Autor Thema: Julius Caesar (Columbia Games)  (Gelesen 1247 mal)

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Offline JS

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Julius Caesar (Columbia Games)
« am: 11.02.2012 | 12:30 »
Moin, Gamerz.
Ich bin verwirrt! Ich las bei BGG viel über das Blockstrategiespiel Julius Caesar von Columbia Games. Es hat eine Bewertung von über 8, was wirklich gut ist; darüber hinaus überschlugen sich zahlreiche Rezensenten vor Lob und erachten JC als eines der besten Blockstrategiespiele auf dem Markt.
http://www.boardgamegeek.com/boardgame/37836/julius-caesar

Nun kaufte ich aufgrund solcher Informationen schon oft Spiele und wurde so gut wie nie enttäuscht. Daher fand auch JC für erschreckend freche 69,- Eingang in meine Sammlung (69,- für eine billige Faltkarte, eine S/W-Anleitung, ein paar Karten und 80 kleine Holzblöcke!).

Das erste Spiel war jedoch ein jäher Sturz in die Tiefen des Strategenfrustes. Der Grund: Offensives Spiel wird derart hart bestraft, daß es für ein Strategiespiel absurd ist. Ich spielte Caesar und griff im Laufe des Spieles viermal mit großer Macht einen vergleichbar starken oder schwächeren Pompeius an. Jeder Angriff scheiterte aber so fatal und vernichtend, daß selbst mein Gegenspieler ratlos war.

Das Problem ist, daß der Verteidiger grundsätzlich zuerst "schießen" darf und den Angreifer mit etwas Würfelglück schon maßgeblich schwächen kann. Denn: Diese Schwächung erfolgt gezwungenermaßen (!) bei den stärksten Einheiten, da sie von Treffern zuerst betroffen werden. Der Angreifer verliert also in den ersten 1-2 Schlachtrunden eines Kampfes schnell einen Großteil seiner Angriffskraft und hat danach sehr viel geringere Chancen, effektiv zurückzuschlagen.

Der Kampf kann dann auch nicht schnell wiederaufgenommen werden, weil es einige Zeit braucht, um wieder neue Einheiten zu rekrutieren und sie zu verstärken.

Das Spiel lief also so ab, daß der weit verstreute Pompeius defensiv bleiben und überall die wichtigen Siegpunktestädte einnehmen konnte, wohingegen Caesar über das Feld lief, um in speziellen Städten seine Reiter und Legionen rekrutieren zu können. Hatte er dann genug Kampfkraft zusammen, zog er gegen Pompeius ins Feld und wurde aufgrund des Kampfsystems i.d.R. innerhalb von 2 (von 4) Schlachtrunden komplett aufgerieben.

Pech beim Erhalt der Ereigniskarten trägt noch weiter zum Frust bei (einmal Opfer des Vulcan zu sein, ist schon übel, aber zweimal hintereinander fegt dieses Ereignis viele Einheiten vom Feld).

Tolle Wurst. Ich hoffte, ein Strategiespiel über die offene Feldschlacht in der Antike zu bekommen und nicht über das Bestürmen MG-gespickter Gräben im 1. Weltkrieg. Wer bei JC nicht mit (sehr schwer erringbarer) 2-3facher Überlegenheit angreift, kann offensichtlich schon einpacken; es ist ohne göttliche Würfelwürfe ein sinnloses Unterfangen.

Jetzt zur entscheidenden Frage: Kennt jemand von euch dieses Spiel? Welche Geheimnisse birgt es, die wir nicht erkannten?

PS: Bitte keine Diskussion über den Krieg in der Antike oder unsere strategische Kompetenz. Wir spielen seit Jahren sehr häufig anspruchsvolle Strategiespiele und sind keine Grünlinge in diesem Bereich. Nur bei JC gibt es entweder keine offensive Strategie oder wir haben sie noch nicht entdeckt; das mag ja durchaus so sein.
:)
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Offline JS

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Re: Julius Caesar (Columbia Games)
« Antwort #1 am: 11.02.2012 | 13:21 »
Ich habe nun bei BGG Hinweise darauf gefunden, daß JC als Strategiespiel anders konzipiert ist als vieles, was man aus diesem Bereich kennt (bes. 2. Weltkrieg). Offensichtlich geht es weniger um das ständige Kämpfen und Aufeinanderstoßen großer Armeen als vielmehr um Gebietskontrollen. Das ist ein Schwerpunkt, der mir zwar weniger gefällt, den ich aber mal umsetzen werde.
http://www.boardgamegeek.com/thread/551802/help-playing-caesar
http://www.boardgamegeek.com/thread/728366/help-caesar-win
http://www.boardgamegeek.com/thread/584026/grand-strategy
http://www.boardgamegeek.com/thread/536492/leader-usage
Ich werde von weiteren Spielsitzungen berichten.
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Offline JS

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Re: Julius Caesar (Columbia Games)
« Antwort #2 am: 15.02.2012 | 23:59 »
Soderle:
- Zweite Spielsitzung: Fatale Niederlage Caesars in der ersten Runde durch die berüchtigte 10-Punkt-Falle. Anfängerfehler. Caesar baute sich noch auf, da nahm Pompeius schon flott alle nötigen Städte ein. Oha.
- Dritte Spielsitzung: Großartig. Knapper 7 zu 6 Sieg Caesars durch geschickte Eroberung und Befestigung Alexandrias. Pompeius hatte diese Achillesferse nicht ausreichend gesichert, eine Viererbewegung brachte Caesar vor die Tore der Stadt und eine Runde später in die Stadt. Pompeius´ restliche Truppen wurden in Afrika, Spanien und Kleinasien gebunden, so daß er keine Chancen mehr hatte, eine Siegpunktestadt zurückzuerobern. (Der Verteidiger wird in Kämpfen bekanntlich enorm bevorzugt.)

Die dritte Sitzung gab nach den ersten beiden Reinfällen einen umfassenderen Eindruck von der tatsächlichen Qualität dieses Strategiespiels: Es ist ein strategisch anspruchsvolles Spiel um Gebietseroberungen und geschickte Manöver; das Kämpfen bleibt für den Angreifer gefährlich und daher eher die Ausnahme. Ich war begeistert, meinem Mitspieler bietet das Spiel für ein "Wargame" aber zuwenig offene Konflikte. Ich denke darüber, daß es diesen Anspruch weder erfüllen will noch kann. Wir werden es demnächst mal mit einer Hausregel für das simultane Kämpfen probieren, befürchten aber beide, daß die Verstärkungsmöglichkeiten, die das Spiel bietet, nicht für ständige, größere Verluste auf beiden Seiten gemacht sind.

Mein einziger noch verbleibender Kritikpunkt sind die Ereigniskarten, die die Balance auf die Schnelle unnötig hart kippen können.
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Offline JS

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Re: Julius Caesar (Columbia Games)
« Antwort #3 am: 27.04.2012 | 21:29 »
Abschließender Bericht nach weiteren Spielsitzungen:* JC hat meiner Meinung nach die hohe Wertung bei BGG mehr als verdient, es ist als Strategiespiel ein echter Hirnschmalzknabberer.

Die anfänglichen "Katastrophen" beruhten auf Fehleinschätzungen zur Spielweise und zum Spielziel. Caesar kann gegen einen erfahrenen Pompeius schon in der ersten Spielrunde verlieren, wenn er nicht gut aufpaßt. Es gilt für beide Seiten, umsichtig zu planen und sich die Zeit zum Nachdenken zu nehmen, denn jede Runde sind viele Zugvarianten und gegnerische Aktionen wie Reaktionen zu durchdenken.

Ich halte das Spiel zwar nach wie vor für überteuert und Caesar für den sehr viel schwierigeren Part, aber dafür bietet es ein erfreuliches Maß an strategischen Möglichkeiten. Lediglich die Ereigniskarten bleiben ein Januspunkt mit zwei Seiten, denn sie können gleichsam Feuer wie auch Frust ins Spiel bringen.

"After several games with switching sides and several experiments with different strategies, it became quite clear that Julius Caesar offers strategic depth and a multi-variant gameplay. At the same time, the game proved to be extremely well-balanced and both sides have the chance to win the game (often in the last battle in the final turn), and to be the one who puts the opponent under pressure."

*: Weitere Sitzungen wird es vorerst leider nicht geben, weil Battles of Westeros meinem Kosim-Spielpartner durch weniger Denkarbeit und mehr "Action" momentan eher zusagt.
« Letzte Änderung: 27.04.2012 | 22:47 von JS »
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Offline Greifenklaue

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Re: Julius Caesar (Columbia Games)
« Antwort #4 am: 28.04.2012 | 17:56 »
Danke für die Einblicke.
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

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