Autor Thema: Was hört Ihr gerade so?  (Gelesen 1327981 mal)

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Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18400 am: 8.11.2021 | 21:21 »
Ich höre Leonhard Lechner, einen deutschen Komponisten der Spätrenaissance. Sein Werk "Deutsche Sprüche von Leben und Tod" steht spannungsvoll zwischen der Polyphonie der italienischen Renaissance und der protestantischen Kirchenmusik. Außergewöhnlich ist aber vor allem die Intensität, mit der Lechner den Text durch musikalische Floskeln unterstreicht. Das Stück besteht aus insgesamt fünzehn extrem kurzen Vertonungen von Texten eines unbekannten Dichters. Lechner schreibt keinen Ton zu viel. Auch diese Kürze steigert die Intensität des Stückes. Ein Musikwissenschaftler hat behauptet, Lechner habe "einen Totentanz komponiert, für den es in der gesamten deutschen Musikgeschichte keine Parallele gibt."

Ich will zwei Stellen herauspicken und wenigstens ansatzweise zeigen, wie die Musik gestaltet ist.

Zunächst der Anfang. Der Text des ersten Teils lautet:
Alles auf Erden
stets mit Gefährden
des Falls sich wendet
hin und her ländet.
Jeder Vers wird einfach und gleichsam genial vertont. "Alles auf Erden" beginnt mit ruhigen Blockakkorden und scheint tatsächlich "alle Zeit der Welt zu haben". Die Gefährdung wird durch eine polyphone Auffächerung und Aufwärtsführung der vier Stimmen umgesetzt. Der Fall wird durch versetzte Abwärtsläufe dargestellt. Das "hin und her" wird auf eine synkopische Wechselnote gesungen. An sich ist der Einsatz solcher "musikalischer Affekte" zu Lechners Zeit nicht ungewöhnlich, wenn auch eine relativ neue Idee. Zu bedenken ist allerdings, dass der Teil insgesamt nur ca. 45 Sekunden dauert. Eine derart verdichtete musikalische Ausgestaltung des Textes ist dann doch ungewöhnlich und beeindruckend.

Der Text des siebten Teils lautet:
Wenn sich erschwinget
das Glück, dir g´linget
thu nit d ´rauf bauen,
ihm z ´viel vertrauen.
Die Musik legt dem Text entsprechend einen schwungvollen Dreiertakt ein, der aber am Schluss durch eine kleine polyphone Verirrung wieder aufgelöst wird. Das Glück war von allzu kurzer Dauer. Der Teil ist der kürzeste von allen und dauert nur 16 Sekunden (3:49 - 4:05).

Das sind nur zwei Beispiele aus einem komprimierten Werk, das von Anfang bis zum Schluss mit äußerster Akribie durchgestaltet ist. Es dauert je nach Interpreten um die 10 Minuten insgesamt.

Leonhard Lechner: Deutsche Sprüche von Leben und Tod
« Letzte Änderung: 8.11.2021 | 21:42 von Chiarina »
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Offline JPJ

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18401 am: 12.11.2021 | 10:49 »
Bo Burnham - Welcome to the Internet
Paradise - The Gray Havens

Zwei extrem unterschiedliche aber geniale Lieder :D

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18402 am: 12.11.2021 | 19:47 »
Ich mache mal wieder das Spielchen "Originale neu hören". Diesmal mit "Light my fire" von den Doors.
Habe ich schon ewig nicht mehr aufgelegt. Und bewusst zugehört habe ich dem Song vielleicht noch nie.

Also los, ich starte mit dem Text.
Zunächst fordert Morrison ein Mädchen zu gemeinsamer Extase auf, die Metapher dafür ist das entzündete Feuer. Warum? Nicht nur, weil es eine heiße Angelegenheit ist. Das Feuer besitzt auch eine verzehrende Kraft, die alles zu Asche verbrennt. Dadurch wird der Song auch zum Statement gegen Spießerroutine. Es wird vom intensiven Leben und der schnellen Extase gesungen. Darin schwingt aber bereits das Ende mit, denn nach der Aufforderung zur Extase ist vom Scheiterhaufen (funeral pyre) der Liebe die Rede. Das Ganze ist natürlich sehr Sechziger Jahre, auch ein bisschen einfach, ein bisschen albern, ein bisschen pennälerhaft. Interessant finde ich aber, wie die Gefahr bezeichnet wird: "No time to wallow in the mire". Das ist der Gegenentwurf zur brennenden Extase: Suhlen im Morast. Ein schönes Bild, wie ich finde: Der Morast hält seine Opfer gerne fest, er ist feucht und klebrig, oft auch kühl, in vielerlei Hinsicht das Gegenteil vom Feuer. Dennoch ist der Morast ein Bild, das auch eine positive Interpretation erlaubt: Wie ist das beispielsweise mit den Schweinen, die sich gern im Schlamm wälzen? Da geht es um die Kühlung, die der Schlamm verschaffen kann. Bei der Frage "Feuer oder Schlamm?" hängt wohl auch viel von der Umgebungstemperatur ab, der jemand ausgesetzt ist.

Und die Musik? Das Intro finde ich knackig: Kurz, auf den Punkt, einigermaßen originell, wesentliche Bestandteile des Songs werden vorweggenommen: Ein Erkennungszeichen.
Dann kommen zwei Strophen und Refrains. Es ist bereits der gesamte Text, der am Ende lediglich noch einmal wiederholt wird. Wie ein Jazzthema. Ansonsten ist das musikalisch gesehen ein ziemlich normaler Song. Die Strophen pendeln etwas minimalistisch zwischen zwei Akkorden, der Refrain bringt als Kontrast dazu ein bisschen Bewegung. Die nudelnde Orgel nervt mich etwas, ist aber Geschmackssache.

Im Zentrum des Songs stehen aber zwei lange Soli.
Das Orgelsolo ist absolut klassisch aufgebaut, fast wie aus einem Rezeptebuch: minimalistischer Beginn, Steigerung durch Erweiterung des Tonraumes, gegen Ende quasi-Extase durch Aufbrechen des Grundtempos (durch Triolen). Ich habe ein paar Liveaufnahmen des Songs gehört. Ray Manzarek hat dieses Solo immer wieder gleich - oder doch fast gleich - gespielt. Das passt zum Klangeindruck. Hier hat jemand versucht ein perfektes Solo zu komponieren und ist dann dabei geblieben.
Das Gitarrensolo endet auch mit einem Aufbrechen des Grundtempos durch Triolen. Bis es aber soweit ist, unterscheidet es sich doch ziemlich stark vom Orgelsolo: Es ist ziemlich fragmentartig, vertraut mehr auf den spontanen Einfall, probiert auch ein paar Spieltechniken aus (Slides, parallel  hin und hergeschobene Doppelgriffe). Folgerichtig unterscheidet sich dieses Solo bei den Liveaufnahmen auch stärker. Robbie Krieger improvisiert. Sein Solo läuft nicht in Gefahr auseinanderzufallen, weil seine Ideen doch recht begrenzt sind, außerdem werden sie auch durch die als Backing dazu dudelnde Orgel zusammengehalten.

Nach Abschluss der Soli erklingt erneut das Intro - etwas ungewöhnlich, etwas Come together, etwas mehr als 7 Minuten eben. Das Erkennungszeichen signalisiert uns: Jetzt kommt der ganze Song nochmal. Unverändert? Nein, die beiden Strophen sind vertauscht. Diesmal beginnt der Song mit dem Scheiterhaufen und endet mit dem extatischen Feuerzauber (und einem letzten, abschließenden Intro). Diese Spiegelung zeigt für mein Verständnis, dass diese Extase in zyklischen Verläufen immer wieder zu bekommen ist. Fire und funeral pyre folgen stetig wiederkehrend aufeinander. Ein bisschen Phönix, Wiedergeburt, Transzendenz, ein bisschen Unendlichkeit also. Insgesamt wirkt das auf mich heute zwar etwas wie Klangschalen aus dem Esoterikshop, aber ich lebe auch in einer anderen Zeit und ich mag immerhin, dass Morrison für seine "großen Ideen" so einfache Mittel verwendet. Manchmal mag ich sogar diesen naiv-sympathischen Mystizismus  ...manchmal allerdings sehne ich mich auch mal nach einem kühlen, feuchten Schlamm.

The Doors: Light My Fire
« Letzte Änderung: 12.11.2021 | 20:30 von Chiarina »
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Offline Psycho-Dad

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« Letzte Änderung: 12.11.2021 | 20:03 von Psycho-Dad »

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18404 am: 12.11.2021 | 21:30 »
Hier noch ein Doors Song, diesmal ein kürzerer.
"Strange Days" ist der Opener des zweiten Albums, und ich finde den Song relativ spannend.

Er handelt wohl erst einmal von der Hippieszene, der sich Morrison zugehörig fühlt und die vom Establishment argwöhnisch betrachtet wird. Das Ergebnis sind die titelgebenden "Strange Days". Die ersten beiden Strophen beginnen mit vier Versen, in denen Morrison über die missbilligende Gesellschaft klagt und zwei Versen, in denen er seine Reaktion schildert: Ignorieren, Weggehen, Anprangern.

Die Harmonien dieses Songs sind bemerkenswert.
Jeweils zwei Verse lassen sich einer Tonart zurechnen.
Dabei stehen die klagenden Verse in Molltonarten. Die beiden Schlussverse stehen im Gegensatz dazu in Dur und ihre ungewöhnliche Akkordfolge wird hinterher noch dreimal durch eine beschleunigte Instrumentalvariante verstärkt.

Wenn das alles wäre, wäre es ein netter Song, mehr aber nicht. Es wäre ein Song, der auf relativ intelligente Art und Weise die eigene Weltanschauung verklärt: die böse Außenwelt wird mit düsterem Moll untermalt, die eigene Reaktion mit einer helleren, wenn auch etwas bizarren Folge von Durakkorden.

In der dritten Strophe aber wird die Versunterteilung aufgegeben, und das hat Konsequenzen. Der Text lässt sich als Fluchtversuch von Morrison und seinen Gefährten in die Drogennacht interpretieren. Und interessanterweise wird auch die Nacht, die ja eigentlich das Gegenstück zu den "Strange Days" sein sollte, als "strange night of stone" bezeichnet. Zwar erklingen auch hier wieder die Durakkorde, die Worte deuten aber an, dass der Sänger mit ihnen offenbar nichts Zuversichtliches mehr verbindet.

Vielleicht waren die Pforten der Wahrnehmung hier bereits (1967) verschlossen.

The Doors: Strange Days
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Sidekick-Kai

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18405 am: 16.11.2021 | 20:07 »
Verhängnis: Irrlicht

Es ist immer wieder erstaunlich, was für räudige und kaputte Mucke die Friedhofs-Taskforce des kleinen Bersenbrückers Do-It-Yourself-Labels Kellerassel Records  auf ihren nächtlichen Streifzügen auf norddeutschen Totenackern so ausbuddelt... Gut, das 2018 ins Unleben gerufene Ein-Mann-Projekt Verhängnis stammt aus Nordrhein-Westphalen, aber wenn man wie ich so lange quasi an der Schweizer Grenze lebt, verschiebt sich die Sichtweise irgendwann zwangsläufig und ALLES NÖRDLICH VON FRANKFURT gilt dann als norddeutsche Provinz, basta! ;).

Der Titeltrack beginnt bereits äußerst unheilschwanger mit einem derart bedrohlichen Intro, nur um in den eigentlichen Song einzusteigen, der besagte Bedrohlichkeit mühelos transportiert, und in ein fettes Midtempo-Death-Metal-Brett überzugehen. Auch die restlichen sechs Stücke der knapp 36-minütigen-Kassette - voller düsterer Melodien und eine gewisse dichte, stets Unheil verströmende Atmosphäre versprühend - verharren meistens im Midtempo, auch wenn Alleinunterhalter Elend immer wieder feist in Doomgefilden wildert, was eine gewisse Abwechslung bedeutet. Einziges Manko: Alles ist viel zu schnell durchgehört.

Auf Bandcamp kann man sowohl in die aktuelle Scheibe als auch in die Demos MMXX sowie Verhängnis (beide 2020) für umme reinhören. Bei Gefallen aber bitte ein paar Euronen da lassen, klar?!?

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18406 am: 16.11.2021 | 23:53 »
Peggy Lee. Sie war von den 40ern bis Anfang der 70er Sängerin irgendwo zwischen Jazz und American Songbook. Es gibt einige hübsche Songs von ihr, darunter eine Coverversion von "Fever", die ich schätze... auch ein oder zwei alberne Songs, die ziemlich schräg sind - allerdings auch einige Standardware.

Ihr größtes Ding ist aber in meinen Augen zweifellos "Is that all there is?". Hier wird anhand einiger Stationen dargestellt, wie die Sängerin in außergewöhnliche Situationen gerät, sich aber jedesmal fragt: "Ist das alles? Dann sollten wir trinken und tanzen, denn sonst bleibt uns nichts mehr zu tun." Es geht los mit einem kleinen Mädchen, dessen Haus Feuer fängt. Der Vater rennt mit ihm auf dem Arm ins Freie, das Mädchen fragt sich: "Ist das schon alles?" Dann eine Szene im Zirkus, dann die große Liebe, die aber doch irgendwann zerbricht. Stets lautet der Kommentar: "Ist das alles?" Dann eine kurze Reflektion: Vielleicht meint ihr, dann könne ich mir gleich die Kugel geben? Aber nein, heißt es. "I´m not ready for this final disappointment" Denn, verrät uns die Sängerin, sie weiß genau, dass sie sich im Jenseits umsehen und dann sagen wird: Ist das alles? Dann sollten wir trinken und tanzen.

Trinken und Tanzen... das steht ja hier in gewisser Weise für die Flucht. Die Sängerin trinkt und tanzt ja nicht, weil das so schön ist. Wenn sie das täte, könnte sie gleich wieder sagen: "Ist das alles?" Sie trinkt und tanzt vielmehr, weil sie die ganze Misere für einen Moment vergessen will. Und deshalb ist das für mich einer der deprimierendsten Songs, die es gibt. Jegliche Freude wird negiert. Es gibt keinen Ausweg - nur eine kleine Flucht für einen kurzen Moment. Das ist aber auch kein Song über das Leiden, es geht um den maximalen Überdruss, die maximale Langeweile.

Was geschieht musikalisch? Zunächst ist auffällig, dass nur der Refrain gesungen wird. Einen Großteil des Textes spricht Peggy Lee... ein wenig Mitteilungsbedürfnis ist ihrer Stimme zu entnehmen, es steckt aber auch eine große Müdigkeit darin. Die Begleitung der Strophen ist dem jeweiligen Inhalt angepasst: für das kleine Mädchen erklingt eine süßliche Musical-Atmosphäre, im Zirkus eine Zirkuskapelle, zur Lovestory ein paar Streicher. Nichts davon ist authentisch, alles klingt irgendwie falsch und gewollt. Im Refrain setzt ein Backbeat mit Banjo ein, der nach Kabarett klingt. Peggy Lee singt jetzt zwar, aber es klingt widerwillig, fast so, als sei es die Mühe nicht wert. Die Melodie des Refrains geht ziellos auf und ab. Spannung wird keine aufgebaut. Es klingt wie eine lustlose, etwas mechanische Gesangsübung. "Ist das schon alles?", das sollen auch wir zur Musik sagen... und zumindest bei mir funktioniert es.

Der Song entlockt mir noch nicht einmal ein wehmütiges Lächeln. Er ist wie der Blick in den Abgrund: Mich schaudert... und dann danke ich dafür, dass ich so etwas nicht selbst fühlen muss und höre schnell etwas anderes.

Peggy Lee: Is That All There Is?
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Offline Crimson King

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18407 am: 20.11.2021 | 19:59 »
Nach dem ganzen tendenziell intellektuellen Kram der letzten Monate hatte ich spontan Bock auf was Rustikales und haue mir das Debutalbum von Metal Church um die Ohren. Die Band, das Album und das verlinkte Stück sind essenziell für die Entwicklung des US Power Metal.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18408 am: 20.11.2021 | 20:12 »
Ich höre „Courthouse Scandal“, eine nette Calypsonummer von Maureen DuValiera (aka “Calypso Mama”). Besungen wird eine Frau, die von ihrem Geliebten geschlagen wurde und ihn vor Gericht bringt. Dort nutzt sie dann die Gelegenheit um sich zu rächen und zurückzuschlagen. Dem Gericht erzählt sie, dass der Anblick des Mannes ihren Zorn so entfacht hat, dass sie sich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Dem Gericht bleibt am Ende nichts anderes übrig, als beide Streithähne zu verurteilen.

Karnevalsmusik, in der die Probleme des Alltags thematisiert werden… das gefällt mir ganz gut. Ich mag außerdem die Stimme und das Kreol der guten Frau.

Calypso Mama: Courthouse Scandal
« Letzte Änderung: 20.11.2021 | 20:18 von Chiarina »
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Sidekick-Kai

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18409 am: 21.11.2021 | 04:12 »
Nightmare Endless - Nox Somnium

Und schon wieder ein Album, auf das man auf Bandcamp (https://nightmareendless.bandcamp.com/album/concretum-infernum) erst einmal reinhören kann...  :headbang:

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18410 am: 21.11.2021 | 09:18 »
Ich höre das neueste Album von U-Roy, einem jamaicanischen Toaster der ersten Stunde. Da er inzwischen gestorben ist, wird es wohl sein letztes bleiben. Es besteht aus einigen seiner alten Nummern, die er mit alten Weggefährten, aber auch einigen aktuellen Stars aus der Reggae-Szene zusammen neu aufgenommen hat. Das Ganze ist keine Offenbarung, aber doch etwas mehr als "Alte Säcke dudeln ihre alten Hits um nochmal ein paar Kröten zu machen". Beeindruckend fand ich beispielsweise die Viertelstundenversion von "Every knee shall bow" mit Mick Jones, dem ehemaligen Gitarristen von "The Clash", und Big Youth. Der Song aus zwei Akkorden und einer um sich selbst drehenden Bassfigur entwickelt nach ca. fünf Minuten immer stärkere Dub-Elemente, Toasting ersetzt Singen, neue Bläser-Fill-Ins tauchen auf... er scheint sich aus seiner Form befreien zu wollen. Zwar ist die Echokammer, durch die diese Sounds getrieben wurden nicht ganz so extrem, wie im Original, aber über die gesamte Strecke von 15 Minuten entwickelt diese Version doch eine mächtige Trancewirkung, die mir gut gefallen hat.

U-Roy: Every Knee Shall Bow
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Offline xplummerx

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18411 am: 22.11.2021 | 20:15 »
Derzeit Every Time I Die rauf und runter. Eine der wenigen Bands mit nur guten Alben.
Every Time I Die - Map Change
Eine raue Liebeserklärung an Buffalo.

Every Time I Die - Thing With Feathers
Ein ruhiger Abschiedssong für eine verstorbene Schwester.

Dazu die neue Turnstile
Turnstile - Love Connection

die neue Knocked Loose
Knocked Loose - A Tear in the Fabric of Life
der Trend geht zur verfilmten EP

und Eighteen Visions mit einem guten Beitrag zum Umgang mit Nazis
Eighteen Visions - 1996



Offline Coltrane

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18412 am: 24.11.2021 | 16:04 »
Aus aktuellem Anlass. Dass ich das noch erleben darf.
Agent Sasco - Whats the Story
[url]https://www.youtube.com/watch?v=_Sg2TNmim3c [url]

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18413 am: 24.11.2021 | 17:12 »
Ich stelle noch einen letzten Doors-Song hier ein.

"Yes, the river knows" ist ein kleiner Song mit ein paar Überraschungen.

Die lyrics klingen ein wenig, als hätte Morrison Wilhelm Müllers Winterreise ins Englische übersetzt. Sie triefen jedenfalls vor Sprachbildern, der Bach spricht und bietet sich lockend dem Lebens- und Liebesmüden als letzte Ruhestätte an. Der Sänger scheint auch zum nassen Tod bereit zu sein, allerdings hält er sich dann irgendwie doch lieber an "mystic heated wine".

Harmonisch ist der Song superspannend.

Das Intro mit den Lockungen des Baches wird von nur sehr lose miteinander verwandten Akkorden begleitet. Der Bach spricht dem Sänger zärtlich zu, dass seine Umarmungen aber den Tod zur Folge haben, bleibt zunächst unausgesprochen.

Dann folgt der Refrain mit den Worten "free fall flow, river flow..", die vehementeste Passage dieses zurückhaltenden Songs, und eine harmonische Basis (E-Dur) etabliert sich. Es wird auch ein wenig mit einer Akkordfolge gespielt, die als "Lamento-Bass" bekannt ist, etwas spanisch anmutende Klänge zu einem absteigenden Bass, die oft für Klagen und Trauer verwendet werden... hier besitzt die absteigende Linie außerdem noch den Bezug zum Untergang im Bach. Aber die Akkordfolge wird nicht einfach nur übernommen. Die Band kehrt sie auch um, führt sie wieder in die Höhe, umspielt Anfang und Ende mit ein paar Nachbarakkorden... der Bach zeigt seine Macht, aber er scheint sie nicht allzu zielstrebig einzusetzen.

Der Text des B-Teils, der daraufhin folgt, klingt zunächst wie der des Intros, allerdings bleiben die Akkorde vorläufig bei der inzwischen etablierten Tonart. Dann folgt die seltsame Passage "I promised I would drown myself in mystic heated wine" und die Musik reagiert: sie steuert eine andere Tonart an, cis-Moll nämlich, die Paralleltonart von E-Dur, und statt ziellosem Auf und Ab wird eine deutlich hörbare Schlusswendung angepeilt, auf die eine kleine Zäsur folgt. Das ist in meinen Ohren der stärkste Moment des Songs. Ich meine hier ein wenig Ironie zu erkennen. Wer so stark romantische Chiffren bemüht und dann aber singt, statt sich umzubringen gehe er sich lieber besaufen, der wirft der vorangegangenen Schwermut einen schelmischen Blick zu und persifliert deren Tiefsinn.

Ein kleines, apartes Instrumentalduett von Klavier und Gitarre bildet das Zentrum des Liedes und am Ende folgen in umgekehrter Reihenfolge nochmal der B-Teil und der Refrain. Damit hat am Schluss doch der mächtig lockende Bach das letzte Wort. Bleibt er letztlich der Sieger?

Diese gespiegelte Gesamtform kenne ich bereits von "Light my fire". Offenbar ist sie ein beliebtes Ausdrucksmittel der Band gewesen.

Wenn Franz Schubert Psychedelic gemacht hätte, hätte er vielleicht ein wenig wie dieser Song geklungen. Ich finde ihn sehr gelungen.

The Doors: Yes, the river knows
« Letzte Änderung: 26.11.2021 | 09:15 von Chiarina »
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Sidekick-Kai

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18414 am: 25.11.2021 | 15:20 »
Skinless - The Optimist

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Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18415 am: 25.11.2021 | 17:05 »
Ich habe mir vor kurzem die 40-Jahre-Jubiläumsausgabe von Cultures Two Sevens Clash zugelegt. Das Album selbst ist ein allgemein geschätztes Reggaeschatzkästlein. Die Jubiläumsausgabe bietet auf einer zweiten CD ein paar Remixes, aber auch ein paar neu ausgegrabene, bisher unveröffentlichte Songs (...glaube ich zumindest). Der hier (mit ´ner netten, etwas vorwitzig abgemischten Cowbell...) hat mir gut gefallen:

Culture: Informer
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Offline Lyonesse

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« Letzte Änderung: 26.11.2021 | 15:37 von Lyonesse »
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Offline Psycho-Dad

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18417 am: 26.11.2021 | 17:47 »
FalKKonE - Knight Rider Theme (Symphonic Metal Cover)

Wunderbar eingängige Synths und schön scheppernde Schrammelgitarre  :d


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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18418 am: 26.11.2021 | 18:57 »
Der Musiker, der bei meinem sommerlichen Exkurs in den Jazz am meisten Eindruck hinterlassen hat, ist King Shabaka Hutchings. Ich finde im Grunde alle drei Hauptprojekte von ihm großartig, Sons of Kemet, The Comet is Coming und Shabaka And The Ancestors. Toll ist auch, dass die drei Projekte trotz ihrer Unterschiedlichkeit auf einen Nenner zu bringen sind. Es handelt sich hier um größtenteils angenehm chilligen Postjazz mit unterschiedlichen Facetten, oft gewürzt mit unterschiedlichen Gastmusikern sowohl an Instrumenten als auch am Mikrophon, der sowohl zum entspannten Mit- als auch zum konzentrierten Zuhören einlädt.

Aktuell sind gerade die Sons of Kemet dran, eine Combo, in der neben Hutchings' Saxophon zwei Drummer und ein Tubist spielen, und ich verlinke mal dieses Video von https://www.youtube.com/watch?v=wmN3vFIukk4, das zeigt, dass dieser Jazz durchaus tanzbar ist.

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18419 am: 26.11.2021 | 19:47 »
Ich höre das „Steve Lehman Octet“ mit seinem Album „Mise en Abîme“ von 2014. Lehamn wird oft mit dem Begriff „spectral“ zusammen genannt, ein Zeichen dafür, dass er in seiner Musik und auf seinem Altsaxophon nach neuen Klängen sucht, die unser herkömmliches Tonsystem aus 12 Halbtönen hinter sich lassen. Neue Griffe, Überblastechniken und ähnliches führen hier also zu Tönen, die unser Ohr nicht mehr eindeutig einordnen kann.
Auf „Mise en Abîme“ spielen 5 Bläser, darunter auch eine Tuba, außerdem wird in der Rhythmusgruppe das übliche Klavier durch ein Vibraphon ersetzt. Im Netz gibt es leider nur zwei Stücke von dem Album, immerhin aber „Chimera/Luchini“. Hier reichert Lehman die Klänge seines Ensembles mit halligen Elektronikklängen, erzeugt eine Art Klangfarbenmelodie und verschafft so seinem Vibraphonspieler Chris Dingmann ein interessantes Backing für ein spektakuläres Solo. Danach geht der Track „Chimera“ ganz allmählich und fließend in den Track „Luchini“ über (etwa ab 4:35), ein Cover eines Old School HipHop Tracks von Camp Lo. Was geschieht, wenn moderne Jazzer HipHop covern finde ich ja superspannend. Ich empfehle direkt nach dem Stück das Original zu hören.
Lehmans Musik auf diesem Album ist immer wieder neu und spannend und besitzt trotzdem eine über alle Tracks hinweg hörbare, unverwechselbare Qualität.
Richtig gute Musik, wie ich finde.

Steve Lehman Octet: Chimera/Luchini
Camp Lo: Luchini AKA This Is It
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Sidekick-Kai

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18420 am: 29.11.2021 | 06:32 »
Montagmorgen - man quält sich aus der Pofe...

Sinister - Awaiting The Absu

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18421 am: 30.11.2021 | 15:46 »
Eastern Margins Redline Legends. Das ist ein Sampler mit irgendwelchen fernöstlichen Plastiktechno-Hyperbubble-Heliumvoices-Speedtracks, die überwiegend durch ihren Einsatz in irgendwelchen Stripshows o. ä. Bekanntheit erlangt haben... naja, das meiste erschließt sich mir nicht. Einige Tracks finde ich ausgesprochen grauenvoll. Ich weiß nicht so recht, wer sich das warum antut. Die verlinkte Nummer ist das Highlight der Sammlung - ich finde sie ganz gut, weil sie die Drum´n´Bass Idee aufgreift und mit einigem Erfolg in die Gegenwart transportiert.

JD X: Red Hot Fist
« Letzte Änderung: 30.11.2021 | 16:29 von Chiarina »
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Online Jiba

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Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Sidekick-Kai

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18423 am: 2.12.2021 | 12:58 »
Neil Young - Greatest Hits

Ich höre mich langsam rein. LushWoods hat mir die CD zukommen lassen. (Danke, Mann!)

Offline Chiarina

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Re: Was hört Ihr gerade so?
« Antwort #18424 am: 2.12.2021 | 21:48 »
Ich höre John Lennons "Jealous Guy" und denke: Was für ein toller Song!

Der Song ist schon lange um mich herum. Ich hatte ihn als Jugendlicher auf einem Mix-Tape. Direkt davor befand sich Bowies "Moonage Daydream" und da hat mein Gehirn aus Lennons eifersüchtigem Kerl einfach "Jellysky" gemacht. Als ich den Irrtum bemerkt habe, war´s mir peinlich... und der Song war ein bisschen entmystifiziert. Es geht gar nicht um irgendwelche Weltraumodysseen? Tatsächlich denkt der Sänger an irgendein Beziehungsdrama in der Vergangenheit, bei dem er sich nicht korrekt verhalten hat und bittet dafür um Entschuldigung. Hilflos behauptet er, er sei eben leider nur ein eifersüchtiger Kerl. Eine reichlich alltägliche Angelegenheit.

Inzwischen schätze ich den Song sehr und mir fällt auf, wie schön hier mit Akkorden gearbeitet wird.

In den Strophen fallen die Trugschlüsse auf: Akkordfortschreitungen, bei denen nach einer spannungsreichen V. Stufe nicht die Schlusswendung zur I. Stufe, sondern stattdessen die VI. Stufe und die damit verbundene Verkehrung des Tongeschlechts (Dur statt Moll oder Moll statt Dur) eintritt. Im Intro ist die Fortschreitung bereits einmal zu hören, in den Strophen sogar zweimal. Diese Akkordverbindung taucht in der Musik öfter zu dramatischen Gelegenheiten auf... gern auch bei Beziehungsstress - und es ist sicher auch kein Zufall, dass ihr Name "Trugschluss" ist: "I was dreaming of the past and my heart was beating fast. I began to lose control."

Am Strophenende wird der letzte Vers wiederholt. Zu seiner letzten Silbe (conTROL) erklingt ein überraschender Akkord, der aus dem bisherigen Geschehen  herausfällt. Ist das nicht ein großartiger Moment, der sich auch dramatisch optimal entfalten kann? Zweimal wird das Gleiche gesagt, aber gerade die Wiederholung verdeutlicht, wie extrem empfunden wurde - und die Musik bestätigt das auf ihre Weise. In der zweiten Strophe heißt es an dieser Stelle "I was shivering inside" und in der dritten Strophe "I was swallowing my pain". Es ist immer der innere Herzschmerz, dreimalige Verswiederholung und dreimalige musikalische Entwurzelung.

Aber auch das Klavier mit seinen aufwärtsgeführten Akkorden deutet hier an, dass etwas Neues bevorsteht. Es folgt der Refrain, der die Bitte des Sängers um Entschuldigung beinhaltet. Und auch hier sitzt alles perfekt: Der schlichte Rückblick ("I didn´t mean to hurt you") mit einem ziemlich normalen akkordischen Spannungsverlauf, die schmerzliche Erinnerung ("I´m  sorry that I made you cry") mit zusätzlichem Überraschungsakkord auf "cry" und das extrem nüchterne Eingeständnis ("I´m just a jealous guy") mit Taktverkürzung und allerknappster, demutsvoller Schlusswendung.

Ein perfekter Song. Kunstvoll, aber nicht zu intellektuell. Wirkungsvoll, aber nicht zu platt. Groß, aber nicht auftrumpfend. Zu Recht ein Klassiker.

John Lennon: Jealous Guy
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)