Autor Thema: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread  (Gelesen 6043 mal)

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jhaelen

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Re: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread
« Antwort #25 am: 27.11.2011 | 18:25 »
Bin ich hier richtig im Diskussionsthread zu 'Der Eine Ring' - sprich: darf ich hier meine ehrliche Meinung über die Qualität der Übersetzung kundtun?

Ich fange mal mit einem Rückblick auf das Jahr 1983 an: Damals hatte ich mir die AD&D Grundregelwerke in der deutschen Übersetzung des FSV Verlags zugelegt. Um es kurz zu machen: Meine Englischkenntnisse waren noch nicht besonders gut, aber ich habe mich maßlos über die schlechte Übersetzung geärgert. Der wichtigste Punkt dabei: Dank der inkonsistenten Übersetzung von Regelbegriffen war es kaum möglich, das Spiel vernünftig zu spielen. Damals fasste ich dann den Entschluß fortan lieber meine Englischkenntnisse zu verbessern und Regelbücher lieber im englischen Original zu kaufen - einige Jahre später folgte dann auch die konsequente Umstellung auf englischsprachige Romane.

Warum ich nun, 28 Jahre später doch wieder die deutsche Übersetzung eines Rollenspielbandes gekauft habe? Nun, die deutsche Ausgabe ist im Gegensatz zur Originalausgabe ein Hardcover-Buch anstelle eines Schubers mit zwei 'Softcover-Heftchen'. Außerdem ist es nach wie vor in diesem Lande einfacher, andere Spieler für ein System zu begeistern dessen Regeln in deutscher Sprache vorliegen. Der Uhrwerk-Verlag war mir bis dato unbekannt, schien aber Erfahrung mit der Übersetzung von Rollenspieltexten zu haben. Was lag also näher, als einem (vermutlich) kleinen deutschen Verlag etwas Unterstützung zukommen zu lassen?

Nun, was soll ich sagen; ich habe bekommen, was ich wollte: ein wunderschön anzusehendes Buch in exzellenter Druckqualität. Aber leider, wie schon vor 28 Jahren, ist es vollkommen unbrauchbar für seinen eigentlichen Daseinszweck: als Referenz für ein neues Rollenspielsystem zu dienen.

Ich will hier gar nicht von Rechtschreib- und Grammatikfehlern sprechen (auch wenn diese durchaus reichlich vorhanden sind und gleich mindestens zwei davon es auf den Buchrücken geschafft haben) oder von Seitenreferenzen, die entweder falsch oder sicherheitshalber gleich XXX lauten. Meine Hauptkritik gilt der inkonsistenten Übersetzung von regeltechnischen Begriffen.
Die regeltechnischen Unterschiede (bzw. Fehler) in der deutschen Version dürften anscheinden vor allem daher kommen, das wir für die Übersetzung nicht die entgültigen Dateien bekommen haben, sondern eine Version davor, ohne das wir danach noch explizit auf weitere Regeländerungen hingewiesen wurden.
Das ist gut zu wissen, könnte es doch die Widersprüche und unverständlichen Regelabschnitte erklären, die bei mir ein leichtes Stirnrunzeln verursacht haben.
Ich spreche hier von Dingen wie der Vergabe von Erfahrungs- und Abenteuerpunkten oder der Verwendung und Auffrischung von Gemeinschafts- oder Gefährtenpunkten (oder wie auch immer die nun eigentlich heissen sollten) oder auch dem Einsatz von Hoffnungspunkten vor oder nach Würfen.

Leider ist das aber keine Erklärung für die Masse an Begriffen, die in jedem Kapitel anders übersetzt wurden. Die Erklärung dafür liegt nämlich auf der Hand sobald man einen Blick auf das Impressum wirft:
Hier durften sich offensichtlich sechs verschiedene Übersetzer ohne jegliche gemeinsame Richtlinien austoben und Begriffe nach eigenem Gusto übersetzen. Es wurde scheinbar kein Versuch übernommen, die mehr oder weniger gelungenen Übersetzungsbemühungen in irgendeiner Form zu koordinieren.

Ein Blick auf den Charakterbogen genügt, um bei mir die Erinnerung an die Vielfalt von Übersetzungsvarianten zu wecken, die mir im späteren Verlauf begegnet sind:
- Heldentum/Heldenmut/Wagemut
- Erkenntnis/Empathie
- Elend/Verzweifelt
- Ausdauer/Konstitution
- Gemeinschaftspunkte/Gefährtenpunkte
- Anführer/Führer
- Späher/Ausguck
etc.

Andere Beispiele, die zum Teil bereits genannt wurden: Kriegerisch/Martialisch, Selbstversorger/Bescheiden, Aktionen/ Aufgaben/Tests/Herausforderungen, Wissen/Kunde(?)/Gebräuche(???), Riesenhaft/Groß, Entsetzliche Stärke/Fürchterliche Stärke, Bewohner der Dunkelheit/Kreatur der Finsternis, Übler Geruch/Übler Gestank, etc., etc., etc.

Was nützt mir angesichts dieser Begriffsvielfalt ein Index? Da findet sich ja nicht einmal ein Drittel dieser mehr oder weniger passenden Übersetzungsvarianten.

Und dann der Todesstoß: Widersprüchliche Regeln. Mag ja sein, dass diese zumindest teilweise auf vorläufige Originaltexte zurückzuführen sind, aber warum ist das hinterher niemandem aufgefallen bevor das ganze in Druck ging?

Mein Fazit ist jedenfalls eine ganz klare Empfehlung die Finger von diesem Band zu lassen!

Außer offenkundiger Inkompetenz und mangelndem Verständnis für die Prioritäten bei der Übersetzung eines derartigen Regelwerks fällt mir hier keine Erklärung ein. Die 50 Euro verbuche ich als Lehrgeld und werde dem Verlag ganz sicher keine zweite Chance geben. Mal sehen, ob ich einen solchen Fehler in 28 Jahren nochmal wiederhole - ich hoffe nicht!
« Letzte Änderung: 27.11.2011 | 18:29 von jhaelen »

Achamanian

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Re: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread
« Antwort #26 am: 27.11.2011 | 18:51 »
Außer offenkundiger Inkompetenz und mangelndem Verständnis für die Prioritäten bei der Übersetzung eines derartigen Regelwerks fällt mir hier keine Erklärung ein. Die 50 Euro verbuche ich als Lehrgeld und werde dem Verlag ganz sicher keine zweite Chance geben. Mal sehen, ob ich einen solchen Fehler in 28 Jahren nochmal wiederhole - ich hoffe nicht!

Ich kanns ja verstehen, würde aber noch darauf hinweisen, dass nicht alle Uhrwerk-Produkte von dem Schlamperei-Problem betroffen sind - DungeonSlayers (als deutschsprachiges Original) ist absolut solide, und Malmsturm ebenso.
Bei DER werde ich mir wohl auch das englische dazu holen. Ich habe die Lektüre der deutschen Ausgabe jetzt erst mal abgebrochen, weil sie wirklich zu quälend wurde. Falls aber für die nächsten Bände Besserung in Sicht ist, werde ich sie mir ebenfalls auf deutsch besorgen, um meiner Gruppe entgegenzukommen.

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Re: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread
« Antwort #27 am: 27.11.2011 | 19:02 »
nun, ich habe mich ebenfalls über a) die deutsche erscheinung sehr gefreut und b) ist der uhrwerk verlag ja - nicht zuletzt dank des sympathischen und sich auch für kleine systeme engagiert zeigenden eigentümers :d - wirklich eine unterstützung wert.

die übersetzungsschnitzer und die falsche regelversion haben mich auch extrem geärgert, auch weil ich etwas vergleichbar inkonsistentes noch nicht gesehen habe. auch war es offensichtlich wichtiger, das ding rechtzeitig zur messe rauszuhauen, als da noch einmal in ruhe drüberzusehen. das ist jetzt nach hinten losgegangen. ich kann mir vorstellen, das auch der verlag da seine lehren draus ziehen wird und muss. ich werde dem verlag durchaus eine zweite chance geben, allerdings werde ich beim nächsten mal auf die ersten rezensionen warten.



« Letzte Änderung: 27.11.2011 | 19:03 von Schwerthase »

Achamanian

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Re: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread
« Antwort #28 am: 28.11.2011 | 09:24 »
Sooo schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ich finde die Übersetzung an einigen Stellen auch etwas naja "durcheinander" aber sonst ist Sie doch gut gelungen. Und ja ich habe die englische und die deutsche Variante hier rumliegen...

Ich muss noch mal loswerden, dass ich es irgendwie ärgerlich finde, dass das ständig kleingeredet wird: Doch, die deutsche Übersetzung ist schlecht, in Hinblick auf die sprachliche Qualität und in Hinblick auf die Vermittlung des Inhalts - also der Regeln. Man kann sagen, dass einem das nicht so wichtig ist, aber immer zu behaupten, dem wäre nicht so, ist nicht zuletzt schlecht für Uhrwerk. Beim Verlag denkt man sich dann nämlich: Ach, können wir ruhig weiter schlampen, 90% stört es eh nicht. Hauptsache, auch der nächste Band ist wieder zu Con XY fertig.
Von mir aus darf es dir das Sprachliche ja egal sein, aber das macht eine schlechte Übersetzung nicht gut, nicht mal akzeptabel. Mir ist Layout auch ziemlich egal, während andere sich in Threads meterlang über Illustrationen aufregen können, die ihnen nicht gefallen, oder kein wichtigeres Kriterium zu kennen scheinen als die Frage, ob etwas als HC oder als SC erscheint.

Offline Harlan

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Re: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread
« Antwort #29 am: 28.11.2011 | 09:42 »
Leider ist das aber keine Erklärung für die Masse an Begriffen, die in jedem Kapitel anders übersetzt wurden. Die Erklärung dafür liegt nämlich auf der Hand sobald man einen Blick auf das Impressum wirft:
Hier durften sich offensichtlich sechs verschiedene Übersetzer ohne jegliche gemeinsame Richtlinien austoben und Begriffe nach eigenem Gusto übersetzen. Es wurde scheinbar kein Versuch übernommen, die mehr oder weniger gelungenen Übersetzungsbemühungen in irgendeiner Form zu koordinieren.

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jhaelen

  • Gast
Re: [DER] Der eine Ring - Errata Diskussionthread
« Antwort #30 am: 29.11.2011 | 11:58 »
Ich kanns ja verstehen, würde aber noch darauf hinweisen, dass nicht alle Uhrwerk-Produkte von dem Schlamperei-Problem betroffen sind - DungeonSlayers (als deutschsprachiges Original) ist absolut solide, und Malmsturm ebenso.
Nun, das ist gut zu wissen; zumindest Malmsturm ist ein System, das mich ebenfalls interessiert. Wenn die Qualität der Übersetzung von 'Der Eine Ring' repräsentativ für den Verlag wäre, dann gäbe es ihn wahrscheinlich bereits nicht mehr.

Falls die Vermutung richtig sein sollte, daß man sich für eine übereilte Veröffentlichung entschlossen hat, um es rechtzeitig zur SPIEL in Essen präsentieren zu können, kann mich nur über die Kurzsichtigkeit der Verantwortlichen wundern.

Im Gegensatz zur Softwarebranche, wo das Verkaufen von schlecht getesteten Beta-Versionen mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme ist, oder auch der Veröffentlichung von eBooks bzw. pdfs gibt es bei Print-Medien leider keine vernünftige Möglichkeit der Nachbesserung, da sich am Produkt selbst keine Änderungen mehr vornehmen lassen.

Ein Errata-Dokument herauszubringen, ist zwar schön (und auch das Mindeste, was ich vom Verlag erwarte!), da die von mir getätigte Investition damit nicht völlig für die Katz war, aber ein sauber übersetztes, gedrucktes Buch ersetzt es nicht. Gerade weil die Druckqualität so gut ist, mag ich weder in dem Buch herumkritzeln, noch Textpassagen überkleben.

Ich kann nur hoffen, dass sich der Verlag zukünftig bei ähnlich gelagerten Situationen anders entscheidet und keine Wiederholung eines solchen Fiaskos riskiert. Deshalb kann ich Rumspielstilziel nur zustimmen: Berechtigte Kritik muss geäußert werden (dürfen).