Autor Thema: Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...  (Gelesen 5871 mal)

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Offline Jestocost

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Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« am: 25.06.2003 | 14:27 »
und dort lebt man anders. (L.P. Hartley)


In den Diskussionen um historisches Rollenspiel interessiert mich eine Sache: Die Fremdheit der Kulturen der Vergangenheit.

Wie könnte man wirklich andere Wertesysteme und Denkeinstellungen in einem solchen Spiel herausarbeiten? Die Rage, Rachsucht und der göttliche Wahnsinn Griechenlands (wie in "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt)? Die Homophilie Spartas? Die gnostische Angst vor der Dunkelheit der Sumerer?

Vampire versucht es ja teilweise durch die unterschiedliche Pfade in Dark Ages - aber was könnte man denn sonst noch machen?


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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #1 am: 25.06.2003 | 14:43 »
Hauptproblem ist, dass man es den Spielern erst erklären muss, um es dann darzustellen, was irgendwie sinnlos wirkt. außerdem ist es wahrscheinlich noch schwieriger, als sich gründlich in ein Mage-Paradigma einzuarbeiten.

Wahrscheinlich hilft ein passendes Sachbuch, aus dem man Informationen über das Leben in der jeweiligen Periode entnehmen kann. Jost Herbig hat zum Beispiel mal ein Buch namens 'Fluss der Erkenntnis' geschrieben, in dem er eine Art Evolutionstheorie des Bewußtseins beschreibt. Nach seiner Theorie haben zum Beispiel die Griechen zur Zeit Homers (er leitet dies aus dessen Werken und ihrer Schreibweise ab) die Götter in allen Ereignissen gesehen und auch ihre eigenen verbalen Gedanken als Einflüsterungen der Götter verstanden. Das (wenn es denn stimmt) hat natürlich einen Einfluss auf das Spiel, aber alle Spieler müssten es verinnerlichen.

Vieles lässt sich auch aus anderen Elementen der Sprache ableiten. Zum Beispiel gibt es Indianersprachen, die bei Erzählungen einen grammatischen Unterschied machen zwischen Dingen, die man selbst erlebt hat, Dingen, von denen man nur gehört hat und Dingen, die so lange her sind, dass es keine lebenden Zeugen mehr geben kann. Das verrät eine bestimmte Einstellung, die so tief sitzt, dass sie sich in der Grammatik niedergeschlagen hat. Aber wie bringt man das ins Spiel, ohne die Sprache zu erlernen? :)

In meiner Mesopotamien-Chronik für Vampire habe ich ein wenig auf geltende Gesetze (Hammurabi-Stele) etc. verwiesen, aber meine Spieler wollten spielen, nicht studieren. Also konnte ich nur darauf hoffen, dass ein bisschen was im Vorbeigehen hängenbleibt.

Was man vermeiden muss, sind moderne Klischees in der Vergangenheit. Als Spieler habe ich mal bei einem V:DA-Spiel teilgenommen, bei dem ein Gruppe Toreador schließlich bei einer Zigarette diskutierend beisammen saß und moderne Umgangssprache verwendete - sowas killt die Stimmung schneller als 'unrealistische', aber wenigstens fremdartige Zeichnung der Situation.

Robin
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #2 am: 25.06.2003 | 17:27 »
Vieles lässt sich auch aus anderen Elementen der Sprache ableiten. (...) Aber wie bringt man das ins Spiel, ohne die Sprache zu erlernen?

Das Problem hast du allerdings nicht nur bei historischen Settings. Auch bei Science-Fiction-Settings müsste sich die Sprache eigentlich weiter entwickelt haben.

Solche (neuro-)linguistischen Sachen, kann man eigentlich nur ignorieren. Oder um zumindest eine gewisse Fremdartigkeit zu erzeugen, könnte man ein paar Wörter einbauen, die statt den Standardworten benutzt werden. Das wird ja sogar gemacht: "Habt Ihr...?" etc. Tatsächlich waren die Unterschiede zwischen unserem Neu- und Mittelhochdeutsch ein "wenig" größer.

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #3 am: 25.06.2003 | 21:54 »
Die Rage, Rachsucht und der göttliche Wahnsinn Griechenlands (wie in "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt)? Die Homophilie Spartas? Die gnostische Angst vor der Dunkelheit der Sumerer?

Sind das denn reale Charakteristika der jeweiligen Periode? Oder sind es nur Merkmale, die zufällig überliefert wurden, weil gerade die Tonscherben, Pergamente oder Inschriften erhalten blieben, die diesen Schluss nahelegen? Möglicherweise sind es nur lückenhafte Abbilder der Leit- oder angestrebten Idealkultur und hatten mit dem realen Leben der jeweiligen Epoche wenig zu tun.

Für ein Rollenspiel kann diese Fragestellung aber letztendlich unerheblich bleiben. Wenn du als SL beschließt, diese Aspekte zum "roten Faden" einer Kampagne zu machen, dann tu es eben. Nur die Vorstellung, dass man damit die "Realität" einer Epoche darstellt, was auch immer das sein mag, sollte man begraben.

Offline Dash Bannon

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #4 am: 25.06.2003 | 22:48 »
man kann immer nur versuchen eine gewisse Konstanz beizubehalten, eine realistische Darstellung der Vergangenheit ist nicht möglich, weil teilweise nur sehr wenig überliefert ist und auch nur wenig bis gar nix aus dem 'Alltagsleben' der 'Normalbevölkerung'.
Vielleicht ne eigene Realität 'schaffen' und versuchen die so Fremdartig wie möglich zu gestalten, bring andere Wertvorstellungen hinein, als sie in unserer 'Realität' existieren...und nach all den ' ' ist jetzt Schluss
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Offline Lord Verminaard

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #5 am: 25.06.2003 | 23:46 »
Hmm, schwierig, schwierig. Auf der einen Seite bin ich Geschichtsfanatiker und finde all diese Details spannend. Auf der anderen Seite will ich eine fesselnde Geschichte mit einer dichten Atmosphäre, und keine historische Feldstudie. Die Spieler sollen sich in der "Welt" wohlfühlen und sich mit ihren Charakteren identifizieren. Ein paar Klischees und romantisierte Vorstellungen von der Vergangenheit schaden da nicht. In Historienfilmen haben die Schauspieler ja auch ihre schönen, geraden, sauberen Zähne von heute.
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #6 am: 1.07.2003 | 11:52 »
Die Veränderung der Sprache ist wohl das kleinste Problem. Das kann mit Lautverschiebungen und Lehnworten lösen.

Kultur ist ganz was anderes, die Menschen der Vergangenheit waren anders, weil sie anders dachten, solche Wertvorstellungen können nicht mal eben so im RPG transferiert werden. Immerhin dauert es ja auch Jahre bis man sich an die anderen Wertvorstellungen einer anderen Kultur gewöhnt hat, wenn sich denn überhaupt damit anfreunden kann.

Offline Lord Verminaard

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #7 am: 1.07.2003 | 19:46 »
Na ja, es ist ja nicht erforderlich, die Wertvorstellungen für sich selbst zu übernehmen. Wenn Rollenspieler es schaffen, Sabbat-Vampire, Dunkelelfen, Druiden, Samurai oder Gamoreaner zu verkörpern, warum dann nicht auch Altgriechen? Die Frage ist erstens, ob man genug über diese Kultur weiß, und zweitens, ob es einem gefällt, so jemanden zu spielen.
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Offline Jestocost

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #8 am: 2.07.2003 | 09:18 »
Ich stimme Lord Verminaard zu: Es müsste eigentlich möglich sein. Andererseits habe ich mal versucht Tekumel zu leiten - und da war es schon schwierig, den Spielern einen Überblick über eine echt andere Kultur zu geben. Das gleiche Problem hatte ich bei Skyrealms of Jorune. Vielleicht kann der eine oder andere Talislanta Fan noch seine Meinung zum Besten geben.

Und mit dem Wissen über eine Kultur: Ein oder zwei Geschichtsbücher, dann vielleicht noch ein historischer Roman über die Zeit und man müsste doch schon genug Material haben...
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #9 am: 2.07.2003 | 10:07 »
Das Hauptproblem ist, dass historische Völker ungleich mehr Tiefgang haben als eine beliebige Fantasyrasse. Inwieweit man in die Details gehen möchte, sei dahingestellt - aber ich wette, einen Spartaner und einen Athener in der gleichen Gruppe überzeugend darzustellen, mit allen Animositäten und weltanschaulichen Unterschieden zwischen den beiden, ist wesentlich schwieriger, als einen Elfen und einen Zwerg zu spielen.

Robin
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Offline Jestocost

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #10 am: 2.07.2003 | 10:21 »
Das müsste doch gehen: Wenn man einen Verhaltenskodex mit 10 Regeln für SPartaner und Athener aufstellt, müsste das doch schon reichen.

Sparta
1. Sparta ist die beste Gesellschaft.
2. Nur echte Männer zählen.
3. Ehre über Tot
4. Wahre Liebe gibt es nur unter Männern.
5. Für deinen Waffenbruder würdest du sterben
6. Nacktheit ist keine Schande
7. Beleidigungen werden sofort geahndet
8. Ein Verräter ist weniger als nichts
9. Wer schwach ist, hat kein Lebensrecht.
10. Ordnung über Chaos

Athen
1. Athen ist der beste Staat
2. Nur Männer zählen in der Öffentlichkeit
3. Die Frau ist die Herrin des Privaten
4. Geistige Liebe zählt mehr als Sex
5. Demokratie (Herrschaft der Bürger) ist die beste Staatsform
6. Sklaven haben keine Rechte, sind aber Menschen
7. Die Götter sind mächtig, aber fehlbar
8. Regeln sind dazu da, übertreten zu werden und andere Bürger dürfen ausgetrickst werden: aber man darf sich nicht dabei erwischen lassen
9. Ein gescheiter Rausch zu bestimmten Zeiten und an den richtigen Orten, bringt Freiheit und Weisheit.
10. Wer den Staat gefährdet, ist reif für's Exil.

Ist bestimmt nicht historisch korrekt, aber könnte als Grundlage für ein SPiel dienen.
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #11 am: 2.07.2003 | 10:25 »
Und das ist doch schon ungleich komplexer als irgendwelche Wald- und Wiesenelfen und -zwerge. Und es ist noch nicht mal ein 'Barbar' (nicht-Grieche) aufgetaucht.

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #12 am: 2.07.2003 | 10:31 »
Die Zeit kurz vor den Peleponnesischen(sic) Kriegen wäre sowieso ein sehr interessantes Setting. :)
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #13 am: 2.07.2003 | 10:33 »
Eigentlich ist es nicht komplizierter, es müsste eigentlich einfacher sein einen Griechen darzustellen, also einen Menschen, der vor 2500 Jahren gelebt hat, aber dessen Kultur Einfluss auf die unsere hatte, als ein Lebewesen einer anderen Rasse, die unsterblich ist, eine ganz andere Kultur und logischerweise auch ziemlich anders denken müsste. Aber die Griechen sind wesentlich besser und vor allen dingen nicht so stereotyp beschrieben, wie Elfen, Zwerge, etc.
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #14 am: 2.07.2003 | 10:36 »
Das gleiche Problem hatte ich bei Skyrealms of Jorune.

Ja, Skyrealms of Jorune. Auch ein sehr schönes Spiel, bei dem es kulturelle und grundlegende physiologische Unterschiede gibt, die herausgearbeitet werden wollen. Immerhin nutzt die einheimische Fauna nicht Licht sondern die energetischen Ausstrahlungen der Monde (Isho) als Hauptsinn...

Aber das Hauptproblem waren immer die Monde, und welcher gerade wo war...

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #15 am: 2.07.2003 | 10:46 »
Der Unterschied ist der von Conan und Herr der Ringe. High Fantasy (oder Sword & Sorcery)-Welten entsprechen eher dem Conan-Vorbild: eine zweidimensionale Welt ohne nennenswerte Geschichte, in der ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Kulturen nebeneinander her existiert, ohne dass irgendeine Homogenität festzustellen wäre. Die Gegenwart dieser Welt kommt nirgendwo her und geht nirgendwo hin.

Der Herr der Ringe ist ein Ausnahmebeispiel, was mit ein Grund ist, warum das Werk zur Weltliteratur zählt. Hier gibt es eine Geschichte, eine spürbare und schlüssige Vergangenheit. Das macht Mittelerde schon ungleich komplexer als die Welt von Conan.

Aber die wahre Welt ist nochmal um einige Potenzen komplexer. Nehmen wir einmal an, in einer High Fantasy-Welt stünde ein Volk davor, vom Festland auf eine große Insel auszuwandern, weil auf dieser Insel eine Art Bürgerkrieg herrscht und das Volk von einer Seite in diesem Krieg gebeten wurde, als Söldner auszuhelfen. Wahrscheinlich ist die Präsentation die: homogenes Volk A reist auf Insel und unterstützt homogenes Volk B bei dem Kampf gegen homogenes Volk C. Alle Völker lassen sich in einem kurzen Abschnitt beschreiben, mit etwas Glück ist C ein Volk von Orks, B von Elfen und A von Zwergen, was jede weitere Charakterisierung unnötig macht.

Dieselbe Situation, reale Welt, ca. 450 u. Z.: Die Angeln, Sachsen und Jüten (drei verwandte, aber unterschiedliche Völker mit ähnlichen Dialekten) werden von den römisch beeinflussten, aber von den Römern im Stich gelassenen Briten nach England gerufen, um beim Kampf gegen die Pikten und Scoten zu helfen. Dabei sind die Briten in sich gespalten, weil sie einerseits römisch christianisiert und kultiviert wurden und andererseits in entlegeneren Regionen noch heidnisch sind. Die Römer haben sie verlassen, weil sie woanders größere Probleme haben, die nicht zuletzt von britischen Emporkömmlingen auf dem Festland verursacht wurden. Allein auf dieser Ebene gibt es schon so facettenreiche Interaktionen, dass man ganze Bücher darüber schreiben kann.

Mich faszinieren solche historischen Zusammenhänge wesentlich mehr als die zweidimensionale Darstellung, die schon aus Platzgründen in einem rein fantastischen Rollenspiel unumgänglich ist. Aber es ist ungleich mehr Arbeit für alle Beteiligten, sich darin zurecht zu finden.

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #16 am: 2.07.2003 | 10:52 »
Man könnte Fantasy mit einfachen Mitteln schon so richtig fies machen:

1. Keine Übersetzungszauber
2. Viele Sprachen
3. Die wenigsten können lesen oder schreiben bzw. überhaupt andere Sprachen sprechen...

Und sobald die Charaktere ihr Heimatdorf verlassen, verstehen sie nur noch Bahnhof..

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #17 am: 3.07.2003 | 00:14 »
Zitat
Und mit dem Wissen über eine Kultur: Ein oder zwei Geschichtsbücher, dann vielleicht noch ein historischer Roman über die Zeit und man müsste doch schon genug Material haben...

Ich kenne kein Geschichtsbuch, in dem was über die Kulturen drinsteht, das für die Darstellung eines solchen Charakters im Rollenspiel nützlich wäre. Herrscher, Politik, Waffen, Bauwerke, Kriege, Schlachten, vielleicht noch Kunst und Wirtschaft, ganz vielleicht noch Gesetze (wenn es ein richtig umfangreiches Geschichtsbuch ist). Wie das tägliche Leben aussah, was die Menschen aßen, wie sie miteinander umgingen, was ihnen wichtig war, woran sie glaubten, wie ihr Menschenbild aussah, wie ein typischer Tagesablauf, wie ein Wohnhaus/-zelt, eine typische Familie, Kleidung, Haartracht, Hierarchien, welche Berufe es gab usw. usf., auf all diese wichtigen Fragen findet man in keinem Geschichtsbuch eine Antwort. Leider.

Zitat
Und ich plädiere dafür, dass wir eine Website mit historischen Settings aufmachen...

400 A.D. wird kommen! Ich weiß noch nicht wann, aber es wird kommen... 8)
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #18 am: 3.07.2003 | 09:17 »
@Lord Verminard.

Vielleicht sollte man nicht die Historiker fragen, sondern die Volkskundler. Die beschäftigen sich nämlich genau mit dem Thema, wie das einfache Volk gelebt hat.
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #19 am: 3.07.2003 | 10:04 »
Es gibt durchaus Bücher über das Leben des normalen Volkes in diversen Perioden der Geschichte. Man muss nur manchmal recht lange danach suchen. Vom Reader's Digest Verlag habe ich eine Buchserie mit diesem Thema (z. B. 'Alltagsleben im Mittelalter', auch China, Römer, Griechen, Steinzeit, Ägypten usw.) und beim Weltbild Verlag habe ich einmal eine Box mit fünf Büchern gekauft, die das private Leben von den Römern bis heute abhandeln.

Ansonsten findet man oft entsprechende Fachbücher (allerdings selten für Laien geschrieben) in Uni-Bibliotheken.

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #20 am: 3.07.2003 | 12:58 »
@ Bitpicker: Weißt Du, ob es diese Box noch zu kaufen gibt? Kannst Du mir den genauen Titel sagen (oder den Amazon-Link ;) )? Die wäre aber sofort gekauft! So was such ich schon ewig!!
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #21 am: 3.07.2003 | 15:38 »
Schau mal erst hier:

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3828907334/qid=1057239345/sr=2-9/ref=sr_aps_prod_9_3/302-6688856-0099229

Amazon hat mehrere Ausgaben, alle vergriffen, aber zum Teil noch gebraucht erhältlich.

Bei booklooker.de findest du auch noch Exemplare.

Viel Spaß beim Stöbern!

Robin
« Letzte Änderung: 3.07.2003 | 15:40 von bitpicker »
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #22 am: 3.07.2003 | 15:42 »
Falls es jemanden interessiert, beim Surfen habe ich folgende Vorlesungsserie zum Thema antike Literatur gefunden:

http://www.nipissingu.ca/department/history/muhlberger/2055/anclect.htm

Ziemlich interessant für einen schnellen Überblick; wenn ihr die URL kürzt, gibt es auch noch mehr solche Vorlesungsreihen für andere Zeiten.

Robin
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #23 am: 3.07.2003 | 15:54 »
Im Hinblick auf Alltagsleben und -kultur sind auch Kinderbücher sehr hilfreich. Es gibt eine "So lebten sie zur Zeit des..."-Serie, in der sehr viel über das Alltagsleben historischer Gesellschaften drinnsteht. Gerade wenn man sich nicht mit hunderten von Fakten überfluten will, bieten Kinderbücher einen ziemlich guten Einblick.

Historische Epochen haben gegenüber reinen Fantasy-Settings einen wichtigen Vorteil: Die meisten Leute können mit den Namen etwas anfangen. Jeder hat einen Begriff davon, was ein "Römer" ist - aber versuch mal, jemandem zu erklären, was ein "Demarianer" sein soll ("so´ne Art Römer", vielleicht?).
Alle Facetten einer historischen Epoche herauszustreichen, ist natürlich fast unmöglich - weder Spielleiter noch Spieler sind im Allgemeinen Geschichtsstudenten mitten in der Doktorarbeit. Es ist aber möglich und sogar sehr interessant, historische Details und einzelne Facetten direkt in das Abenteuer hineinzuarbeiten. Beispiel: Ein christlicher Pilger ist zur Zeit der Kreuzzüge im heiligen Land verschwunden, trotz des Friedensvertrags. Die Charakter gehen auf die Suche... und finden heraus, daß er seinen grünen Wappenrock getragen hat, was Christen aber zu dieser Zeit nicht erlaubt ist, denn Grün ist die Farbe des Propheten...
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #24 am: 4.07.2003 | 01:33 »
@ bitpicker:

Danke für die Links, hab mir das Werk gleich gesichert (nachdem ich einmal ob des Preises geschluckt hatte, aber ich hab's mehrfach gefunden und immer so 52-54 Euro plus Versand...) Der zweite Link ist auch klasse. :)
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Re:Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
« Antwort #25 am: 5.07.2003 | 14:21 »
Meine Empfehlung:
Spektrum der Wissenschaft Spezial:Forschung und Technik im Mittelalter.
Eine sehr interessante Lektüre, nach der man doch eine etwas andere Sicht vom angeblich so düsteren Mittelalter bekommt.
Inhaltsverzeichnis:
http://www.wissenschaft-online.de/artikel/604748
Fürs alltägliche Leben interessant:
->Verschiedene Annekdoten und Geschichten aus dem Leben der verschiedener Wissenschaftler
->Die Mär "Die Menschen dachten, die Erde sei eine Scheibe" wird wiederlegt
->Die Struktur der Universitäten und Studentenschaft von damals wird beschreiben.   Und es gibt schöne Parallelen zu den Studenten von heute(Wenn das Essen zu teuer ist, wird demonstriert).
->Heilberufe: Vom niederen Volk bis zum Adel. Wer geht zu wem?
Der Rest ist auch ziemlich gut.