Autor Thema: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie  (Gelesen 3199 mal)

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s.ungeziefer

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Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« am: 30.09.2015 | 17:36 »
Jeder der mich kennt weiß das die RPG mich schon seit längeren Beschäftigen, insbesondere die scheinbar unlösbare Frage nach 'guten' Rollenspielen. Die gängigen Meinungen lauten hier zu das es a.)Geschmackssache b.)die Regelqualität oder c.)die Präsentation ist, die ausschlaggebend sind. Eine der stärksten Fraktionen vertritt die Auffassung, das bei Rollenspiel das Spiel der ausschlaggebende Teil ist. Dabei wird das Spiel durch die Regeln definiert. Der große Kampf der Indie Rollenspiele setzte auch genau an dieser Stelle mit dem Kampfruf:“System does matter“ an.

Was wäre wenn das der vollkommen falsche Ansatz wäre?

Wenn tatsächlich die Spielregeln der relevante Teil von Rollenspielen wären, warum sind dann Systeme wie Das Schwarze Auge, D&D, Warhammer oder Pathfinder so beliebt? Was unterscheidet diese System so sehr von qualitativ besseren Spielen? Die Antwort lautet Werbung. Alle diese Systeme fahren massiv Werbung durch eine Masse von Produkten und Öffentlichkeitsarbeit. D&D ist Teil der Popkultur geworden. Und was verkauft uns die Werbung?

In einem TedTalk über die Frage warum der Mensch erfolgreich ist und nicht etwa die Schimpansen, führte der Redner als Gründe die flexible Sozialstruktur in der Masse und die Teilbarkeit von Ideen an. Wie in der Zigarettenwerbung verkaufen uns die Rollenspiele nicht die Realität die am Spieltisch stattfindet. Es werden die Ideen der Selbstverwirklichung, der Entscheidungsfreiheit und des Heroismus verkauft. Genau wie bei Zigaretten kann man daher stundenlang über den Geschmack und das Aussehen streiten, ohne jemals ein Mal die wirklichen Hintergründe anzusprechen. Vergleichbar ist auch der Verleugnungsfaktor der tatsächlichen Ereignisse. Kein Raucher, es sei denn er möchte aufhören, führt sich ständig die Folgen, die ausschließlich negativ sind, vor Augen. RPG haben in der Regel, zum Glück, keine tödlichen Folgen. Aber wie viele verbringen Stunden, Tage, Wochen, Monate und sogar Jahre damit zu auf einen Moment zu warten ihren Spieltraum zu erleben, ohne das etwas passiert? Das ist fast so wie die Heilsversprechen der Religionen. Und mit ähnlichen Fanatismus wird die eigene Position verteidigt.
Vorsichtig ausgedrückt macht das eine Diskussion schwierig, da über die völlig falschen Punkte gestritten wird. Was ist die Lösung? Brauche ich einfach ein RPG das seine Werbeversprechen am besten einhält? Oder schließe ich mich der Masse an? Herdentrieb hat auch seine Vorteile. Oder einfach dagegen, je Obskurer und Indie, desto besser?

Leider gibt es keine so einfache Lösung. Während Menschen zwar großartig Ideen teilen können, gibt es keine zwei Menschen die eine identische Meinung hätten. Sehr großartig zu beobachten in Religionen (oder bei Fussballfans) die Dogmen haben. Ideen können stabil sein, die Meinungen über sie nicht. Sie verändern sich ständig und sind tausenden von Faktoren unterworfen. Ob es Kultur, Zeitgeist, das Wetter oder die Bildzeitung ist, Meinungen über Ideen werden immer aufs neue geformt. Daher kann das hippe Spiel aus denn 90' heute keinen hinter den Ofen mehr hervorlocken. Außer man bringt dasselbe Spiel in einer neuen Verpackung heraus und macht Werbung das alles anders und doch alles wie immer ist. Sind die 1000+ Bücher von D&D 3ed wirklich schlechter als die 300+ von Pathfinder? Selbst Fans sagen das sich außer dem Anstrich nichts geändert hat. Trotzdem ist D&D 3ed tot und Pathfinder erfreut sich großer Beliebtheit. Paizo (Pathfinder) verkauft auch keine innovativen Regelsysteme, sie verkaufen Kundenservice. Wer Pathfinder kauft, dem wird suggeriert er kann jeder Zeit den Chef sprechen wenn ihm ein Furz quer sitzt. Die Zusatzprodukte die die Bequemlichkeit im Spiel erhöhen sollen sind Bestseller. Wie bei Apple bezahlt man gerne mehr für die Exklusivität des gehobenen Spiels. Paizo waren die ersten mit einem Abonnentenmodell für Abenteuer, Regeln und Zusatzprodukte. Die anderen Großen haben sofort nachgezogen. Die ganzen öffentlichen Betatest von D&D, DSA, Pathfinder und Warhammer sind ausschließlich auf dem Gedanken des Wir-kümmern-uns-um-euch entstanden. Das ist PR, nichts Anderes. Aber die Spieler fühlten und fühlen sich abgeholt und jauchzen vor Glück. Das im Schlussendlichen sie genauso wenig sagen über den Inhalt haben wie die Jahre zuvor ist noch nicht durchgesickert.

Kein Mensch kann sich gegen Werbung wehren. Wer was Anderes behauptet lügt. Das ist wirklich so einfach. Aber was wir können ist uns dessen bewusst zu sein. Nur Bewusstsein kann zu bewussten Entscheidungen führen. Macht das die Sache einfacher? Meine Rollenspiel Sammlung spricht dagegen. Gerade beim Thema Star Wars kaufe ich eine Idee von der ich weiß das sie dem Jungen vor 30 Jahren gehört und nicht mir, hier und heute. Gegen besseres Wissen versuche ich erneut dahin zu gelangen. Zum Glück habe ich nicht mit dem Rauchen angefangen.

Dennoch plädiere ich an dieser Stelle der Idee zu folgen und nicht den Spielregeln. Wenn sich eine Gruppe sich auf die Idee verständigen kann, kann sie beginnen diese umzusetzen. Es ist richtig das die bestimmte Spielregeln das positiv unterstützen, aber sie sind zweitrangig. Viele glückliche D&D und DSA Gruppen beweisen das. Was aber tödlich ist für den gemeinsamen Spielspaß ist die Annahme das die Werbung ihre Versprechen einhält. Oder ist jemand durch das Rauchen von Zigaretten attraktiver, lässiger oder freier geworden?

Die Frage lautet also: Was will ich?
Und: Wie kann ich meine Idee mit anderen Teilen?

So einfach sich das anhört, so schwierig ist die Beantwortung dieser Frage. Denn meistens glaube ich nur zu wissen was ich will. In dem Rollenspielratgeber Odyssee wird einfach gesagt, frage deine Spieler nach dem was sie wollen – gehe davon aus das sie dich anlügen, bewusst oder unterbewusst. Hart, aber aus meiner Erfahrung zutreffend. Ich persönlich erzähle gerne das es mir um die Story geht, aber wenn nach 20 Minuten nicht der erste Kampf ansteht, werde ich hibbelig. Das verlangt von dem Gastgeber und/oder Spielleiter dann auch noch ein Studium in Psychologie. Alternativ kann man auch Jahre damit verbringen ständig neue Spieler zu suchen.

In der Praxis tritt dann das Trial & Error, oder Versuch macht Kluch, ein. Man geht solange die Systeme durch, bis die Majorität der anwesenden Spieler freudestrahlend die eigene Runde für legendär erklärt. Da das nur mit System X eintritt, lautet die Schlussfolgerung das System X das Beste der Welt sein muss. Tatsächlich wäre es einfacher nach den Gemeinsamkeiten der Ideen der Spieler zu schauen. Es ist kein Zufall das Vampire the Masquerade viele Frauen angesprochen hat. Das zum ersten Mal in einem amerikanischen Regelwerk nackte Brüste zu sehen waren, hat nicht zur Ablehnung der männlichen Spielergemeinschaft geführt. Uups, da war sie wieder die Werbung. In der Tat war später einer der größten Kritikpunkte von der WoD das sie ihre Versprechen aka Fluff vs. Crunch, nicht eingehalten hätte. Wie hätte sie auch? Vampire spielen ersetzt keine Diät. Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen das die Ideen die in dieser Zeit an dem Spieltisch geteilt wurden, maßgeblich für mein Leben waren. Aber sie sind heute nicht mehr. Je älter man wird desto besser erscheint einen die Vergangenheit, die Gegenwart enthält immer weniger positive Änderung und die Zukunft bringt Schrecken. Solche Ansichten sind in den Papyri der Ägypter vor 5000 Jahren und in den Reden der Philosophen vor 2000 Jahren festgehalten. Jede Generation die älter wird wiederholt wie ein Mantra diese Gedanken. Jede nachfolgende Generation beweist das Gegenteil, bis sie die Älteren werden. Die vorherrschende Generation der Rollenspieler sind jetzt die Älteren. Wie bereit ist man selbst, liebgewonnene Ideen zu überdenken und neue Ideen anzunehmen? Wie hoch ist Bereitschaft heraus zu finden welche Gemeinsamkeiten die Ideen der 'neuen' Generation mit den Eigenen hat?

Es mag dem Leser so erscheinen das ich über die Dinge jammere. Das wäre aber ein Missverständnis. Es gibt universelle Ideen, wie der Held/die Heldin, wo sich alle treffen, die RPG spielen. Die meisten Spieler sind willig und interessiert daran, das ein Spielabend zum Erfolg wird. Dennoch gibt es kein Rezept das einen Spielabend zum Erfolg macht. Nur macht es meiner Meinung nach wenig Sinn über Qualität und Finesse des Gemüse Zubereitens und der Kochgeräte zu sinnieren, wenn die Gäste Fleisch haben wollen. Jeder kann also helfen wenn er klar und deutlich seine Idee vom Spiel vermittelt. Je mehr Einigkeit durch Kompromissbereitschaft bei der gemeinsamen Idee besteht, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit das der Spielabend erfolgreich wird. Die Regeln werden zweitrangig.

Offline Blechpirat

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #1 am: 30.09.2015 | 18:16 »
Toller Rant. Verstehe ich deine These so richtig: Mit den richtigen Mitspielern ist das System egal?

Offline Crimson King

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #2 am: 30.09.2015 | 18:32 »
Mehr zum Thema: System doesn't matter und Warum werden schlechte Systeme gespielt?

Da wurde das Thema zur Genüge durchgekaut.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #3 am: 30.09.2015 | 20:12 »
Deinen Ausführungen kann ich voll und ganz zustimmen (insbesondere so lange es noch um Werbung geht).

Die Parallelen zu anderen Konsumprodukt-"Religionskriegen" sind frappierend (iPhone gegen Android, etc.).

Auch dem Appell, eine gute Gruppendynamik solle wichtiger sein als die Rollenspiel-Marke, kann ich mich nur anschließen.
(Wobei ich fürchte, das ist leichter gesagt als getan - ähnlich wie bei anderen Konsum-Produkten)

Nur, was genau ist der Rollenspieltheoretische Erkenntnisgewinn den man aus deinen Ausführungen ziehen sollte?
Mehr auf das Drum-Herum achten (Marken-Image, Zielgruppe, Kundennähe) als auf die harten technischen Fakten (Regeln, Setting, Buch-Inhalte)?

Offline Zarkov

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #4 am: 30.09.2015 | 23:58 »
Dabei wird das Spiel durch die Regeln definiert […] Kampfruf:“System does matter“ […] nicht die Realität die am Spieltisch stattfindet.

Ich gratuliere zur Neuentdeckung der Unterscheidung zwischen Regeln (die im Buch nachzulesen sind) und System (wie am Tisch tatsächlich gespielt wird). Ein guter Anfang.
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

alexandro

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #5 am: 1.10.2015 | 06:55 »
Mit guten Mitspielern hatte ich schon Spaß an Systemen, welche mich nicht so überzeugt haben (und die ich auch nicht leiten würde). Bleibt die Frage, ob ich mit denselben Mitspielern, plus einem System welches mir gefällt, nicht mehr Spaß gehabt hätte. Auf jeden Fall hatte ich mehr Spaß mit schlechten Mitspielern + mir zusagendes System, als mit schlechten Mitspielern + ein System gegen das ich auch noch eine Abneigung hege.

Da man den Faktor der Mitspieler nicht immer kontrollieren kann, ist es daher von Faktor wenigstens ein gut funktionierendes, den eigenen Präferenzen entsprechendes, System bei der Hand zu haben.

Offline Hunter9000

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #6 am: 1.10.2015 | 08:32 »
Zitat
Die Antwort lautet Werbung. Alle diese Systeme fahren massiv Werbung
Ab da hab ich aufgehört genau zu lesen. Ich bin ja jetzt nicht gerade der totale Medienjunky, aber die letzte RPG Werbung die ich kenne, stammt aus den 80ern.
Beendete das Erbe des Feuers, bannte die Grausame Flut, verhinderte den Bau der Kadaverkrone und löste das Rätsel um den Fluch des Purpurthrons und verhindert gerade die Tyrannei der Drachen.

Offline KhornedBeef

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #7 am: 1.10.2015 | 09:08 »
Spannender Eintrag! Hm, die Parallele zu anderen Lifestyle-Marken sticht hervor. Das würde bedeuten, anstelle des Spielspaßes an sich geht es bei Rollenspielen mal mehr, mal weniger, um das Prinzip "Ich bin, was ich spiele."
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
Firepower, B&C Forum

Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Teylen

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #8 am: 1.10.2015 | 10:07 »
Wenn tatsächlich die Spielregeln der relevante Teil von Rollenspielen wären, warum sind dann Systeme wie Das Schwarze Auge, D&D, Warhammer oder Pathfinder so beliebt? Was unterscheidet diese System so sehr von qualitativ besseren Spielen? Die Antwort lautet Werbung.

Vielleicht auch einfach day die Spiele nicht so qualitativ minderwertig sind wie sie von Anhängern der ach so qualitativ hochwertigen Indies gemacht werden.

Alle diese Systeme fahren massiv Werbung durch eine Masse von Produkten und Öffentlichkeitsarbeit. D&D ist Teil der Popkultur geworden. Und was verkauft uns die Werbung?

Zitat
Kein Raucher, es sei denn er möchte aufhören, führt sich ständig die Folgen, die ausschließlich negativ sind, vor Augen. RPG haben in der Regel, zum Glück, keine tödlichen Folgen. Aber wie viele verbringen Stunden, Tage, Wochen, Monate und sogar Jahre damit zu auf einen Moment zu warten ihren Spieltraum zu erleben, ohne das etwas passiert?[/quotd]
Klingt recht stark danach als wenn du den Spielern von DSA, D&D, PFRPG etc. Badwrongfun unterstellen magst. So als ganz revolutionäre These, vielleicht haben DSA Spieler auch tatsächlich Spass am Spiel. Haben D&D / PFRPG Spieler keinen Hirnschaden mit dem sie sich negative Aspekte schöndenken.

Vielleicht fallen auch Indies deswegen auf die Schnauze der Missachtung weil die Arroganz anderen vorschreiben zu wollen wie sie Spaß haben und das ein Spiel das für sie qualitativ top ist doch eigentlich objektiv scheiße sei (weil sich der Indie Fan den eigenen Geschmack in ein Theoriegerippe codifiziert hat mit dem er ganz toll erklären kann wieso alles was ihm net schmeckt auch keinen anderen schmecken kann)

Zitat
Dennoch plädiere ich an dieser Stelle der Idee zu folgen und nicht den Spielregeln.
Vielleicht wäre es das einfachste Werbung wie ein mündiger Konsument aufzunehmen?
Rolenspieler verhalten sich dahingehend merkwürdig.
Bei Waschmittelwerbung beschwert sich eher keiner das weiß kein steigerungsfähiges Wort in Bezug auf Wäsche ist. Bei Rollenspielern würde entweder eine Art SuperWeiß konstruiert, angeführt das Weiß ja keine Farbe ist, das man eh lieber buntes mag und keine Ahnung was und im Anschluß die These aufgestellt das die Werbung lüge. Obwohl das Produkt Wäsche im normalen Rahmen weiß macht.

Zitat
Tatsächlich wäre es einfacher nach den Gemeinsamkeiten der Ideen der Spieler zu schauen. Es ist kein Zufall das Vampire the Masquerade viele Frauen angesprochen hat. Das zum ersten Mal in einem amerikanischen Regelwerk nackte Brüste zu sehen waren, hat nicht zur Ablehnung der männlichen Spielergemeinschaft geführt.
Das dürfte eher daran gelegen haben das White Wolf konsequeng 'she' benutzt hat und benutzt sowie immer wieder scharf herausstellt das die Welt der Dunkelheit hinsichtlich der Charaktere keinen relevanten Sexismus hat. Das man weibliche Bosse, Kämpfer und haste nichf gesehen spielen kann.
Daneben das man den Goth Zeitgeist perfekt traf.

Titten gab es davor auch schon bei den Amis bei fast jeden Fantasy RPG.
Zumal in der 1st Edition iirc allenfalls sehr kleine Titten drin sind (im Comic?) Und in weiteren VtM Editionen iirc keine mehr.

Zitat
In der Tat war später einer der größten Kritikpunkte von der WoD das sie ihre Versprechen aka Fluff vs. Crunch, nicht eingehalten hätte.
Welches Ihrer Versprechen?
VtM hat nie versprochen das es keine Fluff und Crunch Welle geben wird wie es sie gegeben hat und weiterhin gibt. Das war doch eher so ein komischer Gedanke von Leuten die irgendwie Storytelling (in der Form von WW) mit der Publikationspolitik unverträglich halten,..
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Auch im RL gebe ich mich nicht mit Axxxxxxxxxx ab #RealLifeFilterBlase

Ucalegon

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #9 am: 1.10.2015 | 10:10 »
Ab da hab ich aufgehört genau zu lesen. Ich bin ja jetzt nicht gerade der totale Medienjunky, aber die letzte RPG Werbung die ich kenne, stammt aus den 80ern.

Marketing spielt schon eine Rolle, auch wenn damit heutzutage keine Fernsehwerbung oder Platzierung in Spielegeschäften gemeint ist. Inhaltsbeschreibungen auf den Büchern, Design, Kickstarter-Videos, Rezensionen, Interviews, Actual Play etc. dienen dazu, die eigene Zielgruppe anzusprechen. Bei FFG sieht das dann z.B. so aus: https://www.youtube.com/watch?v=aRRtP3m-Scw und auf jedem zweiten Indie-Spiel steht mittlerweile drauf, was Jason Morningstar oder Ken Hite davon halten. All aboard the Hypetrain.

Nur: So zu tun als sei das viel bedeutsamer als eine - so weit wie möglich objektive oder eben persönliche - Bewertung von Spielsystemen, der Grundsatz: System matters oder die Möglichkeit, sich auf Grundlage des eigenen Erfahrungshorizonts bewusst für und gegen bestimmte Rollenspiele zu entscheiden, verkauft die Leute für dumm.

Was aber tödlich ist für den gemeinsamen Spielspaß ist die Annahme das die Werbung ihre Versprechen einhält.

Mimimimi.  :'(

Offline SirRupert

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #10 am: 1.10.2015 | 10:53 »
[...]
Es mag dem Leser so erscheinen das ich über die Dinge jammere. [...]
Auf mich nicht, und ohne das banalisieren zu wollen was du geschrieben hast. Für mich klingt das eher nach der normalen Erfahrung die man macht, wenn man über die Jahre verschiedene System bespielt und auch mal mit anderen Spielern/Gruppen zu AbenteuernTM aufbricht.

Offline Arkam

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #11 am: 2.10.2015 | 13:03 »
Hallo zusammen,

das hakelige an "Systems matters" ist das das System ja noch aus Subsystemen besteht. Wobei ich hier Mal Ausrüstung und den vollständigen Charakter, also Werte und Hintergrund, auch als Subsystem sehe.
Jedes dieser Subsysteme kann jetzt einzeln bei der Beurteilung des Systems eine Rolle spielen.
Hinzu kommt das ich ja teilweise Subsysteme ignorieren kann. Mir gefallen etwa die Regeln fürs Hacken, die Magie oder die Konstruktion von Fahrzeugen nicht? Ich kann sie ja sogar als Spielleiter, in Absprache mit der Runde, komplett ignorieren.
Ausrüstung als Subsystem? Ich bin von Frostzone auf Shadowrun umgestiegen. Einiges an Ausrüstung die es bei Frostzone gab vermisse ich bei Shadowrun. An beiden Systemen nervt mich das sie viel zu ausführliche Waffenlisten haben. Bei beiden Systemen vermisse ich ich die kosmetische und sexuelle Cyberware aus Cyberpunk 2020, seien wir ehrlich für besseres Aussehen und besseren Sex würden die Menschen wirklich allerhand Geld ausgeben. Da ist entsprechende Cyberware nur logisch.

Aber der Charakter als Subsystem ist ja nun wirklich albern! - Nein denn der Charakter wird eben auch durch die verwendeten Subsysteme und den Hintergrund geprägt. Teilweise hängt für mich die Art wie ein Charakter sich spielt eben an den Regeln.
Ein Shadowrun Hacker tendiert zum Beispiel dazu ziemlich spezialisiert zu sein. Etwa dadurch das man am Anfang der Charaktergenerierung nicht die maximalen Skillwerte erreichen kann, sie dann im Spiel sowohl Lernzeit als auch eine Menge Erfahrungspunkte kosten. Bei Frostzone etwa konnte ich schon mit dem maximalen Skillwert anfangen aber die Spezialfertigkeiten machten den Hacker erst zu einem Hacker. Ich konnte als mit wenig Punkteaufwand Skills zum Maximim lernen aber konnte nicht so leicht die entsprechende Rolle übernehmen da ich, etwa für einen Bastler, andere Attribute und vor allen andere Spezialfertigkeiten benötigen würde.

So kommt es das Gruppen mit verschiedenen Spielvorlieben dazu tendieren ein weniger spezialisiertes System zu wählen. So ist einfach die Chance höher das eine Mehrzahl von Spielern ein Subsystem findet das sie anspricht, ein paar die sie ignorieren können und nur wenige die wirklich nerven.

Gruß Jochen
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Offline D. Athair

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Re: Meine (persönliche) neue Rollenspieltheorie
« Antwort #12 am: 3.10.2015 | 00:55 »
In der Praxis tritt dann das Trial & Error, oder Versuch macht Kluch, ein. Man geht solange die Systeme durch, bis die Majorität der anwesenden Spieler freudestrahlend die eigene Runde für legendär erklärt. Da das nur mit System X eintritt, lautet die Schlussfolgerung das System X das Beste der Welt sein muss. Tatsächlich wäre es einfacher nach den Gemeinsamkeiten der Ideen der Spieler zu schauen.
... eigentlich nicht. Alles, was es braucht ist "personalisierte Werbung" durch die Spielleitung (in spe) und commitment. Systeme durchgehen und von vornherein einen Kompromiss zu suchen, habe ich NIE als zielführend erfahren. Entweder entwickelt sich ein Konsens, aus dem später eine gewisse Begeisterung entspringt - oder es macht einfach keinen Sinn miteinander spielen. Nach Gemeinamkeiten zu suchen ... wäre vielleicht ein Weg, wenn man denn wüsste, was man überhaupt suchen soll. Wenn die Spielerinnen und Spieler nicht schon unglaublich gut ihre Präferenzen offen und ehrlich benennen können, dann ist der Weg vergeblich. Darum ist für mich das beständige Weiter-Finden von Gemeinsamkeiten wesentlich zielführender. Erst wenn aus den Einzelvorstellungen ein gemeinsamer Pool an Ideen als Fundament grundgelegt ist, kann man zwischen (auch weitergehenden) Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Präferenzen suchen und finden. Aber zuerst braucht es überhaupt irgendein Vergleichsmaß. Und das muss irgendwer einbringen.

Jeder kann also helfen wenn er klar und deutlich seine Idee vom Spiel vermittelt. Je mehr Einigkeit durch Kompromissbereitschaft bei der gemeinsamen Idee besteht, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit das der Spielabend erfolgreich wird. Die Regeln werden zweitrangig.
Das ist durchaus richtig. Nur: Bei den "Ideen" braucht es eine gemeinsame Sprache. Die ist gerade bei Rollenspielen nicht per se vorhanden. Gerade, weil es ja so irre viele Spielebenen gibt, über die gesprochen werden müsste. Da wäre der Spielprozess ("Rederechte", welche Elemente des Spiels interessieren - was wird abkürzt?, Spieldauer und -intensität, wer legt wann wie die Regeln aus?) oder auch die Erzählrechte (über Handlung, über Charaktere, über Konfliktlösung) und vieles anderes. Rollenspieltheorie (zumindest, was die Forge anging), versuchte zumindest mal eine gemeinsame Sprache für Rollenspielautoren! zu entwickeln. 

Ich gratuliere zur Neuentdeckung der Unterscheidung zwischen Regeln (die im Buch nachzulesen sind) und System (wie am Tisch tatsächlich gespielt wird). Ein guter Anfang.
Und dazwischen gibt es dann noch RAI (rules as intended) ... die sog. "Autorenintension". Auch davon können die RAW (rules as written) endlos entfernt liegen ... genauso wie der Spielprozess am Spieltisch.

Da man den Faktor der Mitspieler nicht immer kontrollieren kann, ist es daher von Faktor wenigstens ein gut funktionierendes, den eigenen Präferenzen entsprechendes, System bei der Hand zu haben.
... sehe ich auch so. Je mehr Regeln, Autorenintension (das, was die Schreiber zu liefern gedenken) und das tatsächliche Spiel beisammen liegen, desto eher erreicht man ... wenigstens gut von der Hand gehendes Spiel.


Oder andersherum:
Die Rahmenbdingungen kann ich mit den Mitspielern klären. Ich kann im Vorfeld - oder in einem Testspiel - schauen, wie und ob eine gemeinsame Kommunikation und ein gemeinsamer Vorstellungsraum ensteht. Und dazu wähle ich dann ein passendes Regelwerk. Eines, das uns zu unterstützen in der Lage ist und die "Idee" vom Spiel halbwegs stabil halten kann
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan