Autor Thema: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?  (Gelesen 11674 mal)

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eldaen

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Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« am: 10.06.2015 | 10:29 »
Ich habe schon seit längerem in meinen tatsächlichen Spielsitzungen die Erfahrung gemacht, dass Settings, die sich selbst nicht allzu bierernst nehmen, die auch mal nen Witz vertragen, und auf die sich Spieler eher mit einem Augenzwinkern als mit ernster Miene einlassen können, gerade für "Ältere LeuteTM" mit weniger Zeit als früher deutlich besser spielbar sind. Das gilt sowohl für die Regeln wie auch die Atmosphäre. Ein pi-mal-Daumen-System geht tendenziell besser als ein detailreiches, "realistischeres" System, und Abenteuersettings gehen besser als düstere, ernste Settings. Ein paar Beispiele jeweils mit meiner Erfahrung von "geht - geht nicht so gut":

John Sinclair - WoD
D&D Retroclone - D&D3.4 / DSA4
D6 Space, Cosmic Patrol / Traveller, Eclipse Phase

Mit dem Augenzwinkern meine ich die Unterscheidung von Charakter und Spieler - wenn ein Spieler die Aktionen seines Chars nicht so 100% ernst nimmt, aber der Charakter trotzdem so ausgespielt wird. Setzt natürlich ein recht aktive "suspension of disbelief" voraus.

Gerade Horror- oder Mystery-Settings sind meiner Erfahrung nach empfindlich, was die Athmosphäre angeht.

Wie sind da eure Erfahrungen?
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 10:36 von HEXer »

Offline aikar

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #1 am: 10.06.2015 | 10:43 »
Ich habe schon seit längerem in meinen tatsächlichen Spielsitzungen die Erfahrung gemacht, dass Settings, die sich selbst nicht allzu bierernst nehmen, die auch mal nen Witz vertragen, und auf die sich Spieler eher mit einem Augenzwinkern als mit ernster Miene einlassen können, gerade für "Ältere LeuteTM" mit weniger Zeit als früher deutlich besser spielbar sind.
Da habe ich die selben Erfahrungen gemacht.

Ist aber auch einfach nachvollziehbar. Ältere Leute arbeiten meistens einen Gutteil des Tages, sind am Abend dann müde und wollen sich dann vor allem entspannen.
Ernstere Settings erfordern deutlich mehr mentalen Aufwand und Disziplin um das Ambiente nicht zu brechen, sie sind einfach anstrengender (Können natürlich trotzdem oder gerade deswegen, sehr erfüllend sein, wenn man die Zeit und Energie dafür aufbringt).
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Chiungalla

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #2 am: 10.06.2015 | 11:09 »
Für mich ist da vor allem die Unterscheidung wichtig die der Thread-Ersteller ja auch schon andeutet:

Spielt man das ganze casual oder semiprofessionell? Wie oft trifft man sich? Wie regelmäßig bzw. wie oft fällt es aus? Wie geeignet ist das Spielermaterial für anspruchsvolle Plots?

Es gibt Gruppen in den würde ich bestimmte Settings und/oder Systeme nicht (mehr) spielen wollen.

Auf der einen Seite wären da anspruchsvolle Settings und Systeme die ich mit Gruppen meiden würde die das ganze zu casual angehen oder sich selten treffen.
Auf der anderen Seite gibt es Settings und Systeme die anspruchsvoller sind, die ich aber auch jederzeit vorziehen würde wenn Gruppe und Rahmenbedingungen geeignet sind um sie IMHO sinnvoll zu bespielen.

Als anspruchsvoll empfinde ich z.B. (und würde es casual nicht spielen wollen): Dresden Files und Shadowrun.
Auf der anderen Seite ist Edge of the Empire sehr gut für casual geeignet (aber sicher auch für anspruchsvoll).
Und während ich nichts gegen eine Runde Paranoia oder Discworld hätte würde ich die glaube ich nie semiprofessionell bespielen wollen, sondern aller höchstens casual.

Also würde ich nicht sagen, wie der Titel des Threads, dass es RPGs gibt die schlechter spielbar sind.
Sondern das es RPGs gibt die höhere Anforderungen stellen, also aller höchstens schwerer spielbar sind, weil sie höhere Anforderungen stellen.

Und die meisten älteren Rollenspieler befinden sich halt in einer Lebenssituation in der diese höheren Anforderungen nicht mehr erfüllt werden.
Und dann wird halt aus schwerer ganz schnell auch schlechter. Oder besser "schlechter für diese Gruppe in ihrer momentanen Situation" geeignet.

Vielleicht ist das ganze schön mit einer Analogie zum Brettspiel zu veranschaulichen:
Ein Brettspiel welches einen für einen Nachmittag fasziniert braucht ganz andere Qualitäten als eines was man in den nächsten zwei Jahren hundertmal spielen will.

Offline Auribiel

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #3 am: 10.06.2015 | 11:20 »
Generell habe ich mit "ernsthaften" Themen und Settings oder auch komplexen (ernsthaften?) Regeln keine gute Erfahrung gemacht. Fast alle Rollenspieler in meinem Umfeld sind reine Fun-Spieler, Regelfüchse gibt es eigentlich nicht. Liegt sicher auch daran, dass ich selbst mehr Wert auf Setting und Story lege.

Zur Ernsthaftigkeit des Settings wiederum: Das kann man nicht erzwingen, dass muss sich ergeben. Ich hatte Horror-Abenteuer, die in Slapstick geendet sind und weniger horrorartige Szenarien, die den Beteiligten so unter die Haut gegangen sind, dass sie sich im Dunkeln nicht mehr allein auf's Klo getraut haben.
Es liegt nicht nur an der Runde, sondern auch an der Tagesform.

Generell aber finde ich RPGs besser spielbar, die sich nicht 100% ernst nehmen - vor allem schon deswegen, dass die Systeme, die sich zu ernst nehmen, meist nicht dem eigenen Anspruch gerecht werden.


Feuersänger:
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Offline YY

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #4 am: 10.06.2015 | 11:30 »
Ein pi-mal-Daumen-System geht tendenziell besser als ein detailreiches, "realistischeres" System

Tendentiell schon, aber für Letzteres würde ich WoD nicht anführen...

Grundsätzlich ist einfacher eben einfacher  ;D
Sei das nun bezogen aufs Regelwerk oder auf ein Setting, wo man mit vielen altbekannten Klischees eben sehr viel leichter reinfindet und sich orientieren kann.

Aber grad beim Setting ist das Thema schon wieder recht undurchsichtig - es finden sich auch Settings, die sich nicht ernst nehmen, aber dennoch eher schwer zu erschließen sind, weil dort vieles so anders läuft als man es kennt.
Discworld mit jemandem, der es gar nicht kennt? Kann schnell ein richtiger Krampf werden.

vor allem schon deswegen, dass die Systeme, die sich zu ernst nehmen, meist nicht dem eigenen Anspruch gerecht werden.

Verständnisfrage, weil ich dazu nur ein diffuses Bauchgefühl habe:

In welcher Form können sich denn Regeln alleinstehend ernst nehmen oder nicht?

Da geht es doch erst mal "nur" um den Aspekt der Komplexität resp. Kompliziertheit. Nach einer irgendwie gearteten Ernsthaftigkeit könnte ich das nicht trennen.



Unterm Strich für mich:
Einfache Settings und Regelsysteme sind besser spielbar.
Das hängt aber mMn nicht wirklich damit zusammen, ob sie sich ernst nehmen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline La Cipolla

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #5 am: 10.06.2015 | 11:34 »
Joah, ernst muss man dann halt auch relativ ernst nehmen. Wenn dazu alle bereit sind (und die Umstände mitspielen, wie schon angesprochen, also regelmäßige Termine und so), klappt das genau so gut.

Aber klar, irgendwo sind genau das ja schon höhere Anforderungen, wobei es auch genügend Leute gibt, die ernsthafte Probleme damit haben, ein Setting wie die WoD nicht ZU ernst zu nehmen. :D

Offline Boba Fett

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #6 am: 10.06.2015 | 11:59 »
Wie sind da eure Erfahrungen?

Ähnlich...
Ich für meinen Teil brauche schlicht eine gewisse Vorbereitungszeit, um mich auf ernsten Stoff einlassen und den Alltag ablegen zu können - auch als Spieler.
(das bezieht sich nicht nur auf Rollenspiel, ist auch bei Romanen oder Theaterbesuchen so.)
Die Vorbereitungszeit ist länger, wenn man gerade gut im Stress ist.

Und genau diese "Vorbereitungszeit" habe ich immer weniger, durch Beruf und Familie bedingt.
Ich bedauer das auch, denn eigentlich spiele ich sehr gern "schweren Stoff"...

Rundentechnisch habe ich die Erfahrung gemacht, dass es einigen Leuten liegt, so zu spielen, anderen nicht.
Und dass große Runden eher zu viel Unruhe herrscht...
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 12:05 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Arkam

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #7 am: 10.06.2015 | 12:33 »
Hallo zusammen,

nach meinen Erfahrungen ä ndert sich eher die Art wie gespielt wird und weniger die Art der bespielten Systeme. War zur Rollenspiel Hochzeit, Schule mit viel Zeit zum spielen und fast täglichem Spiel von mindestens 4 Stunden, allen klar das stets die aktuellste Fassung mit allen Zusätzen gespielt wurde legt inzwischen der Spielleiter in Absprache fest was außer den Grundregeln noch ins Spiel kommt. Wo früher der Spielleiter dafür zuständig war einen Charakter ins Spiel zu bekommen ist das inzwischen eine Aufgabe des Spielers, Ebenfalls klar ist das eben ein bestimmtes Setting und ein bestimmtes Abenteuer gespielt wird. Ausreißer sowohl was den gespielten Charakter als auch was den Spieler angeht werden eher nicht toleriert.
Hinzu kommt das entspannter gespielt wird. Wenn ein Charakter sterben könnte wird also zusammen alles getan um ihn zu retten.
Je nach Grad der Erfahrung mit dem System wird mehr nachgeblättert und gegebenenfalls auch frei oder nur grob nach Regeln ausgespielt.

Gruß Jochen
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Offline D. Athair

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #8 am: 10.06.2015 | 13:25 »
Ähnlich...
Ich für meinen Teil brauche schlicht eine gewisse Vorbereitungszeit, um mich auf ernsten Stoff einlassen und den Alltag ablegen zu können - auch als Spieler.
(das bezieht sich nicht nur auf Rollenspiel, ist auch bei Romanen oder Theaterbesuchen so.)
Die Vorbereitungszeit ist länger, wenn man gerade gut im Stress ist.
Geht mir manchmal so. Oft aber auch nicht. Ist immer auch eine Frage der Präsentation und des Formates. Das ist meine Erfahrung mit v.a. der arte-Mediathek aber auch mit dem Rollenspiel. Wobei bei letzterem die Gruppenabsprachen wichtig sind. (Beispiel Cthulhu: Wenn die Gruppe beschließt, dass es nicht wichtig ist, dass der jeweis eigene SC überlebt, bzw. dass dessen Ableben als gültiges, erwünschtes Ergebnis eine Begegnung stattfinden darf, dann ist das Spielen entspannter. Es gehört ja zum erwünschten Spielerlebnis.) 

Ernste Spiele/Settings verleiten dennoch einige Spieler zu "verkrampftem" Spiel. Sei es, dass sie das Gefühl haben keine Witze anbringen zu dürfen oder Entscheidungen sorgfältiger prüfen zu müssen. SL neigen zu detailierterer Ausgestaltung in der Darstellung (Colour). All das muss beim Spielen von ernsten Sachen nicht so sein ... Wenn aber auch nur einer der Mitspieler über die Fallstricke ernster RSP stolpert, dann stauchelt die ganze Gruppe. Und das kann es anstrengend machen.

Ich selbst mag so ernste Sachen ganz gern. Over the top finde ich da viel anstrengender (sowas wie ... Iron Kingdoms?).


Kurz: Ich würde es nicht grundsätzlich an der "Ernsthaftigkeit" von RSP festmachen, wie schwierig sie zu spielen sind. Auch nicht unbedingt an der Kompelxität der Regeln. Entscheidend ist die Gruppe sowie die Aufbereitung von Regeln und Abenteuer.

Was die Regeln angeht: Da sind RSP generell ziemlich schlecht aufgestellt. (Beispiel: DCC RPG. Die Abenteuer sind super übersichtlich und auf den Punkt geschrieben. Das Regelwerk dagegen hat gefühlt "10.000 Seiten". Warum kann ich keine Box haben, mit separaten Heften für Charakterregeln, Spielregeln, Zauber für jeweils Zauberer und Kleriker, Monsterheft, SL-Schirm, Talente/besondere Klassenfähigkeiten auf Karten ... Ich glaube ich werde das Buch mal zum Buchbinder bringen, dass er Hefte daraus macht.)

... und dann ist da die klassische Kampagne. Ich habe sie längst aufgegeben. Um sowas vernünftig spielen zu können fehlt mir der Nerv und die Zeit.
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 13:30 von Strohmann-Hipster »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Ucalegon

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #9 am: 10.06.2015 | 14:29 »
Settings, die den Anspruch haben historisch/technisch/o.Ä. korrekt(er) zu sein oder die sonstwie eine hohe Konsistenz der Fiktion verlangen, profitieren natürlich von Wissen und Vorbereitung der jeweiligen Gruppe. Wenn es nur die SL bzw. ein Spieler/eine Spielerin ist, die diese Voraussetzung erfüllt oder sich jede(r) in einem bestimmten Einzelbereich besonders auskennt, reicht das aber auch, sofern sich alle darauf einlassen wollen.

Eclipse Phase z.B. habe ich mehrheitlich für Leute geleitet, die weder mit dem Setting noch mit der entspr. Literatur/den Tropes vertraut waren. Wenn das mal nicht geklappt hat, dann lag es aus meiner Sicht nicht an den Anforderungen des Settings, sondern, wie Strohmann-Hipster sagt, am Szenario. Continuity war in zwei Fällen zu offen für Gruppen mit weniger aktiven Spieler(inne)n und Mind the WMD hatte ich einmal nicht gezielt genug vorbereitet, so dass der investigative Part sehr zäh wurde. Aber Hard-SF Anspruch, Transhumanismus und der dichte Hintergrund an sich standen eigentlich nie im Weg.

Bei Horror-/Düsteren Settings gibt es die von dir angesprochene Problematik aus meiner Sicht überhaupt nicht. Ich gehe dabei davon aus, dass man, wie man für ein Pulp-Setting Leute braucht, die bereit sind sich darauf einzulassen (fällt mir selbst oft schwerer als bei ernsten Sachen), für ein Horror Setting eben auch die entsprechende Gruppe braucht. Dass bei Runden in einem solchen Setting Grabesstimmung und heiliger Ernst herrschen müssen, sehe ich nicht. Da kann die deutsche Cthulhu bei Kerzenlicht-Fraktion noch so krampfhaft auf Stimmung und Atmosphäre pochen. Solange das Rollenspiel und damit v.a. der Plot und die Charaktere im Mittelpunkt stehen, ergibt sich der Rest nämlich wie von selbst - die Witze genauso wie betroffenes Schweigen, Anspannung und Verzweiflung  8].

Deswegen vermute ich das eigentliche Problem - egal ob Pulp-Runde, Fantasy-Abenteuer oder Horror-Trip - woanders. Ein Beispiel: Neulich hatten wir in unserer The One Ring-Kampagne einen Gastspieler, der während der Feedback-Runde sehr überrascht war, wie viel Zeit bei uns fürs Spielen verwendet worden war und wie wenig für dumme Sprüche/Derailing/entsprechenden Bullshit, der nichts mit der Sache zu tun hat, für die wir zusammen am Tisch sitzen.  ;) In seiner Hausrunde läuft das offenbar anders. Ernst nehmen muss man also nicht "ernste" RPGs sondern die Aktivität an sich.


Offline JS

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #10 am: 10.06.2015 | 14:36 »
Ernst nehmen muss man also nicht "ernste" RPGs sondern die Aktivität an sich.

Punkt.
 :d
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline Anastylos

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #11 am: 10.06.2015 | 21:43 »
Ich persönlich habe eher Probleme mit lustigen Rollenspielen, da finde ich es viel schwieriger mich in die Welt hineinzufinden.

Offline Teylen

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #12 am: 10.06.2015 | 22:34 »
Wie sind da eure Erfahrungen?
Das es nicht zutrifft.

Ich persönlich finde die WoD wesentlich einfacher zu spielen als das vergleichweise pulpige John Sinclair.
Unter anderem weil man einfacher atmossphärisch aus einem düsteren Setting eine absurde Komödie gestalten kann als aus einem lustigen Spiel etwas düsteres.

Letztlich glaube ich jedoch nicht einmal das die Erfahrung allgemeingültig ist.
Am Ende hängt es davon ab mit welchen Setting man mehr verbindet. Welches Setting man gewohnt ist.

Mir kann man das lustigste, fluffigste, einfachste Setting auf den Bauch binden und rubbeln und es passiert nicht weil ich meine Settings besser mag, besser kenne und gewohnt bin.
Im hohen Alter wird man imho oftmals weniger aufgeschlossen gegenüber leichten Eintagsfliegen, sondern man hängt sich an das bekannte weil das so anstrengend ist wie sich den Bauch zu kraulen. Das heißt gar nicht, und auch wenn es irgendwo was von beeing Al Bundy hat, es fühlt sich nicht schlecht an.

Das Bekannte kann dabei die WoD sein, weil man sich Anfang der 00ziger drin verguckt hat.
Das Bekannte kann dabei John Sinclair sein weil sie ersten Romane die man in den 90ern las Sinclair waren.
Das Bekannte kann die erste D&D Version sein weil es das erste Rollenspiel war das man in der Jugend fand.
Das Bekannte kann D&D3.5 sein weil man damit viel Spaß hatte und sich immer gegenüber anderen behauptete.
Das Bekannte kann D&D4 sein weil man endlich ein RPG hatte das einem etwas bot was einem vom PC wegzog.
Das Bekannte kann Traveller sein weil man in England damit die ersten RPG Erfahrungen hatte.
Das Bekannte kann CoC sein weil man sich quasi auf Abruf in eine cthulhuoide Gruselstimmung versetzen kann.
Das Bekannte kann Runequest, DSA, Midgrad sein weil man es so lange spielt das man die Regeln und den Metaplot auswändig aufsagen könnte wenn man Morgens um 3 geweckt und interviewt wird.

Insofern muss ein System oder die Spieler gar nicht sein.
Nur allensfalls hinreichend angenehm und vertraut.
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Auch im RL gebe ich mich nicht mit Axxxxxxxxxx ab #RealLifeFilterBlase

Offline Lysander

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #13 am: 10.06.2015 | 23:08 »
Ich meine das das Rollenspielen an sich Witz folgt, bzw er sich sowieso  mal einschleicht und bei manchem grueßenden Murmeltier darf dan mal eine Pointe her.
Es gibt ein System, nicht " Paranoia" ( das ist ja Satire ) sondern....Name vergeßen, da gehts um ganz traumatische Zustaende..äh, glaube " Trauma" heißts auch. Eine Real-Welt + eine daemonische Traumwelt. Evtl gutes Material dazu, aber 1 :1 waer mir das wohl zu deprimierend. Voellig Heiterkeitfreies " Ctulhu" koennte auch deprimierend oder auch mal  hochspannend sein....
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 23:17 von Lysander »

Offline Chruschtschow

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #14 am: 10.06.2015 | 23:33 »
Ich habe den Eindruck, dass hier auch ein wenig die These im Raum steht, dass ein ernsthaftes Szenario nur mit "ernsthaften" Regeln gespielt werden kann, wobei ernsthafte Regeln möglicherweise noch eher komplizierte Regeln sind. Und das wäre aus meiner Sicht eine ziemlich seltsame Gleichsetzung.

Ein konkretes Beispiel wäre Don't Rest Your Head. Die Regeln sind sehr einfach gehalten. Und die paar Regeln sind komplett darauf ausgerichtet, den SC wahnsinnig werden zu lassen. Man nehme Cthulhu und entferne alles bis auf die Sanity-Regeln. An denen macht man dann den Erfolg fest. Und damit lässt sich im dazu gehörigen Setting wunderbar ernst spielen.

Fate. Das ist nun auch nicht gerade ein Regelungeheuer. Damit kann man großartig albernes Zeug spielen. Aber auch sehr ernste Szenarios. Geht wunderbar, weil es auch dafür tolle Mechaniken hat.

D&D 3.5 habe ich auf der anderen Seite auch schon so gespielt, dass da im Hintergrund dauernd die Benny-Hill-Musik hätte laufen können, obwohl es ein Regelmonster ist.

Das hängt von vielen Faktoren ab, wie "ernst" der Abend läuft. Das Setting spielt da sicher eine große Rolle (eine ernste Runde Paranoia?!?). Die Regeln nach meiner Erfahrung wenig bis gar nicht. Was ich allerdings durchaus unterschreiben kann, ist bei wachsendem Alter der Hang zu weniger aufgeblasenen Regelsystemen. Da habe ich schlicht nicht mehr die Lust mich einzuarbeiten.
« Letzte Änderung: 11.06.2015 | 10:56 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Bad Horse

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #15 am: 10.06.2015 | 23:41 »
Wir spielen unser ernsthaftestes Zeug eigentlich fast ohne Regeln, weil da der Fokus eben mehr darauf liegt, wer die Charaktere sind, als darauf, was sie können.

Jetzt kann man "ernsthaft" auf zwei Weisen deuten:
- Ernsthafte Herausforderungen, die Konzentration und schnelle Entscheidungen der Spieler fordert.
- Ernsthaftes Drama, wo es auf das Innenleben der Charaktere ankommt
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Oberkampf

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #16 am: 11.06.2015 | 10:54 »
Persönlich glaube ich, dass "ernst" oder "lustig" - vor allem im Sinne von Klamauk - weder an Regeln, noch an Setting, noch primär am Abenteuer festzumachen ist, sondern an den Spielern bzw. der Gruppe.

Klar gibt es Settings, die einfach zum Blödeln einladen, aber das ist auch abhängig davon, welche Erfahrungen die Gruppe damit gemacht hat. John Sinclair wäre für mich jedenfalls weniger ein Kandidat für Quatsch-RSP als die oWoD, während Dresden Files wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegt, wenn mir gerade mal wieder einfällt, wie Butcher mit popkulturellen Anspielungen kokettiert. Paranoia hat eine bedauerliche Tradition, in Albernheit auszuarten, kann aber auch als sehr bittere Satire gespielt werden, bei der einem das Lachen vergeht. Shadowrun mit seinen MP-bewaffneten Waldelfen ist für mich ein so albernes Setting, dass ich es einfach nicht ernst nehmen kann, ich kenne aber Gruppen, die es für voll dyster halten (ehrlich). Warhammer 40K ist für mich absolut lächerlich, die Alte Welt vom Warhammer Fantasy RPG dagegen kann ich mir sowohl ernst und tragisch als auch mit einer gerüttelten Prise schwarzen Humors vorstellen.

Zu Regeln wurde ja schon gesagt, dass es völlig egal ist, wie komplex, kompliziert, detailliert und umfangreich - oder wie grim & gritty - Regelwerke sein können oder wollen, tiefer ernst muss sich daraus keineswegs ergeben.
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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #17 am: 11.06.2015 | 11:16 »
Paranoia hat eine bedauerliche Tradition, in Albernheit auszuarten, kann aber auch als sehr bittere Satire gespielt werden, bei der einem das Lachen vergeht.

War bei Paranoia der ursprüngliche Kernansatz nicht eben genau diese alberne Schiene? So kam das in den 80ern, als wir es gespielt haben, auch vom Regelwerk her rüber ("Spielen Sie in einer Welt, die von Orwell, Kafka und den Marx Brothers geschaffen worden sein könnte!"), der Ansatz, das Ganze auch mal ernsthaft und dystopisch-grimmig zu spielen, ist eine eher neuere Geschichte.
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Offline Chiarina

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #18 am: 11.06.2015 | 11:28 »
Hm. Zwischen Kafka und den Marx-Brothers liegen aber auch ein paar Meter...
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #19 am: 11.06.2015 | 11:33 »
Der Werbespruch war nur ein Beispiel, aber das englische wie das deutsche Regelwerk waren damals von Anfang bis Ende nur albern. Es war eine reine schwarzhumorige Satire, irgendeine Intention, das Ganze ernst zu nehmen, fand sich in der urpsrünglichen Version nirgends.

Was nicht heisst, daß man es nur so spielen darf und daß andere Ansätze illegitim wären. Ich fand die Idee, es mal unalbern durchzuziehen, sehr cool. Aber man kann einer albernen Spielweise von Paranoia eben nicht vorwerfen, daß sie eine Ausartung wäre.  ;)
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Offline Praion

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #20 am: 11.06.2015 | 11:42 »
Ist Grey Ranks anstrengender zu spielen als Toon?

Vermutlich. Es ist emotional wesentlich fordernder. Das hat aber nichts mit den Regeln zu tun.

Sind komplizierte Mechaniken anstengender? Auf jeden Fall da einfach mehr mentale Leistung dafür erfordert wird.

Beides hat aber nichts mit einander zu tun. 
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Jason Corley

Offline Thandbar

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #21 am: 11.06.2015 | 12:10 »
Hm. Zwischen Kafka und den Marx-Brothers liegen aber auch ein paar Meter...

Es gibt allerdings auch Slapstick-Passagen bei Kafka. Man denke an das Gerangel unter den Gehilfen oder die nervigen "Tücke des Objekts"-Bälle in der Blumfeld-Erzählung.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

Offline Czechbot

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #22 am: 11.06.2015 | 12:17 »
Ja, Praion, das ist die Frage. Ich habe für Grey Ranks zwar interessierte Spieler gefunden, aber es hat sich herausgestellt, dass es für die dann toch zu heavy war und wir kamen nie über die Anfangsrunde raus.
Was Toon betrifft - ich finde es wirklich schwer Slapstickhumor wirklich lustig im Spiel zu beschreiben oder als SL zu gestalten.
Ich persönlich finde, unabhängig ob ein RPG ernst oder nicht ist, die besten Runden entstehen, wenn alle motiviert sind, das Regelsystem verstehen und akzeptieren (keine großen Diskussionen ständig) und viel Input von allen kommt.

Ucalegon

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Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #23 am: 11.06.2015 | 12:27 »
Ist Grey Ranks anstrengender zu spielen als Toon?

Vermutlich. Es ist emotional wesentlich fordernder. Das hat aber nichts mit den Regeln zu tun.

Finde ich schwierig, das so pauschal zu sagen. Selbst Grey Ranks ist ja erstmal ein Spiel, das Spaß machen soll, indem man gemeinsam Geschichten erzählt. In diesem Fall sind das wohl meistens tragische Geschichten, aber das Prinzip bleibt dasselbe.   

Zitat
It has been my intention since the beginning to make something that will support a certain amount of empathy and introspection while still remaining captivating and fun.

Das mag nicht für jede(n) etwas sein, aber von Anstrengung bzw. schlechterer Spielbarkeit zu sprechen finde ich immer noch komisch. Und auch ob und wie sehr das Spiel im Vergleich zu anderen emotional fordert, hängt grds. von den Spieler(inne)n ab. Das wären alles keine Argumente mit denen ich Leuten (alt, wenig Zeit, whatever) davon abraten würde, Grey Ranks zu spielen, weil das dann so klingt als würde das Spiel keinen Spaß machen bzw. als ginge es nicht in erster Linie darum, gemeinsam eine unterhaltsame Runde zu spielen.

alexandro

  • Gast
Re: Sind "ernste" RPGs schlechter spielbar?
« Antwort #24 am: 11.06.2015 | 13:31 »
Ich denke die "Schwierigkeit" des Spielens kann an drei Faktoren bemessen werden:

1.) Qualitätseinstufung der Spielbeiträge (durch Setting vorgegebene Faktoren) = Was kann erzählt werden?
2.) Koppelung der Regeln an eine Schein-Simulation (Komplexität der Regelanwendung) = Wieviele "Arbeitsschritte" müssen durchgeführt werden, um welches Ergebnis zu erhalten? Macht es einen Unterschied für das Spielgefühl, wenn dasselbe Ergebnis auf anderem Wege (evtll. mit weniger Detailgrad) erzielt wird?
3.) Gruppendynamik = Stehen die anderen Spielkomponenten (Regeln oder Setting) über dem sozialen Gefüge der Gruppe oder kann das Spiel z.B. unterbrochen werden um einen Insiderwitz zu reißen oder von dem total lustigen YT-Video zu erzählen, an welches einen die Situation gerade erinnert hat.

Daraus ergibt sich, dass "Ernsthaftigkeit" im Wesentlichen ein Auswahlkriterium ist, welches die Gruppe an ihr Spiel stellt. Dysfunktional wird das nur, wenn einer oder mehrere Spielteilnehmer andere Erwartungen an das Spiel haben.
« Letzte Änderung: 11.06.2015 | 13:35 von alexandro »