Autor Thema: Hierarchie und Railroading  (Gelesen 3280 mal)

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Taschenschieber

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Hierarchie und Railroading
« am: 11.08.2011 | 21:11 »
Moin moin!

Ein paar Vorbemerkungen, warum ich diesen Thread starte: Neulich hatte ich endlich mal Gelegenheit, Savage Battletech anzutesten. Die Spielercharaktere sind eine Lanze irgendwo in der Davion-Armee, die sich grade mit einer ulkigen Invasion rumschlagen.

Außerdem bastel ich gerade an einem eigenen System/Setting - grob gesagt sind die Charaktere dabei Ermittler beim Metropolitan Police Service (aka Scotland Yard).

Mit diesem Setting habe ich auch schon eine Testrunde geleitet. Und beide Male hatte ich das Gefühl, dass die Hierarchien (die SCs tun in beiden Fällen das, was ihr Vorgesetzter sagt) mehr oder weniger zu Railroading führen - in beiden Fällen besteht/bestand das Abenteuer halt darin, dass die SCs Befehle kriegen und die ausführen. Einfluss auf den Plot? I wo.

Die eigentlich spannende Frage wäre jetzt, was dagegen tun. Dazu fallen mir mehrere Lösungen ein:

* die nebenan geklaute Variante, nach der die Spieler zwei Chars haben, einen auf der Entscheiderebene und einen auf der "Ausführerebene" - wäre bei Savage Battletech in einer Kampagne wohl eine praktikable Idee
* die SCs haben ihr eigenes Aufgabenfeld, in dem sie relativ frei agieren können, der Chef mischt sich nur gelegentlich ein / ist  eh zu inkompetent / hat kein Durchsetzungsvermögen / kann von den SCs getäuscht werden (praktikabel in der Ermittler-Variante)

Beide Varianten sind aber alles andere als ein Allheilmittel.

Mich würde mal interessieren, ob ihr mir in der Problembeschreibung zustimmt und was für andere Lösungsansätze euch noch einfallen würden. Zumindest mit einem der beiden Settings könnte ich mir in naher Zukunft nämlich auch eine Kampagne vorstellen.

Gruß,
Stephan

Offline KlickKlack

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #1 am: 11.08.2011 | 21:38 »
Den Charakteren ein Privatleben gönnen und sie generell mit gehaltvollen Hintergrund ausrüsten. Es ist völlig selbstverständlich in vielen Bereichen des Lebens eher Macher, als Entscheider zu sein - grade bei solchen Szenarien, wie Du sie ausgewählt hast. Railroading unterbindest Du am Besten, in dem Du Motivation schaffst ergo, die Spieler Charaktere entwickeln, die eine eigene Meinung haben, eigene Perspektiven einnehmen können und somit überhaupt einen Grund haben eigene Wege zu beschreiten...

Eulenspiegel

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #2 am: 11.08.2011 | 21:40 »
* Der Chef vergibt Aufträge. Wie diese aber generell gelöst werden, ist ihm egal. Nach dem Motto: "Ich will Ergebnisse sehen. Nerven sie mich nicht mit Details."

Bestes Beispiel dafür ist James Bond: Dessen Vorgesetzter M sagt ihm, wo das Problem liegt und dass es gelöst werden soll. Wie das Problem jetzt aber im Detail gelöst wird, entscheidet James Bond selbstständig.

BTW: Das was du meinst, ist kein Railroading sondern Partizipationismus.  ;)

Pyromancer

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #3 am: 11.08.2011 | 21:41 »
"Klären sie den Mord auf!"
"Erobern sie dieses Fort!"
"Finden sie eine sichere Handelsroute durch den Dschungel!"
"Holt das Dingens aus dem Dungeon!"

Das sind Abenteuer-Aufhänger, kein Railroading.

Taschenschieber

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #4 am: 11.08.2011 | 21:45 »
BTW: Das was du meinst, ist kein Railroading sondern Partizipationismus.  ;)

Für mich alles gleich schlimm ;)

Und ja, wenn es denn nur "Klären Sie diesen Mord auf" ist, dann ist das sicherlich kein Railroading (höchstens insofern, als dass die Spieler keine Wahl haben, als sich mit DIESEM Abenteuer zu befassen). Wenn es aber um "Lanze 3 fällt dem Feind genau hier in die Flanke" geht?

Und ganz auf so exakte Befehle zu verzichten, ist eben in manchen Settings unrealistisch. Da bräuchte es dann evtl. auch einfach eine Metagame-Lösung, dass die Spieler darauf Einfluss haben, welche Befehle ihre Chars bekommen...

Offline Bad Horse

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #5 am: 11.08.2011 | 21:48 »
Naja, bei der Ermittlerrunde mischt sich der Chef halt nur ein, wenn die Kacke wirklich am Dampfen ist.

In der BT-Runde bieten sich entweder kleinere Einsätze an, wo die Lanze relativ autark agiert, oder ein total inkompetenter Vorgesetzter, der überhaupt nicht weiß, was er da macht und den man irgendwie absägen muss - und solange versuchen kann, zu überleben...
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Pyromancer

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #6 am: 11.08.2011 | 21:50 »
Und ja, wenn es denn nur "Klären Sie diesen Mord auf" ist, dann ist das sicherlich kein Railroading (höchstens insofern, als dass die Spieler keine Wahl haben, als sich mit DIESEM Abenteuer zu befassen). Wenn es aber um "Lanze 3 fällt dem Feind genau hier in die Flanke" geht?

Und ganz auf so exakte Befehle zu verzichten, ist eben in manchen Settings unrealistisch.

Wenn man sich ein bisschen Mühe gibt, dann geht das.

Offline Tudor the Traveller

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #7 am: 11.08.2011 | 21:53 »
Es gehört nunmal zu militärischen Kampagnen, dass es eine Befehlskette gibt. Das muss mE auch so sein, alles andere würde sich falsch anfühlen.

Dennoch ist die Frage, auf welcher Ebene die SC angesiedelt sind. Die SC agieren ja vermutlich in einer kleinen Gruppe (eben z.B. eine Lanze), da wird kein General o.ä. mitlaufen. Die SC haben dann Anweisungen, die auch recht konkret sein können, aber in der Ausführung wird die Gruppe noch immer kurzfristige Entscheidungen fällen müssen. Da kann man nicht jedes Detail immer mit ganz oben abklären, zumal der Vorgesetzte vielleicht nicht genug Informationen hat, um die Lage beurteilen zu können. Also RR ist das nicht. Selbst das Szenario / der Plot kann sich kurzfristig durch die Umstände, die ja in Wechselwirkung mit den Aktionen der SC stehen, völlig verändern.

Zitat
"Lanze 3 fällt dem Feind genau hier in die Flanke"

Tja, leider hat sich die Flanke völlig verschoben, bis die SC soweit sind. Und nun?
« Letzte Änderung: 11.08.2011 | 21:55 von Tudor the Traveller »
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Offline Koenn

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #8 am: 11.08.2011 | 21:59 »
Naja, bei einer meiner Runden ist das so: Die Charaktere geben sich selbst die Aufgaben, ich konfrontiere sie eher mit Tatsachen und Problemen. Die könnten sie theoretisch auch ignorieren oder delegieren, aber das meiste machen sie doch mit eigener Laufarbeit. Bisher macht das auch sehr viel Spaß als SL zu sehen, wie verschieden sie da auch in character diskutieren, wie man das Problem lösen könnte, ich muss nur NSC-Rollen sprechen für die Informationen. Den Spielern einfach so Aufträge geben, die von einer anderen Obrigkeit kommt, ist immer seltener der Fall.

Allerdings muss man für diese Spielweise auch die dazu passenden Spieler haben, eher unerfahrene Rollenspieler lassen sich gerne zur Aktion oder dem Gespräch tragen.
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Offline Tjorne

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #9 am: 11.08.2011 | 22:48 »
Tja, leider hat sich die Flanke völlig verschoben, bis die SC soweit sind. Und nun?

Genau das. Bei Aufträgen in einer Militärkampagne kommt immer was dazwischen. IMMER. Entweder die Informationen sind unzureichend, oder die Verstärkung kommt nicht, oder die Artillerieunterstützung geht daneben (in die eigenen Reihen oder nur ins Wasser?) oder Die Granaten sind Blindgänger oder es ist ein verstecktes Selbstmordkommando oder der Feind hat eine Falle gestellt oder das Wetter kommt dazwischen oder da ist plötzlich ein Funkloch oder Zivilisten oder oder oder... Das muss so in Fleisch und Blut übergehen, dass die Spieler Blut und Wasser schwitzen, wenn mal was völlig nach Plan läuft - weil sie ständig auf eine Falle warten.


Ansonsten schließe ich mich meinen Vorrednern an.
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Offline YY

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #10 am: 11.08.2011 | 23:01 »
Wenn es aber um "Lanze 3 fällt dem Feind genau hier in die Flanke" geht?

Und ganz auf so exakte Befehle zu verzichten, ist eben in manchen Settings unrealistisch.

Führen mit Auftrag vs. Führen mit Befehl.
Führen mit Auftrag halte ich bei Davion (insbesondere während einer Invasion) für relativ naheliegend.


Zu den Ermittlern:
Gerade die sind ja relativ frei im Vergleich zu vielen anderen Polizisten.
Das würde ich auch so handhaben, dass der Chef die Fälle zuteilt und Ergebnisse sehen will - mehr aber auch nicht.

Ich leite übrigens gerade eine Polizeirunde und habe mir das noch etwas einfacher gemacht:
Die SC-Gruppe orientiert sich stark am Strike Team aus "The Shield" und kann dementsprechend sehr frei agieren bzw. macht das einfach und biegt es hinterher so hin, dass es nicht allzu schlimm aussieht  ;D
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Taschenschieber

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #11 am: 11.08.2011 | 23:15 »
Okay. Für meine beiden konkreten Fälle habe ich jetzt genug Ideen gekriegt (die ich evtl. sogar dann in mein Setting einfließen lasse, wenn's so weit ist). Danke für alle Anregungen soweit.

Trotzdem würde mich die theoretische Grundlage noch mal interessieren: Die SCs sind in einer Kommandostruktur mit Befehlen, die sie nicht umgehen können, und ohne diese Struktur würde das Setting nicht "echt" wirken. Wie löst man das, ohne dass die SCs nur noch einem vorgefertigten Schema folgen können?

Offline YY

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #12 am: 11.08.2011 | 23:30 »
Klang ja schon an:

Die SCs räumlich und in Sachen Kommunikationsmitteln so weit von den Vorgesetzten entfernen, dass sie frei(er) agieren dürfen müssen, um unter sich ständig ändernden Umständen sinnvoll handeln zu können.

Oder ihnen aus anderen Gründen genug Freiheit lassen; es werden jedenfalls nicht konkrete Handlungsanweisungen gegeben, sondern Absichten und Ziele formuliert.
Das ist in einigen Konstellationen ein gewaltiger Unterschied.


Anders rum:
Wenn Vorgesetzte jederzeit den aktuellen Stand abfragen und ganz konkrete Anweisungen geben können (und das auch tun  ;)), ist der Spielraum für die Befehlsempfänger sehr klein.
Diesen Fall gilt es also weitgehend zu vermeiden - höchstens mal hier und da als Kontrast einbringen, wenn es z.B. um was Wichtiges geht und irgendein Vorgesetzter meint, sich da besonders profilieren zu müssen o.Ä..
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Offline Tjorne

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #13 am: 11.08.2011 | 23:31 »
"Führen mit Auftrag", YY hat den Fachbegriff doch genannt.
Was genau ist denn noch unklar? (Ernste Frage)

Ich mein, die SC bekommen einen Auftrag und einige Freiheit bei der Umsetzung - das ist doch universell, oder? Und Komplikationen, bei denen man improvisieren muss, sind auch oft einsetzbar. Natürlich sollte man vermeiden, dass de SCs bei jedem Klainkram nachfragen, wie sie das machen können - aber das geht it schwer beschäftigten Vorgesetzten (sei es mit Arbeit, Intrigen oder Nutten beschäftigt) eigentlich auch immer - die wollen nur gestört werden, wenn es ERGEBNISSE gibt.
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Pyromancer

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #14 am: 11.08.2011 | 23:35 »
Trotzdem würde mich die theoretische Grundlage noch mal interessieren: Die SCs sind in einer Kommandostruktur mit Befehlen, die sie nicht umgehen können, und ohne diese Struktur würde das Setting nicht "echt" wirken. Wie löst man das, ohne dass die SCs nur noch einem vorgefertigten Schema folgen können?

Ich spiele ja gerne und oft in Settings mit Hierarchien und Befehlsketten, und in der Praxis hatte ich das Problem noch nie. Die SCs kriegen einen Befehl, aber wie der dann befolgt wird ist ihre Sache. Ein Vorgesetzter, der Micro-Management betreibt und jeden noch so kleinen Schritt vorgibt ist ein schlechter Vorgesetzter - die gibt es zwar auch, haben aber normalerweise eine kurze Halbwertszeit.

Taschenschieber

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #15 am: 11.08.2011 | 23:37 »
Wie gesagt: Mir geht es jetzt um den hypothetischen Fall, dass Führen mit Befehl aus irgendeinem Grund (Spielweltplausibilität) notwendig oder gewünscht ist. Für die konkreten Fälle, die ich im Eingangspost geschildert hatte, ist Führen mit Auftrag natürlich die Schweizer-Taschenmesser-Lösung.

Pyromancer, die Befehle / den Umgang damit direkt als Spielelement zu übernehmen, klingt natürlich auch nach einer eleganten Lösung...

Offline Tjorne

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #16 am: 11.08.2011 | 23:44 »
Führen mit Befehl ist oft/meist eine schlechte Idee. Da hilft natürliche Selektion... wenn der Vorgesetzte das ein paar mal gemacht hat, und dann noch lebt, kann er entweder wegen schlechter Ergebnisse strafversetzt werden oder Friendly Fire kassieren...
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Offline YY

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #17 am: 11.08.2011 | 23:46 »
die Befehle / den Umgang damit direkt als Spielelement zu übernehmen, klingt natürlich auch nach einer eleganten Lösung...
Geht ja auch nicht anders, weil sich konkrete Befehle eben so in den Vordergrund drängen.

Dann dreht sich ein Großteil des Spiels eben darum, ob und wie man diese Befehle befolgt - mit allen möglichen Konsequenzen.

Da sollte man sich mMn aber nicht allzusehr von Filmen o.Ä. leiten lassen; gerade an der Front weichen Hierarchien oft auf, verlieren schlechte Vorgesetzte viel Autorität und es ergeben sich durchaus Möglichkeiten, wie Untergebene sich gewisse Freiheiten erschleichen, erpressen oder sonstwie sichern können.

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Pyromancer

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #18 am: 11.08.2011 | 23:57 »
Pyromancer, die Befehle / den Umgang damit direkt als Spielelement zu übernehmen, klingt natürlich auch nach einer eleganten Lösung...

 wtf? Kann man es auch anders machen?  wtf?
Der "Trick" bei solchen hierarchischen Settings ist halt, dass man als lebenswilliger SC in einem Kriegs-Setting einen Befehl nicht offen verweigern kann. Aber Missverständnisse passieren, Funkgeräte fallen in kritischen Momenten aus, und unfähige Jungoffiziere werden schonmal aus Versehen von hinten angeschossen.
In zivilen Settings kann man schonmal einen Befehl offen missachten, wenn man hinterher Erfolge vorweisen kann, die einem Recht geben (allerdings nicht zu oft); oder man befolgt einen Befehl wortwörtlich und scheitert absichtlich, um den ungeliebten Vorgesetzten schlecht dastehen zu lassen und vielleicht seinen Posten zu ergattern. Hach, da gibt es so viele Gelegenheiten zu gutem Rollenspiel...

Offline Benjamin

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #19 am: 12.08.2011 | 06:58 »
Den Charakteren ein Privatleben gönnen und sie generell mit gehaltvollen Hintergrund ausrüsten. Es ist völlig selbstverständlich in vielen Bereichen des Lebens eher Macher, als Entscheider zu sein - grade bei solchen Szenarien, wie Du sie ausgewählt hast. Railroading unterbindest Du am Besten, in dem Du Motivation schaffst ergo, die Spieler Charaktere entwickeln, die eine eigene Meinung haben, eigene Perspektiven einnehmen können und somit überhaupt einen Grund haben eigene Wege zu beschreiten...
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Offline Settembrini

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #20 am: 12.08.2011 | 07:29 »
Settembrini der Weise spricht:

Wer nicht die gesamt Schlacht modelliert,
sich dann über railroading geniert.
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Offline Tudor the Traveller

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #21 am: 12.08.2011 | 08:21 »
Ich muss jetzt nochmal nachfragen, Taschenschieber, was du genau meinst. Den Fall, wo der Befehlshabende mitläuft aber kein SC ist? Denn anders kann ich mir das kaum vorstellen, dafür müsste ja permanente Kommunikation mit dem Befehlshabenden bestehen.
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Offline Hotzenplot

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #22 am: 12.08.2011 | 09:05 »

Mich würde mal interessieren, ob ihr mir in der Problembeschreibung zustimmt [...]

Nein.

Du beschreibst etwas, was es in vielen Kampagnen zumindest am Anfang gibt. Klassischerweise sind die SC zu Beginn Anfänger, Rookies, Schwächlinge, Nichtsnutze, um später zu großen Helden aufzusteigen. D.h., im Anfängermodus zu Beginn der Kampagne gibt es eine Menge NSC die hierarchisch übergeordnet sind. Wenn man allein daraus railroading begründen würde, wäre jede dieser klassischen Kampagnen zumindest anfangs railroading.

Die Entscheidung des Spielers, etwas zu tun oder zu lassen und die Entwertung dieser Entscheidung hat meiner Meinung nach nur bedingt mit den echten hierarchischen Strukturen in der Spielwelt zu tun. Wenn die Spieler XY tun wollen, dann befielt NSC XY eben genau das. Heißt: Die Spieler stehen mMn immer über den NSC, auch wenn ihre SC das nicht tun. Dazu gibt es doch die Metaebene im Spiel.
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Offline Settembrini

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #23 am: 12.08.2011 | 09:46 »
Zudem bei Battletech das Problem ehe sehr schwer zu verstehen ist:

"Fallt in die linke Flanke" heißt ja immer noch, daß jeder volle Kontrolle über seinen Mech behält, für das Gefecht. Da müßte der Vorgesetzte ja befehlen: "Du bewegst Dich drei Felder nach Norden, dann feuerst Du zwei M-Laser".

Ansonsten spielt man eben eine Söldnereinheit für volle Freiheit...

Ergo: Da läuft etwas schief, aus der Ferne wissen wir nicht was. Es liegt aber zu 99.9% am Spielleiter.
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Offline Grey

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #24 am: 12.08.2011 | 10:00 »
Zunächst mal schließe ich mich meinen diversen Vorrednern an: wo ist das Problem? Das "Railroading" durch die Befehlskette endet damit, daß der Befehl einen Aufhänger fürs Szenario darstellt. Die unvermeidlichen(!) unvorhergesehenen Komplikationen, gepaart mit Inkompetenz wahlweise der Späher, der Unterstützer-Einheiten oder des befehlshabenden Vorgesetzten selbst (irgendjemand in der Kette ist _immer_ inkompetent, ob jetzt beim Militär, an der Uni oder in der freien Wirtschaft) zwingen die SCs doch schon zwangsläufig zum eigenständigen Agieren.

Du beschreibst etwas, was es in vielen Kampagnen zumindest am Anfang gibt. Klassischerweise sind die SC zu Beginn Anfänger, Rookies, Schwächlinge, Nichtsnutze, um später zu großen Helden aufzusteigen. D.h., im Anfängermodus zu Beginn der Kampagne gibt es eine Menge NSC die hierarchisch übergeordnet sind. Wenn man allein daraus railroading begründen würde, wäre jede dieser klassischen Kampagnen zumindest anfangs railroading.
+1 besonders hierzu.

Als Lektüre zu dem Thema empfehle ich "Der Ewige Krieg" von Joe Haldeman. Da hast du einmal die ganze Palette zur Ansicht: ein Soldat, der Befehle ausführen soll, die er nicht einsieht; der durch eigenmächtiges Handeln Kameraden den Arsch rettet und dafür noch einen Rüffel bekommt; der gegen seinen Willen durch Erfahrung und pures Dienstalter in der Hierarchie aufsteigt; und der am Ende selber eine Einheit von armen Schweinen führen soll, wie er selbst es mal war. Was dieses Buch von Anfang bis Ende wie ein roter Faden durchzieht, ist u.a. die Erkenntnis: nichts funktioniert je so, wie die Befehlshaber es sich vorher überlegt haben; am wenigsten die SCs, äh, Soldaten. ;)
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
--
Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Offline Kriegsklinge

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #25 am: 12.08.2011 | 10:04 »
Verstehe das Problem auch nicht so ganz. In einem Spiel mit Spielleiter ist es doch geradezu deine Aufgabe, den Spielern Abenteuergelegenheiten zu verschaffen - und bei einer Militäreinheit gehört dazu halt auch "Begeben Sie sich nach XY und greifen Sie Dingsbums an, aber pronto!". Weshalb die Spieler dann keinen Einfluss mehr haben sollen, kapier ich nicht. Die können doch dann alles machen, bis hin zu "Höhö, der Alte spinnt wohl, wir gehen lieber wohin, wo´s ruhig ist und treten für Geld mit unseren Mechs gegen Kampfhunde an". Natürlich ist so ein Befehl ein gewissen Einfluss von SL-Seite auf den Plot, aber wie soll das denn anders funktionieren, geschweige denn: Spaß machen? Immerhin könnten die Spieler auch sagen, nee, machen wir nicht, wie haben keinen Bock auf euren doofen Krieg/wir laufen zum Feind über/wir stellen die Autorität des Kommandeurs in Frage und fordern ihn zum Duell. Wo dann aber wieder andere Elemente des Rollenspiels reinkommen: Ist es plausibel, dass sie das machen? Ergibt es sich irgendwie schlüssig (nicht unbedingt: realistisch) aus den Tschars? Und natürlich: Macht es bei einem BT-Spiel nicht eigentlich viel mehr Spaß, das zu beackern, worum sich das Spiel dreht, nämlich eben grade: Militäreinsätze? Aber damit die Spieler sich zu solchen Fragen überhaupt sinnvoll verhalten können, muss man ihnen ja erstmal was vorsetzen ...

Immerhin ist es ja schon eine gewisse Begrenzung der Plotmöglichkeiten, dass ihr BT spielt und nicht irgendwas Anderes - sie können jetzt nicht mehr den Weihnachtsmann oder die Jungfrau Maria spielen. Und auch weniger extrem angegangen, hat der Settembrini doch recht. Was und wie die Einheit dann bei ihrem Einsatz genau macht, liegt doch nur an denen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Nicht komplizierter machen, als es ist.

Oder versteh ich bloß nicht richtig, was dich eigentlich stört?

El God

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #26 am: 12.08.2011 | 10:17 »
Irgendwie vermute ich fast, dass du eher keine Lust auf ein Spiel mit einem hierarchisch vorgesetzten NSC hast. Ich kanns nachvollziehen. Einer der Gründe, warum ich reine pseudorealistische Militärsettings nicht spiele. Das benötigt, wenn überhaupt, einen SL, der mit der Verantwortung, einen solchen NSC zu führen, auch ordentlich umgehen kann - das Frustpotential ist ungemein hoch.

Offline mattenwilly

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Re: Hierarchie und Railroading
« Antwort #27 am: 12.08.2011 | 13:42 »
Der Übergang von "Auftragstaktik" (Erreichen sie Ziel x) zu "Befehlstaktik" (Gehen sie 2 rechts, 4 gerade, 1 Link und sie sind an x) ist fliessend. Es gibt Extreme (Vietnam hatte Generäle die aus dem Hubi einzelne Soldaten kommandierten) aber in der Regel löst sich auf der Ebene Zug / Lanze die Sache etwas auf. Such mal die alte Serie "Dienst in Vietnam/Tour of Duty", die ersten beiden Staffeln gelten als recht realistsch. Und die US-Army verwendet Befehlstaktik sogar noch beim Besteigen der Mutti. Damit alles auf die korrekte und vorschriftsmäßige Art und Weise geschieht(1)

Auf der Ebene der Spieler wird der Vorgesetzte, gerade bei Mechs, alle persönlich kennen und ihre Fertigkeiten einschätzen(2). Dann sollten seine Befehle grob sein. Weil "Ich weis das Sam Späher den besten Weg suchen wird, Gustav Gunbunny seinen Stalker richtig parkt und Gerd Grashüpfer seinen Grashopper effektiv einsetzen kann. Da sind zu viele Details unsinnig. Am Ende gibt das noch Diskussionen" Bei Mechs hilft es das IIRC die Piloten ja auch nicht "einfache Soldaten" sondern "Junioroffiziere" sind.

Ansonsten:

Davion: Hier macht eh jeder was er will, da kann der General noch so befehlen. Wird ignoriert, falsch verstanden etc. Im Zweifel war man nachher ein Agent von Hanse

Steiner: Da wird preussisch-korrekt das Monokel eingeklemmt und der Befehl erst mal bewertet. Wenn er falsch erscheint ignorieren, selber besser machen. Ggf. wird man nachher erschossen

Kurita: Wenn der Samurai erkennt das der Befehl falsch ist wird er dreimal darauf hinweisen. Dann wird er seine Pflicht gegen das Kombinat über alles andere Stellen, das Richtige tun und sich anschliessend entweder entleiben oder ins Kloster gehen

Liao: Der Kanzler ist allwissend. Der Kanzler lässt seinen tapferen Kriegern steht alles nötige Wissen in Form genialer und siegbringender Befehle zukommen. Somit ist der erteilte Befehl die korrekte und beste Lösung und wird vom treuen Krieger befolgt weil er keinen besseren Weg gibt

Marik: Wir betrachten den Befehl erst mal als richtig. Es sei den der Word of Blake Adept ist anderer Meinung. Oder er kommt vom falschen Thomas Marik. Oder wir gehören zu einer der anderen wichtigen Familien. Dann machen wir ggf. etwas Bürgerkrieg, spalten uns ab oder machen andere lustige Sachen. Die Feinde von aussen ignorieren wir, die werden das schon verstehen. Anschliessend saufen wir zusammen einen und verkaufen allen anderen Mechs bis wir in C-Notes Schwimmen

Peripherie: Wenn die Befehle nicht passen gründen wir nen neuen Staat. Oder wir sind mit der Herschering verheiratet, dann ignorieren wir sie. Oder wir haben eh keine Mechs.

Piraten: Wenn die Befehle nicht passen erschiessen wir den Befehlsgeber. Dann geben wir die Befehle. Wenn die jemand nicht passen erschiesst der uns. Warum sind wir noch mal erfolglos

KKKlans: Dosensuppen denken nicht! Jawohl mein F<<<Khan! Genozid mein Khan! Gut mein Khan!


(1) Es ist ironisch das die dt. Wehrmacht im Klischee die steifen Befehlsroboter und die GIs die flexiblen Wunderkinder sind währen die Realität anders herum war. Seit den 1920ern hat die dt. Armee Auftragstaktik eingeführt und das Handbuch galt als "Sammlung von Tips"
(2) Das "Nachschubsystem" ist einer der Gründe warum die US "Befehlstaktik" bevorzugt. Ersatzleute wurden einfach "in die Truppe" geworfen ohne das die Gruppe sich neu finden konnte. Ergebnis: Der Neue ist eine völlig unbekannte Größe. Also geht man auf Nummer Sicher und erklärt/befielt alles gaaaaanz genau

Manchmal kommt bei Foren der Punkt wo man einem "Diskussionsteilnehmer" mental mit einem freundliches "Ja, Ja" den Kopf tätscheln und ihn dann ganz leise auf die Ignore-Liste setzen sollte. Die gewonnene Zeit kann man dan mit interessanten Sachen verschwenden. Etwa Staubmäusen beim wachsen zu sehen