"The World Greatest Tenor" - wieviele davon gibt es eigentlich?
Einer von ihnen war jedenfalls Mario Lanza. Er war im 2. Weltkrieg als Italoamerikaner für die U.S. Truppenbetreuung zuständig und machte hinterher auch Karriere. Allerdings hat er auf der Opernbühne keinen dauerhaften Erfolg gehabt. Seine Titelauswahl deckte durchgängig sehr populäre Nummern aus Oper und Operette und auch ein paar Popsongs ab. Er spielte auch in ein paar mehr oder weniger belanglosen Filmen mit. Insgesamt war er damit Mainstream. Für eine tiefgehende Interpretation einer Opernfigur bekam er keine Gelegenheit. Die Story endet auch etwas tragisch und läuft über die Stationen Alkohol, zweiter Karriereversuch in Italien, früher Tod mit 38 Jahren durch Herzinfarkt - steht zumindest im Totenschein.
Mein Vater hat mir hin und wieder von dem Mann erzählt. Er hatte nach dem Krieg auch hier in Deutschland einen Namen, den man kannte. So richtig auf ihn aufmerksam geworden bin ich aber erst durch Peter Jacksons großartigen Film "Heavenly Creatures". Hier ist eines der beiden neuseeländischen Mädchen, die sich in eine Fantasiewelt hineinträumen, Fan von Mario Lanza. Der Sänger ist im wahrsten Sinne des Wortes der Held ihrer Träume. Es gibt eine großartige Szene in dem Film, in der der Vater des Mädchens nach Hause kommt, Mario Lanza läuft auf dem Grammophon, und der Mann parodiert den Sänger, indem er ihn pantomimisch nachahmt und einen Fisch nimmt, den es zum Essen geben soll, ihn schüttelt und in sein offenes Maul singt. Das Mädchen schmollt natürlich, die Szene zeigt aber sehr toll, wie überkandidelt Mario Lanza eigentlich damals schon war.
Zwei unglaubliche Nummern von Mario Lanza sollte man kennen, wie ich finde. Es ist zum einen das bekannte "Funiculi, Funicula" und zum anderen die nicht minder bekannte "Donkey Serenade" (beide gehören auch zum Soundtrack von Peter Jacksons Film).
Immer wenn ich "The Donkey Serenade" höre, muss ich an Monty Pythons "Ritter der Kokosnuss" denken, denn das, was in diesem Song das Hufgeklapper des Esels darstellt, hört sich für mich nach einem direkten Vorläufer der Kokosnusshälften an, die auch die britischen Komiker in ihrem Film für die Reittiere verwendet haben.
Die Story des Songs ist schnell erzählt: Da gibt es den armen Eseltreiber, der vor dem Fenster seiner schönen Señorita ein Ständchen zum Besten gibt. Da ihm aber scheinbar niemand zuhört behauptet er, für seinen Esel zu singen.
Aber dann geschieht etwas Merkwürdiges. Mario Lanza scheint mit sich selbst zu sprechen, sogar ein Chor stimmt von irgendwoher aus dem Off mit ein und verwickelt den Sänger in ein Gespräch. Es scheinen wohl auf gewisse Art und Weise innere Stimmen zu sein, die ihm vorgaukeln, sein Liedchen würde doch sein Ziel erreichen. Ständig aber vermischt sich dabei der Wunsch mit der Realität: Ja, da hört jemand aufmerksam dem Liedchen zu, aber diese Person hat ein entzückendes, zierliches Wiehern! Ja, da freut sich jemand, dass der Sänger den weiten Weg bis zu dem Fenster gemacht hat und würde gern in das Liedchen mit einstimmen, aber leider hat diese Person einen kleinen Stimmfehler und das einzige, was ihre Stimme hergibt ist ein langes -
...und dann folgt zweimal in diesem Stück der Traum eines jeden Tenors: ein wirklich sehr lang gehaltenes "Iaaaaahhhhh!"
Man kann über diesen Song sagen, was man will. Dieser Witz funktioniert bei mir immer wieder. Vielleicht bin ich ein allzu anspruchsloser Humorist. Dass sich aber ausgerechnet der
tenorhafteste aller Klänge - der sehr, sehr lang ausgehaltene, alles durchdringende, laute, hohe Ton - sonst Erkennungszeichen für alle feurigen Liebhaber auf den Opernbühnen der Welt - hier als Eselschrei entpuppt, das gefällt mir doch sehr...
und mit mir lachen sogar die Karpfen!
Mario Lanza: The Donkey Serenade