Ich denke, wenn ich es penibel aufdröseln wollte, würde ich bei mindestens fünf Einzelkategorien landen:
1.) Lovecrafts Originalgeschichten, gegebenenfalls einschließlich derer, die nun wirklich wenig bis gar keinen konkreten "Mythosbezug" haben.
2.) Dem Mythos als "Gesamtkunstwerk" diverser kreativer Beteiligter, was ja schon zu Lovecrafts Lebzeiten mit seiner aktiven Unterstützung angefangen hat. Man kann sich da gerne streiten, wo man die Grenze genau ziehen will; beispielsweise wäre für mich Robert E. Howard definitiv eigenständiger Mit-Mythos-Schreiber, während ich Derleth nach den zwei oder drei konkreten Geschichten, die ich von ihm bisher gelesen habe, tatsächlich eher als Imitator einstufen würde, der die Grundidee nicht wirklich verstanden hat, aber das ist erst mal nur
meine Meinung.
3.) Der Popkulturvariante von 2.), also dem, was der Durchschnittsnerd, der "Cthulhu" schon mal gehört, aber nicht besonders tief nachgebohrt hat, so mit dem Mythos verbindet; hier würde ich in erster Näherung das ganze nicht näher differenzierte "Tentakel und Wahnsinn und wenn die Sterne erst mal richtig stehen, fällt uns der Himmel auf den Kopf!"-Gedöns verorten.
4.) Call of Cthulhu als Rollenspielsystem mit seiner eigenen Interpretation von 2.) und seiner eigenen Autoren- und Spieler-Subkultur, die 3.) mMn durchaus entscheidend mitgeprägt hat -- gerade im Bereich Rollenspiel bis zu dem Punkt, an dem andere Versuche, das Feld "lovecraftesker Horror" zu beackern, sich mehr an CoC
orientieren als an den eigentlichen "Primärquellen". (Sieht man beispielsweise daran, daß irgendeine Art von Stabilitätsregeln, die CoC mehr oder weniger direkt nachäfft, anscheinend unvermeidbar-reflexartig immer mit eingebacken wird.)
5.) Die spezielle "Stimmungsspieler-Interpretation", die 3.) und 4.) noch mal kombiniert, um leicht überspitzt ausgedrückt bei dem Schluß "beim Mythos-Spielen dürfen die SC auf gar keinen Fall so was wie eine Chance oder Ahnung haben, weil Horror und übermächtige Alien-Götter (iä!) und überhaupt isso!" hängenzubleiben.
So gesehen ist nicht schwer herauszuklamüsern, daß spätestens 1.) und 5.) nicht mehr zwangsläufig besonders viele Berührungspunkte haben müssen -- oder daß ich von spätestens 5.) nicht mehr viel halte.
An eine "Mythoskampagne", die sich enger am Vorbild orientieren sollte, würde ich persönlich andere Ansprüche stellen ("mehr Mystery, wie's neudeutsch so schön heißt, und weniger Schrecken und Tod und Wahnsinn um jeden verkrampften Preis" würde wohl auf jeden Fall dazugehören)...und Call of Cthulhu würde ich dafür auch nicht unbedingt verwenden, teils, weil das System für mich einigermaßen untrennbar mit gerade dem verbunden ist, was mich an modernen Mythosklischees ärgert, und teils, weil sich schlicht sein Alter bemerkbar macht und das Spielgefühl, das ich erreichen wollen würde, ohnehin weniger speziell systemgebunden ist und sich Alternativen demzufolge fast schon aufdrängen.