Das Tanelorn spielt > [Cthulhu] Spawn of Azathoth

[SoA 2. Akt] In der Sternwarte - Sa., 17.09.1927

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Der Läuterer:
IM INNEREN DER STERNWARTE

Anton wirft sich hart gegen die Stelle, an der zwischen beiden Türen der schmale Spalt ist. Blech verbiegt sich und Holz splittert. Die Glasscheiben beider Türen zerspringen. Beide Flügel werden nach vorne gedrückt, so dass die Schlossfalle auf der rechten Seite aus dem Schliessblech auf der linken Seite springt.

Die rechte Flügeltür schwingt auf, so dass Du in den Gang hinein taumeln und stürzen würdest, würde die Tür nicht sogleich von etwas Schwerem aufgehalten werden. Du nimmst den Schlag wahr und hörst ein Stöhnen, bleibst aber auf den Beinen, während hinter der Tür ein kleiner Mann hart auf dem Boden aufschlägt. Seine Brille ist zerbrochen und sein Gesicht ist blutig. Papiere flattern zu Boden wie Herbstlaub.

Joran:
IM INNEREN DER STERNWARTE

Ich schiebe mich durch den nun offenen Spalt zwischen den Flügeltüren und blicke in verstört wirkende Gesichter. Darunter das Haupt von diesem Herrgott in Weiß, der mich gestern schon dumm hat dastehen lassen ... "Dr. Degebach, wenn ich nicht irre." Und der Professor mit seiner Gattin, dicht aneinander gedrängt. "Hätte nichts dagegen, wenn Kassandra jetzt so bei mir stünde ...", denke ich etwas neidvoll.

Ein Mann zwischen mir und der Gruppe wendet mir den Rücken zu. "Das muss Krassimir sein."

Vor mir auf dem Boden liegt ein kleiner Mann mit zerbrochener Brille. "Stumpich, der Kleene...", bewerte ich die Situation im ersten Moment und will schon jede unangenehme Reaktion seitens dieser mir nächststehenden Person ausschließen. "Det is so 'n abjebroch'ner, abjehalftater Zwerch jewes'n", hallt es unversehens in meiner Erinnerung wieder. Die Entschuldigung, die mir auf den Lippen lag, verschlucke ich bei dem Gedanken. "Wohlmöglich ist es ein Glücksfall, dass ich diesen Kerl mit der Tür erwischt habe ..." Ich beschließe den 'Zwerch' im Auge zu behalten und stelle scheinbar versehentlich neben dem Mann meinen rechten Fuß auf sein Jackett, um es am Boden 'festzunageln'.

Auch wenn die Lohensteins es nicht unbedingt mögen werden, in manchen Situationen kann es sich nach meiner Erfahrung als nützlich erweisen, dem Gegenüber gleich zu zeigen, woher man kommt und durch welche Schule man gegangen ist.

"Bleeben Se besser ma' gleech da unten", gebe ich dem Hänfling in bestimmtem Ton einen 'freundlichen Rat'. "Det wa 'n ordentlicha Rumms für Ihnen Kopp! Aba Jlück im Unjlück: Doktor Degebach kann gleech nach Se kiek'n. Nich det Se noch 'n Ding an de Jondel zurückbehalt'n. Klaro? Grosch'n jefall'n?"

Nachdem proletarische Herrkunft und damit einhergehende Gewaltbereitschaft klargestellt wurden, wende ich mich mit geballten, jedoch noch gesenkten Fäusten an Blumberg: "WAS IST HIER LOS? Warum sperren Sie Ihre Gäste mit einem entlaufenen Irren ein?", frage ich bestimmt, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Es geht mir mehr darum, Blumberg durch bestimmtes Auftreten in die Defensive zu drängen. Ich hoffe, Blumberg ist überrumpelt und ich kann diesen Augenblick für einen Rückzug mit den Lohensteins nutzen.

Ohne eine Antwort von Blumberg abzuwarten, fahre ich in nächsten Moment in freundlichem Ton und mit plötzlich entspanntem Gesicht in Richtung der Lohensteins fort: "Wünschen Sie nun zu fahren?"

Angespannt warte ich auf die nächste Reaktion der Anwesenden. "Sollte Krassimir Anstalten machen, sich umzudrehen, dann muss ich sofort handeln, wenn ich nicht meinen Vorteil verlieren will." Mit einem kurzen Blick visiere ich die Nierenpartie des Rückens an.

Joran:
IM INNEREN DER STERNWARTE

Nach wenigen Sekunden werde ich stutzig. Jegliche Reaktion auf mich bleibt aus. Keine Antwort der Lohensteins. Keine Regung des kleinen Mannes am Boden. Die Welt um mich herum scheint stillzustehen ... keine Bewegung kein Laut. Kein Kläffen mehr aus der Halle hinter mir. Alle Anwesenden verharren unbeweglich an ihrer Position, als habe sie ein Eishauch mitten im Spätsommer erfasst. Selbst das Licht wirkt plötzlich merkwürdig farblos und kalt.

Gestern schien der leblose Boden plötzlich von Leben erfüllt, als die Straße Wellen schlug und das Auto sich verformte. Nun ist es gerade andersherum und das Leben erstarrt.

Mein Puls beschleunigt sich, als ich mir vorstelle, was es für mich bedeuten könnte, in solcher Weise dauerhaft aus Zeit und Raum gerissen zu werden.

Zögerlich hebe ich mein Bein von dem Jackett des kleinen Mannes. ... Nichts geschieht.

Ich umrunde den Mann, der mir den Rücken zuwendet und in dem ich Krassimir vermute. Seine rotgeränderten Augen leuchten von innen heraus in einem kalten weißen Licht. Es schmerzt, in das Licht zu blicken, das nicht aus den Augäpfeln selbst, sondern von einem weit hinter dem Kopf des Mannes liegenden Ort zu kommen scheint ... als handele es sich bei Krassimirs Augen um die Tore zu einer fernen, weiten, leblosen Welt ... oder um Teleskope, deren Ziel einem die Netzhaut verbrennt, wenn man ohne einen starken Filter hindurchschaut. Eine innere Kälte erfasst meinen Körper und lässt ihn erschaudern. Rasch wende ich mit Grausen den Blick ab und tauche unter dem strahlenden Licht hindurch.

Als ich wieder hinter Krassimir angekommen bin, entdecke ich die Augenbinde und lege sie dem Russen von hinten wieder an. Dann gehe ich zurück zur Tür. Noch immer hat sich niemand bewegt. Ich breche eine Strebe neben den Glaseinsätzen aus einer der Flügeltüren. Mit der Strebe im festen Griff kehre ich zu Krassimir zurück. Als ich mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft den improvisierten Knüppel auf Krassimirs Schädel niederfahren lasse, zerbirst das Holz lautlos in hunderte kleiner Splitter, die erst rasch, dann immer langsamer durch den Raum fliegen, als handele es sich bei der Luft um eine träge Masse. Die meisten Splitter bleiben nach kurzer Wegstrecke einfach in der Luft hängen, ohne je den Boden zu erreichen.

Entsetzt öffne ich meinen Mund, um wenigstens meine eigene Stimme zu hören. Doch so laut ich auch zu schreien versuche ... die Grabesstille, die sich über alles gelegt hat, scheint mit eisiger Hand in meinen weit geöffneten Rachen zu greifen und mir meine Stimme zu entreißen.

Gehetzt blicke ich um mich. Aber ich finde keinen Feind, ich sehe kein Entrinnen ... Da ist einfach ... NICHTS ... um mich, das zu leben scheint. Nichts, was ich packen könnte, nichts, dem ich den Kragen umdrehen könnte, um in meine kleine Welt zurückzukehren ...

Hektisch blicke ich auf den kleinen Mann am Boden. Ich sehe die zerbrochene Brille und überlege, ob diese Brille mehr sein könnte als sie scheint. Ich konzentriere mich auf die Augen des Mannes und versuche darin eine Regung ... irgendeinen Hinweis auf Leben ... auf eine Reaktion auf meine Anwesenheit zu entdecken. Aber da ist nichts.

"Was kann ich tun?", frage ich lautlos in den Raum. Ich sehe die schwebenden Splitter und bin versucht, Krassimir zwei von ihnen in die Augen zu rammen. Vielleicht wird dann alles wieder normal? Aber ich fürchte, die Splitter würden nur durch zwei endlose Tunnel ins Nichts fallen. Das wäre im Moment mehr, als ich ertragen könnte.

Unsicher setze ich meinen Fuß erneut auf das Jackett des kleinen Mannes und warte ab. Das ist alles, was ich tun kann ... warten und hoffen ...

Und dann ist es so plötzlich vorüber, wie es angefangen hat ... genau so plötzlich wie die Verwerfungen der Straße kamen und gingen. Das erste Geräusch ist das leise Prasseln hunderter kleiner Splitter. Wie ein leichter Regen bei Windstille fallen alle gleichzeitig senkrecht herab, ohne ihre alte Flugbahn fortzusetzen. Bei all dem Irrsinn um mich herum, ist mir das gleich. Ich sauge das Geräusch der herabregnenden Splitter gierig in mich auf. So leise und absonderlich es auch ist, es ist mir so willkommen wie das Plätschern einer Oase in der Wüste.

Der Läuterer:
Der keine Mann windet sich am Boden...
"Ahhh. Meimme, ahhh, Mmase. Seh hab'mm meer dee Mmase gebrochemm."
... und versucht dann sein Jacket unter Deinem Schuh herauszuziehen.

Er hält sich die blutende Nase mit der Hand, doch der rote Saft tropft ihm zwischen den Fingern herunter.
"Stehmm Seh mmeecht so da. Helfemm Seh meer hoch."

Der kleine Mann streckt seinen rechten Arm Anton entgegen und erwartet offensichtlich, dass Du seine Hand ergreifst und ihm aufhilfst.

Der Läuterer:
Blumberg dreht sich zu Anton um. "Was zum Teufel...!"

Dann wieder zu Herrn und Frau Lohenstein. "Das ist doch Ihr...!"

Und wieder zurück zu Anton "Herr Anton... Sie?"
"Gehen Sie. Bringen Sie die Besucher weg von hier. Wir haben jetzt geschlossen."

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