Autor Thema: Spielmechanik und Stimmung  (Gelesen 2646 mal)

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Offline rettet den wald

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Spielmechanik und Stimmung
« am: 20.01.2015 | 02:03 »
Hallo.

Ich habe mir grade ein Youtube-Video zum Thema Computerspieldesign angeschaut, und habe mich dann gefragt, ob sich die Aussagen dort auch aufs Rollenspiel übertragen lassen.

Hier das Video:
https://www.youtube.com/watch?v=YQ44hVeVdEw



Ich glaube, dass die Mechaniken auch im P&P-Rollenspiel ein Instrument zum Setzen der Stimmung sind, und dass viele der "Mechaniken stehen der Story im Weg!"-Diskussion daher kommen, dass Mechanik und Story ganz einfach nicht zusammen passen. Wie seht ihr das?
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Offline Ninkasi

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #1 am: 20.01.2015 | 10:40 »
definitiv, auch ohne das Video jetzt gesehen zu haben.

wenn z.B. ein langatmiges Kampfsystem daherkommt, fängt es nicht die Stimmung eines schnellen Gefechts auf.

Achamanian

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #2 am: 20.01.2015 | 10:44 »
Ich sehe das auch so.

Offline Slayn

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #3 am: 20.01.2015 | 10:44 »
Mechaniken sind ja meist der greifbarste Teil eines Rollenspiels und geben ein direktes "Gefühl" dafür was geht und was nicht. Ich denke, es wird oft unterschätzt das auch Mechanik ein Teil des Spiels ist, der durch pure Anwesenheit förderlich und "inspirierend" sein kann.
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Offline Grummelstein

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #4 am: 20.01.2015 | 11:31 »
Zitat
...dass die Mechaniken auch im P&P-Rollenspiel ein Instrument zum Setzen der Stimmung sind...
Zitat
...das auch Mechanik ein Teil des Spiels ist, der durch pure Anwesenheit förderlich und "inspirierend" sein kann.
Ja, das sehe ich auch so. Das dürfte auch einer der Gründe sein, weshalb es überhaupt so viele unterschiedliche Rollenspielsysteme gibt.
Und Universalsysteme nutzen ja oft auch zusätzliche Mechaniken um ein bestimmtes Genre/Gefühl besser darstellen zu können, bzw. lassen ursprüngliche Regeln einfach weg.
Durch solches "improvisieren" kann man natürlich auch einfach selbst Systeme für unterschiedlichste Spiele nutzen, nicht das ich da wirklich gut drin wäre.  ;)

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Offline Weltengeist

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #5 am: 20.01.2015 | 11:33 »
definitiv, auch ohne das Video jetzt gesehen zu haben.

+1

Wer sich ein wenig mit Games Design auskennt, weiß, dass zumindest größere Computerspiele mittlerweile doch recht professionell entwickelt werden - kein Wunder bei dem Geld, das man mit einem schlecht gelaufenen Games-Projekt verbrennen kann. Da gibt es einen erheblichen theoretischen Unterbau, der von World Building über Spielmechanik und Psychologie bis zur Vermarktung reicht. Da werden dann durchaus auch mal Fragen beantwortet wie "Woraus zieht der Spieler seine Erfolgserlebnisse und welche Mechaniken sind dafür erforderlich?" oder auch "Wie muss die Welt gestaltet sein, damit sie ein möglichst gutes Spielerlebnis erlaubt?"

Rollenspiele dagegen sind dagegen leider immer noch im Amateursektor einzusortieren. Das gilt für Autoren genauso wie für viele Verlage. Sogar das, was an Theorie vorhanden ist, wird regelmäßig ignoriert, wenn mal wieder jemand den nächsten "Heartbreaker" ohne Rücksicht auf Markt, Spielerbedürfnisse oder auch nur ausreichendes Playtesting entwickelt...
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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #6 am: 20.01.2015 | 11:37 »
Habs erst vor kurzem bei Der Eine Ring gemerkt - da haben die Mechaniken die Stimmung ja sowas von unterstützt, das hatte ich bei MERS und The Lord of the Rings RPG so nicht.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #7 am: 20.01.2015 | 11:50 »
Ja, natürlich wirkt sich das aus. Auch wenn Welli das anders sehen mag: System matters eben doch. :)
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Zitat von: 1of3
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Offline 1of3

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #8 am: 21.01.2015 | 12:41 »
Wenn man das ganz pauschal beantwortet, scheint die Antwort klar. Wenn man sich dagegen fragt, was sie bei Extra Credits mit "Mechanics" meinen und was wir regelmäßig mit "Mechanics" meinen, dann scheint die Sache schon etwas weitläufiger.

Denn die Mechanics beim Computerspiel sind die in der Engine angelegten Handlungsmöglichkeiten. Sie ähneln in gewisser Weise echter Mechanik. So fällt ein Basketball z.B. herunter und prallt in spezifischer Weise ab. Mario fällt auch herunter, kann aber Wall Jump.

Was meinen wir aber mit Mechanismen beim Rollenspiel? Meist wohl sowas wie, welche Würfel man würfelt, welche Zahlen man wie verteilt, wie man Initiative ermittelt etc.

Der zentrale Unterschied zwischen Computerspielmechanics und Rollenspielregeln ist, das erstere nicht verbal vermittelt werden müssen. Mario kann nicht nach links laufen. Genauso wie der Tennisball nun mal im Netz hängen bleibt, wenn man ihn nicht drüber schlägt.

Kann man solche Mechanics in Rollenspielen zum Einsatz bringen? Vielleicht zumindest ein wenig, nämlich über spezifisches Spielmaterial. Ein Klassiker aus diesem Bereich ist die Frage, ob man mit Baddelmadde spielt. Auch die Playbooks aus der World-Reihe vermitteln ganz viel Information, ohne sie zu sagen.

Offline sangeet

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #9 am: 21.01.2015 | 12:55 »
Spielmechaniken wie z.b. Wahnsinn bei Call of Cthullu erzeugen eine Stimmung am Spieltisch.
Ich habe mir Der Eine Ring ebenfalls hauptsächlich wegen der Story verzahnung des inneren Schattens zugelegt, die wie ich finde eine wirklich sehr gute Idee ist.

Es gibt eine Burning Wheel /Warhammer Fantasy conversion, die das Virtue /Artha System für WHFRP konvertiert, die ich ebenfalls für sehr gelungen halte. Artha symbolisiert in Burning Wheel, das Spirituelle Wachsen einer Spielfigur, Artha ist dafür gedacht selbst motivierte Charaktäre zu erstellen. Also sozusagen Spieler getriebenes Spiel unterstützt. Das fühlt sich dann auch anders an, als Spiel das vom GM getrieben wird. Dadurch das Mechaniken dafür da sind, haben die Spieler auch etwas womit sie arbeiten können, und werden für ihren Einsatz auch belohnt, also ein positives Feedback system.

Ich habe selber öfters die Beobachtung gemacht, das ein Spieler der sich gut mit dem Hintergrund verzahnt, eine ganze Kampagne treiben kann.Idealerweise machen das allerdings alle Spieler und nicht nur einer.



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Offline rettet den wald

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #10 am: 21.01.2015 | 13:28 »
Ok, für die meisten Leute scheint dieser Effekt ja eh schon bekannt gewesen zu sein...

Mechaniken in P&P-Rollenspielen unterscheiden sich glaube ich in 2 wesentlichen Punkten von Mechaniken in Computerspielen:
-> Die Spieler müssen die Mechanik lernen, verstehen und im Kopf behalten, wodurch der Aufwand für korrekte Anwendung höher ist.
-> Die Spieler können die Mechanik jederzeit ignorieren, wenn sie ihnen nicht passt, was ihnen mehr Flexibilität gibt.

Letzterer Punkt könnte bedeuten, dass der störende Effekt unpassender Mechaniken im P&P-Rollenspiel nicht so schlimm ist, weil man sie ja jederzeit anpassen kann, wenn sie grade nicht passend sind.
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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #11 am: 21.01.2015 | 15:04 »
Mein Erleben ist eher, das die Leute RAW spielen, d.h. Ruled as Written.Wenn man mit einem System anfängt, dann lässt man vielleicht mal etwas weg, je länger man Spielt, desto mehr nimmt man dazu.

Das was ich eher nervig finde sind diese ganzen Kampf optionen: Es ist Dunkel - 2 auf den Wurf, dein Ziel hat Partielles Cover, nochmal -2 auf den Wurf, du bist überlastet und hast noch einen Schnupfen, hier auch nochmal -3.
So jetzt Trefferwurf auswürfeln, schauen ob der noch einen Rettungswurf machen kann.
Achso ich stehe auf einer Eröhten Position, + 2 ! also insgesamt nur - 5 auf den Wurf. Ich habe eine 17 gewürfelt, mein Schwertskill ist 12 , wäre ähhh 29 - 5 = also 24 , habe ich damit getroffen lieber GM ?
Statblock check, Rüstungsklasse abgleich, genau getroffen !

Dabei habe ich noch nicht mal einen Angriff mit Rettungswurf beschrieben, oder das man Berührungsangriffe, und Fernkampf angriffe noch unterscheided. Oder Zaubereffekte auf den Angriffen drauf sind, und dann ein Rettungwurf folgt.
(So ähnlich läuft das in Pathfinder /DnD)

Hier verlängert die Simulation der Umstände, die auszuführende Aktion, und das kann den Spielspass stören. Regeln können also dem Spielfluss schon sehr im Weg stehen. Wenn man dieses kleine Mathe mini game, und den simulationismus mag, ist es natürlich toll.

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Offline scrandy

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #12 am: 27.01.2015 | 23:45 »
Ich habe mir gerade das Video angesehen und muss sagen, dass da es schlicht nicht weit genug geht. Es ist geprägt von dem sinnlosen Game/Story dualismus, der zwar unter Spieltheoretikern gerne geführt wird, sich in der Praxis aber nicht ergibt.

Anstatt zu sagen Mechaniken unterstützen den Tone der Story muss man eigentlich sagen Mechaniken erzeugen Dynamiken, die eine Aesthetik ergeben (die Story beinhaltet, wenn das Spiel als Ergebnis eine Narration enthält) -> Für Defionitionen siehe MDA-Framework.

Sprich Mechaniken unterstützen nicht Story sondern ergeben sie. Ja das ist ein fundamentaler Unterschied und leider verstehen das viele Gamedesigner (im PC wie in P&P) immer noch nicht. Ein paar Beispiele:

Thief 4: Man verkörpert einen Meisterdieb in einer von Armut und Ungerechtigkeit gebeutelten Stadt und dennoch findet man in jedem Level an den offensichtlichsten Stellen (mitten auf der Straße) wertvolle Gegenstände. Somit unterläuft die populäre Komponente des Sammelns von Loot sowohl das Selbstbild als MEISTERdieb als auch die Athmosphäre der heruntergekommenen Stadt. Würde man nur von den Reichen stehlen und sich dabei mühe geben müssen, wäre das nicht so. Man hat also die fundamentalste Mechanik des Spiels, das Stehlen, inkompatibel zur Athmosphäre und Story gestaltet. Das war in Teil 1-3 fundamental anders und deswegen wirken diese Spiele in dieser Hinsicht auch glaubhafter.

Zahlteiche P&P-RPGs (z.B. Opus Anima): Zahlreiche P&P RPGs verwenden generische Subsysteme wie ein Fantasy-typisches Kampfsystem obwohl das überhaupt nicht im Zentrum des Spiels steht. Andere Subsysteme werden stattdessen vernachlässigt. Im Falle von Opus Anima wird sogar nicht mal eine Core Story angeboten, die intuitiv genutzt werden kann. Man hat also ein wirklich geniales Setting ohne dass die Mechaniken dahinter tatsächlich ein Spiel dazu anbieten würden.

Natürlich ist im P&P-Bereich das Phänomen zum Teil abgeschwächt, weil Settings konvertiert werden, Regeln ignoriert werden oder Hausregeln die Fehler ausgleichen. Aber im großen und ganzen passiert es sehr oft, dass Teile eines Spiels oder sogar die ganze Engine das gewünschte Spielerlebnis (Aesthetics) und somit auch die gewünschte Story nicht ausreichend unterstützen oder gar behindern.

Vieles entsteht hier aus dem Traditionsgedanken: Man glaubt zu wissen wie ein Subsystem auszusehen hat und will auch die über lange Zeit gewachsenen Erwartungen der Spieler nicht enttäuschen. Mal hand aufs Herz: Wie oft habt ihr in einem unbekannten System vorgeblättert um zu schauen wie das Kampfsystem funktioniert ohne zu wissen, ob Kampf im Spiel überhaupt eine Rolle spielt, die verlangt, dass man das aufwendiger als in einem Würfelwurf abhandeln müsste. Genau aus diesen gründen werden insbesondere in den großen Systemen sogar bewusst Regelsammlungen bereitgestellt und nicht Spiele. Die Gruppe muss dann erst mühsam überlegen, welche Regeln zu ignorieren und welche zu modifizieren sind damit man tatsächlich ein Spiel hat, dass zu den Vorstellungen des Settings der Gruppe passt.

Ich bin persönlich für ein stark angepasstes System an ein Setting bzw. an das Spielgefühl, dass man erreichen will. Auch mit FATE, Savage Worlds oder Apocalypse Systemen sucht man sich genau das passende Mechaniken-Paket zum Spielgefühl ab und passt es somit an das Setting an. Das Spiel kann also durchaus generich oder anpassbar sein, aber man muss wissen welches Spielgefühl bzw. welche Subsysteme es bereitstellt. Wer eine schnelle Kampfsimulation braucht wird mit Sicherheit nicht FATE wählen usw.

« Letzte Änderung: 28.01.2015 | 00:16 von scrandy »
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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #13 am: 28.01.2015 | 00:09 »
Der zentrale Unterschied zwischen Computerspielmechanics und Rollenspielregeln ist, das erstere nicht verbal vermittelt werden müssen. Mario kann nicht nach links laufen. Genauso wie der Tennisball nun mal im Netz hängen bleibt, wenn man ihn nicht drüber schlägt.
Sorry, aber da muss ich dir widersprechen. Das was du ansprichst sind implizite wie explizite Mechaniken. Die gibt es in beiden fällen. Ein paar Beispiele für implizite Regeln im P&P:

- Auf dem Charakterbogen ist platz für 6 Attribute. Würde jemand auf die Idee kommen ein siebtes drunter zu schreiben.
- Der SL beschreibt wie die Gruppe auf ein Haus trifft mit zwei Fenstern und einer Tür in der Mitte. Ein Spieler sagt: "Ich schaue ob die Tür verschlossen ist" Das Regelwerk thematisiert nirgendwo explizit Türen: das man sie öffnen oder schließen kann. Genausowenig, dass man Glasfenster einschlagen und Metalltüren nur schwer eintreten kann. Das Wissen wird aufgrund unserer Allgemeinbildung vorausgesetzt ist also eine implizite Mechanik.
- Ein neues Spiel wird ausprobiert und man trifft auf drei Trolle, die die Gruppe angreifen. Nach ein paar Runden merkt die Gruppe, dass ihre Waffen gegen die Panzerung der Trolle keinen Schaden anrichtet. Nirgendwo stand etwas darüber im Regelwerk. Aber der Designer hat die Waffen und Rüstungen so ausbalanciert, dass Anfängercharaktere gegen gewisse Gegner absolut keine Chancen haben. Implizite Regel eben.

Es kommt also nicht darauf an, ob etwas explizit oder implizit ist, ob man also eine Regel hat oder die Mechanik in den Formeln, Beschaffenheit der Materialien usw. enthalten sind. Sowohl im PC als auch im P&P tritt beides auf.

Im P&P ist man allerdings bei vielen Mechaniken sehr festgefahren. Jeder glaubt zum Beispiel zu wissen, was eine Probe ist, obwohl es einen riesigen Unterschied macht, ob ich bei gelungenem Wurf das Ergebnis erzählen darf, ob die Würfel den Grad meines Erfolgs angeben oder ob ich vorher meine Absicht erklären muss und das Würfelergebnis das dann modifiziert und der SL das Ergebnis erzählt.

Viele glauben zu wissen, dass ein Rollenspiel Fähigkeiten, Attribute, Würfelproben und ein Kampfsystem braucht. Was mach ich aber nun, wenn ich ein Rollenspiel zur Serie "Chicago Fire" machen möchte in der alle Charaktere bei der Feuerwehr sind. Sollte man da nicht eigentlich diese Erwartungen über Bord werfen und stattdessen maximal mit einer Entscheidungsprobe anfangen. Aber würde diese Probe wirklich wie bei vielen Systemen von den Fähigkeiten oder körperlichen Eigenschaften abhängen oder müsste man hier nicht viel mehr Wert auf die Beschaffenheit der brennenden Räume legen, der Rauchentwicklung usw., brüchigkeit der Wände usw. - und was wäre dann die Leistung der Spieler? Würde man dann statt der Wahl der optimalen Fähigkeiten das vorgehen im Raum als strategische Komponente haben?

Das ist gemeint, wenn von "Mechaniken bestimmen Story" die Rede ist. Man muss das Spiel so bauen, dass nicht irgendwelche traditionellen Erwartungen erfüllt werden, sondern dass das Spiel durch die Mechaniken die Athmosphäre bzw. die Geschichte produziert, die der Spieler erleben soll.
« Letzte Änderung: 28.01.2015 | 00:14 von scrandy »
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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #14 am: 28.01.2015 | 09:08 »
Das ist gemeint, wenn von "Mechaniken bestimmen Story" die Rede ist. Man muss das Spiel so bauen, dass nicht irgendwelche traditionellen Erwartungen erfüllt werden, sondern dass das Spiel durch die Mechaniken die Athmosphäre bzw. die Geschichte produziert, die der Spieler erleben soll.

Ganz gehe ich da nicht mit. Ja, bestimmte, in sich ähnlich verhaltenden Medien haben Gemeinsamkeiten aber daraus eine Medien-übergreifende Aussage zu treffen lässt meistens die Stärken des individuellen Mediums links liegen.
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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #15 am: 28.01.2015 | 10:48 »
Das hat nichts mit Medienübrtgreifend zu tun sondern damit, dass alles Spiele sind die eine Narrative Komponente enthalten. Auch Brettspiele usw., die eine narrative Komponente enthalten verhalten sich so.

Stell dir vor Monopoly würde nicht dann enden wenn einer stinkreich ist, sondern wenn eine gewisse Anzahl Siegpunkte gesammelt wurden. Das wäre zwar durchaus auch eine beliebte Spielmechanik würde aber das Spielgefühl und somit auch die aus den Spielelementen entstehende Geschichte des abzockens, verhandelns und reich werdens aushebeln.

Stell dir vor du baust in einem P&P Szenario in dem es um verknappte Ressourcen geht kein detailliertes Gegenstandssystem mit Preisen, Verfügbarkeit usw ein. Wenn man das allerdings in einem Szenario ohne diesen Anspruch verwendet und jede Mahlzeit ausspielt, dann spricht man schnell von Hartwurst. Nur das im P&P Fall die Designer von Mainstreamsystemen oft zu viele Regelpakete anbieten und dann den Spielern überlassen, was davon ignoriert werden kann und was Hausregeln verlangt. Besser wäre es wenn die Designer direkt ein zugeschmittenes Spiel fertigen würden und vor allem die Subsysteme anbieten würden, die das Szenario auch braucht. Sprich was will ich bei einem Detektivspiel mit einem extra Kampfsystem, wenn es keine extra Regeln für Spurensuche, Verhöre und Forensik gibt.
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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #16 am: 28.01.2015 | 10:55 »
Sorry, aber da muss ich dir widersprechen. Das was du ansprichst sind implizite wie explizite Mechaniken. Die gibt es in beiden fällen. Ein paar Beispiele für implizite Regeln im P&P: [...]

Tatsächlich widersprichst du mir gar nicht. Ich habe das selbe gesagt. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass z.B. das Design eines Charakterbogens in den meisten Diskussionen über Spielmechanik unter Rollenspielern gerade nicht betrachtet wird.


Offline scrandy

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Re: Spielmechanik und Stimmung
« Antwort #17 am: 28.01.2015 | 13:03 »
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