Autor Thema: [1 - Mandra] Mandragoel - Die Last seines Volkes  (Gelesen 942 mal)

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Offline Mandragoel

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Nur wenig Licht fiel auf die kühlen Steine der Krypta.
Ein Windhauch ließ Rauchgestalten und Schatten der Fackel zittern, als ob eine Hand durch die Stille des Gewölbes gefahren wäre.
Mandragoel hielt in der Bewegung inne und lauschte. Dumpfe Schritte, metallisches Klirren - er spürte die Anwesenheit eines Anderen. Mit einer Handbewegung ließ er die Fackel erlöschen und presste seinen hageren Körper gegen die Mauern. Im Dunkeln schloss er die Augen und konzentrierte sich nur auf das, was seine Ohren ihm mitteilen konnten. Schließlich neigte er ehrfurchtsvoll den Kopf und streckte seine Arme aus. Zwei schwielige Pranken griffen in seine geöffneten Handflächen und der dröhnende Gruß seines alten Lehrers hallte von den Wänden.
"Mandragoel. Ich hatte dich nicht hier erwartet."
Mandragoel hob den Kopf und lächelte. Stahlgraue Augen blickten ihm forschend entgegen und er sah die Narben, die von Kriegen und schmerzhaften Erfahrungen in die Haut seines Gegenübers gefressen worden waren. Über die Schultern des alten Mannes war der zerschlissene Wappenrock Karthagos geworfen.
"Ich habe euch lange nicht gefunden, Meister". Der Elf zog seine Hände zurück und erhob sich. Hamilkar knurrte und rückte seinen Schwertgurt zurecht. "Nicht viele können dir den Ort meines Aufenthalts verraten haben. Keiner von ihnen hätte es dürfen." "Nicht, um eure Hilfe für Karthago zu erbitten, euer Schwert für unsere Kriege, euren Mut für unser Volk. Aber für eine andere Bitte..."
Hamilkar seufzte und legte ihm den Arm um die Schultern. "Lass uns nicht an diesem Ort reden. Noch immer sind wir zwei Herrscher eines Volkes, das würdigere Orte für seine Großen zu erwählen wusste."
Schweigend schritten die beiden den Weg zurück, der Mandragoel in die Tiefen der Tempelruine geführt hatte. Schließlich brannte ihnen die östliche Sonne entgegen und ein Wind vom Meer spülte Salz an ihre Wangen.
Sie traten an das Kliff. Hamilkar breitete seine Arme aus und murmelte: "Wie geht es den Alten? Wie viele sind in euren Kriegen gefallen, wie viele sind ohne Wiederkehr gesegelt?"
Mandragoel spähte hinaus und schüttelte den Kopf. "Sie leben, aber sie werden des Kämpfens nicht müde."
"Ich bin müde", gestand der alte Krieger. "Und ich weiß, wieviele der Ritter in den Schlachten dort draußen von mir gelernt haben, wie Blut schmeckt. Ich habe genug in den Tod geschickt... Cyrel, Epidemais, dich Mandragoel, Ariana..." "Sie leben, Hamilkar, sie leben noch." Mandragoel packte den Arm seines alten Lehrers und blickte ihm ins Gesicht. "Und weil sie leben, bin ich zu Euch gekommen."
Hamilkar senkte den Kopf und wich seinem Blick aus. "Ich werde kein Schwert mehr für euch heben."
"Kein Schwert erbitte ich von euch, Herr", erwiderte Mandragoel. "Aber euren Segen für mein Leben."
Plötzlich lachte der Alte spöttisch auf. "Dein Leben, Mandragoel! Ich habe es gesehen, zweimal. Denn es war mein Leben, dass du führen wolltest. Sieh dich an! Dein zerfallendes Reich, der sterbende Löwe deiner ausgedorrten Wüste! Du hast dich..."
"Hamilkar." Die sanfte Stimme des Elfen unterbrach seine zuletzt erstickten Worte. "Es ist vorbei. Ich will deine Schülerin Ariana ehelichen und dem Kämpfen abschwören. Du kennst Toleresan, meine Heimat - ich will zurückkehren, um ein Leben in Frieden zu führen. Ich will deinen Segen für unsere Ehe..."
"Du sollst ihn haben." Hamilkar blickte ihm aus tränenverschleierten Augen entgegen. "Den Segen über deine Ehe, aber den Fluch über dich. Sieh dich an... sieh mich an..."
Mandragoel blickte aufs Meer. Der Wind verwehte sein Haar und blähte den Wappenrock, auf dem sich der goldene Löwe in seinen letzten Zügen wand.
"Ich habe mich gesehen, Hamilkar", flüsterte er. "Und darum fürchte ich mich."
If you're talking to naive people ... they really think three means three.