Autor Thema: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2  (Gelesen 12928 mal)

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Offline Beral

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Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« am: 18.01.2011 | 21:43 »
Huch. Während ich meine Antwort tippte, hat Fredi den Thread geschlossen, wo dieser Beitrag eigentlich hingehört. Also kommt hier die Fortsetzung für alle, die das Thema interessiert.

Zusammenfassend kann man sagen, dass zwei Bereiche für die Fragestellung relevant sind:
- Präsentation
- Inhalt

Das wurde von mehreren Postern herausgearbeitet. Bei Präsentation gab es einige Ansätze, der Antwort nach Qualitätskriterien näher zu kommen. Das sind Materialqualität und Layout. Meines Erachtens gehört als weiterer Punkt die allgemeine Didaktik dazu. Wir kennen das von Lehrbüchern - zwei Biologen schreiben über Biologie, aber bei einem Autor versteht man nichts, während man bei dem anderen jede Menge Infos mitnimmt. Das eine liest sich spannend, das andere ist sterbenslangweilig. Diesbezüglich lassen sich objektive Regeln finden. Vom Einfachen zum Komplexen. Vom Wichtigen zu den Zusatzregeln. Roten Faden einfädeln und beibehalten. Unbekannte Begriffe nie ungeklärt einführen. Neuartiges muss im Text mehrmals wiederholt, also immer wieder aufgegriffen werden (idealerweise unter leicht veränderten Blickwinkeln).

Bei der inhaltlichen Qualität wird es schwieriger und in diesem Bereich zeigt der Thread auch wenig Fortschritt. Viele Versuche werden damit abgeblockt, dass sie (angeblich) nicht objektiv sein können. Ich denke, man kann objektive Kriterien finden. Sie können unabhängig voneinander geprüft werden und gegensätzliche Ergebnisse liefern! Nach einem Kriterium kann das Regelwerk gut sein, nach einem anderen schlecht. Ein objektives Kriterium wäre das Erreichen der expliziten Ziele des Autors. Die Regeln sollen das und das bewirken. Wir schauen nach, ob sie das tun. Das laufende Jahr der Techniken ist ein Beispiel dafür. Ein objektives Kriterium wäre auch die Zufriedenheit der Nutzer. Die kann losgelöst von den Zielen des Autors begutachtet werden. Warum ist DSA eigentlich so beliebt, obwohl es so massiver Kritik unterliegt? Das kann kein Zufall sein, also haben die Autoren irgendeinen Nerv getroffen, ob nun bewusst oder unbewusst, gezielt oder zufällig. Ein weiteres Kriterium für die inhaltliche Qualität ist die Zielgruppe. An wen richtet sich das Spiel? Anfänger? Tanelorner Cracks? Das einleitende "Was ist Rollenspiel?"-Kapitel dürfte vielen Tanelornern bestenfalls am Arsch vorbeigehen und schlimmstenfalls auf die Nerven gehen. Also weg damit. Anfänger brauchen das aber vielleicht. Also her damit. Jugendliche sind anders anzusprechen als Erwachsene. Und was müssten wir beachten, wenn wir ein Rollenspiel für Frauen schreiben? Das Fehlen einer Zielgruppe ist übrigens ein objektives Kriterium für schlechte Qualität. Selbst Fußball ist kein Spiel für alle. Wer also das Kunststück schaffen will, die Zielgruppe auf "alle" auszuweiten, sollte verdammt gute Gründe vorlegen, die das Spiel für "alle" interessant machen. In der Regel heißt es, dass man niemanden einschränken möchte, aber das bedeutet in der Realität nur, dass das Spiel für niemanden interessant ist.

Inhaltlich sehe ich zwei Themenkomplexe, die man getrennt objektiv beurteilen kann. Bewertung anhand der Zielsetzung und Bewertung bei zufälligem, nicht durch die Zielsetzung erklärbaren Erfolg:
- Welches Ziel verfolgt der Autor?
- Was ist die Zielgruppe?
- Mit welchen Methoden soll die Zielgruppe ans Ziel gelangen?
- Passt das alles zusammen? In der Theorie? In der Realität?

- Trifft der Autor blind und zufällig ein Korn? Wenn oben herauskommt, dass der Autor gepatzt hat und das Spiel nicht im Sinne seiner Zielsetzung funktioniert, aber trotzdem ein Erfolg ist, muss man schauen, welches Zufallsprodukt für den Erfolg verantwortlich ist.
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Offline Sephiron

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #1 am: 18.01.2011 | 22:38 »
Ich hatte noch einen weiteren Punkt eingeworfen: Wiederbespielbarkeit (auch: Wiederspielwert, Replayability).
Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Wiederspielwert

Im Thema "Objektive Qualitätsmerkmale für Rollenspiele" stellte ich die These auf, dass dies ein weiterer wichtiger Aspekt beim Designen von Rollenspielen ist.

Folgende Subkriterien habe ich aufgestellt:
Unterschiedliche Charaktere,
unterschiedliche & wiederverwendbare Abenteuer,
verschiedene Flag-Möglichkeiten,
leichtes Einfügen neuer Spielinhalte (Splats, Abenteuer,...).
(Es mag weitere geben.)


Die bisherige Diskussion findet sich dort: http://tanelorn.net/index.php/topic,24520.50.html


@killedcat:
Auch innerhalb eines eng definierten Fokus sind Situationen möglich, die im Sinne der Regeln unterschiedlich sind. Ein auf Dungeoncrawl ausgelegtes System besitzt höheren Wiederspielwert, wenn viele verschiedene Situationen beim Dungeoncrawl auftreten können.
Beispielsituationen: Goldmünzen finden, Gegner plündern, NSC begegnen, Minions bekämpfen, Fallen entschärfen, Türen einrennen, vergiftet werden, Endgegner besiegen, Ausrüstung einkaufen, Geheimtüren finden,...

Natürlich können Regelmechanismen, die Wiederspielwert erzeugen sollen, manchmal unpraktisch sein. Das liegt dann aber eher daran, dass die Regeln unübersichtlich werden o.Ä.. In solchen Fällen gilt es, abzuwägen.


@Destruktive_Kritik:
Naja, klar können auch Spiele cool sein, die man nur einmal spielt. Dennoch denke ich, dass ein Spiel besser ist, wenn es beim zweiten Spielen immernoch Spaß macht, als wenn es nur beim ersten Mal Spaß macht.
Beispiel: Die White Wolf Introduction Scenarios sind eigenständig spielbar. "Mary's Child" hat jedoch weniger Spaßpotential als die vollständige Version von "Vampire: the Requiem", weil man V:tR immer wieder spielen kann & "Mary's Child" nur einmal.

Gerade, wenn man ein eigenes Rollenspiel schreibt, ist der Wiederspielwert ein Faktor, den es unbedingt zu bedenken gilt. Manche Indie-Spiele sind sehr cool, werden bei häufiger Wiederholung aber langweilig. (Breaking the Ice ist so eins.) Andere Indie-Spiele sind genau so cool für ein OneShot, lassen sich aber genau so gut häufiger spielen. (WuShu)
Fiasco ist da ebenfalls sehr anschaulich: Sehr cooles und spaßiges Spiel. Wenn man allerdings das selbe Playset sehr oft spielt, wirds schnell langweilig. Hätte Fiasco nur ein einziges Playset, wäre es ein schlechteres Spiel.
Etwas klassischer: Twerps nach (englischem) GRW wird schnell langweilig. Mit den verschiedenen Genre-Heften hat man öfter Spaß dran. Spielt man Cross-Genre & kombiniert die Hefte, noch öfter. Schreibt man eigene Erweiterungen, noch öfter.
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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #2 am: 18.01.2011 | 23:38 »
Zitat
Das einleitende "Was ist Rollenspiel?"-Kapitel dürfte vielen Tanelornern bestenfalls am Arsch vorbeigehen und schlimmstenfalls auf die Nerven gehen. Also weg damit.

Das gehört da schon hin.

Nicht, was ist ein Rollenspiel. Was ein Rollenspiel ist, ist ziemlich egal. Die Frage ist, was ist das Spiel, das man grade in Händen hält. Die gilt es für jedes Spiel neu und bestenfalls neuartig zu beantworten, sonst braucht es das Produkt nämlich nicht.


Beispiel: Die White Wolf Introduction Scenarios sind eigenständig spielbar. "Mary's Child" hat jedoch weniger Spaßpotential als die vollständige Version von "Vampire: the Requiem", weil man V:tR immer wieder spielen kann & "Mary's Child" nur einmal.

Ich hab Danse de la Mortes schon häufiger gespielt. Immer mit anderen Leuten wohlgemerkt. Es ist einfach ganz hervorragend und toppt aus meiner persönlichen Warte das eigentliche Spiel beinahe.

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #3 am: 19.01.2011 | 15:34 »
@Sephiron
Da hatte ich dich jetzt tatsächlich etwas falsch verstanden.

Allerdings ist Langzeitmotivation imho nur dann ein Qualitätsmerkmal, wenn sie als Ziel formuliert war und dann auch erreicht wurde.
Ansonsten wäre Puerto Rico viel besser als Heckmeck am Bratwurmeck. Allerdings ist letzteres Spiel in meinen Augen absolut perfekt für den Abschluss des Abends nach zwei Runden Puerto Rico und mehr will es nicht sein.
Ich würde es nicht an den Ansprüchen messen, die ich an Puerto Rico anlege, um die Güte des Spieles objektiv bewerten zu wollen.
Da würde ich als erstes vom Verwendungszweck und dem gewünschten Spielerleben ausgehen.

« Letzte Änderung: 19.01.2011 | 15:42 von Destruktive_Kritik »

Offline Sephiron

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #4 am: 19.01.2011 | 16:51 »
@1of3
Okay, dann hats vielleicht doch mehr Wiederspielwert als gedacht... ;)

@Destruktive_Kritik
Langzeitmotivation und Wiederspielwert sind bei Rollenspielen fast das selbe, aber nur fast... der Unterschied liegt bei "Weiterspielen" vs. "Nochmal spielen".
Ich denke, dass es durchaus viel über ein Spiel aussagt, ob mans nach dem ersten Spiel irgendwann nochmal spielen mag oder nicht.

Beispiel: Fiasco hat (mit verschiedenen Playsets) mE nur wenig Langzeitmotivation, aber hohen Wiederspielwert. Das Spiel ist nach 2 Stunden + Pause vorbei & dann mag ich auch nicht weiterspielen, weil ichs tierisch anstrengend finde. Aber es hat Spaß gemacht und ich denke "Gern bald wieder".
Bei einigen klassischen Spielen empfand ichs umgekehrt: Viel Lust, die Kampagne weiter zu spielen, wenig Lust, nochmal von vorn anzufangen - mit nem neuen Charakter, ner neuen Kampagne o.Ä.
"Breaking the Ice" fand ich auch cool, aber ein zweites Mal spielen...? Eher weniger.
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killedcat

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #5 am: 19.01.2011 | 22:21 »
Ich habe keine Probleme damit, wenn objektiv messbare Merkmale von Rollenspielen aufgezeigt werden. Probleme habe ich damit, wenn diese als Qualitätsmerkmale gelten. So bin ich nachwievor der festen Überzeugung, dass der Erreichungsgrad der Ziele nicht die Bohne irgendetwas über das Rollenspiel aussagt, sondern nur über den Autor. Ein Spiel verändert seinen Wert in keinster Weise mit dem Ziel. Ein gefeiertes Rollenspiel wird nicht dadurch zum Rohrkrepierer, weil bekannt wird, dass der Autor eigentlich etwas anderes machen wollte.

Ähnlich geht es mir mit den übrigen, bisher genannten Merkmalen. Die Wiederspielbarkeit ist ein derart abstrakter Wert, dass er für mich kaum als Merkmal taugt (weil nicht messbar), viel weniger als Qualitätsmerkmal (weil außerdem nicht für jeden gleich wichtig oder überhaupt wichtig).

Nachtrag: Ich komme mir in diesem Thread irgendwie wie ein Destruktor vor. Ich möchte eigentlich gerne positiv beitragen, aber ich weiß nicht so recht wie. Ich kann mich immer nur wiederholen und sagen, dass ich die Objektivität beim Maßstab (nicht beim Kriterium) einfach nicht sehen kann. Das ist unbefriedigend. Ich melde mich wieder, wenn ich irgendwie was positiveres beizutragen weiß.
« Letzte Änderung: 19.01.2011 | 22:26 von killedcat »

Offline Sephiron

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #6 am: 20.01.2011 | 01:32 »
Klar spielt bei Spieletests auch immer das Empfinden des Testers rein. Trotzdem lassen sich mMn gute Anhaltspunkte für Reviews und Kurzbewertungen finden.

Ich würde Rollenspiele nach folgenden Kriterien bewerten:
1. Präsentation
1.1. Cover
1.2. Illustrationen
1.3. Übersichtlichkeit
1.4. Stil & Rechtschreibung
2 Spielfluss
2.1 Verständlichkeit
2.2 Funktionalität
2.3 Voraussetzungen
3 Spaß
3.1 Kreativität
3.2 Langzeitmotivation
3.3 Wiederspielwert
4 Preis-/Leistungsverhältnis

Zunächst werden die Unterpunkte, dann anhand dessen die Überpunkte bewertet... am besten auf einer Skala von 1-10, wobei 1-3 "Schrott" und 9-10 "Heiliger Gral" bedeutet. Abschließend vergleicht man den Preis des Spiels mit anderen Spielen ähnlicher Qualität und bemisst so das Preis-/Leistungsverhältnis.

Die Präsentation wird nach allgemeinen künstlerischen Maßstäben bewertet. -> Dafür gibt es Bücher über Kunstkritik.
Beim Stil ist wichtig, dass er zum Spiel und zum Setting passt. Der schriftliche Stil eines Regelwerks sollte zum Spielen anregen und das intuitive Verständnis für das Spiel fördern, wie ein sehr guter Werbetext.

In die Verständlichkeit spielen unterschiedliche Faktoren hinein. Regeln sollten schnell verstanden werden und dann problemlos angewendet werden können. Idealer Weise treten die Spielregeln im Spiel in den Hintergrund und fördern den Spielfluss statt ihn zu unterbrechen.
Mit Funktionalität ist gemeint, wie sehr einzelne Regeln einander unterstützen und gemeinsam zu einer Dynamik mit klarem Spielfokus führen. Die Zielsetzung des Autors kann dabei sehr hilfreich sein, dies zu bewerten.
Die Voraussetzungen eines Spiels betreffen hauptsächlich das Zielpublikum. Kann das Spiel von jedem potentiellen Spieler gleichermaßen gespielt werden oder braucht man bestimmte Vorkenntnisse? Braucht man leicht verfügbare oder sehr spezielle Spielmaterialien (Würfel, Abenteuer,...)? Wie variabel ist die Gruppengröße?

Kreativität umfasst sowohl Innovation als auch durch das Spiel hervorgerufene Ambiente.
Langzeitmotivation kann sich auch auf relativ kurze Zeiteinheiten beziehen. Wichtig sind allein Ausgewogenheit des Schwierigkeitsgrades, Suchteffekt/Belohnungskreisläufe und Abwechslung.
Wiederspielwert lässt sich anhand der von mir genannten vier Kriterien bestimmen.


Wie z.B. bei Kunstkritik üblich, würde ich auch bei Spieletests "objektive Merkmale" als "anhand eines allgemeinen Normensystems objektiv begründbare Merkmale" verstehen... und ein solches Normensystem aufzustellen, ist ja Aufgabe dieses Threads ;)
Natürlich bietet sich in einem Review auch immer die Möglichkeit, das Normensystem selbst zu kritisieren und dadurch außerhalb der Norm zu bewerten. Beispiel: "Die Spielmechanik ist ungebalanced, aber bei das spielt bei einem Rollenspiel wie Paranoia keine Rolle. Es hilft sogar, sich in die Opferrolle einzufinden."

Nicht-wertende Kriterien wie Taktikanteil, Genre, Spielziel gehören natürlich auch in ein Review.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #7 am: 20.01.2011 | 09:58 »
Zunächst:
Ich habe keine Probleme damit, wenn objektiv messbare Merkmale von Rollenspielen aufgezeigt werden. Probleme habe ich damit, wenn diese als Qualitätsmerkmale gelten.
Ich stimme zu - jedenfalls insofern, als ich, denke ich, derselben Ansicht bin. Ich würde es insofern etwas anders formulieren, als ich zugeben würde, daß es schon "Qualitäts"-Merkmale sind, aber vorher schon differenzieren würde, daß es Qualitäten gibt, die zwar solche sind, die aber trotzdem für die Qualität des Spiels als Spiel für Rollenspieler überwiegend unerheblich sind.  
Ich würde ja eine Umbenennung von "Qualitätskriterien" in "objektivierbare Kriterien" vorschlagen (am liebsten sogar im Titel dieses Fadens), weil Sprache und weil Begriffe das Denken prägen, aber mit sowas habe ich in der Regel keinen Erfolg :-( ... "Objektivierbar" würde mE deutlich genauer ausdrücken, worum es geht: Darum, Dinge zu bewerten, für die man Kriterien finden kann, die nicht nur subjektiv gelten. Andererseits würde es die Verwechslungsgefahr verringern, daß Leute meinen, "Qualität" würde in diesem Fall meinen, "dies Spiel ist als Spiel toll".

Dann könnte man in die Liste auch Dinge aufnehmen, die nicht "besser" oder "schlechter" ausfallen können, aber trotzdem objektivierbar sind, das Genre z.B. - wenn das gewünscht ist. Objektivierbar wäre das Genre in den meisten Fällen (Ausnahmen gibt es gewiß auch da), aber nur für ein Subjekt eine "Qualität".
Für mich wäre auch die Verzahnung von Regeln und Welt ein wesentliches Merkmal (viel wichtiger als die Punkte 1, 2 und 4 von Sephirons Liste zusammen jedenfalls), aber auch das ist nicht für alle Rollenspieler ein Punkt.

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #8 am: 20.01.2011 | 13:00 »
Ich würde nicht den Qualitätsanspruch aus der Diskussion streichen.

Erstens lässt er sich für die handwerkliche Seite der Buchgestaltung aufrechterhalten. Ebenso für Punkte, wie Widerspruchsfreiheit der regeln und Umfang der Regeln, wenn man grob genug vorgeht (5Freunde, Barbaren, Fate2 vs. Fate3(Kern), SW,Vampire vs. SR4, Fate3(ausgewalzt), DSA4).

Zweitens geht es um das Produkt im Regal und nicht um das Spielerlebnis, das möglich ist. Eine gute Runde rockt immer, das wollen wir ja gar nicht testen.

Offline Beral

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #9 am: 20.01.2011 | 14:43 »
Das ist keine entweder-oder Frage. Wir haben in der Diskussion beides und beides ist auf seine Weise sinnvoll.

Wenn der Autor eine Zielsetzung hat und das Produkt diese Zielsetzung erfüllt, ist das ein eindeutiges Qualitätsmerkmal. Der Kunde kann nämlich anhand der Zielsetzung abschätzen, ob das Produkt für ihn interessant sein könnte und auf diese Weise Zeit + Nerven sparen und außerdem mit größerer Wahrscheinlichkeit das gewünschte Produkt finden. Hat der Autor keine Ziele, dann ist das definitiv schlecht, denn der Kunde kann nur durch Ausprobieren herausfinden, ob das Produkt etwas für ihn sein könnte. Mängel bei diesem Punkt bedeuten nicht, dass das Produkt für niemanden geeignet ist. Siehe nächsten Punkt.

Breiter Erfolg bei der Kundschaft ist unabhängig vom ersten Punkt ein eigenes Qualitätsmerkmal. Die Ursache dafür kann der erste Punkt sein (Ziele des Autors und passende Werkzeuge, um hinzukommen), muss aber nicht.

Diese Betrachtungsweise kollidiert nicht mit der Tatsache, dass Geschmäcker verschieden sind und in jedem Einzelfall einen Einfluss darauf haben, ob ein Produkt, egal ob qualitativ gut oder schlecht, gefällt.
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killedcat

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #10 am: 20.01.2011 | 19:26 »
Diese Betrachtungsweise kollidiert nicht mit der Tatsache, dass Geschmäcker verschieden sind und in jedem Einzelfall einen Einfluss darauf haben, ob ein Produkt, egal ob qualitativ gut oder schlecht, gefällt.
Darum geht es auch nicht. Mir zumindest nicht. Ich behaupte nur, dass die Spiele, die als qualitativ gut bezeichnet würden, nicht qualitativ gut sind, sondern einfach nur weitere Produkte, gleichberechtigt neben allen anderen. So wie Dr. Schiwago nicht besser ist als die Biographie eines Dieter Bohlen oder Mozart nicht besser ist als Bro'Sis. Dr. Schiwago mag vielschichtiger sein und Mozart aufwändiger. Aber am Ende ist die Qualität bei Produkten nur anhand von Maßstäben messbar. Und die sind imho subjektiv. Und nur subjektiv. Egal wie objektiv die Kriterien sind, an die die Maßstäbe angelegt sind.

Die Gefahr bei Qualitäts-Aussagen ist eben die Einteilung besser und schlechter. Und zwar durch Maßstäbe die nicht von einem selbst angelegt wurden. Ich habe kein Problem mit Aussagen wie "Talislanta ist schneller, bietet einen unverbrauchteren Hintergrund und ist strukturierter als Ü&Ü". Aber ich habe große Probleme mit "Talislanta ist qualtitativ hochwertiger als Ü&Ü". Ich habe - ganz unabhängig von meiner sachlichen Einstellung - auch emotionale Probleme damit. Es reicht mir, wenn Besserwisser Bücher, Bilder und Kunstwerke in gut und schlecht einteilen. Klar kann ich das auch hier im Forum ignorieren, wie ich bereits bei den übrigen Kunstwerken tue. Aber das muss ja nicht schweigend geschehen ;)

Addendum:
Ich fände folgendes spannend: eine Webseite, auf der messbare Kriterien auf Rollenspiele angelegt werden können, und wo jeder User sein eigenes Bewertungsprofil eingeben kann. Also welches Kriterium für ihn wie gewichtet ist (auch gerne mal ins negative. Z.B. Je schlanker die Regeln desto schlechter). Eine Spezielle Sicht könnte dann die Varianz anhand der Diskrepanz aller User anzeigen.
« Letzte Änderung: 20.01.2011 | 19:42 von killedcat »

Offline Merlin Emrys

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #11 am: 20.01.2011 | 21:32 »
Ich würde nicht den Qualitätsanspruch aus der Diskussion streichen.
Nicht nötig, denn liegt schon im Begriff des Kriteriums. Anhand jedes Kriteriums läßt sich eine spezifische Qualität festmachen: Rechtschreibung gut / schlecht, Bebilderung gut / schlecht usw. usf. Die Qualität bliebe - aber sie würde dahin gerückt, wo sie zu finden ist, nämlich im Einzelnen.

Und spätestens, wenn Du das Preis-/Leistungsverhältnis an diesen Dingen festmachen willst, mußt Du einen Gesamtblick auf das "Produkt im Regal" werfen. Rechtschreibung auf 10 Punkten reißt Kreativität mit 1 Punkt im Preis-/Leistungsverhältnis schließlich nicht heraus. Im Punkt 4 geht es um die Leistung - als Rollenspiel, denn das ist das Produkt. Und wenn Du dann nur Marginalia summierst und dividierst, um auf das Zentrale zu schließen... dann stimmt da was am Ergebnis mE nicht.  [Edit: Es würde bei hypothetisch gleichem Preis für Talislanta und Ü&Ü nämlich doch genau darauf hinauslaufen: Aus Dingen, die mit dem RSP nicht viel zu tun haben (wie Rechtschreibung, Didaktik und Bebilderung) auf die eigentliche Leistung zu schließen, die aber ja eine Leistung für den Kern, das RSP, sein müsste, wenn sie der Assoziation gerecht werden will, die eben mit "Preis-/Leistungsverhältnis" verbunden ist.]  

Die Idee mit der Webseite, auf der man einfach mal sammelt, finde ich auch gut. Am Speicherplatz im Netz würde das nicht scheitern, aber ich habe derzeit nicht die Muße, die Seite zu programmieren...
« Letzte Änderung: 20.01.2011 | 21:37 von Merlin Emrys »

Offline Sephiron

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #12 am: 20.01.2011 | 22:34 »
@killedcat

Eine Einteilung in gute und weniger gute Spiele halte ich nicht für "gefährlich", sondern für absolut notwendig. Bei Videospielen sind Kurzbewertungen, nach einem ähnlichen Schema wie oben, gängige Praxis. Auch für Brett- und Kartenspiele gibts da umfangreiche Sammlungen, sogar für Kinderspielzeug.
Lediglich P&P-Spiele werden von Rezensenten ungern bewertet und wenn, dann meist in einem umfangreichen und ausführlichen Review, in dem nur selten Klartext geredet wird. Schließlich wissen wir Alle, wie empfindlich Rollenspieler und Rollenspieldesigner sein können, wenns um ihr Hobby bzw. ihre Arbeit geht.

Das hilft so leider niemandem. Jenen Entwicklern, die wirklich gute Produkte liefern wollen, helfen Samthandschuhe nicht weiter. Und der Kunde steht weiterhin ratlos da und kann nur raten, welches der vielen Spiele den Kauf wert ist.
Es gibt mittlerweile hunderte Rollenspiele, wahrscheinlich sogar deutlich mehr. Die meisten sind unglaublich mies. Die Videospiel-Szene ist da weiter, mMn nicht zuletzt wegen der aussagekräftigen Bewertungen in Videospielmagazinen und -webseiten.
Nach einer Bewertung sollte der Kunde wissen, ob er das Spiel kaufen sollte oder nicht, und der Entwickler, ob er gute Arbeit geleistet oder Mist gebaut hat.
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Offline Beral

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #13 am: 20.01.2011 | 22:43 »
Die Gefahr bei Qualitäts-Aussagen ist eben die Einteilung besser und schlechter. Und zwar durch Maßstäbe die nicht von einem selbst angelegt wurden. Ich habe kein Problem mit Aussagen wie "Talislanta ist schneller, bietet einen unverbrauchteren Hintergrund und ist strukturierter als Ü&Ü". Aber ich habe große Probleme mit "Talislanta ist qualtitativ hochwertiger als Ü&Ü".
Die Frage nach Kriterien ist eine andere als die Frage nach Qualität. Beides hat seine Berechtigung.

Kriterien, wie du sie schilderst, betreffen Geschmacksfragen. Ob ein System schnell oder langsam ist, ob der Hintergrund verbraucht ist oder nicht, welches Genre das Spiel hat - das sind allesamt Geschmacksfragen. Es ist kein Zufall, dass diese Fragen in der Qualitätsdiskussion nicht einbezogen wurden. Man hat sie intuitiv ausgeklammert.

Qualität bemisst sich natürlich auch an Kriterien, aber an solchen, die keine Geschmacksfrage sind. Und das macht den Unterschied. Kriterien werden dadurch zu Qualitätskriterien, dass sie Dinge betreffen, die unabhängig vom Geschmack sinnvoll und wünschenswert sind.

Eine Rezension sollte sowohl Qualitäts- als auch Geschmackskriterien enthalten.
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killedcat

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #14 am: 21.01.2011 | 06:14 »
Eine Einteilung in gute und weniger gute Spiele halte ich nicht für "gefährlich", sondern für absolut notwendig. Bei Videospielen sind Kurzbewertungen, nach einem ähnlichen Schema wie oben, gängige Praxis. Auch für Brett- und Kartenspiele gibts da umfangreiche Sammlungen, sogar für Kinderspielzeug.
Lediglich P&P-Spiele werden von Rezensenten ungern bewertet und wenn, dann meist in einem umfangreichen und ausführlichen Review, in dem nur selten Klartext geredet wird. Schließlich wissen wir Alle, wie empfindlich Rollenspieler und Rollenspieldesigner sein können, wenns um ihr Hobby bzw. ihre Arbeit geht.
Bei Computerspielen ist das Ergebnis der angeblich objektiven Scores auch so einheitlich, dass erst der Metascore, also der Durchschnitt über die Zeitschriften hinweg, tatsächlich Bedeutung hat. De facto unterscheiden sich die Werte von Zeitschrift zu Zeitschrift derart, dass meist von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt alles drin ist. Wo ist er denn, der objekive Maßstab? Nur wenige Games erreichen tatsächlich höchste Metascores und selbst da ist die Spannweite der Werte beachtlich. Und dabei haben wir noch nicht über die Einflussnahme der Industrie gesprochen.

Nein, auch Rezensionen in anderen, kreativen Bereichen zeigen nichts weiter als Meinungen. Solange man dazu steht, ist imho alles erlaubt. Gerne auch irgendwelche Scores. Kritisch wird es für mich nur, wenn der Glaube entsteht, das sei objektiv.
« Letzte Änderung: 21.01.2011 | 06:16 von killedcat »

Offline Beral

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #15 am: 21.01.2011 | 07:31 »
Nein, auch Rezensionen in anderen, kreativen Bereichen zeigen nichts weiter als Meinungen. Solange man dazu steht, ist imho alles erlaubt. Gerne auch irgendwelche Scores. Kritisch wird es für mich nur, wenn der Glaube entsteht, das sei objektiv.
Zwischen Kriterien und Bewertung ist zu unterscheiden. Die Kriterien können objektiv sein, die Bewertung, die sich darauf stützt, muss nicht objektiv sein - und kann vielleicht gar nicht objektiv sein.

Weiterhin ist zu sagen, dass in anderen kreativen Bereichen auch nicht zwischen Qualitäts- und Geschmackskriterien unterschieden wird.
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killedcat

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #16 am: 21.01.2011 | 07:32 »
Zwischen Kriterien und Bewertung ist zu unterscheiden. Die Kriterien können objektiv sein, die Bewertung, die sich darauf stützt, muss nicht objektiv sein - und kann vielleicht gar nicht objektiv sein.
DAS ist GENAU meine Aussage. Ja: es können objektive Kriterien angelegt werden. Nein: das sind keine Qualitätsmerkmale sondern nur Beschreibungen. Perfekt!

Da zitiere ich mich nochmal selbst:
Zitat
Ich habe keine Probleme damit, wenn objektiv messbare Merkmale von Rollenspielen aufgezeigt werden. Probleme habe ich damit, wenn diese als Qualitätsmerkmale gelten.
« Letzte Änderung: 21.01.2011 | 07:35 von killedcat »

ErikErikson

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #17 am: 21.01.2011 | 08:57 »
Ich würde ja einfach aus dem Konsens Kriterien aufstellen und gut. Solange die explizit und transparent sind, ist dagegen doch nichts einzuwenden.

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #18 am: 21.01.2011 | 09:21 »
DAS ist GENAU meine Aussage. Ja: es können objektive Kriterien angelegt werden. Nein: das sind keine Qualitätsmerkmale sondern nur Beschreibungen. Perfekt!
Ich unterscheide Kriterien und Bewertung. Und bei den Kriterien unterscheide ich Qualitäts- und Geschmackskriterien. Deine Aussage ist eine andere.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #19 am: 21.01.2011 | 09:55 »
Weiterhin ist zu sagen, dass in anderen kreativen Bereichen auch nicht zwischen Qualitäts- und Geschmackskriterien unterschieden wird.
Ja - und am Ergebnis sieht man, wohin das führt: Momentane Eskapaden ohne Zukunftsperspektive. Die Anzahl der begeisterten Rezipienten bewegt sich ungefähr in dem Rahmen der Zahl der am Schaffen des Werkes beteiligten Kunstschaffenden, der Rest der Welt hält sich davon fern.
Das ist aber mE nicht einmal der Sinn einer Rezension, noch viel weniger der Sinn einer Liste von Qualitätsmerkmalen, die diesen Namen auch verdient.

Ich unterscheide Kriterien und Bewertung.
Und wie verhalten sich Kriterien und Bewertung zueinander? Ist die Bewertung abgeleitet aus der Erfüllung der Kriterien? Dann ist der Unterschied immerhin nur, daß das eine etwas voluminöser als das andere ist, aber alles betreffs der Kriterien gilt auch für deren "Summe", die Bewertung. D.h. über den Zusammenhang von Kriterien und deren "Summe", die darauf aufbauenden Bewertung, behauptet man dann eben doch, daß Rechtschreibung für ein Rollenspiel ein ebensolches "Qualitätsmerkmal" ist wie Kreativität, vielleicht etwas leichter zu gewichten, aber ohne qualitativen Unterschied.
« Letzte Änderung: 21.01.2011 | 09:56 von Merlin Emrys »

Offline Beral

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #20 am: 21.01.2011 | 11:09 »
Und wie verhalten sich Kriterien und Bewertung zueinander?
Kriterien sind eine Vorlage für die Bewertung. Aber selbst bei identischen Kriterien und identischem Produkt kommen mehrere Bewerter zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Persönlichkeitseigenschaften des Bewerters spielen unweigerlich mit rein. Das passiert selbst bei simplen Aufgaben. Hol einen längeren Ast aus dem Wald und lass 10 Leute die Länge dieses Astes mit dem gleichen Zollstock messen. Du wirst unterschiedliche Ergebnisse bekommen, obwohl alle das gleiche Kriterium bewerten und sogar das gleiche Messwerkzeug verwenden.

Länge als Kriterium ist das Eine. Die Längenmessung als Bewertungsprozess ist das Andere. Im Rollenspiel wird das ganze viel komplizierter. Wir haben keine so präzise Werkzeuge wie Zollstöcke. Die Eigenschaften des Bewerters werden eine größere Rolle spielen als beim Ausmessen der Astlänge und die Bewertungsergebnisse werden deutlich mehr variieren - selbst wenn wir die Kriterien des Rollenspiels messerscharf herausarbeiten. Das liegt einfach an der Komplexität des Untersuchungsobjekts.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #21 am: 21.01.2011 | 18:18 »
Kriterien sind eine Vorlage für die Bewertung. ...
Länge als Kriterium ist das Eine.
Nun ja. Ja, genau. Sagen wir, wir haben einen Ast, einen Zollstock und die Aufgabe, zu bestimmen, ob der Ast in bezug auf "dunkelbraun" ein "guter" Ast ist, weil das nun einmal das ist, was er sein soll, um ein für seine Bestimmung "gut geeigneter" Ast zu sein und demzufolge einen hohen Preis zu erzielen. Dann ist Länge als Kriterium weiterhin für diesen Ast wie für jeden anderen anwendbar. Aber der Ast könnte hellbraun sein, oder schwarzbraun, oder sogar - wenn es ein junger Trieb ist - grün. Was machen wir nun mit dem Zollstock? Sagen wir, je länger der Ast, desto besser, weil er dann zwar nicht unbedingt dunkelbraun ist, aber wir wenigstens viel Ast einer beliebigen Farbe anschleppen können?
Dann können wir uns sinnvoll den Kopf darüber zerbrechen, wie man Astlängenbestimmungen vermittels Zollstock etwas weniger subjektiv macht. Z.B. indem man bei der Aufgabenstellung sagt, was man für den "Astanfang", was für das "Astende" hält und daß man die gerade linie zwischen diesen beiden Punkten als Astlänge betrachten sollte. Dann werden die Angaben vermutlich ganz passabel miteinander harmonieren, die man bekommt, auch wenn verschiedene Leute messen - sicher nicht millimetergenau, aber mit halbwegs akkurat arbeitenden Mess-Leuten im Bereich der 5%-Fehler-Toleranz.

Wenn wir aber feststellen, daß mit einem Zollstock nicht zu bestimmen ist, welche Farbe der Ast hat, sollten wir dann nicht vielleicht bei aller Liebe zur Mathematik erst einmal darüber reden, welche Methonden es gibt, um einen Ast als "dunkelbraun" zu erkennen? Denn für das Preis-/Leistungsverhältnis ist dann ja die Länge nur ein marginales Kriterium, wenn der Preis sich an der Annäherung an das optimale Dunkelbraun bestimmt.

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #22 am: 22.01.2011 | 16:27 »
Ihr redet euch an einem Beispiel tot.

Bisher gibts drei große Bereiche des fertigen Produktes, die man bewerten kann:

1. Handwerkliche Buchgestaltung und Druck/Satz/Bindungs-Qualität.
2. Inhaltliche Vermittlung/Didaktik, Struktur und Aufbau.
3. Regelwerk

Zu den ersten beiden Punkten lassen sich klare Wertungen finden. Der letzte Punkt ist wesentlich komplizierter.

Welche Maßstäbe gibt es für Punkt 3?

- Ziele des Autors.
- Spielweisen der meisten Runden und Eignung für diese Spielart. (Best Practice?)
- Vergleich an einem Idealbild.
- ?

Offline Merlin Emrys

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #23 am: 22.01.2011 | 17:32 »
Welche Maßstäbe gibt es für Punkt 3?
Wäre nicht erst einmal zu klären, ob es da überhaupt Maßstäbe für "gut" / "schlecht" gibt, bevor man mit dem "welche" loslegt?

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Re: Objektive Qualitätsmerkmale für Regelwerke 2
« Antwort #24 am: 22.01.2011 | 20:04 »
@Merlin Emrys
Klar gibt es die!

VtM, das Spiel um den pers. Horror! Setting schreit Intrige und System schreit Cool Powerz.
Das ist nach dem ersten Bewertungskriterium miserabel, nach dem zweiten naja.... meine Erfahrungswelt schaut so aus, dass das System nicht RAW genutzt wurde und damit schaut es auch miserabel aus. Wir selbst haben eine Cool Powerz Runde gezockt und dafür war es Klasse. nicht überragend, aber flüssig und effektreich.

Nächstes Beispiel:
VPS2: eine Menge guter Ideen, die einfach im Spiel keinen Einfluss haben und eine Menge Gamebreaker. Erst massive Hausregeln machen daraus ein gutes System.
Das wäre hier auch schlecht bewertet.

Ein gutes Beispiel wäre Polaris. Die Regeln stützen das von den Designern erstrebte Spielerleben und es läuft. Es gibt keine ungeregelten Situationen und keine überflüssigen Regeln.

Ein weiteres gut designtes Spiel ist Western City. Keine überflüssige Regel und keine ungeregelte Situation.

Fate2 würde auch schlecht abschneiden, da es nur eine Regelidee liefert, die man selbst fertig schreiben muss.

Ich sehe eine Menge objektiv Gutes und Schlechtes.

Gibts noch mehr Maßstäbe?