Autor Thema: Cthulhu ohne Geistige Stabilität  (Gelesen 5031 mal)

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Offline Der Nârr

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Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« am: 4.04.2014 | 12:11 »
Hallo!

Meint ihr, Cthulhu verliert viel, wenn man auf Regeln zur geistige Stabilität verzichtet?

Ganz allgemein unabhängig von der Regelversion, also Trail of Cthulhu mit seinen Regeln zur Sanity ausdrücklich mit einschließend.

Phobien, Zitteranfälle und dergleichen aufs Auge gedrückt zu bekommen finde ich reichlich nervig. Der Wahnsinn sollte erst zum Ende einer Geschichte zum Tragen kommen. Die persönliche Entwicklung der Charaktere darf den Spielern überlassen werden.

Es geht hier um Inhalte. Mit Call of Cthulhu wurde die Entscheidung getroffen, die geistige Stabilität zu berücksichtigen und seither wird dies immer als fester regeltechnischer (Crunch) Bestandteil cthuloider Spiele gesehen. Ich möchte dies hinterfragen.

Gibt es Spielrunden, die schon jetzt ohne geistige Stabilität spielen?
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Offline Odium

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #1 am: 4.04.2014 | 12:16 »
Für Savage Worlds Cthulhu hatte ich mich damals gegen einen eigenen Wert für geistige Stabilität entschieden.

In SaWo gibt es die Möglichkeit, für furchteinflößende Gegner Angst-Würfe zu machen, die in Phobien u.ä. enden können, aber vom Spieler auch nicht angespielt werden müssen. Wenn er es tut, bekommt er dafür allerdings Bennies / Glückspunkte.
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Offline Slayn

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #2 am: 4.04.2014 | 12:22 »
Es geht hier um Inhalte. Mit Call of Cthulhu wurde die Entscheidung getroffen, die geistige Stabilität zu berücksichtigen und seither wird dies immer als fester regeltechnischer (Crunch) Bestandteil cthuloider Spiele gesehen. Ich möchte dies hinterfragen.

Sanity Punkte sind für die Story das, was Trefferpunkte für Kämpfe sind: Ein Ende. Daher spielen sie eine wichtige Rolle, wenn man genau das als solches auch berücksichtigt.
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Offline Zwart

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #3 am: 4.04.2014 | 12:26 »
Ich denke geistige Stabilität ist kein Muss. Man kann sehr gut ohne auskommen, vor allem wenn man die Konsequenzen als zu nervig empfindet. Letztlich ist es so das man sich immer die Frage stellen sollte was die Erlebnisse eines Charakter mit der Persönlichkeit dieses Charakters anstellen und wie er sich dadurch verändert. Das ist für mich auch ein sehr interessanter Aspekt bei jedem Rollenspiel.

Wobei ich mir natürlich keinen Spieler vorstellen kann der freiwillig auf die Idee kommt seinem Charakter einen psychogenen Tremor zu verpassen weil er einen Schoggothen gesehen hat. Wenn man sich nun vorher darauf einigt sich durch Regeln ggf. dazu zwingen zu lassen, ist dieses Spielelement für mich auch immer einer der spaßigen Teile wenn es um cthulhuiden Horror geht. Es hat einen vergleichbaren Stellenwert wie Magie in der Fantasy oder Raumschiffschlachten bei Star Wars. Ich würde also nicht darauf verzichten wollen.
« Letzte Änderung: 4.04.2014 | 12:30 von Zwart »

Offline Der Räuber Plotzenhotz

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #4 am: 4.04.2014 | 13:09 »
Selbstverständlich kann man Cthulhu auch ohne geistige Stabilität spielen; wenn man ein Regelwerk benutzt, das zudem noch Angsteffekte oder Phobien auf alternative Weisen abbildet: Um so besser.

Wenn man ganz klassisch mit Stabilität spielt, muss man wiederum nicht notwendigerweise alle Auswirkungen 1:1 umsetzen; das CoC-System lässt sich durch eine Prise Player Empowerment durchaus an die Bedürfnisse anpassen.

Eine Lösung ist zum Beispiel, das temporäre Trauma (dauert maximal 10 Kampfrunden) als Standardauswirkung zu nehmen, unabhängig von der Schwere des Stabilitätsverlustes. Ein Charakter, der im Abenteuer Stabi verliert, fällt dann bestenfalls für eine Begegnung aus, dann ist er nach außen wieder der alte. Gleichzeitig darf der Spieler selber beschreiben, auf welche Weise das temporäre Trauma genau wirkt.

Die längerfristigen Auswirkungen könnte man dann zwischen den Abenteuern abhandeln, indem man den Charakter am Ende der Sitzung oder des Abschnitts einen summarischen Stabi-Wurf machen lässt. Wenn es dann zu Auswirkungen kommt, darf der Spieler wiederum selber seinen "Tick" oder seine "Macke" festlegen, damit er auch Freude daran hat, es rollenspielerisch umzusetzen.

Gleichzeitig können Möglichkeiten definiert werden (Sanatoriumsbesuch? Psychotherapie?), mit denen der Spieler die Macke wieder loswird (nicht aber die einmal verlorene Stabi; die Therapie hilft ihm sozusagen nur, mit den Folgen des Traumas umzugehen). Aus einem Sanatoriumsaufenthalt können sich auch ganz neue Abenteueransätze ergeben (es gab vor Jahren mal ein Chaosium-Quellenbuch dazu; "Taints of Madness" oder so ähnlich).

Auf diese Weise verwendet, habe ich Stabilität durchaus als Bereicherung von Cthulhu-Runden empfunden.

EDIT: Tippfehler 
« Letzte Änderung: 4.04.2014 | 13:12 von Der Räuber Plotzenhotz »

Offline Huhn

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #5 am: 6.04.2014 | 11:17 »
Für mich stellt der Geistige Verfall einen der Grundpfeiler des Systems dar. Das ist, als würde ich in D&D auf die Kampfregeln verzichten, weil ich es blöd finde, dass mir da Wunden aufs Auge gerückt werden, die meinen Charakter behindern.

Es geht in Cthulhu doch gerade darum, dass Menschen, die sich in der Blüte ihres Lebens befanden, Dingen begegnen, die sie nicht verarbeiten können, weil sie zu groß sind und die deswegen allmählich (körperlich wie geistig) verfallen und die Kontrolle verlieren.
Dieser Kontrollverlust wird eben gerade dargestellt dadurch, dass ab einer bestimmten Schwere der Begegnung geistiger Verfall in Form kurzzeitiger oder dauerhafter Geistesstörungen einsetzt. Diese Geistesstörungen auszuwürfeln, ist für mich Teil des Kontrollverlustes. Als würden sich Menschen in der Realität aussuchen können, an was sie erkranken ("Ach nee, Depression passt mir grad gar nicht - ich nehm lieber ne kleine Cola.").

Meiner Meinung nach müssen gerade leichte Geistesstörungen, die nur kurz anhalten, den Charakter nicht sofort spielunfähig machen. Jemand, der unkontrollierte Zuckungen hat, muss ja nicht schäumend am Boden liegen. Er wirkt halt nur eigenartig und hat vllt Probleme, seine Schuhe zuzubinden. Sie müssen ja auch nicht sofort zum Tragen kommen. Jemand der eine vorrübergehende Panik vor Schleim hat, weil ein Monster ihn  einschleimte, muss ja nicht sofort schreiend im Kreis rennen. Aber vielleicht tritt ja am nächsten Spieltermin eine Situation auf, die seine Geisteskrankheit triggert. Sowas bringt, meiner Meinung nach, durchaus Spielspaß und macht Charaktere nicht sofort einen Abend lang spielunfähig.

Schwerere chronische Geisteskrankheiten sind dem Charaktertod gleichzusetzen. Na und? Cthulhu ist ein sehr tödliches System. Es geht nicht darum, jahrzehntelang denselben Char zu optimieren. Es wird ja sogar offiziell empfohlen, für längere Kampagnen gleich mehrere Charaktere zu erstellen.
Was ich mir vorstellen könnte, wäre, dass man gerade bei den schwereren Störungen die Liste durchgeht, statt zu würfeln und schaut, was aus der Situation wohl am sinnvollsten resultieren könnte.

Die Spieler aber grundsätzlich alles aussuchen zu lassen begünstigt bloß Powerplayer, die sich dann immer nur das Nasenjucken aussuchen, weil es ihnen stinkt, dass ihr Charakter Probleme haben könnte.


Gleichzeitig können Möglichkeiten definiert werden (Sanatoriumsbesuch? Psychotherapie?), mit denen der Spieler die Macke wieder loswird (nicht aber die einmal verlorene Stabi; die Therapie hilft ihm sozusagen nur, mit den Folgen des Traumas umzugehen). Aus einem Sanatoriumsaufenthalt können sich auch ganz neue Abenteueransätze ergeben (es gab vor Jahren mal ein Chaosium-Quellenbuch dazu; "Taints of Madness" oder so ähnlich).

Dazu gibt es in Dementophobia ein ganzes Kapitel und ein Beispielabenteuer in einem Sanatorium.

Offline Der Nârr

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #6 am: 6.04.2014 | 11:30 »
Wieso ist es ein Grundpfeiler des Systems? (Ich meine wohlgemerkt nicht nur Call of Cthulhu. Wieso muss jedes andere Regelsystem, das sich auf Lovecraft/Cthulhu bezieht, auch über Sanity-Regeln verfügen?)

Lamentations of the Flame Princess verzichtet z.B. ausdrücklich darauf und macht dies auch zu einem Grundpfeiler des Systems. Und die Weird Fantasy, die dort propagiert wird, ist sehr nah an cthuloidem Horror. (Lovecraft ist auch einer derjenigen, auf die sich dort bezogen wird.) Das rechne ich dem Spiel hoch an (und das hat mich wohl auch beeinflusst, in Kombination mit dem Lesen von Trail of Cthulhu, mich zu fragen, wieso ich den Sanity-Kram überhaupt benötige und dauernd damit genervt werde).

Natürlich kann man ein Spiel spielen und den mentalen Zerfall der Charaktere in den Vordergrund stellen, dann machen die Regeln für Sanity sicher Sinn. Aber kann man nicht auch die Aufdeckung unsagbarer Schrecken, das Lüften uralter Geheimnisse, die Begegnung mit Wesen aus unbekannten Zeiten in den Vordergrund stellen?
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Mamenchi

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #7 am: 6.04.2014 | 11:40 »
Für mich stellt der Geistige Verfall einen der Grundpfeiler des Systems dar. Das ist, als würde ich in D&D auf die Kampfregeln verzichten, weil ich es blöd finde, dass mir da Wunden aufs Auge gerückt werden, die meinen Charakter behindern.

OK komplette Kampfregeln in D&D streichen=Sanitysystem in Cthulhu streichen?

interessante These  ~;D

@ontopic
ich finde aufgedrückte Sachen immer nervig. Da man Sanity ja kaum mehr "heilen" kann ist es auch noch eine Einbahnstraße

Wenn du deine Spieler verrückt werden lassen willst, mach eigene Stadien des Verfalles, die nach bestimmten Ereignissen ausgelöst werden (die du ja vorher geplant hast) und dann schlußendlich zum Tode/Char-irrsin führen

Oder lass es deine Spieler ausspielen, muss ja nicht immer im Zwang enden

Offline der.hobbit

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #8 am: 6.04.2014 | 11:46 »
Wenn man Call of Cthulhu als "Im Stile der Geschichten von Lovecraft und den verwandten Autoren" auffasst, dann gehört Stabilität einfach dazu: Die Geschichten enden zum großen Teil mit vom Wahnsinn gezeichneten Protagonisten. Actionreiche Finale à la ich fahre mit dem Segelboot einen alten Gott tot sind vergleichsweise selten.

Aus diesem Grund ist es auch für mich ein Grundpfeiler: Das Flair der Vorlage besteht darin, dass Menschen wahnsinnig werden. Wenn ich diesen zentralen Aspekt weglasse, spiele ich ein System, in dem gegen alte Götter gekämpft wird, aber ich spiele nicht Call of Cthulhu. Mag Spaß machen, ist aber was Anderes.

Die Einbahnstraße Stabilitätsverlust besteht eindeutig. Ist das schlimm? Es macht Kampagnen problematisch, aber CoC ist für mich eher das OneShot System. Wenn man Kampagnen möchte, dann kann man an den Stellschrauben drehen, um Charaktere zu erschaffen, die länger durchhalten. Dass es aber nur ein 'länger' ist gehört mich zum Flair von Lovecraft dazu. Man kann nicht gewinnen, ist letztlich bedeutungslos.
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Offline Der Nârr

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #9 am: 6.04.2014 | 12:02 »
Ich habe viele Lovecraft-Geschichten mit großen Genuss gelesen, zog den Genuss aber nicht daraus, dass die Protagonisten wahnsinnig enden. Die Einblicke in die Psyche waren interessant, aber das gewinne ich im Spiel nicht durch das Aufdrücken von Geisteskrankheiten. Zudem hast du selbst geschrieben: Sie sind am Ende der Geschichte wahnsinnig. Wann ist denn das Ende der Geschichte? In vielen Cthulhu-Spielen wird man ja nicht am Ende der Geschichte wahnsinnig, sondern mitten drin.
Als ich das erste Mal die Cthulhu-Regeln las, fand ich die langen Texte zu Geistesstörungen übrigens interessant, empfand sie aber irgendwie da schon als Fremdkörper. Ich habe mich gefragt, warum ich mich mit dem ganzen Kram beschäftigen muss, wenn ich doch einfach nur Geschichten im Stil von Lovecraft spielen möchte.

Es geht mir hier, das möchte ich betonen, nicht darum, einen richtigen Weg, Cthulhu zu spielen, zu propagieren oder zu finden. Es geht mir darum, den derzeitigen Weg als den einzig gangbaren zu hinterfragen.

Und noch einmal: Es geht mir nicht nur um Call of Cthulhu (Chaosium), sondern auch um Trail of Cthulhu, Realms of Cthulhu, Laundry Files und wie sie alle heißen.

Es gibt ja auch heroische Fantasy-Rollenspiele ohne Klassen, obwohl Klassen ein Grundpfeiler von D&D sind.
« Letzte Änderung: 6.04.2014 | 12:05 von Der Narr »
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Offline Huhn

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #10 am: 6.04.2014 | 13:14 »
OK komplette Kampfregeln in D&D streichen=Sanitysystem in Cthulhu streichen?

interessante These  ~;D

Das war natürlich stark überspitzt ausgedrückt ;) Ich wollte damit nur zeigen, dass es für mich das gesamte Spiel schrotten würde, wenn der geistige Verfall keine (so starke) Rolle mehr spielen würde.

Wieso ist es ein Grundpfeiler des Systems? (Ich meine wohlgemerkt nicht nur Call of Cthulhu. Wieso muss jedes andere Regelsystem, das sich auf Lovecraft/Cthulhu bezieht, auch über Sanity-Regeln verfügen?)

Lamentations of the Flame Princess verzichtet z.B. ausdrücklich darauf und macht dies auch zu einem Grundpfeiler des Systems. Und die Weird Fantasy, die dort propagiert wird, ist sehr nah an cthuloidem Horror. (Lovecraft ist auch einer derjenigen, auf die sich dort bezogen wird.) Das rechne ich dem Spiel hoch an (und das hat mich wohl auch beeinflusst, in Kombination mit dem Lesen von Trail of Cthulhu, mich zu fragen, wieso ich den Sanity-Kram überhaupt benötige und dauernd damit genervt werde).

Natürlich kann man ein Spiel spielen und den mentalen Zerfall der Charaktere in den Vordergrund stellen, dann machen die Regeln für Sanity sicher Sinn. Aber kann man nicht auch die Aufdeckung unsagbarer Schrecken, das Lüften uralter Geheimnisse, die Begegnung mit Wesen aus unbekannten Zeiten in den Vordergrund stellen?

Naja, wenn man sich die Lovecraft-Stories durchliest (zumindest die, die mir gerade in Erinnerung sind), dann geht es da nicht um spannende Entdeckungen sondern eher darum, dass Menschen auf etwas stoßen, auf das sie eben besser nicht gestoßen wären. Der "Forscherfaktor" ist da eher Nebeneffekt als Hauptsache. Natürlich entdeckt man Neues und Außergewöhnliches - aber es wäre halt besser, wenn man seine Nase da raushalten würde. Die meisten Lovecraft-Geschichten drehen sich ja dann auch eher darum, wie die Protagonisten versuchen, die Folgen ihrer Entdeckung (so Weltvernichtung oder grässliche-Monster-in-unsere-Welt-rufen oder Wissen verbreiten, das man nicht verbreiten sollte oder sowas^^) zu verhindern.

Der Wahnsinn ist da fester Bestandteil der Geschichte - wenn auch vielleicht nicht zwingend Zentrum und einziges Thema. (Schließlich liest man keine Geschichte über die Entwicklung der Schizophrenie, sondern eben eine Geschichte über jemanden, der Dinge erlebt, die ihn in den Wahnsinn führen)

Es hat Gründe, dass nicht nur Cthulhu-Systeme den Wahnsinn mit einbeziehen. Soweit ich mir das hab sagen lassen (hab ihn selbst noch nicht gelesen, bloß rumliegen^^) hat auch der Savage Worlds Horror Companion Regeln für Geistigen Verfall. Und Rippers hat sowas auch - da ists aber wohl weniger stark Spielinhalt. Auch die WoD stellt mit dem Verfall der Morality/Integrity etwas in die Richtung dar.

Einer der, wenn nicht DER Hauptbestandteil von klassischem Horror ist doch Angst. Im Falle Cthulhus dürfte es die klassische Angst vor dem Unbekannten und die Angst, die Kontrolle zu verlieren sein. Und übermächtige Angst frisst an den Nerven. Das wird eben durch die Geistige Stabilität  und deren Niedergang dargestellt.
Erforschung und Entdeckung sind die Inhalte des Plots - aber nicht die Grundlage des Spiels.

Zumindest ist das für mich so und ich habe in Runden, die ihre Schwerpunkte deutlich anders legen auch nie wirklich Spaß gehabt.

Wenn dich persönlich der Geistige Verfall so massiv stört, dann lass ihn doch einfach weg. Soweit ich das sehe, hängen da keine weiteren Regeln in dem Sinne dran - so rein von der Spielbalance her müsste das doch gehen.

Oder du nimmst ein ganz anderes Regelsystem (eben zum Beispiel Savage Worlds) und bespielst einfach den Lovecraft-Hintergrund damit. Ich sehe da nicht viel Sinn drin, aber dir kanns doch egal sein, was random Internet-Huhn von deinem Spielspaß hält  ~;D
« Letzte Änderung: 6.04.2014 | 13:16 von Huhn »

Offline Zwart

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #11 am: 6.04.2014 | 13:26 »
Warum gibt es Regeln für geistigen Verfall bei Horror-RPG?
Weil viele Spieler (inkl. mir) diese Regeln brauchen um die Angst und den geistigen Verfall überhaupt ins Spiel zu integrieren.
Ohne diese Regeln würden die entsprechenden Effekte auf die Psyche eines Charakters ignoriert.
Wie ich oben schon schrieb, kein Spieler käme von allein auf die Idee seinem Charakter einen psychogenen Tremor zu verpassen, weil er einen Schoggothen gesehen hat. Ohne diese Regeln blieben solche Begegnungen mit dem Mythos (vor allem wenn es nicht um Mythos-Kreaturen geht, die einen körperlich zerfleischen können) bei vielen Spielern völlig folgenlos (oder zumindest folgenloser) für ihren Charakter.

Oder kommen eure Fantasy-Charaktere nach der Begegnung mit ein paar Zombies dem Wahnsinn näher? In aller Regel wohl nicht, eben weil es bei den allermeisten Fantasy-RPG keine Regeln für geistigen Verfall gibt.
« Letzte Änderung: 6.04.2014 | 14:00 von Zwart »

Offline Huhn

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #12 am: 6.04.2014 | 13:32 »
Ohne diese Regeln blieben solche Begegnungen mit dem Mythos (vor allem wenn es nicht um Mythos-Kreaturen geht, die einen körperlich zerfleischen können) bei vielen Spielern völlig folgenlos für ihren Charakter.

Und ich hatte auch schon genug Runden, wo selbst mit den Regeln sich Auswirkungen von Geistigem Verfall auf ein "Huch, oh nein, mein Charakter erbleicht ein wenig." beschränkten -.-

Offline Der Räuber Plotzenhotz

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #13 am: 6.04.2014 | 13:41 »
Wenn wir hier schon D&D als Analogie bemühen: D&D ist ein Spiel mit einem expansiven Belohnungszyklus. Je länger ich spiele, desto mächtiger wird mein Charakter, desto fiesere Monster kann er plätten, desto mehr XP bekommt er, desto mächtiger wird er ... und so fort.

CoC (mit Stabi) ist dagegen ein Spiel mit einem invertiertem Belohnungszyklus: Je länger ich spiele, desto mehr erfährt mein Charakter über den Mythos, desto näher ist er dem Wahnsinn, desto gefährlicher wird jede neue Begegnung, desto mehr Zusammenhänge beginnt er zu begreifen ...

CoC ist also zum einen (wie hier schon gesagt wurde), ein System, das versucht, Lovecraft'schen Horror für Alltagsmenschen wie du und ich irgendwie glaubhaft rüber zu bringen. Dazu stellt es eine (mögliche) Lösungen vor; natürlich nicht die einzig funktionierende, aber eine, die imho ganz gut funktioniert.

Zum anderen ist es aber auch ein System, dass den Spieler von Anfang an klar macht: Ihr könnt gar nicht gewinnen. Nie. Aber ihr könnt versuchen, den Schrecken möglichst lange aufzuhalten. Und auch daraus kann man als Spieler unheimliche Genugtuung ziehen, wenn man das möchte.

Die besten CoC-Kampagnen waren für mich die, bei denen sich einer der Chars im letzten Abenteuer freiwillig opfert, weil er weiß, dass sowieso nicht alle überleben werden und er dem Wahnsinn ohnehin am nächsten ist. Das ist gewiss eine andere Art von Heldentum als sie ich sie in vielen D&D-Kampagnen erlebt habe. Aber es kann dennoch viel Spaß machen.

Wer diesem invertierten Belohnungszyklus nichts abgewinnen kann, der sollte in der Tat die Stabilitätsregeln entschärfen oder durch andere Mechanismen ersetzen. Man kann cthulhoide Sachen spielen ohne Stabilität, und man kann einen Non-Mythos-Horror mit Stabilität spielen.

Offline Rhylthar

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #14 am: 6.04.2014 | 18:41 »
Wenn man D&D mit Horror mixt, wird man wahrscheinlich irgendwann bei Ravenloft landen.

Und da ist man dann konsequenterweise auch bei Fear, Horror und Madness-Checks.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Arkam

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #15 am: 14.04.2014 | 12:46 »
Hallo zusammen,

die geistige Stabilität hat bei Cthulhu klassisch ja drei Aufgaben:

Sie begrenzt das Wissen über den Mythos, klassisch wird das Wissen über den Mythos von der maximalen geistigen Stabilität abgezogen.
Magie kann geistige Stabilität kosten.
Sie dient als Trefferpunkt Äquivalent um Horror in ein Szenario zu bringen oder Monster gefährlicher zu machen.

Die Funktion die Magie zu beschränken kann am schnellsten ersetzt werden. Von der Lösung das der Spielleiter sowieso nur die Sprüche zugänglich macht die er im Spiel haben möchte über bis zu klassischen Magie Punkten gibt es ja eine  Vielzahl verschiedener Magiesysteme.
Einen Wert für das Mythos Wissen halte ich eigentlich nicht für notwendig. In einem Abenteuer kann man dieses Wissen ja über Handouts den Spielern präsentieren und anderes Wissen kann man eben über Nachforschungen mit den passenden Fertigkeiten erlangen. Zudem präsentiert sich der Mythos zwischen Lovecraft, über seine Mitschreiber bis zu Hohlbein und seinem "Hexer von Salem" ja sehr unterschiedlich. Letztendlich sollte also jeder Spielleiter festlegen was bei ihm über den Mythos zu erfahren ist und was davon wirklich stimmt.

Ob man die geistige Stabilität für Letzteres benötigt hängt von der persönlichen Art zu Spielen und den lieben Mitspielern ab. Über ein paar seltene Spiele und das offizielle Cthulhu Forum, Pegasus Cthulhu RPG, habe ich drei Richtungen kennen gelernt.
Es ist alles eine Herausforderung. Da brauchen die Monster dann eine Sonderfertigkeit um sie angemessen gefährlich zu machen. Die geistige Stabilität als Trefferpunkte ist da klassisch. Aber genau so gut könnten die Monster auch spezielle Angriffe oder spezielle Einflüsse haben. Horror in ein Szenario zu bringen halte ich hier eigentlich nicht für möglich. Hier bekommt man dann schnell die Diskussionen warum der Soldat oder der Arzt aus dem ersten Weltkrieg noch geistige Stabilität beim Anblick einer Leiche verlieren.
Wenn man in einer Runde spielt die ihre Verantwortung für die gewünschte Atmosphäre wahrnimmt kann man die Runde durch die geistige Stabilität sogar abwürgen. Gerade bei Spielern die unterschiedliche Arten zu spielen bevorzugen kann man so widerstreitende unklare Signale setzten die das Spiel erschweren.
Bei Runden die die Regeln sowieso eher als Beiwerk betrachten spielt es keine Rolle welche Regeln man verwendet.

Aus meiner Sicht kann man akso problemlos ohne die geistige Stabilität spielen. Man muss allerdings mit seiner gruppe klären warum man das macht und was man damit erreichen und vor allen was man damit nicht erreichen will.

Gruß Jochen
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Der Rote Baron

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #16 am: 22.05.2014 | 09:44 »
Geistige Stabilität als Spielmechanismus hat die Aufgabe von Trefferpunkten.
Allerdings ist niemand genervt von Trefferpunkten in Systemen als Schadensregulierung - wieso?

Weil geistige Stabilität viel stärker ins Rollenspiel eingreift und ein Scenario schnell an die Wand fahren kann.

1)
Anders als bei Trefferpunkten im kampf gibt es bei dem Verlust von geistiger Stabilität wenig, was der Spieler tun kann, um dies zu vermeiden. Im Kampf kann ich, um Schaden zu vermeiden oder zu minimieren, einen Hinterhalt legen, warten bis der Gegner schläft, dicke Rüstung anziehen und mir schwere Waffen zu legen oder auch versuchen, unnötige Kämpfe zu vermeiden.

Und bei Stabilitätsverlust? - Nun,
a) ich kann nicht in das Haus von Graf Orlok gehen (Abenteuer wird nicht begonnen),
b) ich kann nicht die Chronik des Hauses derer von Orlok lesen (Spuren werden nicht entdeckt, Abenteuer endet),
c) ich kann nicht die Gruft des Grafen aufsuchen (Abenteuer vorbei) und
d) ich kann den Sarg nicht öffnen (Abenzeuer vorbei).

Ich habe also die Wahl, das Abenteuer zu spielen und Stabilität zu verlieren oder ich kann das Abenteuer links liegen lassen.

Sicherlich können mich jetzt die vom Grafen Orlok ausgehenden Gefahren (ausgesaugte Jungfrauen, leergefressene Tiefkühltruhen, Grafittis mit "Orlok RuleZ! Und ihr seid Scheiße!) dazu zwingen, dem Jungfrauenschänder, Cornetto-Banditen und Verschandler offentlichen und privaten Wohneingentums doch noch einen Hausbesuch abzustatten, aber dann habe ich wieder kaum Einfluss auf den 2Schaden", den ich nehmen muss.

2)
Verliere ich genug Stabilität, werde ich wahnsinnig. Und "genug" sind ja mal lächerliche 5 Punkte pro Stunde - da erschrickt man sich zweimal vor einer Ratte, liest im Buch was vom Gruselgraf und seinen perversen Cornettosexspeilen mit Jungfrauen - dann trof Blut oder ähnliches von der Decke und - voila! - ich bin gaga.
Da war noch kein Monster am Fenster und der Graf noch beim Nickerchen im Sarg.

So - also gaga. Also mal geschaut:
Bei etwas Glück bin ich nur ein paar Runden/ Minuten aus dem Spiel, bei großem Pech laufe ich aber schreiend aus der Burg. Damit bin ich raus aus dem Scenario, wenn die anderen nicht schreiend oder missmutig hinterherkommen, also das Abenteuer nicht ohne mich weiterspielen.
Auch im Kampf eine tolle Sache: Drei Zombies kommen vorbeigewankt und schon reduziert sich die Vierergruppe auf zwei, ohne dass auch nur eine Gammelklaue auch nur einmal zum Schlag angesetzt hat: Einer nimmt schreiend Raißaus, die andere fällt in Fötusstellung und Nilli und Willi können nun sehen, was sie machen.

Besonders langweilig ist das für den Weggelaufenen, denn er ist ja häufig raus aus dem Kampf. D.h. er überlebt. Die Moral ist dann: Wären wir mal alle besser NIE auf Abenteuer gegangen.

Sicher ist Weglaufen bei Cthulhu oft ein guter Rat und Scheitern gehört zum Genre genauso wie das Sterben, aber man möchte doch schon vom Grafen gesplattert werden und nicht von dessen Urlaubsvertretern der Hilfsdiener.

Meine Idee (nach Lektüre des letzten Cthulhus Ruf): Stabilitätsverlust sollte aufgeschoben werden können.
Das heißt, man kann entscheiden, ob man die Punkte bei vergeigtem Wurf direkt verliert (und seine Stabilität senkt) oder die Punkte als Verlust notiert, aber der Stabilitätswert zunächst gleich bleibt.
Der Vorteil: man würfelt weiterhin auf dem höheren Wert.
Der Nachteil: Nach einer bestimmten Zeit (z.B. eine Stunde) verliert man allePunkte auf einen Schlag - mit allen daraus folgenden Konsequenzen.

Vielleicht sollte man ein "Aufspargrenze" einbauen - sagen wir bei einem Viertel des Stabilitätswertes. Und wenn man 10 Punkte auf einen Hieb verliert, dann kommen die anderen noch hinzu - Fass übergelaufen!

So kann man kleinere Verluste noch nervös zuckem lassen, die Zombieverluste klemmt man aber weg, da ja noch der Graf kommen wird - und da braucht man einen hohen Stabilitätswert. Außerdem kann man nicht vor drei Angefaulten Reißaus nehmen, wenn man dem großen Übel das Handwerk legen will. Und am Ende kann man dann den Pflock beiseite legen, den Verlust von X-Punkten hinnehmen und sich ganz fein wahnsinnig lachend in die Klapse bringen lassen.

So sind alle beruhigt: Man hat spieltechnisch ein taktische Mittel zum Stabilitätsverlust, man kann das Abenteuer zu Ende spielen - und verliert dann den Verstand.
« Letzte Änderung: 22.05.2014 | 15:14 von Der Rote Baron »

Offline Slayn

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #17 am: 22.05.2014 | 10:14 »
Da liegen aber zwei ganz andere und unterschiedliche "Probleme" zugrunde:

CoC hat "dumme" Trefferpunkte, also den Zustand, ähnlich wie bei D&D, das sich bis zum letzten Trefferpunkt keine negativen Konsequenzen ergeben. Schaut man mal rüber zu anderen Spielen mit Sanity, Corruption & Co., etwa die WH40K Reihe oder L5R, so ist jede Begegnung mit dem "Feind" auf ihre Art tödlich und kann sehr fies enden, nicht nur die Sachen rund um Sanity.
Das verschiebt die Bedeutung von Sanity deutlich.

Dazu kommt diese Einstellung ein Abenteuer/Szenario "schaffen" zu müssen, anstatt den Versuch und ggf. das Scheitern schon als Ziel zu sehen.
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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #18 am: 23.05.2014 | 07:58 »
Natürlich braucht man die Regeln für geistige Gesundheit nicht zwingend für jede Runde. Das kommt selbstredend auf den Stil an. Wenn man beispielsweise mit den Charakteren die Großen Alten wegmoschen oder ein Schlachtfest in R´lyeh ausspielen möchte, kann man getrost darauf verzichten.

Für mich gewinnt Cthulhu als Spiel aber eigentlich erst durch die Auslotung der persönlichen Auswirkungen des kosmischen Grauens als Rollenspiel an Relevanz. ROLLENspiel halt. Wenn man auf geistige Stabilität verzichtet, ob formal verregelt oder gehandwedelt ist dabei egal, beraubt man Cthulhu ganz schlicht seines zentralen Reizes. Das haben diverse Leute nicht verstanden, insbesondere solche, die stark aus der simulationistischen Ecke kommen. Da sollte man sich dann meiner Ansicht nach das klassische Cthulhu besser gleich sparen und entweder durch eine breiter angelegte 20er-Jahre-Pulpvariante ersetzen oder zu sowas wie ACHTUNG! CTHULHU greifen.
« Letzte Änderung: 23.05.2014 | 08:01 von Wellentänzer »

Offline Arkam

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #19 am: 23.05.2014 | 21:06 »
Hallo zusammen,

wäre da vielleicht eine Abrechnung nach dem Abenteuer passend?
Denn man bekommt ja auch durchaus Stabilität zurück. Am Ende des Abenteuers oder einem passenden Zwischenstop würde dann bestimmt ob man für die nächste Geschichte einen geistig stabileren Charakter benötigt, das nächste Abenteuer vielleicht in einer Irrenanstalt beginnt oder der Charakter nur einen neuen Tick bekommt.
Mein Eindruck bei der Kampagnenbox "Auf den Inseln" war das Gewinn und Verlust von Stabilität sich fast ausglichen.

Gruß Jochen
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Swafnir

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #20 am: 23.05.2014 | 21:46 »
Also ich brauch keine geistige Stabilität als Wert um den Horror und den geistigen Verfall darzustellen. Ich erinner mich an eine Runde als mein Professor jeden verdammten Wurf geschafft hat. Ich hab ihn dann gegen Ende der Sitzung an einem Herzanfall sterben lassen, obwohl ich die Probe geschafft hatte - einfach weil ich es bei der Situation passend fand.

Chiungalla

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #21 am: 23.05.2014 | 22:33 »
Überhaupt kein Problem. Natürlich hat es dann nicht mehr das Original-Cthulhu-Feeling-TM. Aber wenn Dir der Teil des Original-Cthulhu-Feeling-TM nicht gefällt, warum solltest Du ihn dann beibehalten?

Offline Jyriell

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #22 am: 24.05.2014 | 23:20 »
CoC ohne Verlust der geistigen Stabilität ist für mich  "Private Eye".  Letztlich darf jeder natürlich Spielen wie es ihm beliebt und es ist unter Modifizierung der Regeln auch machbar, aber für mich persönlich würde Cthulhu ohne Verlust der geistigen Stabilität seinen Reiz verlieren. 
Um ein Abenteuer auch nach einem großen Stabilitäsverlust noch spielbar zu machen,  ist ein guter Spielleiter gefragt.  Ich würde sagen, wir verheizen unsere Charaktere nicht (einige haben sogar geheiratet und beide große Kriege erlebt)und große Alte kann ich auch nach 13 Jahren durchgängiger Spielerfahrung noch an zwei Händen abzählen, doch die geistige Umnachtung ist immer noch eines der witzigsten und emelentarsten Charaktererlebnisse jedes Abenteuers.
Hat ein Charakter eine geistige Umnachtung oder ein Trauma, so hat es der Spielleiter in der Hand, diese so zu lenken, dass sie weder Gruppengefährdend ist (ja hatten wir auch schon mal) oder die Lösung des Abenteuers behindert. Zwischen den Abenteuern helfen Psychater und Co, dem Charakter das nächste Abenteuer zu bestehen.
 Aber grundsätzlich ist Cthulhu eben nicht DSA  und die Charaktere leben nicht ewig um den legendären Status zu erreichen, was einem auch bewusst sein sollte, wenn man Cthulhu spielt. Das ist eben das Lovecraftsche Universum. Denn auch dort überleben nur die wenigsten Helden bei halbwegs geistiger Gesundheit (Armitage, Carter....)

Aber was mich auch Regeltechnisch stört: Viele (nicht alle) Mytosbegegnungen funktionieren auf der Ebene der geistigen Umnachtung. Denn öfters handeln diverse "Endgegner" oder auch deren Handlager so langsam oder gar nicht, dass einem Charakter, der keine Rücksicht auf geistige Stabilität nehmen muss, genügend Zeit bleibt, um ganze zur Vertreibung etc. Vorwärts und Rückwärts zu rezitieren... Was bei normaler Anwendung der Regeln nur sehr schwer möglich wäre. D.h. dort müsste schon durch das Wegfallen des Verlustes eine Modifizierung statt finden.

Aber ich bin da eben sehr speziell und finde es persönlich(!) auch in allen anderen Systemen unlogisch, dass die Charaktere einfach stupide weiter agieren, obwohl gerade etwas furchtbar schreckliches passiert ist.... Für mich ist es schwer zu spielen (wie in manchen Systemen), dass auf grausige Erlebnisse und co NICHT mit Stabi Verlust und Pyschosen des Charakters reagiert wird, sondern einfach munter weiter des Abenteuers Lösung gesucht wird.^^
"Kein Wunder, dass die Frauen, die erst augenzwinkernd sagen: "Man muss den Mistkerl einfach lieben", dieselben sind, die - später, wenn es ihnen dämmert, dass die Mistkerle die sie liebten, tatsächlich Mistkerle sind - sich dann plötzlich beklagen: "Alle Männer sind Mistkerle!"
Angesichts ihrer schrägen Auswahl bei den Beispielen ihrer Betrachtung ist das weder eine überraschende noch verlässliche Erkenntnis."

Chiungalla

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #23 am: 25.05.2014 | 02:34 »
Aber ich bin da eben sehr speziell und finde es persönlich(!) auch in allen anderen Systemen unlogisch, dass die Charaktere einfach stupide weiter agieren, obwohl gerade etwas furchtbar schreckliches passiert ist....

Nach allem was ich über das Thema weiß (interessierter Laie im Bezug auf Psychologie) würde ich aber sagen, dass der "unlogische" (unrealistisch wäre aber das bessere Wort gewesen, weil Du nicht die Logik kritisierst) höchst wahrscheinlich sehr viel näher an der Wahrheit liegt, als die Darstellung im Cthulhu-Mythos (Romane und Rollenspiel). Beide Spielarten sind letztendlich nicht realistisch, aber die menschliche Psyche ist dann doch sehr viel stabiler als Lovecraft sie dargestellt hat.

Offline Jyriell

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Re: Cthulhu ohne Geistige Stabilität
« Antwort #24 am: 25.05.2014 | 08:29 »
Da hast du recht. Logik ist hier nicht ganz treffend. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass es grundsätzlich eher der Realität entspricht, wenn Charaktere in Stresssmomenten dauerhaft emotional total gefasst durch die Situation gehen. Auch im realen Leben ist die Spannweite der Reaktionen riesig und auch wenn Dinge wie "Leichen essen" eher selten vorkommen, ist es nicht unrealistisch, wenn Menschen nicht mehr Herr ihrer Sinne sind und genau im Moment des Sehens "durchdrehen".   
Natürlich gibt es auf der anderen Seite auch die Menschen, die gerade in solchen Situationen wirklich absolut gefasst sind und ohne geistige Störung agieren können. Beispiele aus dem realen Leben gibt es ja auch hier genügend. Aber wie oben gesagt, macht es für mich eben gerade den Reiz des Spieles aus, Cthulhu zu sehen und ihm eben nicht total relext einen Bannspruch entgegenzuwerfen.  Es gibt es Charakter auch eine gewisse Tiefe, zu überlegen, wie "überreagiert" mein Char jetzt in folgender Situation und was bricht aus ihm heraus, was unter normalen Umständen nie offenbar geworden wäre.
Manchmal kommt es auch vor, dass es mich stört, wenn ein, in meinen Vorstellungen gefestigter Charakter während des Spiels durch Stabi Verlust aus der Bahngeworfen wird, aber wie gesagt:Grundsätzlich mit allen Charakteren ohne Einfluss auf die Psyche zu spielen, könnte ich mir auf Dauer nicht vorstellen, vor allem da wie gesagt in einigen Abenteuern eben von jenem StabiVerlust ausgegangen wird.
Aber um eben zu verdeutlichen, dass das nur meine Vorliebe ist und ich niemandem Spaß am Spiel ohne Stabiverlust absprechen will:  Mir persönlich gefallen auch in Comics, Filmen etc. Charaltere nicht, die grundsätzlich jedes Grauen im Abenteuer mir ruhiger Fassung und ohne jegliche psychische Störung überstehen. 
"Kein Wunder, dass die Frauen, die erst augenzwinkernd sagen: "Man muss den Mistkerl einfach lieben", dieselben sind, die - später, wenn es ihnen dämmert, dass die Mistkerle die sie liebten, tatsächlich Mistkerle sind - sich dann plötzlich beklagen: "Alle Männer sind Mistkerle!"
Angesichts ihrer schrägen Auswahl bei den Beispielen ihrer Betrachtung ist das weder eine überraschende noch verlässliche Erkenntnis."