Autor Thema: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!  (Gelesen 6421 mal)

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Offline scrandy

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Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« am: 15.10.2014 | 13:09 »
EDIT: Es geht hier nur um Spiele in denen die Nutzung einer Spielwiese von den Spielern gewollt ist. (also z. B. nicht um Indies mit narrativem/thematischen Spiel)

Im Thread "System DOES NOT Matter" wurde mit Kriegsklinges Post die Debatte geschlossen. Dabei kann man sein Fazit in etwa so zusammenfassen:

- Rollenspiel ist mehr als nur ein Spiel
- Rollenspiel heißt auch kreative Beschäftigung mit der Welt jenseits des Spiels oder um das Spiel herum (Barbiespiel, Reden über die Welt, Charakterhintergründe usw.)
- Systeme wie DSA schaffen Kombinationen aus Regeln und Flufftext, die eine Spielwiese bereitstellen die diese Beschäftigung ermöglichen

Grundsätzlich stimme ich dem zu, dass es eine menge Leute gibt, die exakt aus dem Grund der Spielwiese ein System (z.B. DSA4) lieben.

Meine These ist nun:


- Ein gutes RPG ist ein gutes Spiel und bietet eine Spielwiese (nicht nur eines von Beidem)
- Spiele wie DSA halten Spieler vor allem wegen der Spielwiese, hätten sich als Rollenspiel aber nie etablieren können wenn sie mit DSA4 als verbuggtes Spiel begonnen hätten und nicht gewachsen wäre, weil:
  + Ein RPG zu sammeln, zu lesen und die Welt zu lieben nicht unbedingt an den Spieltisch führt
  + Jede menge RPGs werden gelesen und gesammelt aber nicht gespielt
  + Nur Spiele die überall präsent sind (also auch gespielt werden) können auch das Gefühl "die Welt lebt" vermitteln und somit die Spielwiese erhalten

-> Deswegen sollte das Ideale RPG ein gutes Spiel sein (und trotzdem eine Spielwiese bereitstellen)

Wie kann das gehen?

- durch einen schlanken Spielkern, der minimalisten und Storyplayer die Teilnahme ermöglicht (aber für alle anderen gut ausgebaut werden kann)
- gute optionale Erweiterungsregeln, die in die Welt integriert sind und die Spielwiese aufspannen und Regelfans und Simulationisten zufriedenstellen
- Spielwiese anbieten und nicht aufzwingen: Statt "Kultur X hat automatisch Fähigkeiten A, B und C" lieber "In Kultur A ist es üblich das man schon im Kindesalter A, B und C lernt" (Aber vielleicht gehört man auch zu jenen wenigen Dorfbewohnern, die aus gutem Grund wenig Wert auf A und B gelegt haben - die Wahl bleibt beim Spieler)
- Ein konsequentes "Corestory"-Kapitel mit dem verschiedene Corestories (und damit verbundene Spielstile) angeboten werden und vorschläge für sinnvolle Charaktere gemacht werden.
- Der Regelkern sollte eine schnelle, universelle Probe haben, die um taktische wie auch simulierende Elemente erweitert werden kann
- Modularität heißt nicht Bürokratie -> die Module müssen sexy sein und zum ausprbieren einladen. Es muss darum gehen irgendetwas zusätzliches erleben zu können und nicht nur darum den "Realismus" zu erhöhen

Was denkt ihr darüber? Habe ich was vergessen oder habt ihr einen Gegenentwurf?

Es muss doch möglich sein ein gutes Spiel spielen zu können ohne die Spielwiese hinter sich lassen zu müssen.

Definitionen:

- Gutes (mainstream) Spiel: Ein Spiel das tut, was es verspricht (es hat Designziele und setzt sie auch halbwegs um), viele Spielertypen unterstützt und nicht zum automatischen ignorieren der Regeln verleitet (Hausregeln gibt es allerdings immer und werden vielleicht sogar explizit unterstützt).
- Spielwiese, Barbiespiel usw: Siehe verlinkter Thread
« Letzte Änderung: 15.10.2014 | 13:31 von scrandy »
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #1 am: 15.10.2014 | 13:26 »
Um es nochmal zu konkretisieren:

Ich finde Indies mit spezifischem Designziel ohne Spielwiese wunderbar. Bei diesen Spielen ist es überhaupt nicht notwendig oder gewünscht eine Spielwiese anzubieten.

Deswegen beziehe ich mich hier auf Mainstreamspiele bei denen das längere eintauchen in die Spielwelt gewollt ist und somit in großem Maße Spielwiesen-Liebhaber mit im Boot sind. Allein um kommerziell erfolgreich zu sein brauchen diese Spiele eine Spielwiese aber auch um einen großteil der Spieler glücklich zu machen. In diesem Thread geht es um diese Gruppe von Spielen. In dieser Gruppe muss es doch trotzdem möglich sein gute Spiele (mit erfüllten Designzielen) und offen für mehrere Spielertypen ohne dass  man ekzessiv Hausregeln einführen muss oder gar großteile des Systems ignorieren muss.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #2 am: 15.10.2014 | 13:30 »
- Rollenspiel ist mehr als nur ein Spiel
- Rollenspiel heißt auch kreative beschäftigung mit der Welt jenseits des Spiels oder um das Spiel herum (Barbiespiel, Reden über die Welt usw.)
Das hat er überhaupt nicht gesagt und es ist deswegen kein gutes Fazit. Er hat gesagt, dass manche Leute ihr Rollenspielsystem mehr als "Spielzeug" verwenden und andere (Forge-Schule) es als "Spiel" (in engeren Sinn) verstehen. Und das daraus Missverständnisse bzw. andere Anforderungen an das System entstehen.

-> Deswegen sollte das Ideale RPG ein gutes Spiel sein (und trotzdem eine Spielwiese bereitstellen)
Auch dem würde ich schon im Grundsatz nicht zustimmen. Die Verwendung als Spiel und als Spielzeug hat teilweise konträre Anforderungen. Weswegen man das nicht unter einen Hut bringen kann (bzw. dann beides eben nur so lala ist). Das "ideale RPG" gibt es deshalb aus Prinzip nicht. Für jemanden, der ein Spiel will, wird das Ideal ein anderes sein, als für jemanden, der ein Spielzeug will. Und das ist OK, deshalb sollten die auch unterschiedliche Systeme verwenden. :)
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #3 am: 15.10.2014 | 13:31 »
In diesem Thread geht es um diese Gruppe von Spielen. In dieser Gruppe muss es doch trotzdem möglich sein gute Spiele (mit erfüllten Designzielen) und offen für mehrere Spielertypen ohne dass  man ekzessiv Hausregeln einführen muss oder gar großteile des Systems ignorieren muss.
Und da ist Dein Denkfehler. Jasper suchte ja nicht umsonst die Analogie zu den Bauklötzen und den Spielzeugen. Wenn Du diese Gruppe von Spielern anlocken willst, musst Du ein Spielzeug anbieten, mit dem man "rumspielen" kann und kein fertiges Spiel.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #4 am: 15.10.2014 | 13:36 »
Ganz so unrecht gebe ich Scrandy dabei aber nicht. Man muss nur den Spagat zwischen dem Spielzeug und dem Spiel bedenken und beachten und kann dann eine Hilfestellung geben wie man das eine in das andere überführt, sofern man es nicht als zwingend betrachtet diese Überführung hinbekommen zu müssen.

[Nachtrag]

Ich sehe das ähnlich wie mit LEGO:
1) Noppen!!!
2) Eine Bauanleitung plus ein _Vorschlag_ was man mit dem gebauten danach spielt.
« Letzte Änderung: 15.10.2014 | 13:39 von Slayn »
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #5 am: 15.10.2014 | 13:41 »
Und da ist Dein Denkfehler. Jasper suchte ja nicht umsonst die Analogie zu den Bauklötzen und den Spielzeugen. Wenn Du diese Gruppe von Spielern anlocken willst, musst Du ein Spielzeug anbieten, mit dem man "rumspielen" kann und kein fertiges Spiel.
Ich rede hier ja nicht von einem "in sich geschlossenem" Spiel. Warum soll es denn nicht möglich sein, dass es Spielkomponenten gibt, die am Spieltisch funktionieren und andere wiederum die es den Spielern ermöglichen auf diesem Kern aufbauend ihr Barbiespiel, das konsumieren von Quellmaterial und das ausfeilen von Charakterhintergrund zu betreiben. Da sehe ich keinen Widerspruch.

Mal ein Beispiel:
Angenommen DSA hätte einen gut funktionierenden Spielkern, der nicht fest mit Sonderfähigkeiten und Co verdrahtet ist, so dass man einen Charakter prinzipiell auch unter einer Stunde generieren kann und dann mit brauchbaren Regeln das "bodenständige Heldenrollenspiel" betreiben kann. Das würde dann aber niemanden daran hindern den Charakter Kulturell auszubauen und mit weiteren Details zu schmücken, wenn die im Regelwerk weiterhin optional angeboten werden und das hindert auch niemanden daran über die coole Welt zu reden und ihre Quellenbände zulesen. Und jemand der stattdessen lieber "alltag im Mittelalter" oder "wir moschen uns durch die Orks" spielen will nimmt andere Teile des Regelerks zur Hand.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #6 am: 15.10.2014 | 14:00 »
Ich rede hier ja nicht von einem "in sich geschlossenem" Spiel. Warum soll es denn nicht möglich sein, dass es Spielkomponenten gibt, die am Spieltisch funktionieren und andere wiederum die es den Spielern ermöglichen auf diesem Kern aufbauend ihr Barbiespiel, das konsumieren von Quellmaterial und das ausfeilen von Charakterhintergrund zu betreiben. Da sehe ich keinen Widerspruch.

Mal ein Beispiel:
Angenommen DSA hätte einen gut funktionierenden Spielkern, der nicht fest mit Sonderfähigkeiten und Co verdrahtet ist, so dass man einen Charakter prinzipiell auch unter einer Stunde generieren kann und dann mit brauchbaren Regeln das "bodenständige Heldenrollenspiel" betreiben kann. Das würde dann aber niemanden daran hindern den Charakter Kulturell auszubauen und mit weiteren Details zu schmücken, wenn die im Regelwerk weiterhin optional angeboten werden und das hindert auch niemanden daran über die coole Welt zu reden und ihre Quellenbände zulesen. Und jemand der stattdessen lieber "alltag im Mittelalter" oder "wir moschen uns durch die Orks" spielen will nimmt andere Teile des Regelerks zur Hand.

Das wird wohl daran scheitern das ein "Einheitlicher Regelkern" schon wieder an anderer Stelle zu Einschränkungen führen wird und somit vom Fleck weg potentiell spaßige Dinge ausschließt.

Du müsstest eigentlich als Regeldesigner hier den Doppelschritt machen und erst identifizieren wofür konkret ein Bedarf besteht und danach beobachten wie dein geliefertes Element noch weiter zweckentfremdet wird, weil es jemand auf eine Art und Weise benutzt mit der du gar nicht gerechnet hast.

Die Krönung würde dann darin bestehen die ganzen einzelnen Elemente zu irgendetwas brauchbaren zu verpacken das sogar noch weitestgehend funktionstüchtig ist.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #7 am: 15.10.2014 | 14:15 »
Was denkt ihr darüber? Habe ich was vergessen oder habt ihr einen Gegenentwurf?
"Spielwiese" kann man präzisieren. Ausführliches Setting UND Simulationsregeln. Simulationsregeln sind solche, an denen sich dauernd Realismusdebatten entzünden. Sie versuchen Wirkungszusammenhänge innerhalb der Spielwelt abzubilden. Wenn du stark bist, dann kannst du mit Wahrscheinlichkeit x einen Baum mit Umfang y ausreißen.

Indies versuchen nicht so sehr zu simulieren. Und mir drängt sich der Verdacht auf, dass genau die Schwerpunktsetzung "plausible Welt- und Charaktersimulation" ein ganz entscheidendes Kriterium für den Massenerfolg ist...
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #8 am: 15.10.2014 | 14:43 »
Ah sehr schön, ich wollte nicht extra einen eigenen Thread aufmachen, um meinen Senf zu Kriegsklinges hervorragendem Post zu geben, aber wo der Thread nun schon mal da ist. Ich finde die ganzen Ausführungen zum "sich mit Imaginärem Beschäftigen" sehr gut und richtig. Die dichotomische Zuspitzung Forge/OST vs. Barbiespiel/Kinderspiel ist aber eine, die einem Realitätscheck glaube ich nicht standhält. Auch wenn man in Internet-Diskussionen leicht einen anderen Eindruck gewinnen kann, wo es dann vielleicht manchen Leuten eher um Bestätigung und Status geht, als um die Sache, und wo Komplexität und Ambivalenz dann nur stören.

In Wirklichkeit ist die Begeisterung für das Imaginäre, das Eintauchen und sich Beschäftigen, einerseits, und das Spielige und Spielregelige, andererseits, eben nicht dichotomisch. Das kann ich aus meiner eigenen Erfahrung, insbesondere in den Anfängen meiner "Karriere", so überhaupt nicht bestätigen. Als junger Bub von 12 Jahren waren es beide Elemente, die mich faszinierten und begeisterten. Schon eher würde ich der Forge vorwerfen, dass sie eine bestimmte Denkschule hervorgebracht hat, die meint, diesen vermeintlichen Widerspruch auflösen zu müssen (oder auch den vermeintlichen Widerspruch zwischen "SL als Gegenspieler" und "SL als Schiedrichter"). Nur am Rande sei erwähnt, dass meines Wissens weder Ron Edwards noch Vincent Baker jemals etwas Derartiges behauptet haben.

Wenn man sich dem "Umwälzen des Imaginären" jetzt zuwendet, es aus der Hartwurst-Ecke herausholt und als legitime Spaßquelle anerkennt, ist das nur recht und billig, allerdings gilt hier wie bei jedem anderen Aspekt des Rollenspiels auch, dass es davon die gelungene Ausführung gibt, aber eben auch die weniger gelungene Ausführung. Die DSA4-Charaktererschaffung etwa muss man nun noch lange nicht als Meisterstreich bejubeln. Denn während die lange Liste der Talente, die Rassen- und Kultur-Pakete und die Professionen durchaus ihre Daseinsberechtigung in dieser "Beschäftigung mit der Fiktion" finden, begeben sie sich zugleich in ein unerträgliches Tauziehen mit Effektivitätsüberlegungen, indem sie aus demselben Punktepool bezahlt werden wie Eigenschaften, Kampf-Talente und Kampf-Sonderfertigkeiten, wie Ausrüstungsvorteile und "Harter Hund", und verstricken sich damit in einen unauflösbaren Widerspruch.

"Moment, Vermi, hast du nicht eben gerade behauptet, vermeintliche Widersprüche müsste man nicht auflösen?" Ja, und noch weiter oben hab ich was über Zuspitzungen gesagt und was ich von ihnen halte. Die Forge hat eben nicht immer Unrecht, und System Mattered eben an vielen Stellen doch. Es gibt keine universelle Antwort. Lebt damit!
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #9 am: 15.10.2014 | 14:57 »


- Ein gutes RPG ist ein gutes Spiel und bietet eine Spielwiese (nicht nur eines von Beidem)

Wie wird  Spielwiese definiert?

Systeme kommen ohne Settings, bzw werden für eigene oder andere Settings genutzt.

Also scheint dies nicht DIE Spielwiese zu sein?

Genre?

Theme?

Spielstil bzw. der Supportete Spielstil?

Fehlt da noch was?
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #10 am: 15.10.2014 | 15:06 »
Angenommen DSA hätte einen gut funktionierenden Spielkern, der nicht fest mit Sonderfähigkeiten und Co verdrahtet ist, so dass man einen Charakter prinzipiell auch unter einer Stunde generieren kann und dann mit brauchbaren Regeln das "bodenständige Heldenrollenspiel" betreiben kann.
Dann hättest Du ein Spiel und kein Spielzeug, weil Du den Spielern Möglichkeiten raubst sich ihr eigenes Spiel zu erarbeiten. Nimm einfach mal Lego, ein typisches Spielzeug. Lego besteht regeltechnisch eigentlich nur aus der charakteristischen Blockgestalt. Alle Steine sind Blöcke, die mit ihren Noppen den über sich geschichteten Block halten können. Das eigentliche Spiel aus diesen Blöcken gestaltet dann der Typ, der mit denen arbeitet. Du bekommst dabei keine Anleitung, wie Du die Steine am besten verwenden kannst, sondern eben nur Steine. Punkt. Der Typ, der die Legosteine verwenden will, muss also selber ran und seine grauen Gehirnzellen anstrengen und auch Arbeit investieren, um daraus irgendwas zu bauen.

Du versuchst gerade ein System zu kreieren, bei dem die Legosteine sich selber in die Form konfigurieren, die er bauen will. Wenn der Spieler ein Haus haben will, dann drückt er bei Deinem System auf 2 Knöpfe und dann bauen sich die Lego selber zu dem Haus zusammen. Das ist aber nicht das was der Legospieler will.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #11 am: 15.10.2014 | 15:09 »
Ich glaube die Spielwiese muss nicht zwingend vorgebaut werden - das war sie ganz zu Anfang bei D&D und DSA ja auch nciht. Aber sie muss genügend funktionale Elemente bereitstellen und diese so, dass sie auch eigenständig geändert und verbaut werden können ohne kaputt zu gehen. (Lego statt Playmobil). Der Grad der Beliebigkeit darf nicht zu groß sein.

Wo Abstraktionen notwendig sind, müssen diese explizit sein und sonst sollte es möglichst keine Brüche zwischen Regeln und Spielwelt geben.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #12 am: 15.10.2014 | 15:13 »
Anmerkung: Abstrakte Mechanismen können sinnvollere und glaubwürdigere Ergebnisse erzielen als nichtabstrakte.
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #13 am: 15.10.2014 | 15:30 »
Vermi hat natürlich Recht. Ich habe die Gegenüberstellung zum Zweck der Argumentation so deutlich gemacht. In der Realität tritt sie natürlich so nicht auf -- es wäre auch höchst merkwürdig, wenn erfolgreich als Spiele vermarktete Produkte wirklich überhaupt kein Element von Spielen hätten, das auch nur ansatzweise funktioniert.

Ich nehme an, Spiel (im Sinn von Brettspiel oder so) ist für das "Kinderspiel" (wirklich mit dicken Anführungszeichen, bitte) eins von vielen Elementen. Das Spiel ist eine von vielen relativ gleichrangigen Beschäftifgungsformen mit dem "Material". Beim "Eintauchen ins Imaginäre" bedient man sich eben auch des Spiels (im engen Sinn), und das muss dann eben schon funktionieren. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass Mainstreamspiele inzwischen Elemente aus Indies so gut aufnehmen können. Es ist dort gar nicht ausgeschlossen, zeitweilig Spiel im engen Sinne zu betreiben, und wenn es dafür neue und bessere Regeln gibt, bitte. So lange eben das Gesamtpaket "Kinderspiel" (ja ja, ich weiß) davon nicht angetastet, also zu stark verengt wird.

Umgekehrt ist das "Kinderspielige" (seufz) auch für das allerforgigste Spiel bis zu einem gewissen Grad notwendig -- ohne das wären solche hochfokussierten Regelsätze eben eine Beschäftigung, an deren Abarbeitung man Maschinen setzen könnte, während man selbst ... Rollenspielen geht. Der Zweck des Postings drüben war also nicht, irgendwas absolut voneinander abzugrenzen, sondern (unter Rückgriff auf viele Dinge, die vor langer Zeit schon mal gesagt wurden) darauf hinzuweisen, dass (a) das "Kinderspiel" (oh Mann) eine Berechtigung hat -- als ob man das heute noch extra betonen müsste -- und (wichtiger) dass (b) die Regeln dieser Spiele nicht einfach nur kreativ umgangen werden müssen, sodass also alles Kreative in so gearteten Spielen aus dem Miteinander der armen, dummen, geschundenen Spieler dort entsteht, sondern dass diese Regeln irgendwas lenken und ermöglichen, auch und gerade wenn es eben kein Spiel im harten Sinn ist. Ob die Entwicklerteams das so geplant und gewollt oder verstanden haben, ist dabei übrigens völlig egal.

[Exkus im Exkurs: Ergänzen möchte ich noch zu dem ganzen Thema, dass mir der im Thread drüben genannte Punkt mit der Populärkultur wichtig zu sein scheint. Ich glaube, das wurde im Bezug auf Gründe für den Erfolg von Vampire geschrieben. Für "Spiel", das sich nicht allein auf Spiel im engen Sinn als Umgang mit dem Imaginären verlassen will, spielt das Umwälzen von Populärkultur glaube ich eine wichtige Rolle -- eine eigenständige Form der Asueinandersetzung mit Franchises, Tropen, Ikonen aus der Medienumgebung. Das war übrigens nicht nur bei Vampire so, sondern auch bei DSA (Fantasywelle Anfang der 80er, neue Innerlichkeit, Michael Ende, blabla). Möglicherweise auch bei D&D, aber da kenne ich mich zu wenig aus.]

Entschuldigt, wenn sich das jetzt alles mit den Anführungszeichen und Einschüben ein bisschen sperrig liest, aber da gibt´s eben Begriffslöcher, die ich mit zweifellos unpassenden Wortbrücken zu füllen versuchen. Bitte hängt euch an den Kinderbegriffen nicht so auf.

Außerdem habe ich immer noch das Gefühl, das alles ist ca. 2006 schon mal hier im Forum gesagt worden, aber hey. Ist ja auch ne Weile her. So was wie "fruitful void" und "exploration of ... alles mögliche" und "celebrating source material",  "Genreemulation" und so, das waren doch damals alles schon Stichworte. Das Einzige, was ich bei meinen Einschüben als neu erachte, ist die Frage danach, ob nicht die Regeln "schlecht designter Spiele" wirklich was leisten, und was das dann sein könnte, wenn es eben keine Spielorganisation ist. Ich vermute irgendwas mit "Anlässe zum Umwälzen des Imaginären", aber so geschwollen wie das klingt, muss daran schon irgendwas faul sein  ;). Bestimmt kann man das noch einleuchtender sagen.

Gut wäre da sicher, von konkreten Spielerlebnisse auszugehen und sich die daraufhin anzugucken (hey, actual play!). Aber so lange das kein DFG-Projekt mit Vollprofessur für mich ist, wo ich mir dann Rollenspiel angucke wie Bourdieu das Fußballspielen, metzel ich doch in der Zeit, die das kostet, lieber noch genug Orks, um bei 13th Age endlich Level 10 zu werden mit meinem Ranger :).

Offline Lord Verminaard

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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #14 am: 15.10.2014 | 15:54 »
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #15 am: 15.10.2014 | 15:55 »
Also um die Begriffe mal vom "Kinderspiel" her wegzukriegen: In der Fachliteratur wird zwischen Play und Game unterschieden. Play ist das freie spielen mit Spielzeug und Game ist das spielen nach Regeln mit explizitem Spielziel.

Allerdings ist das Hobby Rollenspiel ein so komplexes Gebilde, dass man hier nicht alles über einen Kamm scheren sollte:

1.) Am Spieltisch wird in irgendeiner Weise ein Rollenspielabend nach Regeln gespielt (Game)
2.) Die Spieler generieren ihre Charaktere und gestalten sie aus (z.B. auch Barbiespiel) (Play: Charakter ist Spielzeug)
3.) Die Spieler erkunden das Material (lesen/reden über Spielwelt, denken über simulative Regeln nach, reden über Konsequenzen/Folgerungen der simulativen Regeln/Weltinformationen usw.) (Play: Welt/Material/simulative Regeln sind Spielzeug)
4.) Die Spieler bauen sich aus den Regelbausteinen ein Game, dass dann wie unter 1 gespielt werden kann (gerne auch implizit während das Spiel schon läuft)

Schlussfolgerungen:
- Nach Forge müssten die Indie-Narrativisten allein 1.) fokussieren.
- Leute die die "Spielwiese" mögen werden vor allem an 2.) bis 3.) Spaß haben
- Sicherlich gibt es auch Spielwiese-Leute die an 4.) Spaß haben. Allerdings:
- Entsprechend der zahlreichen Beschwerden und DSA-Bashing-Threads sind wahrscheindlich die Fans von 4.) deutlich weniger als die von 2.) und 3.)
- Ich bezweifle, dass die meisten Leute die an 4.) Spaß haben ein kaputtes System dazu brauchen bzw. bevorzugen. Wenn Play eine wichtige Komponente ist, wäre dann nicht ein gut anpassbares System der bessere Legokasten?
« Letzte Änderung: 15.10.2014 | 16:01 von scrandy »
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #16 am: 15.10.2014 | 15:57 »

[Exkus im Exkurs: Ergänzen möchte ich noch zu dem ganzen Thema, dass mir der im Thread drüben genannte Punkt mit der Populärkultur wichtig zu sein scheint. Ich glaube, das wurde im Bezug auf Gründe für den Erfolg von Vampire geschrieben. Für "Spiel", das sich nicht allein auf Spiel im engen Sinn als Umgang mit dem Imaginären verlassen will, spielt das Umwälzen von Populärkultur glaube ich eine wichtige Rolle -- eine eigenständige Form der Asueinandersetzung mit Franchises, Tropen, Ikonen aus der Medienumgebung. Das war übrigens nicht nur bei Vampire so, sondern auch bei DSA (Fantasywelle Anfang der 80er, neue Innerlichkeit, Michael Ende, blabla). Möglicherweise auch bei D&D, aber da kenne ich mich zu wenig aus.]

Da würde ich gerne noch mal mit einem verstreuten Gedanken einhaken: Was du als diese umfassende Beschäftigung mit dem Material beschreibst, die nur zu einem sehr geringen Teil "Spiel" im Brettspiel-Sinne ist (allerdings schon immer irgendwie spielerisch finde ich), hat, so wie ich das sehe, auch sehr viel mit Fan-Tum ganz im Allgemeinen zu tun. Auch ein David-Bowie- oder Harry-Potter-Fan betreibt eine Menge vorgesehenes und nicht vorgesehenes kreatives Zeug mit dem Gegenstand seiner Verehrung und entwickelt dabei (meistens in Gruppen) eine ganz eigene Welt des Umgangs mit einem locker vorgegebenen Material.

Weiß gar nicht, ob das ein wichtiger Gedanke ist, kam mit nur in den Sinn ...


Und dann noch etwas, wozu ich schon fast einen eigenen Thread gemacht hätte, aber hier passt es auch gut: Lego wurde ja schon mehrfach als Beispiel für ein Spielzeug, das ähnlich funktioniert wie manche Rollenspielregelwerke, genannt (man denke dazu auch an LaCippolas großartige Lego-Splittermond-Rezension hier im Forum).

Anknüpfend an den Begriff Barbiespiels würde ich aber noch mal die andere große 80er-Mattel-Marke ins Spiel bringen: Masters of the Universe. Es gibt nämlich in Rollenspielen auch so typische MOTU-Spielzeug-Elemente - einzigartige Bauteile, Powers, Seltsamkeiten (erinnert sich wer an den Moss-Man-Master, der komisch roch?). Sachen, die nicht wie Legosteine ineinanderpassen, nicht so für Konstrukteure geeignet sind, sehr wohl aber für den Einsatz in zahlreichen Kontexten, auch und besonders gerne zweckentfremdend (He-Man in der Puppenstube, yeah!). Moderne MOTU-Paradespiele sind natürlich 13th Age und Numenera mit ihrem Fokus darauf, grobe Bauteile bereitzustellen, aus denen man sich eben NICHT alles bauen kann, was in dem Setting vorstellbar ist, und die nicht alle analog funktionieren, die aber trotzdem noch vielseitig einzusetzen sind.

Welche Rolle spielen solche Elemente in Mainstreamsystemen? Sind ja auch sehr verbreitet, und ich entdecke gerade ihren Reiz wieder. Aus der Hüfte geschossen würde ich behaupten, dass die einem vor allem Vorarbeit abnehmen und kreativen Anstoß geben; aber erzeugen sie auch darüber hinaus ein signifikant anderes Spielerlebnis als Lego-Regeln?

Achamanian

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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #17 am: 15.10.2014 | 16:01 »

1.) Am Spieltisch wird in irgendeinerweise ein Rollenspielabend gespielt (Game)

Das ist mir zu eng fokussiert; auch und gerade am Spieltisch wird ja nicht unbedingt ein "Game" als fest umrissenes Spiel mit durch die Regeln bestimmtem Anfang und Ende gespielt (es sei denn du spielst halt solche Indies wie Fiasko), sondern ein Raum aufgemacht, in dem man mit dem Regel-Spielzeug spielt. Gewissermaßen das Kinderzimmer.
Wenn man so will, würde ich schon eher (und je nach Regelwerk) so was wie einen Kampf als "Game" sehen.

Offline Lord Verminaard

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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #18 am: 15.10.2014 | 16:03 »
- Ich bezweifle, dass die meisten Leute die an 4.) Spaß haben ein kaputtes System dazu brauchen bzw. bevorzugen. Wenn Play eine wichtige Komponente ist, wäre dann nicht ein gut anpassbares System der bessere Legokasten?

Nein, ein kaputtes System bleibt ein kaputtes System, nur macht es sich der Forger, der ARS'ler, der OSR'ler ggf. zu einfach, ein System als kaputt zu beschimpfen. Ob allerdings ein total modulares System dann die Lösung ist, oder ob man damit Spieler nicht überfordert und falsche Entscheidungen provoziert, steht auf einem anderen Blatt. Ich würde hier eher für wenige, ganz klare Schalter plädieren, die man umlegen kann oder eben auch nicht. Und ansonsten auf Regeln bauen, die einfach durch ihre Auslegungsspielräume, durch die Entscheidung, wann man sie anwendet und wann man handwedelt, welche Elemente man bespielt und welche nicht, die Ausprägung des individuellen Gruppenspielstils ermöglichen.

Trotzdem bleibt es richtig, dass ein System sich entscheiden muss, ob es Charakteroptimierung durch erhöhte Effektivität belohnen will oder nicht, um mal eins der wichtigsten Beispiele herauszugreifen. Es ist eben Augenwischerei, ein System zu machen, bei dem Charakteroptimierer im Kampf dreimal so stark sind wie solche, die ihre Entscheidungen beim Charakterbau nach innerfiktionalen Gesichtspunkten treffen, und dann hinterher, wenn die letzteren sich zu beschweren, den schwarzen Peter den ersteren zuzuschieben, weil diese pöse Powergamer seien, die das Spiel nicht verstanden hätten. So was war immer Murks und wird immer Murks sein.
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #19 am: 15.10.2014 | 16:05 »
Das ist mir zu eng fokussiert; auch und gerade am Spieltisch wird ja nicht unbedingt ein "Game" als fest umrissenes Spiel mit durch die Regeln bestimmtem Anfang und Ende gespielt
Um es mal klarer zu machen: Auch "Fangen-spielen" ist ein Game und nicht Play. Es gibt:

- Regeln (können am Spieltisch neu verhandelt werden)
- Ziele (können sich ändern bzw. am Ende unerfüllt bleiben)
- Feedbacksystem
- Geschlossenen Vorstellungsraum (Anfang/Ende definiert, alternative Realität wird akzeptiert)
- Freiwillige Teilnahme

= Game (nach Jane McGonigal)
« Letzte Änderung: 15.10.2014 | 16:12 von scrandy »
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #20 am: 15.10.2014 | 16:08 »
Das Einzige, was ich bei meinen Einschüben als neu erachte, ist die Frage danach, ob nicht die Regeln "schlecht designter Spiele" wirklich was leisten, und was das dann sein könnte, wenn es eben keine Spielorganisation ist. Ich vermute irgendwas mit "Anlässe zum Umwälzen des Imaginären", aber so geschwollen wie das klingt, muss daran schon irgendwas faul sein  ;).
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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #21 am: 15.10.2014 | 16:11 »
@Scrandy:
Das handelsübliche Tavernenspiel aber nicht. Kein Ziel und auch kein Feedbacksystem.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Achamanian

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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #22 am: 15.10.2014 | 16:11 »
Um es mal klarer zu machen: Auch fangen spielen ist ein Game und nicht Play. Es gibt:

- Regeln (können am Spieltisch neu verhandelt werden)
- Ziele (können sich ändern bzw. offen bleiben)
- Feedbacksystem
- Geschlossenen Vorstellungsraum (Anfang/ende definiert, alternative Realität wird akzeptiert)
- Freiwillige Teilnahme

= Game (nach Jane McGonigal)

Aber ist es nicht ein ein wichtiger Unterschied, ob die Regeln das Spiel "einfassen" (wie beim Fangen, beim Schach oder einer Runde Fiasko), oder ob sie nur im Spiel auftauchen?

Offline scrandy

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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #23 am: 15.10.2014 | 16:15 »
Tavernenspiel ist in der Tat ein Grenzfall. Man könnte natürlich konstruieren, dass das freie Charakterspiel und das genießen der Szene das Spielziel ist und man Feedback in Form von Reaktionen auf eigene Aktionen/eigenes Charakterspiel erhält. Aber ich würde es in der Tat dem Play zuordnen.

Allerdings muss es bei einem Game keine Bedingung für ein Spielende geben. Zu sagen: "um 24 Uhr ist Schluss" oder "Wir spielen bis zum nächsten sinnvollen Bruchpunkt" reicht ebenfalls aus. Es muss auch keinen Gewinner oder ein Spielfazit wie bei Schach und co geben. Tetris hat auch kein Spielfazit und man kann es auch nicht gewinnen.
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Offline scrandy

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Re: Gutes Spielsystem + Spielwiese - das geht!
« Antwort #24 am: 15.10.2014 | 16:18 »
Rollenspiel ist eben wirklich ein extrem komplexes Gebilde. Ich glaube allerdings, dass es wirklich ein Fehler ist, dass man sich als Gamedesigner ausschließlich auf Punkt 1.) (s.u.) konzentriert.

Zitat
1.) Am Spieltisch wird in irgendeiner Weise ein Rollenspielabend nach Regeln gespielt (Game)
2.) Die Spieler generieren ihre Charaktere und gestalten sie aus (z.B. auch Barbiespiel) (Play: Charakter ist Spielzeug)
3.) Die Spieler erkunden das Material (lesen/reden über Spielwelt, denken über simulative Regeln nach, reden über Konsequenzen/Folgerungen der simulativen Regeln/Weltinformationen usw.) (Play: Welt/Material/simulative Regeln sind Spielzeug)
4.) Die Spieler bauen sich aus den Regelbausteinen ein Game, dass dann wie unter 1 gespielt werden kann (gerne auch implizit während das Spiel schon läuft)
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