Autor Thema: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne  (Gelesen 9220 mal)

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Offline Skiron

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Re: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne
« Antwort #75 am: 5.05.2013 | 12:03 »
Das Paradoxon ist gewissermaßen: Es muss eine entwickelte Wissenschaft und Technik geben, die Superkräfte als nicht normal/alltäglich definiert. Superkräfte sind nicht der gegenwärtigen Wissenschaft zugänglich, ja stehen mit deren Erkenntnissen sogar in Spannung.

Ich halte das nicht für ein Paradox.
Superhelden sind in meinen Augen "Kinder ihrer Zeit".

Die Superkräfte entstehen aus meiner Wahrnehmung aus einer "Bedrohung" durch die Wissenschaft und Technik in dem der Mensch mit Mächten
hantiert, die er nicht kontrollieren kann und die zu einer Veränderung der Umwelt und damit des Menschen führen.

Als Beispiel, der Hulk.

Mein Eindruck ist, dass das Genre damit Themen aufgreift wie Radioaktivität, Großkonzerne (Genforschung, Kontrolle von Konzernen über Ressource), die Differenz zwischen Arm und Reich, Menschen die in Städten auf engstem Raum leben und trotzdem isoliert sind und die Folgen davon (Kriminaliät, Ghettoisierung, Drogenmissbrauch).

Im Grunde die Veränderung, die mit dem Fortschreiten der Technik durch die Industrialisierung & Globalisierung eine Rückwirkung auf den Menschen und die menschliche Gesellschaft hat und Veränderungen herbeiführt, die für einen Einzelnen weder absehbar noch veränderbar erscheinen.

Der Mensch wird normiert, alles was von der Norm abweicht stört die "Funktion" und es wird deshalb versucht diese Normabweichungen zu unterdrücken. Oder die Normabweichung zu benutzen, wer von der Norm abweicht soll zum Objekt gemacht werden oder wird zur Bedrohung stilisiert um von gesellschaftlichen Misständen abzulenken.

Es werden künstliche Bedürfnisse geschaffen, damit es Käufer für die Konsumartikel gibt. Die Produkte oder Dienstleistungen oder der Livestyle suggerieren, dass die Zugehörigkeit zum System oder Norm käuflich ist und das Bedürfnis nach sozialen Kontakten erfüllbar macht. Ich denke, dass immer mehr Menschen sich als "Abweichung von der Norm" empfinden, weil sie diesem geschaffenen Bild vom Menschen nicht gerecht werden können, auch wenn man nach außen hin dieses Bild nicht vermitteln wird, weil einem das als Schwäche ausgelegt wird. Deshalb pflegt man nach Außen ein Image und trennt zwischen der "Privatperson".

Wenn man so will könnte man sagen, der Superheld & seine geheime private Identität werden dadurch verkörpert, der Gegenspieler oder Superschurke ist die Projektion nach Außen der eigenen Schwächen. Das ist natürlich unzulässig verallgemeinert und erstmal nur der Versuch ein Element des Genres zu greifen.

Ich denke 1of3 hat zumindest für mich auf den Punkt gebracht, was der Unterschied zwischen einem Helden und einem Superhelden ist.

Die Folge davon ist in meinen Augen, dass viele (oder zumindest einige, die ich so kenne) Superhelden keine Entwicklung durchmachen.
Der Superheld kämpft nur gegen neue Gegner, das Prinzip bleibt gleich.

Die Entwicklung des Superhelden findet innerhalb des Genres statt.
Von Superman, zu Spiderman (der menschliche Schwächen hat), Wonderwomen über Plastikman bis hin zu Kickass und dem großen Japaner.
« Letzte Änderung: 6.05.2013 | 12:32 von Skiron »

Online tartex

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Re: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne
« Antwort #76 am: 5.05.2013 | 18:50 »
Damals hatten die Helden (bedingt durch den Comics Code) halt einen "inneren Drang, das Böse zu bekämpfen wo immer es sich zeigt". Später sind die Motivationen halt differenzierter geworden, aber viel hat sich trotzdem nicht geändert.

Mein Punkt war: man kann sehr wohl Superhelden-Kampagnen produzieren, ohne zu sehr auf die speziellen Charaktermotivationen eingehen zu muessen. Natuerlich ist es besser - so wie bei jeder Kampagne - wenn man Charaktermotivation beruecksichtigt - aber die Schlussfolgerung "Superhelden-Kampagnen lassen sich nicht vorproduzieren" stimmt einfach nicht.
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Re: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne
« Antwort #77 am: 5.05.2013 | 18:58 »
@tartex: Hast du dafür vielleicht ein Beispiel?
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Re: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne
« Antwort #78 am: 5.05.2013 | 20:08 »
Ich halte das nicht für ein Paradox.

Mit Paradox meine ich, dass es ein wissenschaftliches Weltbild gibt, dass zumindest in seiner populären Form der Ansicht ist, alles (universell) erklären zu können, und Superkräfte dieser Annahme widersprechen. Meine Vermutung geht in die Richtung, dass in einem magischen Weltbild, in dem das Vorhandensein solcher Kräfte als "natürlich" angesehen wird, Superhelden nicht "funktionieren" - sie sind dann Fantasy-Heroen. Dass sich dabei die Superkräfte oft an den populären Grenzen des gegenwärtigen Standes der Wissenschaft orientieren, sehe ich ähnlich.

Genau aus dem Grund ist es beim Begriff "Superhelden" schon wichtig, dass man die genauer bezeichnet.

Das ist natürlich ein Problem. Rollenspielerisch würde ich die Adam West Serie auf keinen Fall langfristig (mehr als 1*pro Jahr, höchstens auf einem Con) spielen wollen, aber die hat sicherlich auch Fans. Ich würde das mangels Tragik der Hauptcharaktere nichtmal als Superheldenkampagne ansehen wollen, sondern als eine Pulp-Version (an der Grenze zur Parodie). Aber wenn wir über Rollenspielkampagnen reden, ist es da nicht immer so, dass es eine weite Bandbreite an Vorlieben gibt, und man trotzdem oft einen gemeinsamen Raum findet?

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Re: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne
« Antwort #79 am: 5.05.2013 | 21:51 »
@tartex: Hast du dafür vielleicht ein Beispiel?

Z.B. Time of Crisis oder Sharper Than A Serpent's Tooth.
Die Rache des Mutanten war auch ein gutes Beispiel für alternativen Aufbau. (Timeline)

und so ziemlich jedes Silver Age Comic.

Ich bin ja mit Kampagnenbände wie Galactic Champions zufrieden, oder auch einem guten Schurkenbuch. Wenn man einen interessanten Widersacher wählt und den zuerst mal agieren läßt, müssen die Helden ran und daraus baut sich dann eh schnell ein Beziehungsgeflecht für die Kampagne.

Hatte damit nie Probleme. Ich muss aber auch sagen, dass ich sowieso nie Spieler hatte, die so voll das Emo-Melodrama für ihre (Super)Helden in die Background-Story schreiben. Superhelden-Abenteuer haben bei uns genau gleich Humor wie alles andere auch.
Und mir ist in jeder Kampagne nur eine Zeile Hintergrund zum Charakter lieber, als Hobby-Autoren, die mit selbstverfasster Kurzgeschichten-Sammlung zum Spiel erscheinen (und von den anderen erwarten, dass sie das lesen). Der Hintergrund soll erspielt und nicht vorher auswendig gelernt werden. Emergenz!!  ;D
« Letzte Änderung: 5.05.2013 | 21:54 von tartex »
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alexandro

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Re: Genre und Besonderheiten einer Superheldenkampagne
« Antwort #80 am: 6.05.2013 | 20:49 »
Mein Punkt war: man kann sehr wohl Superhelden-Kampagnen produzieren, ohne zu sehr auf die speziellen Charaktermotivationen eingehen zu muessen. Natuerlich ist es besser - so wie bei jeder Kampagne - wenn man Charaktermotivation beruecksichtigt - aber die Schlussfolgerung "Superhelden-Kampagnen lassen sich nicht vorproduzieren" stimmt einfach nicht.

Hatte ich ja auch nicht behauptet: auch die Motivationen der moderneren Comics lassen sich ja recht leicht vorplanen, wenn man sie auf ihre Kernkonflikte runterbricht (durch die Milestone von MHR hat man sogar schon passende Flags). Alles kein Problem.