Autor Thema: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen  (Gelesen 2312 mal)

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Offline Lichtbringer

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Diese Aussage fand sich eben in einem Fate-Beitrag:

[...] zweitens kommen gerade Anfänger auf die Idee so etwas schamlos auszunutzen: Das ist eher wieder so eine Verkopfung von Leuten die zu sehr in den klassischen Bahnen anderer Rollenspiele festhängen.

Ist das wirklich so? Meiner Erfahrung nach gibt es zwei typische Gruppen, die Kandidaten für extremes Auf-Gewinn-Spielen darstellen: Jugendliche (weil gut fürs Ego) und Einsteiger, die von MMORPGs verzogen wurden. Haltungsschaden durch klassische Tischrollenspiele sah ich bisher noch nie. Aber vielleicht bin ich auch seltsam oder niemand will mit mir spielen, der die Sache wirklich so angeht.

Wie sehen eure Erfahrungen da aus?

User6097

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #1 am: 26.01.2015 | 13:24 »
Einsteiger spielen nie, in keinem Spiel aufs Gewinnen. Das können sie gar nicht, weil sie damit beschäftigt sind, das Spiel zu lernen. Experten fangen dann wieder an, an irgendwelchen Details rumzuschrauben und spielen wieder nicht aufs Gewinnen. Wer aufs Gewinnen spielt, das sind Leute, die auf den Expertenstatus zusteuern.    Edit: Einsteiger spielen die ersten paar Mal auf Gewinnen, bis sie merken das es nicht klappt.
« Letzte Änderung: 26.01.2015 | 13:26 von User6097 »

Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #2 am: 26.01.2015 | 13:26 »
Das ist wieder so eine Sache, die stark vom konkreten Individuum abhängt und nicht seiner Zugehörigkeit zu einer wie auch immer gearteten Schubladengruppe. Ich hab dieses Verhalten schon erlebt bei: jungen Spielern, alten Spielern, Leuten, die vorher nur Onlinekram gespielt hatten und bei Leuten, die seit 1987 Pen & Paper gemacht haben.
Und umgekehrt ist mir bei all diesen Kategorien auch das gegenteilige Verhalten aufgefallen.

Klar möchte man immer herausfinden, was das individuelle Spielverhalten beeinflusst hat und landet dann schnell bei solchen Gruppenzuordnungen. Aber meiner Meinung nach ist das wie Börsenkurse in Wolkenformationen vorhersagen zu wollen  :) Individuelle Menschen haben ihre Eigenheiten, die sich aus tausenden dem Betrachter unbekannten Quellen speisen.
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Offline Slayn

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #3 am: 26.01.2015 | 13:38 »
@Der Lichtbringer:

Im D&D Bereich nennt man das "Stormwind Fallacy".

Jemand, der "Auf Gewinn" spielt, kann das auch genau so gut zu Gunsten eines Szenarios oder einer Situation machen. Er kennt nur die Wechselwirkungen Zufall > Regeln > Erzählt und versucht hier den Zufalls zu minimieren, so das am Ende seine Erzählung bei raus kommt.
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Offline Lichtbringer

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #4 am: 26.01.2015 | 14:37 »
Im D&D Bereich nennt man das "Stormwind Fallacy".

? Verstehe nicht ganz. Die SF besagt doch, Optimierung und Handlung schlössen sich gegenseitig aus. Das ist hier aber doch gar nicht die Frage. Die Frage ist doch eher: "Wann spielt jemand massiv auf Gewinn?" Das muss nicht notwendigerweise durch Optimierung passieren und hat mit der Frage nach der Handlung erstmal nicht so furchtbar viel zu tun...

Offline La Cipolla

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #5 am: 26.01.2015 | 14:42 »
Mir klingt das alles ein bisschen zu sehr nach Schubladen. Dann können wir gleich wieder in Richtung "Rollenspiele sind was für deprimierte Nerds, die nicht mit ihrem Leben klarkommen" gehen.

Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #6 am: 26.01.2015 | 14:43 »
..."Rollenspiele sind was für deprimierte Nerds, die nicht mit ihrem Leben klarkommen"...

So ist es doch!  ;)
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Offline Lichtbringer

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #7 am: 26.01.2015 | 14:54 »
Mir klingt das alles ein bisschen zu sehr nach Schubladen.

Wieso? Schubladen sind streng getrennte Kategorien. Hier geht es aber um Verteilungen. Und es wäre ja ein Riesenzufall, wenn alle Teilmengen der Rollenspielerschaft die gleiche Verteilung des Spielverhaltens aufwiesen.

Offline La Cipolla

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #8 am: 26.01.2015 | 15:09 »
Hm, okay. Ist eine gute Argumentation. ^^
Ich reagiere wohl nur immer etwas allergisch, wenn Freizeitaktivitäten psychologisch erklärt werden, zumal bei solchen Spieltypen immer eine leichte "Verurteilung" im Raum steht, selbst wenn das nicht gewollt war.

Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #9 am: 26.01.2015 | 15:12 »
Und es wäre ja ein Riesenzufall, wenn alle Teilmengen der Rollenspielerschaft die gleiche Verteilung des Spielverhaltens aufwiesen.

Schon richtig, aber dazu müsste man in einer umfangreichen Untersuchung mal rausfinden, wie die genau aussehen. Ansonsten spekulieren wir hier ja nur wild.
Hab ich ja nix dagegen, solange keiner hingeht und sagt "Das IST eindeutig so und so..."  ;)
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Offline Lichtbringer

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #10 am: 26.01.2015 | 15:20 »
Auch wenn ich natürlich sofort zustimmen würde, dass der Plural von "Anekdote" nicht "Daten" lautet,1 sind Anekdoten von mehreren Leuten vermutlich immer noch besser als nur jene von mir allein - daher die Frage.

1 Englisches Sprichwort unter Wissenschaftlern: "The plural of 'anecdote' is not 'data'."

Offline CokeBacon

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #11 am: 26.01.2015 | 15:22 »
"Auf Gewinn" spielen ist doch in vielen verschiedenen Formen möglich. Wenn man einen Charakter spielt, der eine spezielle Motivation ingame verfolgt, spielt man doch im Grunde auch schon auf Gewinn (weil man sich ja zum Ziel gesetzt hat, dass der Charakter diese Motivation auch erreicht). Ich würde so gar soweit gehen und sagen, dass man in Rollenspielen IMMER auf Gewinn spielt - selbst im Drama-Spiel, weil man da als Spieler eine spezielle Zielsetzung hat (Drama), die man ingame erreichen will.

Oder bin ich irgendwie am Thema vorbei? Worum geht es hier eigentlich genau?

Offline aikar

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #12 am: 26.01.2015 | 15:28 »
Also ich würde "so etwas schamlos auszunutzen" gerade in dem konkreten Fall von FATE nicht mit "auf Gewinn spielen" gleichsetzen.

Das Problem ist hier eher das Spotlight, dass ein Spieler sich durch unbalancierte Fähigkeiten seines Charakters häufig in Szene setzt und den anderen ihre entsprechenden Gelegenheiten klaut.
Und das ist ein Problem, das ich gerade bei jungen Anfängern durchaus oft beobachtet habe.
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #13 am: 26.01.2015 | 15:29 »
Oder bin ich irgendwie am Thema vorbei? Worum geht es hier eigentlich genau?

Also ich habe es so verstanden, daß darum geht, ob Spieler ihre Figuren so agieren lassen, daß auf alle Fälle das im Szenario dargestellte Problem (Drache terrorisiert Dorf, nicht aufgeklärter Mord, wo liegen die verschollenen Kronjuwelen von Zelda?) gelöst wird, und lustige Szenen bzw. Drama da nicht wichtig sind - es muss nur am Schluß der Drache möglichst effizient geschnetzelt sein, der Mord total aufgeklärt sein bzw. die Gruppe trägt die Kronjuwelen nun als ihren persönlichen Schmuck.  :)

Liege ich mit diesem Verständnis von auf-Gewinn-spielen richtig, oder hattest du es anders gemeint, Lichtbringer?
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Offline Lichtbringer

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #14 am: 26.01.2015 | 17:51 »
Das geht schon in die richtige Richtung, ja. Es geht mir aber beim extremen Auf-Gewinn-Spielen darum, dass jede Niederlage (und sei es nur in einer unwichtigen Probe oder einem kleinen Wortgefecht) als völlige Katastrophe gesehen wird, die man unbedingt verhindern muss. Und diese Einstellung, dass Scheitern oder vom SL "Nein" gesagt zu bekommen ein völliges Drama ist, ist meiner Erfahrung nach der Hauptgrund dafür, wenn Spieler versuchen, eine SC-Fähigkeit über Gebühr zu beanspruchen.

Insofern ist das auch weniger eine Frage von Optimierung eines Charakters als von verbissenem Niemals-Verlieren-Könnens.

Offline Bad Horse

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #15 am: 26.01.2015 | 18:58 »
Wie schon andere gesagt haben, das hängt von ganz verschiedenen Faktoren ab:
- Wie sehr möchte sich jemand darstellen? Wie wichtig ist es ihm, von den anderen Mitspielern anerkannt zu werden? (Das hat mit der Persönlichkeit des Spielers zu tun und weniger mit der Spielerfahrung.)
- Tüftelt er an sich gern an Problemen herum? (Auch hängt es von der Persönlichkeit des Spielers ab. Es gibt ganz viele Spieler, die Spaß daran haben, Probleme möglichst effektiv zu lösen - auch das hat nichts mit der Spielerfahrung zu tun.)
- Hat er es in seiner Gruppe so gelernt? (Das kann mit Spielerfahrung zu tun haben - die Chance, dass man schon mit mehreren verschiedenen Gruppen gespielt hat, ist bei jemandem mit mehr Spielerfahrung tendentiell größer, denke ich.)

Gerade dieses ganz krasse "Nein, mir darf nie nichts schiefgehen" kann auch an einem grundlegenden Mißtrauen gegenüber dem Rest der Gruppe liegen, und ich denke, dass so etwas eher aufkommt, wenn man schon mal schlechte Erfahrungen mit miesepetrigen SLs und schadenfrohen Mitspielern gemacht hat.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Teylen

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #16 am: 26.01.2015 | 19:14 »
Es muss doch erstmal festgelegt werden was "der Gewinn" eigentlich ist.
Ganz spontan kann es sowohl das erfolgreiche (hierbei: heldenhafte? gewinnträchtigste? meiste kills? meisten erfolgreiche Würfe?) abschließen des Spielabend sein als auch die meisten und hellsten Spotlights.

Ich kann dahingehend keine Beobachtung teilen das besonders MMO Spieler, Jugendliche - oder sonst eine Gruppe die man für idR doch eher minderwertig hält - dazu tendieren.
Das heißt bei Online VtM Chroniken besteht m.E. eher keine Korrelation bis hin zu der Feststellung das erfahrenere Spieler wissen welche Knöpfe sie bei der Charerschaffung drücken müssen um anschließend zu "gewinnen".
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Offline Eran

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Re: Zusammenhang: Spielerfahrung und auf-Gewinn-Spielen
« Antwort #17 am: 7.03.2015 | 14:29 »
Ein Kumpel von mir hat die Eigenschaft, dass er versucht, immer das Beste für sich raus zu holen. Im Leben, in Freundschaften und im Hobby. Daher war das bei Fate nicht anders.