Autor Thema: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" (bzw. gewaltarm) zu spielen?  (Gelesen 27850 mal)

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Offline Bad Horse

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@SLF: Ich kann mich schon erinnern, dass "weniger würfeln für besseres Rollenspiel" damals (in dieser verschwommenen Zeit, als ich noch jung war) für eine gute Idee gehalten wurde.

Würfel, die einem Charakter vorschreiben, wie er zu agieren hat, waren für mich ein totales No-Go, bis ich Indies kennengelernt habe. ;) Daran waren aber diese lustigen WoD-Kontrollverlust-Mechanismen schuld.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline Bad Horse

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Das ist aber wirklich eine Debatte, die wir hier nicht aufmachen müssen.  :)

Natürlich hat sie wieder irgendwer aufgemacht...  :P

Beiträge zum Thema Kunst, Anspruch usw. bitte hierher.
« Letzte Änderung: 6.05.2013 | 22:45 von Bad Horse »
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

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Offline Oberkampf

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@SLF: Ich kann mich schon erinnern, dass "weniger würfeln für besseres Rollenspiel" damals (in dieser verschwommenen Zeit, als ich noch jung war) für eine gute Idee gehalten wurde.

Ich wollte ja nur zwei Diskussionsstränge (Gewalt und Würfel) entwirren und noch mehr Verwirrung stiften  ;)

PS: Dein Avatar ist immer noch gruselig.

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Offline Crimson King

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #128 am: 6.05.2013 | 22:59 »
Auch das Story-Primat des SL, das Pyro angreift entstammt den 80ern, NICHT den 90ern.

Zum Trend ist es meines Erachtens erst in den 90ern geworden, durch WOD und in Deutschland auch durch DSA.
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Online tartex

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Ganz genau.  Ich spiele eben lieber gewaltarm, mit tiefen, lebensechten Charakteren, in einer stimmungsvollen, plausiblen, komplexen Welt, und finde Hack&Slay doof.

Kannst du ein paar Beispiele für die "tiefen, lebensechten Charaktere" bringen, die du so spielst? Normalerweise höre ich nur Leute auf diese Phrase zurückgreifen, die 10.000 Fantasy-Schinken im Regal stehen , aber noch nie ein "echtes , anspruchsvolles" Buch angefasst haben. Deshalb bin ich da immer ein wenig sensibel.

Ich maße mir einfach selbst nicht an, "lebensecht" spielen zu können, und empfinde eigentlich alles, was mir im Rollenspiel in 20 Jahren untergekommen ist, als (oft großartige) Klischeedarstellungen. Deshalb würde mich da der Praxisvergleich freuen, was jetzt so ein "tiefen, lebensechten Charaktere" ist. Wäre gespannt, ob meine Lieblingshelden deinen Ansprüchen gerecht werden.

Und was sind so deine literarischen Vorlieben?
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Offline WeepingElf

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Was die Gewaltfrage angeht, so bin ich da persönlich der Meinung, dass es genreangemessene Gewalt sein muss. Mal als Beispiel: Wenn ich Hard Boiled/Noir Krimi spielen will, dann ist Gewalt genreangemessen - aber nicht jede Art von Gewalt. Wenn ich einen Agatha Christie Krimi spielen will, findet Gewalt fast nur hinter den Kulissen statt.

Ganz meiner Meinung.  Es gibt Genres, da geht es nicht ohne Gewalt.  Es gibt welche, da gehören bestimmte Arten von Gewalt dazu, und andere nicht.  Und es gibt andere Genres, wo es ohne Gewalt geht, zumindest ohne Gewalt seitens der SCs.

Zitat
Eine ganz andere Sache ist die Frage, ob ich Würfel einsetzen will oder nicht. Der Satz "Wenn gewürfelt wird, ist irgendwas schiefgelaufen" deckt sich so garnicht mit meiner Erinnerung an die 80er/Prä-Storytelling-Zeiten. Damals haben wir auch für Verhandlungen (Verhandlungsergebnisse) und erst recht für Schleichaktionen und Tricks/Listen gewürfelt. Die Ergebnisermittlung war bloß lang nicht so ausgefeilt wie bei einem Kampf (und darum oft sehr chaotisch).

Natürlich kann man ohne Würfel spielen (wem es Spaß macht), aber ohne Kämpfe heißt nicht notwendigerweise ohne Würfel.

Ich habe gar nichts gegen Würfel, auch wenn es Runden gibt, in denen nach meinem Geschmack zu viel gewürfelt wird.  Bei Sachen wie Schleichen oder Schlösser öffnen, die man am Spieltisch nicht ausagieren kann (und die die Spieler im realen Leben vielleicht gar nicht können), wird gewürfelt.  Ein P&P-Rollenspiel ist ja kein LARP, schon gar kein DKWDK-LARP.  Verhandlungen spielt man besser aus, wobei man den Erfolgswert sinnvollerweise aus dem einschlägigen Fertigkeitswert des Charakters und dem Agieren des Spielers kombiniert: hat der Charakter einen hohen FW, braucht der Spieler nur ein paar gerade Sätze rauszubringen, um die Verhandlung zu gewinnen, hat der Charakter einen niedrigen FW, muss sich der Spieler rhetorisch um so stärker anstrengen.

Aber ich sehe ein Problem darin, wenn eine ganze Kampagne wegen eines unglücklichen Würfelergebnisses durch den Schornstein geht, ohne dass die Spieler was dafür können.  Da muss man schon mal "fünf gerade sein" lassen, damit das Spiel weitergehen kann.
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Offline Keuner

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Also Verhandlungen sollten nicht vom Verhandlungsgeschick des Spielers abhängen. Der Rest hängt ja auch nicht davon ab.
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Offline Lichtschwerttänzer

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wobei man den Erfolgswert sinnvollerweise aus dem einschlägigen Fertigkeitswert des Charakters und dem Agieren des Spielers kombiniert: hat der Charakter einen hohen FW, braucht der Spieler nur ein paar gerade Sätze rauszubringen, um die Verhandlung zu gewinnen, hat der Charakter einen niedrigen FW, muss sich der Spieler rhetorisch um so stärker anstrengen..

Bull, es zählt der Wert bzw das Probenergebnis, ich würde erwarten im ersten Fall guite Rhetorik erwarten(bzw so gut der Spieler es kann) im 2ten Fall wäre es für mich cheaten, da wäre schlechtes angemessen

Zitat
Bei Sachen wie Schleichen oder Schlösser öffnen, die man am Spieltisch nicht ausagieren kann
Warum nicht?

Zitat
Aber ich sehe ein Problem darin, wenn eine ganze Kampagne wegen eines unglücklichen Würfelergebnisses durch den Schornstein geht, ohne dass die Spieler was dafür können
doch können sie bzw kann einer, der SL, der dies nicht flexibel anpassen kann...aber das wäre ja zu Sandboxig.
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
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Offline WeepingElf

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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Aber ich sehe ein Problem darin, wenn eine ganze Kampagne wegen eines unglücklichen Würfelergebnisses durch den Schornstein geht, ohne dass die Spieler was dafür können.  Da muss man schon mal "fünf gerade sein" lassen, damit das Spiel weitergehen kann.

1) Vor jedem Würfelwurf, den du als SL verlangst, bedenke, was ein Fehlschlag bedeutet. Wenn Du mit einem solchen nicht umgehen kannst, weil Dir dir Folgen nicht absehbar erscheinen, verlange den Wurf nicht.

2) Das sage ich als jemand, der seit seinen RSP-Kindertagen komplexe Plots zum Bespielen konstruiert und von seinen Spielern zerstören läßt (Leiten heißt Trümmer beseitigen): Solltest Du jemals an einen Punkt kommen, wo Deine Kampagne aufgrund eines Würfelwurfes "durch den Schornstein geht" (schöne Wortwahl, wo sind die boardeigenen Sprachschänderwächter?), dann ist Dein Plot schlecht konstruiert. Ich empfehle in solchen Fällen dann, vielleicht weniger komplex vorzuplotten, es liegt beileibe nicht jedem, ders versucht (Grüße an Thomas Römer und den Freiherrn mit dem irren Blick).

Zum Trend ist es meines Erachtens erst in den 90ern geworden, durch WOD und in Deutschland auch durch DSA.

Nope. Das zieht sich durch die kompletten 80er bei TSR und spätestens ab Verschwörung von Gareth und der damit einhergehenden "Meisterkonditionierung" war das Standardfare auch in Deutschland, zumindest bei den Giganten des Marktes. Tief in den 1980ern war das noch.

EDIT/ Ich verwende häufig das englische "you" anstelle des deutschen "man". Das kann zu Mißverständnissen führen. Das ist keine persönliche Attacke gegen WeepingElf, sondern eine allgemeine gegen seine Aussage.
« Letzte Änderung: 7.05.2013 | 00:46 von Hróðvitnir (Carcharoths Ausbilder) »
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

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Railroading empfand ich jetzt auch nicht als 90-er-typisch.
Stimmungsspiel dagegen schon, weil Anfang der 90-er plötzlich die Gothszene in die Rollenspielszene Einzug hielt. Zumindest kam es mir auf den Cons so vor.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Aber ich sehe ein Problem darin, wenn eine ganze Kampagne wegen eines unglücklichen Würfelergebnisses durch den Schornstein geht, ohne dass die Spieler was dafür können.  Da muss man schon mal "fünf gerade sein" lassen, damit das Spiel weitergehen kann.

Genau das würde ich als eine der problematischen 90er Jahre Haltungen identifizieren: Wenn ein Würfelwurf eine Kampagne oder ein Abenteuer durch den Schornstein gehen lässt, war entweder der Würfelwurf von vorne herein nicht angebracht, seine Konsequenzen in der Spielwelt nicht durchdacht oder die Kampagne/das Abenteuer schlecht sehr  geschlossen organisiert. Prä-90er, so mein Eindruck, haben wir einfach auf der Basis des Ergebnisses eines Wurfes weitergespielt und geschaut, was dann passiert.  Eine Kampagne/ein Abenteuer konnte ja nicht kaputt gehen, sondern nur ein unerwartetes Ende nehmen.

In den 90ern haben zumindest einige der 80er-Traditionalisten versucht, das beizubehalten, aber es biss sich mit dem Anspruch auf eine dramaturgisch vorgegebene Story. Die Konsequenz war, dass man immer mehr offene (zufallsbasierte) Entscheidungen vermied, und selbst Kämpfe wurden dramaturgisch inszeniert. Nach dem Motto: In Szene 3 gibt es einen Kampf, in Szene 4 reden die Scs mit XYZ und erfahren Info 123 usw. Wenn ich unter Zeitdruck Abenteuer schnuddelig vorbereite, erwische ich mich heute dabei, das heute noch so zu machen.

Post 90er ist, würde ich sagen, die Abkehr von der vorgegebenen Story. Dafür gibt es viele Wege, und die verschiedenen OSR/Sandbox-Möglichkeiten sind nur ein Strang davon.

Das ist unabhängig von der Gewaltfrage. Ich selbst würde mich in einem gewaltlosen Rollenspiel wahrscheinlich auf Dauer eher langweilen, weil ich Genres bevorzuge, in denen Gewalt eine genreangemessene Lösung ist, z.B. Pulp. Aber ich könnte mir z.B. vorstellen, Leverage ohne Hitter zu spielen und sich nur auf die Bluffs und Einbruchssituationen zu konzentrieren.
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Offline LordOrlando

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In den frühen 90ern begann ich mit DSA als Spieler, aber nur für kurze Zeit, bis sich eine Peergroup gleichaltriger gefunden hat. Von einem Trend zu Gewaltfreiheit habe ich nichts mibekommen, DSA war uns als Setting zu Harmlos - ich leitete hauptsächlich improvisiertes Hack&Slay mit Rolemaster, das hatte die brutalere Krit Tabelle und das abgedrehte Dämonenhandbuch...HUZZZAHHH  ;D

Offline korknadel

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Zunächst einmal: weder gewaltfreies Spiel, noch Zufallstabellen, weder Oldschool noch Indy oder Artsy-Fartsy sind in irgendeiner Form Indikatoren für Qualität; sei es beim Regeldesign, sei es beim Spiel. Es sind ebenfalls nur höchst subjektive Kriterien für Spaß am Spieltisch. Ich wehre mich also gegen jede Form der Abwertung von Gewaltspiel oder Oldschool oder Oldschool-Revival. Alles hat seinen Platz und ein tiefgründiges Spiel, bei dem Charaktere ausgereizt und moralische Grenzlinien erforscht werden ist nicht besser als eine rülpsende Bier- und Brezelrunde. Tut mir leid: ist sie nicht!

Du willst gewaltfrei spielen? Tu's halt. Ist das 90er oder New Age? Ist das Retro oder Basta? Wayne interessierts? Inwiefern ist der historische Hintergrund eines Spielstils oder eines Regelwerks spielrelevant? Gar nicht.

Bei aller Freude über die Retro-Spiele (die ich persönlich lieber mag, als die üblichen Platzhirsche oder Geheimtipps) hat die Diversifikation, haben die vielen anderen Rollenspielansätze doch eines gebracht: inzwischen ist doch für Jeden was dabei. Die Vielfalt ist riesig! Probier was aus und bleib bei dem, was dir gefällt.

Das finde ich halt den entscheidenden Punkt. Es gibt doch inzwischen alles nebeneinander, und ständig kommen neue Dinge hinzu. Da muss sich ein Lord Verminaerd auch nicht über Oldschool-Revival aufregen, weil die Mehrheit der Spieler hierzulande immer noch DSA, Cthulhu und Shadowrun spielt und Oldschool genauso doof findet wie er.  ;) Aber es gibt daneben halt auch Oldschool und Indy und im Grunde fast alles, was des Spielers Herz begehrt.

Insofern würde ich auch behaupten, dass das Merkmal der 90er ein Monolithismus (gibt's das Wort überhaupt?) war. Nach einer Experimentierphase in den frühen 80ern wurde ab Mitte der 80er eine Spielweise entwickelt, die in den 90ern ziemlich alleinig und unangefochten existierte.

Ich sehe darin auch eine folgerichtige Entwicklung: Nachdem mit dem Weltenbau erst einmal angefangen wurde, mussten diese Welten ja auch ausgespielt werden, und ganz automatisch landet man dann bei Stimmungsspiel, Sightseeing, Metaplot und den ganzen Stichworten. Erst nachdem diese Entwicklung ausgeschöpft war, entstand das Verlangen nach neuen Experimenten oder einer Rückbesinnung.

Jedenfalls deckt sich das mit meinem rollenspielerischen Werdegang und den Beobachtungen, die ich damals so machte: Erst hatte man Spaß mit den oldschooligen, unzusammenhängenden Abenteuern. Doch je mehr Welt beschrieben wurde, desto mehr Welt wollte man auch. Die Verschwörung von Gareth ist hierfür tatsächlich ein gutes Beispiel. Es entstand eine Fluff-Geilheit, und in diesem Zuge immer mehr der Wunsch, die Welt, in der man spielte, zu erleben, geradezu zu bewohnen. Und der Höhepunkt dieses Strebens war dann in meinen Augen auch die WoD.

Und wie SLF das immer wieder treffend darstellt, musste man sich mit den damaligen Systemen gewisse Tricks einfallen lassen, um dieses Erleben zu ermöglichen, und diese Tricks hießen Scripting, RR, Sightseeing, Mary Sues, Würfeldrehen, "gutes Rollenspiel", Kampfvermeidung etc.

Kleine Bemerkung zu Oldschool: Man kann auch zwischendurch mal einen Dungeon ganz oldschool durchpöbbeln und Spaß haben und am nächsten Spielabend wieder gediegenes Indy-Metaspiel oder Weltschmerz-Stimmungsschleuder spielen. Muss heutzutage ja nicht immer alles gleich ausschließlich sein.

Kleine Bemerkung zu Gewalt: Da ich im wirklichen Leben ständig nach gewaltfreien Lösungen suche, empfinde ich es im Sinne eines kathartischen Eskapismus zuweilen sehr wohltuend, im Rollenspiel einen Char zu spielen, dessen flinker Degen böse Halunken, womöglich noch in Monsterform, fällt. Und aus diesem Grund finde ich es auch äußerst kreativ, schließlich denke ich mir dabei krasse Ding aus, die so gar nicht meiner Alltagserfahrung entsprechen.

Kleine Bemerkung zu lebensechten Chars: Da bin ich ganz tartex' Meinung. Ich bin im wirklichen Leben schon so lebensecht, da will ich es im Spiel doch lieber mit Spielfiguren zu tun haben.



 
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Offline Thandbar

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Ich bin einfach der Meinung, dass Gewalt eine so essentielle, rohe Erfahrung ist, dass man sie nicht am Kaffeetisch diskutieren kann, wenn man damit keine Erfahrungen gesammelt hat.

Was die Gewalt im echten Leben angeht, gebe ich Dir recht; aber in Rollenspielen haben wir es doch mit einer ganz anderen Form von "Gewalt" zu tun, die mehr mit Actionfilmen und Gruselroman gemein hat als mit realen Traumata.
Und innerhalb des Rollenspiels ist es doch immer noch etwas je anderes, wenn diese "Gewalt" auftritt in

- einem Kung-Fu-Setting
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- einem cthulhoiden Abenteuer
- einer Special-Forces-Simulation
- einem diabloesken Hack&Slay
- einem eher gemächlichen "Whodunnit"
- einem DSA-Derivat.

Je nachdem hat die darin vorkommende Gewalt eine ganz andere narrative und spielerische Funktion. Es fällt mir schwer, das alles unter einem Begriff zu fassen und mich dann dafür oder dagegen aussprechen zu wollen.   
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

El God

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* La Dolge Vita kommt in den Thread geschlichen...
* La Dolge Vita schaut sich ratlos um...

Wo bin ich?

Nein. Halt. WANN bin ich?

Hatten wir den ganzen Mist nicht schon längst durchgekaut? Muss das alles wieder aufgewärmt werden, mit genau den selben Fronten und kindischen Kleinkriegen wie vor 2-3 Jahren? Nur weil EIN User mal behauptet hat, er hätte das wahre Licht gesehen, holen anderen ihre eigenen (KLEINEN!!) Lichter wieder raus.

Boah.

Ihr seid so öde.

Offline Crimson King

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Nope. Das zieht sich durch die kompletten 80er bei TSR und spätestens ab Verschwörung von Gareth und der damit einhergehenden "Meisterkonditionierung" war das Standardfare auch in Deutschland, zumindest bei den Giganten des Marktes. Tief in den 1980ern war das noch.

Ging es bei den DnD-Sachen wirklich um den Storyprimat des SL und nicht darum, dass der SL Entscheidungen treffen sollte, um den Spielfluss zu erhalten? Ich erinnere mich nur dunkel an die Zeit. Da habe ich gerade mit der Red Box angefangen und war gerade mal 15. Aber daran, dass Würfeldrehen, Abwürgen von unpassenden Spielerideen etc. bei DnD propagiert wurden, kann ich mich überhaupt nicht erinnern.

DSA könnte bzw. dürfte aber ein anderer Fall gewesen sein.

Würdest du auch der Aussage widersprechen, dass starker SL + Railroading/Partizipationismus + Würfeldrehen und solche Sperenzchen erst mit der WOD zum Besserspielstil wurden?
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Online tartex

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Hatten wir den ganzen Mist nicht schon längst durchgekaut? Muss das alles wieder aufgewärmt werden, mit genau den selben Fronten und kindischen Kleinkriegen wie vor 2-3 Jahren? Nur weil EIN User mal behauptet hat, er hätte das wahre Licht gesehen, holen anderen ihre eigenen (KLEINEN!!) Lichter wieder raus.

Ich finde den Diskussionsstil von 2010 halt immer noch am besten. Da schlägt mein Herz höher, auch wenn du glaubst mit neueren und innovativeren Dikssionen besser dazustehen. Da hinterfrage ich mal: ist am Ende nicht wichtig, dass es allen Spaß macht? Und unser Diskussionsleiter macht das schon sehr gut und wir vertrauen ihm alle.

Außerdem war 2010 noch Edition War!! Was anderes wurde da gar nicht diskutiert.
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Offline 6

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Ging es bei den DnD-Sachen wirklich um den Storyprimat des SL und nicht darum, dass der SL Entscheidungen treffen sollte, um den Spielfluss zu erhalten? Ich erinnere mich nur dunkel an die Zeit. Da habe ich gerade mit der Red Box angefangen und war gerade mal 15. Aber daran, dass Würfeldrehen, Abwürgen von unpassenden Spielerideen etc. bei DnD propagiert wurden, kann ich mich überhaupt nicht erinnern.
Sagen wir es so: In den ersten Dragonlance-Abenteuern hast Du die Romane nachgespielt. Und zwar so detailgetreu wie möglich.
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Offline Boba Fett

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Wulfhelm

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Sagen wir es so: In den ersten Dragonlance-Abenteuern hast Du die Romane nachgespielt. Und zwar so detailgetreu wie möglich.
Sagen wir es so: Nein. ~;D

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Offline Crimson King

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Sagen wir es so: In den ersten Dragonlance-Abenteuern hast Du die Romane nachgespielt. Und zwar so detailgetreu wie möglich.

Jo, die Drachenlanze war tatsächlich Storytelling pur. Ich ziehe meinen Einwand bezüglich AD&D zurück.
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J.W. von Goethe

Offline afbeer

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Ich habe gar nichts gegen Würfel, auch wenn es Runden gibt, in denen nach meinem Geschmack zu viel gewürfelt wird. [...]  Verhandlungen spielt man besser aus, wobei man den Erfolgswert sinnvollerweise aus dem einschlägigen Fertigkeitswert des Charakters und dem Agieren des Spielers kombiniert: hat der Charakter einen hohen FW, braucht der Spieler nur ein paar gerade Sätze rauszubringen, um die Verhandlung zu gewinnen, hat der Charakter einen niedrigen FW, muss sich der Spieler rhetorisch um so stärker anstrengen.

Ich widerspreche hier, weil dadurch der Spieler in diesem Bereich nie etwas rollenspielen kann, was er selbst nicht kann ohne die beschränkten Charakterresourcen hineinzustecken. Auch dies ist keine DKWDK-Veranstaltung. Wir sitzen in gemütlicher Runde.
* ein rhetorisch begabter Spieler kann dann Schlösser Öffnen und Leute Überzeugen.
* ein rhetorische unbegabter Spieler kann dann nur entweder Schlösser Öffnen oder Leute Überzeugen.

Besser finde ich das der Spieler mit dem DM in der Rolle des NPC redet, was auch zum allgemeinen Genuss am Spieltisch beiträgt. Der Würfel entscheidet dann allein über den Erfolg.
Eine Redebeitrag ist unerlässlich, weil man Verhandlungen ausspielen kann bzw. in Deinen Worten besser auspielt.

Damit hat dann jeder Spieler die Möglichkeit irgendwann eine rhetorisch trainierter Spieler zu werden.

Offline 6

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Okay. Ich wusste die Reihenfolge nicht mehr. ;)
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Offline WeepingElf

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1) Vor jedem Würfelwurf, den du als SL verlangst, bedenke, was ein Fehlschlag bedeutet. Wenn Du mit einem solchen nicht umgehen kannst, weil Dir dir Folgen nicht absehbar erscheinen, verlange den Wurf nicht.

2) Das sage ich als jemand, der seit seinen RSP-Kindertagen komplexe Plots zum Bespielen konstruiert und von seinen Spielern zerstören läßt (Leiten heißt Trümmer beseitigen): Solltest Du jemals an einen Punkt kommen, wo Deine Kampagne aufgrund eines Würfelwurfes "durch den Schornstein geht" (schöne Wortwahl, wo sind die boardeigenen Sprachschänderwächter?), dann ist Dein Plot schlecht konstruiert. Ich empfehle in solchen Fällen dann, vielleicht weniger komplex vorzuplotten, es liegt beileibe nicht jedem, ders versucht (Grüße an Thomas Römer und den Freiherrn mit dem irren Blick).

Recht hast Du.  Wahrscheinlich geht einem Plotzusammenbruch durch einen unglücklichen Würfelwurf ein zu stark gerailroadeter Plot voraus.  Wer flexibel leitet, der kann so was immer abfedern - und genau das meinte ich.
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