010 | 16:14 »
Eine weitere Tatsache ist, dass man nach einigen Runden einer bestimmten spielart, sich den Spaß an anderen Spielarten verderben kann... Das ist nicht zwangsläufig so, kann aber passieren.

Offline Abd al Rahman

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #10 am: 10.03.2010 | 16:18 »
Ich hätte in obiger Spielrunde garantiert keinen Spass. Ich hab's irgendwann nur begriffen, dass es unterschiedliche Spielstile gibt.

Offline korknadel

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #11 am: 10.03.2010 | 16:19 »
@Markus: Ich fand's jetzt auch nicht sooo schlimm, wollte es eben nur angemerkt haben, weil ich mir schwer tue, über solche Dinge schweigend hinwegzugehen.

Trotzdem Danke für die Änderung.

Übrigens erfüllt mich die Schilderung des Spielabends, vor allem des Endkampfs mit Schamesröte, da ich in der Vergangenheit solche Szenen auch schon "dramaturgisch" gestaltet habe. Dabei gab es natürlich bei allem Spaß oft auch leise Reibereien. Obwohl sich alle einig waren, dass Dramaturgie vorgeht, muss man bei diesem Spielstil eben doch sehr auf die SL vertrauen. Wenn die einem dann aber aus dramaturgischen Gründen eine gute Idee aus der Hand nimmt oder einen tollen Würfelwurf, dann herrschen schnell leichte Unstimmigkeiten, die unterschwellig den Spaß vermiesen. Weil Vertrauen auf die SL gegen den eigenen Willen steht. Überlässt man diese Dinge dem Bodenplan und den Würfeln, dann kann man sich über Glück und Pech freuen oder ärgern, aber die Vertrauensfrage stellt sich nicht mehr, was das Spiel eben entkrampft.
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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #12 am: 10.03.2010 | 16:21 »
Letztendlich läuft es auf die ganz banale, aber dennoch viel zu oft ignorierte Wahrheit hinaus.

Rollenspiel ist ein Spiel. Es soll Spass machen. Haben die Leute Spass, spielen sie richtig.

Es gibt kein gutes und kein schlechtes Rollenspiel. Es gibt nur Spielvarianten bzw. Erwartungen, die nicht zusammenpassen. Banal, aber wahr.

Sehe ich genauso.

Das Lesen des Textes hat mir trotzdem Spaß gemacht. Mir stoßen dabei zwei Sachen auf: Lauter Vorurteile und eine fehlende Kernaussage.

Ohne den (interessanten und teilweise witzigen) prosa-text würde der Eingangspost auf den Punkt gebracht vermutlich lauten können:
"War gestern bei einer Rollenspielrunde, hat mir keinen bis wenig Spaß gemacht!"
Dazu meine Antwort:
"Toll. Sorg dafür, dass sie dir Spaß macht oder geh woanders hin!"
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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #13 am: 10.03.2010 | 16:26 »
Ohne den (interessanten und teilweise witzigen) prosa-text würde der Eingangspost auf den Punkt gebracht vermutlich lauten können:
"War gestern bei einer Rollenspielrunde, hat mir keinen bis wenig Spaß gemacht!"
Dazu meine Antwort:
"Toll. Sorg dafür, dass sie dir Spaß macht oder geh woanders hin!"
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Ich denke es geht darum, das gesagt wird: "Ich war gestern bei einer Rollenspielrunde, hatte keinen Spass und ich sach euch auch, warum, nämlich weil der SL die Schienen ausgepackt hat und niemandem die Chance gab, vom fahrenden Zug zu springen..."

Aber echt feiner Post!
Gut, das wir damals irgendwie nicht so gespielt haben obwohl ich Schienen als Spieler schon ab und an zu Gesicht bekommen habe.
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Samael

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #14 am: 10.03.2010 | 16:29 »
Tscha, typisch DSA halt.  ;D

Offline Markus

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #15 am: 10.03.2010 | 16:31 »
@ Orko
Der Meister kennt natürlich noch andere Rollenspiele der selben Kategorie, also Schwerpunkt auf simulationslastigen/detailierten Systemen recht klassischer Prägung. Er meistert schon ein Weilchen und ist wie gesagt als Meister sehr beliebt. Er ist ja auch sehr kreativ und beschreibt gut.
Als Spieler ist er ein echter Gewinn für eine Runde, auch wenn er ein wenig zum Alphamännchen neigt.

Wenn ich mir mal die Frechheit herausnehme, Leute zu analysieren, die ich nicht besonders gut kenne würde ich sagen, das Problem ist, dass er sich (mit einiger Berechtigung) für den Kreativsten am Tisch hält und den Leuten halt vieles abnimmt, damit es "besser" gemacht wird. Er meint das überhaupt nicht böse. Im Gegenteil, er schien enttäuscht, als ich gegen Ende seine Vorlage, doch auch auf die Seeschlange zu steigen, nicht für eine coole Aktion nutzen wollte. Dass ich dazu keine Lust mehr hatte, nachdem er schon den ganzen Abend seine totale Dominanz ausgelebt hatte, war ihm nicht offensichtlich. (Aus meiner Sicht kam hinzu, dass ich den begründeten Verdacht hatte, ich dürfte allenfalls pixelbitching betreiben, müsste also gut raten, was er jetzt cool fände.)
Das globalere Problem (und damit auch @ Verminaard) ist, dass die Runde aus dieser Spielweise nicht rauskann. Wenn der Meister die Zügel schleifen ließe würde das Spiel erstmal ein gutes Stück langweiliger. Die Spieler sind alle darauf geeicht, keine SCs mit eigenen Zielen zu haben, immer schön dem Meisterplot hinterher zu spielen und sich ihren Spaß anderswo zu holen. (@Verminaard: Aus dem _Spiel_ kommt er nämlich nach meiner Beobachtung eher nicht. Die Handlung läuft eher im Hintergrund ab, spaßig sind die darauf aufbauenden Abschweifungen.) Die Idee, sie selbst könnten die Handlung bestimmen und lenken gibt es praktisch nicht. Und das ist auch sehr vernünftig, weil jeder, dem ein solcher Gedanke käme, im 10-Minuten-Takt eines besseren belehrt wird. Nach ein paar Jahren dieser Prägung erlischt der Widerstand, so es ihn je gegeben hat.

Ach ja, ich spiele jetzt seit 1989 immer wieder mal DSA und bevorzuge das System mit Talenten aber ohne 3W20 (DSA2 IIRC). Und natürlich hab ich viele der oben beschriebenen Dinge früher auch verbrochen.

Was das offene Würfelwiederholen angeht: Nein, Scheißtechnik. Wenn wir "Freeform auf DSA-Basis mit totaler Meisterwillkür" (Zitat des zweiten Zufallsmitspielers) spielen braucht niemand zu würfeln. Wie erbärmlich ist das den, wenn sich zwei erwachsene Menschen gegenseitig ins Gesicht lügen, dass der Würfelwurf irgenwie relevant wäre, obwohl beide wissen, er ist es nicht. Wie klein muss man sein, nicht mal für ein folgenloses Fiktivereignis die volle Verantwortung übernehmen zu wollen. (Mir ist schon klar, dass einfach aus Gewohnheit gewürfelt wurde.)

« Letzte Änderung: 10.03.2010 | 16:35 von Markus »

Offline Hotzenplot

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #16 am: 10.03.2010 | 16:37 »
Ich möchte noch hinzufügen, dass ich als 9jähriges Blag ungefähr so gespielt habe wie der SL im Beispieltext oben. Abgesehen davon, dass wir alle ne Menge Spaß hatten und andere Spieler, die das doof fanden, rausgeekelt haben und ich natürlich vermutlich als kleiner Bub nicht so gut beschreiben konnte.
Insofern kamen gerade recht nostalgische Gefühle auf bei mir. So spielen würde ich trotzdem nicht mehr und hätte den Spielabend in so einer Gruppe vermutlich nicht mal beendet. Okay, ich hätte auch nicht Germanys Next Top Model angeschaut. ^^
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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #17 am: 10.03.2010 | 16:42 »
Was ich aber sehen möchte, ist, das Gesicht des SL's, wenn dieser Markus fragt, wie das denn mit dernächsten Runde aussieht, der sagt, daß er lieber mit Mädels Germany's next Topmodel schaut, weil es einen anspruchsvolleren Abend generiert!  >;D
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Offline Der Nârr

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #18 am: 10.03.2010 | 16:52 »
Ein köstlicher Bericht. Eine (nicht alle) meiner DSA-Runden, aber auch einige andere Rollenspielerlebnisse habe ich darin zu großen Teilen wiederfinden können. Gerade die Out-Time-Diskussion einer Szene anstatt sie auszuspielen (Magierin und Geweihter) und das Kommentieren des Abenteuers wie einen schlechten Film weckten bei mir üble Erinnerungen.

Hast du vor, den Bericht dem Spielleiter oder der Runde zukommen zu lassen?
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Offline Lord Verminaard

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #19 am: 10.03.2010 | 17:06 »
Wenn ich mir mal die Frechheit herausnehme, Leute zu analysieren, die ich nicht besonders gut kenne würde ich sagen, das Problem ist, dass er sich (mit einiger Berechtigung) für den Kreativsten am Tisch hält und den Leuten halt vieles abnimmt, damit es "besser" gemacht wird.

Naja, ob das ein Problem ist, ist ja erstmal offen. Trotzdem halte ich das für eine wichtige Beobachtung, denn man kann sie an verdammt vielen Threads hier im Forum, in den „Spielleiterfragen“, nachvollziehen. Der Fragesteller wehrt sich dort regelmäßig gegen einen Haufen wohlmeinender Ratschläge mit halbgaren Argumenten, die sich eigentlich reduzieren lassen auf: „Die Ideen meiner Spieler sind blöd.“ Dass das im Einzelfall vielleicht sogar stimmt, ist eine Tatsache, die manche hier auf Tanelorn vielleicht nicht wahrhaben will. Aber wenn es stimmt, dann sollte man das Kind schon auch beim Namen nennen: „Ich (SL) will alles selber machen, weil ich das viel besser kann als die anderen.“

An der Stelle, wo der SL aber wirklich alles selber macht, und auch nicht mehr groß auf die Spieler eingeht, kann ich mir nicht mehr so richtig vorstellen, wo da für die Spieler der Spaß herkommen soll. Wenigstens das behaupte ich mal für meine seinerzeitigen Runden: Die Spieler konnten schon was machen, und darauf wurde auch reagiert. Am Ende kam es trotzdem so, wie es kommen musste, aber auf dem Weg dahin fand so was wie ein Austausch oder Zusammenwirken statt.

Exkurs:

Zitat
Wie erbärmlich ist das den, wenn sich zwei erwachsene Menschen gegenseitig ins Gesicht lügen, dass der Würfelwurf irgenwie relevant wäre, obwohl beide wissen, er ist es nicht. Wie klein muss man sein, nicht mal für ein folgenloses Fiktivereignis die volle Verantwortung übernehmen zu wollen.
   
Du machst es dir zu leicht. Die Differenzierung ist subtil, aber wichtig, und keineswegs mit einem „dann lieber gar nicht würfeln“ zu erschlagen. Regeln anwenden macht Spaß (wenn die Regeln was taugen), Würfelglück haben macht Spaß, und in manchen Situationen ist auch ein unwahrscheinlicher Fehlschlag unterhaltsam und eine spannende Wendung. Das ändert genau nichts daran, dass im Einzelfall – einen dramaturgischen Spielstil vorausgesetzt – ein bestimmtes Zufallsergebnis nicht hinnehmbar ist und daher gezielt und offen außer Kraft gesetzt wird.

Nun kannst du sagen, dann sollen sie halt alles fair und endgültig auswürfeln, aber bei den Sachen, die „sowieso klappen müssen“, auf einen Wurf verzichten. Ja, das ist eine Variante, aber auch das greift zu kurz. Nehmen wir an, ein Spieler hat seit Sitzungen eine bestimmte Fertigkeit gesteigert, und damit den legitimen Anspruch unterstrichen, seinen Charakter in dieser Hinsicht als kompetent zu definieren. Der SL bietet ihm nun im Rahmen eines Abenteuers Gelegenheit, diese Fertigkeit zum Einsatz zu bringen, und der Spieler würfelt die ganze Zeit nur Mist zusammen. In diesem Kontext ist es durchaus gerechtfertigt, ihn auch für die letzte und entscheidende Aktion dennoch würfeln zu lassen – wenn er den Wurf schafft, kann er sagen: „Na bitte, geht doch, hat sich das ganze Steigern doch ausgezahlt!“ Und ja, das hat es, da ist nichts gelogen oder irrelevant!

Schafft er ihn aber nicht, bleibt es legitim zu sagen: „Okay, du hattest echt Pech, wir setzen jetzt die Regeln außer Kraft und geben dir deinen großen Auftritt trotzdem.“ Das ist weniger wert, als es „aus eigener Kraft“ zu schaffen (deshalb wäre es auch nicht vorzuziehen, von Anfang an keinen Wurf zu verlangen). Aber es ist – bei diesem Spielstil – immer noch besser, als den Charakter zur Witzfigur verkommen zu lassen.

Ich finde die Technik deshalb gut, weil die Spieler dadurch genau wissen, wann sie aus eigener Kraft stehen und wann der SL ihnen unter die Arme greift.

Exkurs Ende.
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Offline Markus

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #20 am: 10.03.2010 | 17:09 »
Mir stoßen dabei zwei Sachen auf: Lauter Vorurteile und eine fehlende Kernaussage.
Welche Vorurteile? Und welche Kernaussage würdest du erwarten?

@ Don Kamillo: Die Schienen waren nicht das Problem. Ich wusste, es gibt ein DSA-Kaufabenteuer. Deswegen sag ich ja, geschenkt, dass wir der Seeschlange nicht ausweichen konnten und sie besiegen, das wusste ich als ich mich an den Tisch gesetzt habe. Mir ging's primär um die vielen anderen kleinen Akte der Spielerentwertung die nichts damit zu tun haben, dass der Grobplot fixiert ist.

@ der Narr: Nein, das hätte IMO keinen Sinn und würde ihnen am Ende nur ihre Spielweise madig machen.

Offline Markus

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #21 am: 10.03.2010 | 17:29 »
@ Verminaard
Dir ist schon aufgefallen, dass du für dein Gegenargument eine recht komplexe Ereigniskette konstruieren musstest, oder? Ich tue mich da leichter: der entsprechende Wurf war (IIRC) ein normaler Angriffswurf des Korgeweihten in der letzten oder einer der letzten Kampfrunden.

Zu Sache selbst, Nein, sehe ich nicht so. Wenn von zwei möglichen Ergebnissen "ein bestimmtes Zufallsereignis nicht hinnehmbar" ist kann ich mir das Würfeln sparen. Dazu kommt die in diesem Fall fehlende Ereigniskette und dazu kommt, dass der Schutz der SCs vor Blanage spätestens nach der KK-Probe beim Abheben des Djinns erkennbar kein entscheidungsleitendes Element am Spieltisch war. Selbst wenn all das nicht so wäre ist die Technik Mist, weil es allein in der Entscheidungsgewalt des Spielleiters liegt, ob der Wurf wiederholt wird. Es gibt mittlerweile mehr als genug bessere Techniken, von Gummipunkten bis Take 10 (20?) aber nichtmal die braucht man. Ein einfaches "Du kannst entweder beschreiben, wie dein SC die Sache schafft oder würfeln und mit dem Ergebnis leben" ist tausendmal besser, weil es ehrlich ist und dem Spieler die Entscheidung überlässt, was ihm wichtiger ist.

Im Beispiel hätte der Spieler des Korgeweihten überhaupt kein Problem mit seinem Wurf gehabt, soweit ich das sehen konnte.

Offline Lord Verminaard

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #22 am: 10.03.2010 | 18:06 »
Kein Grund so herablassend daherzukommen und dabei die Hälfte meines Posts zu ignorieren, insbesondere die Erklärungen und Argumente links liegen zu lassen und sich stattdessen auf das Beispiel zu stürzen. Du darfst im übrigen unterstellen, dass ich auch schon mal was von Gummipunkten gehört habe. Aber ich will das nicht auswalzen, ist ja nur ein Exkurs.
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Offline tartex

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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #23 am: 10.03.2010 | 18:08 »
Ich kenne das ähnlich mit DSA, andererseits leitet mein israelischer Spielleiter, der mit DSA nie was zu tun hatte, D&D3 beinahe genauso. Nur die Kämpfe werden normal ausgewürfelt und es gibt vermutlich weniger Stimmungsspiel.
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Re: [DSA] Spielerentwertung made in Germany
« Antwort #24 am: 10.03.2010 | 18:28 »
Der Bericht spricht ein gravierendes Problem an den Spieltischen aufrichtig, ehrlich und schonungslos an an  ;)

So unglaublich es klingt, aber es tröstet mich, dass andere Spieler auch unter solchen Runden leiden... dann fühle ich mich nicht so allein in einer Welt von Spielern, die sowas als Rollenspiel ansehen. 
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