Autor Thema: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.  (Gelesen 1197 mal)

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Offline manbehind

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"Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« am: 4.05.2025 | 14:54 »
Moin! Eine Regionalbeschreibung gibt vor, dass eine bestimmte fremde Sprache kein Wort für "Gottheit" kennt.

Frage 1:
Würdet ihr dann auch automatisch davon ausgehen, dass die Sprache auch kein Wort für "Gott" kennt, weil beide Begriffe im RPG-Kontext quasi synonym verwendet werden?

In der betreffenden Kultur werden bestimmte Gottheiten sehr wohl verehrt. Sie hat nur keine Sprache für das allgemeine Konzept "Gottheit". Das führt dazu, das menschliche Besucher anderer Kulturen den Gedanken, dass es auch andere Gottheiten gibt, die woanders verehrt werden, nicht ausdrücken können bzw. dieser eben nicht verstanden wird, weil die Bedeutung von "Gottheit" unbekannt ist, damit es überhaupt im Plural gedacht werden kann.

Frage 2:
Ist das eine rollenspielerische Herausforderung, die für euch interessant klingt oder ist das zu kompliziert, weil nicht ohne weiteres darstellbar?

Online Maarzan

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #1 am: 4.05.2025 | 14:58 »
edit: Korrektur wegen Missverständlichkeit
Ein "ähnlich wie <Gott>", zwei  "ähnlich wie <Gott>", drei  "ähnlich wie <Gott>"? 
Ich denke man kann sich auch ohne grammatische Korrektheit über Vergleiche verständlich machen, wenn das Grundkonzept irgendwo da ist.
« Letzte Änderung: 4.05.2025 | 15:09 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline manbehind

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #2 am: 4.05.2025 | 15:03 »
Ein Gott, zwei Gott, drei Gott?
Ich denke man kann sich auch ohne grammatische Korrektheit verständlich machen.
Mir ist tatsächlich nicht klar, was das mit meinen Fragen zu tun hat ^^

Offline Haukrinn

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #3 am: 4.05.2025 | 15:03 »
Frage 1: Das Wort Gottheit im Vergleich zu Gott scheint mir eigentlich ein relativ deutscher Sonderweg zu sein. Auf eine entsprechende Trennung (keine Ahnung ob die kirchlich motiviert ist) verzichten viele andere, auch die mit den Deutschen sehr verwandte Sprachen. Insofern, wenn es das eine Wort nicht gibt, dann das andere auch nicht.

Aber: Ich halte das insgesamt für anthropologisch hirnrissig. Welchen Grund gibt es dafür, dass höhere Wesen rituell verehrt werden, man sie aber nicht benennen kann? Wie ist das in der Kultur verankert? Selbst rein animistische Kulturen haben ja in aller Regel durchaus verallgemeinernde Worte für höhere Wesen, denen geopfert wird.

Frage 2: Siehe Frage 1, ich halte das für Humbug und würde mich im Spiel nicht damit auseinander setzen wollen. Das würde mir die Suspension of Disbelief komplett zerstören.
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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #4 am: 4.05.2025 | 15:07 »
Na ja, welchen Begriff benutzt diese Sprache denn dann für diese "Dingse", die dort verehrt werden? Wenn meine Kultur routinemäßig Alphaba, Bertomäus, und Calamarina mehr oder weniger religiöse Ehrerbietung erweist -- wieviel Sinn ergibt es dann, für die drei so gar keinen Gemeinschaftsbegriff zu haben?

Persönlich würde sich mir da unbekannterweise ja erst mal die Frage stellen, ob der Verfasser besagter Regionalbeschreibung dieses Detail überhaupt bis zu Ende durchdacht hat... ;)

Offline manbehind

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #5 am: 4.05.2025 | 15:08 »
Frage 1: Das Wort Gottheit im Vergleich zu Gott scheint mir eigentlich ein relativ deutscher Sonderweg zu sein. Auf eine entsprechende Trennung (keine Ahnung ob die kirchlich motiviert ist) verzichten viele andere, auch die mit den Deutschen sehr verwandte Sprachen. Insofern, wenn es das eine Wort nicht gibt, dann das andere auch nicht.

Aber: Ich halte das insgesamt für anthropologisch hirnrissig. Welchen Grund gibt es dafür, dass höhere Wesen rituell verehrt werden, man sie aber nicht benennen kann? Wie ist das in der Kultur verankert? Selbst rein animistische Kulturen haben ja in aller Regel durchaus verallgemeinernde Worte für höhere Wesen, denen geopfert wird.

Frage 2: Siehe Frage 1, ich halte das für Humbug und würde mich im Spiel nicht damit auseinander setzen wollen. Das würde mir die Suspension of Disbelief komplett zerstören.
Sie sind durchaus benannt, sie haben Namen, unter denen sie bekannt sind und Priester, die ihre Anordnungen durchsetzen. In dieser Kultur sind sie die mächtigsten bekannten Einzelwesen in der bekannten Welt.

Warum also kennt die Sprache keinen allgemeinen Begriff "Gottheit"? Ganz einfach: Um Vergleichbarkeit zu verhindern und damit Ideen und die Vermittlung von Ideen, wie: "Es gibt noch andere Götter neben ihnen."

Offline manbehind

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #6 am: 4.05.2025 | 15:11 »
Na ja, welchen Begriff benutzt diese Sprache denn dann für diese "Dingse", die dort verehrt werden? Wenn meine Kultur routinemäßig Alphaba, Bertomäus, und Calamarina mehr oder weniger religiöse Ehrerbietung erweist -- wieviel Sinn ergibt es dann, für die drei so gar keinen Gemeinschaftsbegriff zu haben?

Persönlich würde sich mir da unbekannterweise ja erst mal die Frage stellen, ob der Verfasser besagter Regionalbeschreibung dieses Detail überhaupt bis zu Ende durchdacht hat... ;)
Die Gemeinsamkeit ist, dass sie Teil des gleichen Pantheons sind, das unter einem Namen bekannt ist. Die Priester dieser Götter haben in der Kultur ebenfalls eine identische Bezeichnung, so dass auch hierdurch eine Gemeinsamkeit geschaffen wird.

Offline Haukrinn

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #7 am: 4.05.2025 | 15:17 »
Sie sind durchaus benannt, sie haben Namen, unter denen sie bekannt sind und Priester, die ihre Anordnungen durchsetzen. In dieser Kultur sind sie die mächtigsten bekannten Einzelwesen in der bekannten Welt.

Sie sind nicht vergleichbar, aber die mächtigsten bekannten Wesen? Und die Kultur hat sich keine kategorisierende Bezeichnung für diese Wesen einfallen lassen? Warum? Religiöse Verbote? Tabus? Falls ja, dann gibt es vielleicht so ein Wort, aber es darf nicht verwendet werden?

Warum also kennt die Sprache keinen allgemeinen Begriff "Gottheit"? Ganz einfach: Um Vergleichbarkeit zu verhindern und damit Ideen und die Vermittlung von Ideen, wie: "Es gibt noch andere Götter neben ihnen."

Das ist Quatsch und gerade polytheistische Kulturen funktionieren so nicht. Aber nehmen wir mal an, das wäre so. Was hindert den Kult einer Gottheit daran, sich über die Kulte der anderen zu erheben? Denn das das passiert wäre die zwingende Forderung aus "es gibt keine Götter neben ihnen".
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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #8 am: 4.05.2025 | 15:19 »
edit: Korrektur wegen Missverständlichkeit
Ein "ähnlich wie <Gott>", zwei  "ähnlich wie <Gott>", drei  "ähnlich wie <Gott>"? 
Ich denke man kann sich auch ohne grammatische Korrektheit über Vergleiche verständlich machen, wenn das Grundkonzept irgendwo da ist.
Das Grundkonzept ist da. Die Berührungspunkte sind imo im Bereich "Mächtigkeit" zu finden. Aber: Für Spieler ist es glaube ich relativ leicht, die relative Mächtigkeit von Göttern zu denken. Charaktere aus Kulturen, die unterschiedliche Pantheone, Götter und vielleicht auch Kriege zwischen Göttern kennen, können das glaube ich auch.

Menschen aus einer Kultur, denen diese Vergleichsmöglichkeiten fehlen - und das ist hier tatsächlich ein guter Begriff - werden damit allerdings Schwierigkeiten haben.

Von daher wäre in der Tat die Frage, ob und wie diese Vergleichbarkeit hergestellt werden kann und ob das rollenspielerisch eine brauchbare Herausforderung oder "doof" ist.

Die erste Frage halte ich für beantwortet.

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #9 am: 4.05.2025 | 15:32 »
Sie sind nicht vergleichbar, aber die mächtigsten bekannten Wesen? Und die Kultur hat sich keine kategorisierende Bezeichnung für diese Wesen einfallen lassen? Warum? Religiöse Verbote? Tabus? Falls ja, dann gibt es vielleicht so ein Wort, aber es darf nicht verwendet werden?

Das ist Quatsch und gerade polytheistische Kulturen funktionieren so nicht. Aber nehmen wir mal an, das wäre so. Was hindert den Kult einer Gottheit daran, sich über die Kulte der anderen zu erheben? Denn das das passiert wäre die zwingende Forderung aus "es gibt keine Götter neben ihnen".

Die kategorisierende Bezeichnung ergibt sich aus den Namen des Pantheons, unter dem sie bekannt sind. Aber das ist eben keine qualitative Unterscheidung wie z. B. zwischen "Göttern", "Dämonen", "Geistern" usw.

Ob es mal ein entsprechendes Wort für "Gottheit" gab und ob es aus der Sprache - auf welchem Wege auch immer (etwa durch Jahrhunderte andauernde priesterliche Indoktrination, Verfolgung und Ausmerzung von Abweichlern, göttliche Manipulation von Gedächtnisinhalten) - "entfernt" worden ist, ist offen. Dass das Wissen irgendwo innerhalb der Hierarchie der Priester erhalten geblieben ist, kann wohl sein.

Es gibt - außer Opportunitätserwägungen - prinzipiell nichts, was einen Kult daran hindert, zu versuchen, sich über die anderen zu erheben.

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #10 am: 4.05.2025 | 15:37 »
Sie sind nicht vergleichbar, aber die mächtigsten bekannten Wesen? Und die Kultur hat sich keine kategorisierende Bezeichnung für diese Wesen einfallen lassen? Warum? Religiöse Verbote? Tabus? Falls ja, dann gibt es vielleicht so ein Wort, aber es darf nicht verwendet werden?

Nach "Eigentlich gäbe es ja mindestens ein Wort, aber da hat die theokratische Zensurbehörde den dicken Daumen drauf" klingt die beschriebene Situation für mich im Moment allerdings auch. Denn "Diese Leute sind einfach zu doof, als daß ihnen jemals ein Begriff einfallen würde oder man ihnen die Idee auch nur erklären könnte" kann's ja eigentlich nicht sein.

(Letzteres wäre vielleicht noch halbwegs glaubhaft, wenn sie einfach erst so gar keine Religion hätten, weil das vielleicht ein Konzept ist, das für sie schon an sich keinen Sinn ergibt. Aber wenn sie grundsätzlich auch nur "ganz normal" Götter verehren genau wie andere Leute und dann bloß das Wort "Götter" nicht in den Mund nehmen, tja...)
« Letzte Änderung: 4.05.2025 | 15:45 von nobody@home »

Offline manbehind

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #11 am: 4.05.2025 | 16:01 »
Nach "Eigentlich gäbe es ja mindestens ein Wort, aber da hat die theokratische Zensurbehörde den dicken Daumen drauf" klingt die beschriebene Situation für mich im Moment allerdings auch. Denn "Diese Leute sind einfach zu doof, als daß ihnen jemals ein Begriff einfallen würde oder man ihnen die Idee auch nur erklären könnte" kann's ja eigentlich nicht sein.
Um sich über solche Sachen Gedanken zu machen, braucht es auch Zeit und Muße. Die hat nicht jeder.

Auch sind allgemeine Begriffe ein Kulturgut, das nicht selbstverständlich ist. Mir ist das aufgefallen, als ich verschieden Sachen über den Shogun-Autor James Clavel gelesen haben; ich zitiere hier mal aus einem Interview:

What is the Japanese word, Clavell is asked, for "power?"

"I can find out," he says. He picks up the telephone and calls his bilingual Japanese secretary in the next office.

"What is Japanese for 'power?'" Clavell asks. "Chikara ? What sort of power is chikara ? Does a Shogun have chikara ?" Pause. "No, it's kenryoku , right?" Pause. "Okay. Does he have kenryoku? His wife? It might be physical or mental. shilariryoku ? Um, in this office, right, what do I have? What's the word for my power?"

Pause.

"Kenryoku ? What sort of power does your mama have over you? Don't tell me none. What's that word? That's kengan . And what power does your mother have over your father?"

Pause.

"That's a very difficult idea? Okay. The power your father has over your mother is shihairyoku , but your mother doesn't have shihairyoku over him...."

Cavell thanks his secretary and hangs up. "That gives you an idea," he says, "of how difficult it is to be specific in Japanese."

Source

Der Gedanke, um das kurz weiterzuspinnen, dass eine Kultur unterschiedlich Formen von Macht und unterschiedliche Begriffe für diese unterschiedlichen Formen von Macht kennt, ist für mich nicht soweit weg. Und umgekehrt: Warum gibt es im Deutschen anders als im Japanischen keine Worte für diese unterschiedlichen Arten von Macht? Vermutlich, weil wir keinen Mangel fühlen und auch nicht wissen, was wir davon hätten, wenn es so wäre. Und warum sollte es dann in einer Fantasywelt nicht so sein, dass eine Kultur keinen Begriff für "Gottheit" hat?
« Letzte Änderung: 4.05.2025 | 16:03 von manbehind »

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #12 am: 4.05.2025 | 16:14 »
Und warum sollte es dann in einer Fantasywelt nicht so sein, dass eine Kultur keinen Begriff für "Gottheit" hat?

Oh, das ist, wie oben noch vor deiner Antwort ergänzt, nicht das eigentliche Problem. Eine Fantasywelt könnte ja beispielsweise an sich einfach komplett götter- und religionsfrei sein (ist ja Fantasie, da geht das... ;)) und hätte dann vermutlich auch keinen großen Bedarf an Begriffen aus dem religiösen Themenbereich. Aber eine Fantasykultur, die "stinknormale" Götter hat und anbetet und sich bloß strikt weigert, einen gemeinsamen Begriff für die zu prägen? Wo sollte das herkommen?

(Okay, theoretisch könnten die wohl "schlicht" eine Sprache haben, die einfach gar keine allgemeinen Kategorien zuläßt -- die hätte dann vielleicht je ein Wort für "meine Axt" und "deine Axt" und andere Spielarten, aber eben keins für "Axt" generell. Sich mit diesen Leuten zu verständigen, wäre dann allerdings auch allgemein schwieriger, nicht bloß im religiösen Bereich, und sollte dann auch entsprechend beschrieben sein. :))

Offline Haukrinn

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #13 am: 4.05.2025 | 16:16 »
Klar ist das denkbar. Wenn sie keine Götter hat.

Aber der Gedanke, dass Religion ein Element dieser kultur ist, es dann dafür aber kein Vokabular gibt, mit dem
die verehrten Entitäten bezeichnet werden können, ist in meinen Augen schon ziemlich abwegig.

Ich sehe auch den Schutzeffekt nicht. Wenn Bwurz die Menschen mit seinem
Heiligen Feuer beschützt, dann kann Gnarz der Feuergott aus dem Nachbarland das vielleicht auch? Und der hat dann vielleicht auch noch den Vorteil, dass man ihn als Gott bezeichnen kann? Wenn ein Gnarzpriester jetzt in der Kultur demonstriert, wie mächtig sein Gott ist, dann kann Bwurz gleichziehen oder irgendwann einpacken.
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Offline manbehind

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #14 am: 4.05.2025 | 16:42 »
Klar ist das denkbar. Wenn sie keine Götter hat.

Aber der Gedanke, dass Religion ein Element dieser kultur ist, es dann dafür aber kein Vokabular gibt, mit dem
die verehrten Entitäten bezeichnet werden können, ist in meinen Augen schon ziemlich abwegig.

Ich sehe auch den Schutzeffekt nicht. Wenn Bwurz die Menschen mit seinem
Heiligen Feuer beschützt, dann kann Gnarz der Feuergott aus dem Nachbarland das vielleicht auch? Und der hat dann vielleicht auch noch den Vorteil, dass man ihn als Gott bezeichnen kann? Wenn ein Gnarzpriester jetzt in der Kultur demonstriert, wie mächtig sein Gott ist, dann kann Bwurz gleichziehen oder irgendwann einpacken.
Das wesentliche Element der Kultur ist nicht Religion, sondern Herrschaft. Die Götter haben diese Welt unterworfen. Sie herrschen durch ihre Priester. Die herrschenden Götter wollen nicht verehrt werden; sie erwarten die Unterwerfung unter und Befolgung ihrer Gebote, die durch ihre Priester verbreitet und durchgesetzt werden.

Von daher ist es nicht "Religion" in dem Sinne, dass in der Welt Götter sind, die über die Welt wachen und dafür eben hier und da Dankbarkeit und Verehrung erfahren. Und was sie überhaupt nicht wollen, sind andere Götter, die mitherrschen.

Zum Schutzeffekt:

Wenn in der Kultur ein abstrakter Begriff "Gottheit" existiert, dessen Bedeutung auch jedem bekannt ist, dann kann ein Außenstehender sehr leicht den Gedanken vermitteln: Eure Götter sind nicht die einzigen Götter auf der Welt, es gibt neben ihnen auch noch andere. Ohne Kenntnis dieses Begriffes und seiner Bedeutung ist das bedeutend schwieriger, finde ich.

D. h. wenn nun ein Gnarzpriester in der Kultur demonstriert, wie mächtig sein Gott ist, dann müsste er erstmal beweisen, dass er ein Gnarzpriester und kein abtrünniger oder wahnsinniger Bwurzpriester ist. Denn das wäre möglichweise das, was die Bwurzpriester (und auch alle anderen) einfach behaupten könnten und was auch innerweltlich plausibler wäre als dass es da nun den Gnarz gibt, der das gleiche können soll, wie Bwurz.

Abgesehen davon müsste der Gnarzpriester natürlich gucken, dass er nicht verbrannt, geköpft oder sonstwie daran gehindert wird, die Vorteile seiner Gottheit zu propagieren.

Aber: wenn er auf grundsätzlich aufgeschlossene Bewohner trifft, dann wäre "Überzeugung durch göttliche Wunder" natürlich ein Weg.
« Letzte Änderung: 4.05.2025 | 16:48 von manbehind »

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #15 am: 4.05.2025 | 17:23 »
Das wesentliche Element der Kultur ist nicht Religion, sondern Herrschaft. Die Götter haben diese Welt unterworfen. Sie herrschen durch ihre Priester. Die herrschenden Götter wollen nicht verehrt werden; sie erwarten die Unterwerfung unter und Befolgung ihrer Gebote, die durch ihre Priester verbreitet und durchgesetzt werden.

Dann hat die Sprachgemeinschaft also das gleiche Wort für Gott und Herrscher. Das kann ja sein. Wie das im Sprachkontakt langfristig aufgeht, kann ganz spannend sein. Ich weiß nur nicht, ob das was fürs Rollenspiel ist.

Ich erinnere mich, wie eine Gruppe fast wahnsinnig geworden ist, als die gleiche Sache als Engelsflügel, Mantel und Idee beschrieben wurde von verschiedenen Leuten. Oder zumindest wahnsinnig gut gespielt haben, dass ihre Charaktere gleich wahnsinnig werden.

Offline Haukrinn

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #16 am: 4.05.2025 | 17:25 »
Hmm, mit dem Herrschaftsaspekt macht das Ganze eigentlich noch viel weniger Sinn. Denn erstens wollen Herrscher als solche angesprochen werden (ob das jetzt Könige, Aristokraten oder Großumpfe sind, völlig egal), zum anderen Frage ich mich natürlich, wie in einer solch absolutistischen Gesellschaft überhaupt mehrere "Herrscher" nebeneinander existieren können. Dann kommt noch der Schutzeffekt dazu. Da würde man wahrscheinlich Einflüsse von Außen als Götzenanbetung darstellen, oder anderweitig dämonisieren. Das geht aber nur, wenn die "legitimen" Herrscher als Gegenpol und dementsprechend als Gruppe aufgefasst werden können. Und dazu muss man sie benennen.

Also kurzum, je länger wir das hier diskutieren, desto alberner kommt mir die Ursprungsidee vor. Kann man vielseitig drehen und wenden, aber sinniger wird's dadurch nicht.
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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #17 am: 4.05.2025 | 17:57 »
Hmm, mit dem Herrschaftsaspekt macht das Ganze eigentlich noch viel weniger Sinn. Denn erstens wollen Herrscher als solche angesprochen werden (ob das jetzt Könige, Aristokraten oder Großumpfe sind, völlig egal), zum anderen Frage ich mich natürlich, wie in einer solch absolutistischen Gesellschaft überhaupt mehrere "Herrscher" nebeneinander existieren können. Dann kommt noch der Schutzeffekt dazu. Da würde man wahrscheinlich Einflüsse von Außen als Götzenanbetung darstellen, oder anderweitig dämonisieren. Das geht aber nur, wenn die "legitimen" Herrscher als Gegenpol und dementsprechend als Gruppe aufgefasst werden können. Und dazu muss man sie benennen.

Wie gesagt, benannt werden sie; es sind schlicht "die Acht", von denen jeder einzelne auch einen Eigennamen hat. Qualitativ handelt es sich um Gottheiten, nur, dass es eben in der Sprache keine Übersetzung für das Wort gibt, welches ja letztlich auch nur eine qualitative Abgrenzung unterschiedlicher Wesenheit erlaubt (z. B. "Gottheit" vs. "Dämon" vs. "Sterbliche").

Dann hat die Sprachgemeinschaft also das gleiche Wort für Gott und Herrscher. Das kann ja sein. Wie das im Sprachkontakt langfristig aufgeht, kann ganz spannend sein. Ich weiß nur nicht, ob das was fürs Rollenspiel ist.

Ich finde die Idee auch gut und finde sie auch grundsätzlich plausibel. Zweifel habe ich daran, ob das im Rollenspiel gut aufgearbeitet werden kann; sprich, handelt es sich allgemein um eine gute, rollenspielerische Herausforderung, das im Spiel zu erarbeiten, daher die Frage hier im Forum.

Aber es scheint tatsächlich schon an der Grundprämisse zu scheitern.

Offline Haukrinn

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #18 am: 4.05.2025 | 18:11 »
Ich finde die Idee auch gut und finde sie auch grundsätzlich plausibel. Zweifel habe ich daran, ob das im Rollenspiel gut aufgearbeitet werden kann; sprich, handelt es sich allgemein um eine gute, rollenspielerische Herausforderung, das im Spiel zu erarbeiten, daher die Frage hier im Forum.

Das kommt ja vielleicht auch darauf an was man daraus macht. Warum ist das für die Spielenden eine Herausforderung. Was sollen sie damit tun?
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Offline Aedin Madasohn

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #19 am: 4.05.2025 | 18:40 »
Warum gibt es im Deutschen anders als im Japanischen keine Worte für diese unterschiedlichen Arten von Macht?

wer sich die Mühe macht nachzuschauen, findet diese sehr wohl.

hast du einen Arbeitsvertrag unterschrieben und wirst in eine betriebliche Hierachie eingegliedert, so hat "jemand" disziplinarliche Gewalt über dich, bis hin zum hochkant rausschmeißen

geht der Landsknecht zum Werber und lässt sich auf die Kriegsartikel seines Regiment vereidigen, so unterliegt er "jemandes" Befehlsgewalt

die VäterlicheVerfügungsgewalt über die Personen (Frau, Kinder, Gesinde aber auch anbefohlene verwitwete Schwestern, die alte Mutter, der behinderte Bruder etc.pp...) in seinem Haus(halt) ist in diversen mittelalterlichen Rechtsbüchern auch mit teutonischen Eigennamen ausdefiniert worden

verliehene Amtsgewalt (die entzogen werden kann) vs in der Person liegende "natürliche" Autorität; die Vorzüge

............................

wenn in einem RSP-Buch von Gottheit gesprochen wird, würde ich alles weitere wie Gott, göttlich darunter zusammenfassen (siehe Haukrinn)
"Gottheit" wird üblicherweise "gewertet" - meistens als "gut" und die Ausnahmen werden dann ständig mit "böse" markiert
da spielen dann auch Regelengine-Wordings mit rein, so dass auch böse Götter dunkle Mirakel abhandeln können nach den Geweihtenregeln.

wenn ein Volk also nicht "Gottheit" ethisch vorfestlegend sagt, so wird es etwas wie "Große Mächte", Entenitäten, primordiale Mächte, Mover&shaker und wie auch immer setzen, wo dann schamanische Geister, Chaosdämonen, nehmende&böse Götter als auch wohlmeinend&gebende Götter sich subsummieren.

ist eher so eine Autorensache und kommt über "Große Mächte, dieser gibt, jene nimmt" nicht hinaus.

Rollenspielerisch kann man dann so weit gehen, dass ein Geweihter erstmal beweisen muss, dass sein Patron ein gutmeinende&hilfreiche Große Macht ist, bevor man ihn selbst als ehrenwerte Person ansieht.

im Gegenzug ist ein Dämonenpaktierer erstmal "in flagranti" als Missetäter zu überführen  ;)
solange ihn niemand als Quelle der ganzen mordenden Dämonen ansieht, wird er auch für unschuldig gehalten.
Der Vorwurf "ein gottloser Paktierer mit den Erzdämonen! er hat ein Dämonenmal! einself11 !!!!" würde erstmal ins Leere laufen...
 

Offline manbehind

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #20 am: 4.05.2025 | 18:49 »
Das kommt ja vielleicht auch darauf an was man daraus macht. Warum ist das für die Spielenden eine Herausforderung. Was sollen sie damit tun?

Die Welt aus den Angeln heben ^^

Es geht zunächst nur um die Schaffung des Bewusstseins einer alternativen Perspektive (zunächst nur im kleineren Kreis), die im Kern zwei Aussagen enthält, die wiederum im Gegensatz zu den Lehren der herrschenden Priester stehen: 1) Eure Götter sind nicht die einzigen Götter, 2) die herrschende Ordnung ist nicht die einzig mögliche Ordnung.

Es geht tatsächlich nur darum, das überzeugend rüberzubringen. Das bleibt auch dann eine Herausforderung, wenn man die eingangs genannte Schwierigkeit (kein bekanntes Wort für "Gottheit") ignoriert und einfach das Gegenteil annimmt; andernfalls ist es halt noch etwas herausfordernder. Eine Herausforderung ist es, weil die Aussagen dem Weltbild der entsprechenden Bewohner zuwiderlaufen (sie können ja nicht bewiesen werden) und das Aussprechen dieser Ideen gewissermaßen schon ein Verbrechen darstellt.

Offline Feuersänger

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #21 am: 4.05.2025 | 19:06 »
Frage 1: Das Wort Gottheit im Vergleich zu Gott scheint mir eigentlich ein relativ deutscher Sonderweg zu sein.

So abseitig ist das nun nicht. Mal ganz banal im Englischen haben wir auch "god" und "deity". Ähnlich wie Gottheit im Deutschen kann man deity gut geschlechts- und religionsneutral verwenden. Während man bei "god" im Singular halt aufgrund kultureller Prägung gerne spontan an den abrahamitischen Gott denkt, und selbst wenn nicht klingt es zumindest nach einer männlichen, nunja, Gottheit. Deity/Gottheit vermeidet beide Problemzonen recht elegant.

Dann fallen mir noch die alten Römer ein, die noch etwas feiner zwischen verschiedenen Stufen der Göttlichkeit unterscheiden. Ein Kaiser mag zum "divus" erklärt werden, aber das macht ihn nicht zum "deus". Während uns diese feine Unterscheidung fehlt, und wir uns dann darüber lustig machen, dass sich ein sterblicher Mensch vermeintlich als Gott verehren ließ.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Offline Zed

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #22 am: 4.05.2025 | 19:11 »

Dann fallen mir noch die alten Römer ein, die noch etwas feiner zwischen verschiedenen Stufen der Göttlichkeit unterscheiden. Ein Kaiser mag zum "divus" erklärt werden, aber das macht ihn nicht zum "deus". Während uns diese feine Unterscheidung fehlt, und wir uns dann darüber lustig machen, dass sich ein sterblicher Mensch vermeintlich als Gott verehren ließ.

Wieder eine ungeklärte Frage in meinem Hinterkopf geklärt: Danke, Feuersänger!

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Re: "Gottheit" vs. "Gott" u. a.
« Antwort #23 am: 4.05.2025 | 19:18 »
Divus entspricht m.M.n. dem Adjektiv "vergöttlicht" = zum Gott erhoben
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