Regeln treiben erst mal von sich aus gar nichts; sie sind immer Mittel zum Zweck. Ich muss leider morgen zeitig raus, sonst hätte ich mir die Zeit genommen es kürzer zu fassen / besser aufzubauen. Ich hoffe es ist dennoch verständlich.
1.) Wir haben die „Fiktion“; um genau zu sein, die gemeinsame Fiktion oder den Shared Imagined Space (SIS) / gemeinsamen Vorstellungsraum, wie man ihn zu Forge Zeiten nannte. Dann haben wir natürlich die Ebene der „Realität“, also das Spiel am Tisch mit den realen Spielern.
Alles was Regeln jetzt tun ist klären, wer, was, wie, wann in diesen SIS reintragen darf. Ob diese Regel jetzt ist, der SL entscheidet nach eigenem Gefallen oder „wir Würfeln und Schauen auf die Verkrüpplungstabelle“ oder „Spieler die nicht in der Szene beteiligt sind, Entscheiden über den Ausgang des Konfliktes“ ist vollkommen gleich.
Tatsächlich findet selbst bei direkter „eindeutiger Regel aus Buch“ Anwendung immer ein „Filterungsprozess“ statt, also eine Anwendung auf die fiktionale Situation an sich. Es passiert auch da nur das, worauf man sich einigt.
Insofern sind die von Baker gezeichneten Pfeile die an den Spielern vorbei direkt in die Fiktion reingehen auch eine Wunschvorstellung. Nur wenn alle Spieler einverstanden sind, dass es so passiert, passiert es auch. Es passiert nicht weil es im Regelbuch steht und der Würfel entsprechend gefallen ist. Mich wunderte ein wenig, dass der Begründer des Lumpley Principles da etwas anderes behauptet.
EDIT: Ok, Zarkov hat recht, dass behauptet Baker gar nicht (hätte mich auch gewundert), die Pfeile sollen durch die Spieler gehen und er spricht vom Interpretieren der Regeln
. Ich lasse den Abschnitt aber mal quasi als gedankliche Gegenprobe drin^^.
2.) Die Fiktion, bzw. genauer die aktuelle Situation, gibt Regeln einen Kontext. Insbesondere bestimmt sie, ob Regeln angewendet werden können bzw. „sollen“. Das heißt, letztendlich ist jedes Verhalten „fiktionsmotiviert“.
Regel-motiviert vs. fiktions-motiviert? Einfach:
Regel-motiviert: Ich will mir den Gummipunkt verdienen.
Fiktions-motiviert: Ich mag den NSC und will nicht, dass ihm was passiert.
Ohne Fiktion keine Gelegenheit sich den Gummipunkt zu verdienen. Ohne Fiktion nicht mal eine Bedeutung für den Gummipunkt. Ohne Fiktion nicht einmal ein Rollenspiel. Die Motivation entsteigt immer aus der Fiktion; Regeln sind nur ein Übereinkommen wie diese Fiktion beeinflusst werden kann.
Warum nun ein Spieler nun will, dass die Fiktion sich in eine bestimmte Richtung entwickelt, ist eine andere Sache. Da gehört bspw. die ganze GNS Geschichte hin.
3.) Regeln können bestimmtes Verhalten begünstigen. Wenn ich bessere Kämpfen- als Reden-Werte habe, wird wohl eher Draufhauen mein Lösungsansatz sein als Diskutieren. Wenn ich weiß, dass wir „soziale Interaktion ausspielen“, also der SL nach Gutdünken entscheidet ob und wie wir Erfolg haben, werde ich, wenn ich ein Ziel erreichen will ihm nach dem Maul spielen. Regeln sind nie Zweck selbst sondern immer nur Mittel zum Zweck.
4.) Aber was ist, wenn die Regeln eine feste Gewinnbedingung festlegen und ich diese im Spiel erreichen will. Ist dann ist mein Verhalten regelmotiviert?
Tatsächlich nein. Denn wann ist die Endbedingung erreicht? Wenn eine bestimmte Fiktion eingetreten ist. Also der Dungeon leergeräumt ist oder ein Spieler so viele Gewinnpunktszenen gehabt hat, dass die Regeln sagen, das Spiel ist zuende. Ich nutze die Regeln also immer um die Fiktion zu lenken; es geht also IMMER um die Fiktion, nie um die Regeln. Es geht nie um etwas anderes im Rollenspiel.
Davon ganz abgesehen: Gewinnen und Verlieren ist im RSP (gerade im "traditionellen") in der Regel eher schwammig und oft "entstehen" Ziele sponta und ändern sich auch mal schnell. Von: "Wir hauen den Bandit King um für Ruhm und Geld" zu: "wir ziehen uns zurück um zu entkommen" zu: "wir ergeben uns um nicht zu sterben" oder auch: "wir sterben lieber bevor wir uns ergeben".
EDIT: Über das Rollenspiel mit fester Endbedingung, die das Spiel beendet durch ein Ereignis, dass sich nicht aus einer Fiktion an sich ableitet (bspw. man sammelt Gummipunkte als Siegpunkte und wenn einer 5 hat ist das Spiel aus und vorbei), schlaf ich nochmal. Das ist jedoch ein Sonderfall und spontan fällt mir dazu nur "The Shab Al Hiri Roach" ein (und selbst da muss ich nochmal drüber nachdenken
)..