Autor Thema: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm - Fr., 16.09.1927  (Gelesen 10611 mal)

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #25 am: 26.01.2018 | 00:58 »
AM KAISERDAMM

Nachdem Ihr den ersten Schrecken überwunden habt, dreht Ihr Euch zur Strasse.

Ein Auffahrunfall.

Das Fahrzeug, ein Dux Typ S, steht auf der Strasse. Die Frontseite des Wagens ist zerbeult und teilweise eingedrückt.

Der Fahrer wurde durch die Windschutzscheibe geschleudert und liegt blutend auf der Kühlerhaube. Er stöhnt. Als er sich bewegt schreit er vor Schmerz laut auf.

Glassplitter liegen auf der Kühlerhaube und neben dem Automobil.

Von dem anderen Fahrzeug fehlt jede Spur.

Die nachfolgenden Autos haben indes angehalten oder umfahren den Unfallort.
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #26 am: 26.01.2018 | 09:53 »
Zuerst habe ich mich auch instinktiv in die Hocke fallen lassen. Als ich beginne das Chaos um mich herum zu erfassen, schaue ich zuerst, ob es Agathe und Anton gut geht. Dann schaue ich fassungslos auf die Straße, während ich versuche Agatha auf die Beine zu helfen.

"Geht es dir gut? Hast du dir etwas getan?"

Sind meine ersten Worte, die ich an Agathe richte. Nach wie vor aber blinzle ich wie jemand der versucht zu verstehen, was gerade passiert ist.
Hans Hermann Lohenstein
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #27 am: 27.01.2018 | 19:43 »
AM KAISERDAMM

Agathe
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Der Fahrer des nachfolgenden Wagens ist bereits ausgestiegen. Er hat sich dem Verunfallten bereits genährt und versucht anscheinend zu helfen. Doch zuerst schaut er sich den Wagen nur ungläubig an und kratzt sich am Kopf.

Vor dem Automobil sind keinerlei Anzeichen auszumachen, die für einen Unfall sprechen würden. Dafür neben dem Wagen um so mehr; Glassplitter und Metallteile.

Der Asphalt unterhalb des Fahrzeugs wurde aufgeworfen und ist unerklärlicherweise wellenförmig gefaltet worden, wie ein Teppich, der beim Wegrutschen von einer Wand gestoppt und in Falten gelegt wurde.
« Letzte Änderung: 29.01.2018 | 19:40 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #28 am: 28.01.2018 | 10:26 »
AM KAISERDAMM

Ein kurzer Schrei entfährt mir, als ich den Unfall höre, wäre ich mich instinktiv ducke. Anschließend blicke ich mich zu der Unfallstelle um. Das gibt es doch nicht! Das Chaos in meinen Gedanken drückt sich nicht nur in meinem rastlosen Blick auf, der zwischen dem zerstörrten Auto und der Straße hinundher wechselt, sondern ich nehme auch den verletzten Mann kaum wahr. Stattdessen laute ich zu der Straße und blicke mich irritiert um. Etwa zwanzig Schritt entdecke ich zwei junge Frauen, eine führt einen großen Regenschirm, die andere schiebt einen dieser modernen Kinderwägen aus Stahl vor sich. Ohne recht auf den Verkehr zu achten, laufe ich den beiden. "Entschuldigen Sie bitte!", bringe ich außer Atem hervor, "Dieser Unfall eben, haben Sie gesehen, was passiert ist? Oder haben Sie etwas gehört?"
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #29 am: 29.01.2018 | 09:22 »
AM KAISERDAMM

"Es tut mir so leid. Ich glaube, dass ich Ihnen da überhaupt nicht weiter helfen kann."

Sie beugt sich über den Kinderwagen und wackelt mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht des Babys hin und her. "Butschi, butschi, butschi, butschi. Ja, wo ist denn meine Kleine?"

"Ich habe mich um das Baby gekümmert. Es tut mir so leid. Ich hatte keinen Blick für die Strasse."
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #30 am: 29.01.2018 | 10:03 »
Am Kaiserdamm

Schon will ich dem Verletzten zur Hilfe eilen, als ich die skurrile Situation und die verwirrten Gesichter der Umstehenden zu erfassen beginne. "Ein Auffahrunfall ohne Hindernis? Wie kann das sein? ... Ruhe bewahren! Keine Franzosen ... nur ein Autounfall ... alle sind friedlich." Irritiert sehe ich mich wie viele andere nach einer Erklärung um, bleibe damit aber erfolglos. Überall nur ratlose Mienen.

"Bitte rufen Sie eine Ambulanz, Herr Lohenstein. Ich werde derweil nach dem Mann sehen", überschreite ich beeindruckt von der Situation ein wenig meine Kompetenzen.

Etwas besorgt nehme ich wahr, wie Frau Agathe Lohenstein zu anderen Passanten läuft, ohne weiter auf den Verkehr zu achten. Ich verfalle ins gegenteilige Extrem. Sorgsam erfasse ich zunächst den Verkehr auf der Straßen. Nur langsam und skeptisch betrete ich dann das gewellte Pflaster, als würde ich das unsichere Eis eines tiefen Sees betreten, immer damit rechnend, im nächsten Moment ein Knacken und Knirschen unter mir zu hören und in einen eisigen Abgrund gerissen zu werden.

Gefahren, denen ich ins Auge blicken kann, die ich verstehe, kann ich auch begegnen. Aber das hier ist etwas ganz anderes. Das hier KANN NICHT SEIN. Das Nichtbegreifen des Vorgangs ... seiner Ursache ... seines Ursprungs ... verunsichert mich. Und das ist ein ungewohntes, unangenehmes Gefühl für mich. Wie kleine Antennen, wie winzige Fühler, die nach der Quelle einer unbekannten Gefahr tasten, beginnen sich einem archaischen Instinkt folgend die Haare auf meinen Armen aufzustellen. Darin unterscheide ich mich im Moment wohl kaum von einem steinzeitlichen Höhlenmenschen, der gerade aus nächster Nähe den Einschlag eines Meteors überlebt hat.
« Letzte Änderung: 29.01.2018 | 11:05 von Joran »

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #31 am: 30.01.2018 | 10:55 »
Am Kaiserdamm

Aber das Straßenpflaster bleibt, was es immer war: Stein und Erde ... rissig und aufgeworfen zwar, aber immer noch fester Boden. Dennoch bin ich erleichtert, als ich endlich den Unfallwagen erreiche. Der Mann auf der Kühlerhaube ist bei Bewusstsein. Aber er blutet heftig aus einer Schnittwunde am Bauch. Alle anderen Verletzungen scheinen mir eher unerheblich ... kleine Stiche und Schnitte diverser Glassplitter vor allem am Kopf, mit dem der Mann die Frontscheibe zertrümmert hat. Ich öffne das zerrissene Hemd des Mannes und betrachte die Wunde am Bauch. Die Scherbe ist nicht tief eingedrungen und ich kann sie vorsichtig entfernen. Dann presse ich mein weißes Taschentuch fest auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen.

Der weiche, gefaltete Stoff beginnt sofort, den Lebenssaft in sich aufzusaugen. Das Weiß verwandelt sich vor meinen Augen in ein dunkles und doch kraftvoll leuchtendes Rot. "Ob Gott ein solches Bild im Sinn hatte, als er die Farbe von Blut auswählte?" Es erscheint mir offensichtlich, dass das, was immer die Menschen erschaffen hat, ihrem gewaltsamen Tod jedenfalls eine kräftige, lustvolle Farbe geben wollte. ... Fasziniert beobachte ich das sich stetig wandelnde Gemälde. Der Anblick ist für mich nicht unbekannt, aber jedes dieser Bilder ist neu ... einzigartig ... magisch ... wie aufziehende Wolken der Kontrolle der Menschen entzogen ... ein vierdimensionales Bild, von einer höheren Macht gezeichnet, das unserer Phantasie leise mahnende Botschaften jenseits unserer Verständnisfähigkeit zuflüstert. Den Blick von von dem vergänglichen Werk zu lösen, würde bedeuten, einen Teil der Botschaft zu versäumen ... nicht reproduzierbar ... ... Man kann nur die Leinwand für neue Bilder reichen, SO malen kann der Mensch nicht selbst.

Noch immer habe ich ein dumpfes Gefühl in meinen Ohren, aber die Geräusche um mich herum dringen wieder zu mir. "Bleiben Sie ruhig liegen, bis die Ambulanz hier ist", sage ich ruhig und emotionslos zu dem Verletzten, den Blick unverändert auf das Tuch gerichtet. Nach einem kurzen Augenblick setze ich nach: "Was ist hier eigentlich passiert?"
« Letzte Änderung: 30.01.2018 | 11:00 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #32 am: 30.01.2018 | 11:48 »
Am Kaiserdamm

Während ich erst Antons Anweisung höre und Agathe wie schlafwandlerisch durch den Verkehr gehen sehe, schüttel ich ob größerer Verwirrung den Kopf.

"Sind denn heute alle verrückt geworden?"

Murmele ich in meinen Bart, als ich mich gen Haus umwende, um eine Ambulanz zu rufen. Dabei rede ich mit dem Kopf auf die rechte Seite gelegt

"Mir gehts auch gut. Danke der Nachfrage."

Der Kopf wandert nach links

" Aber natürlich doch. Wärst du trotzdem so liebenswürdig eine Ambulanz zu rufen?"

Und wieder nach rechts.

"Das mach ich doch gern. Aber warte. Ich brauch noch eine Anweisung meines Fahrers."

Jetzt schüttele ich den Kopf, wie um die Posse zu vertreiben. Dann furcht sich meine Stirn und ich beschleunige meinen Schritt, während ich die Haustürschlüssel hervorkrame. Vor mich hin brumme ich noch

"Ein Tag zum streichen aus dem Kalender ist das."
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #33 am: 1.02.2018 | 23:34 »
"Aber Sie haben vielleicht etwas gehört?", frage ich ein wenig zu vehement nach und werfe dem kleinen Kind einen ärgerlichen Blick zu. Einen Augenblick später habe ich meine Emotionen wieder ein Stück weit unter Kontrolle. "Ich meine, das hat sich doch nicht normal angehört. Das war nicht einfach nur ein Knall, sondern...so wie bei diesem Zeitmikroscop, wenn sie davon gehört haben? Nur das eben nicht das Bild, sondern der Schall langsamer ablief?" Ich merke selbst, dass meine Worte für für jemand anderen wohl nicht viel Sinn ergeben. "Haben Sie denn gar nichts Auffällige wahrgenommen?", versuche ich daher nochmals mein Anliegen auf den Punkt zu bringen.
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #34 am: 2.02.2018 | 16:50 »
AM KAISERDAMM

Das Baby schaut Dich mit seinen grossen, blauen Augen interessiert an. Seine Pausbäckcken leuchten gerötet und seine Pink-farbene Haut glänzt. "Da brum brum goo goo, bubi duh brum oh buh ba da bum."

Du hörst die glucksenden Laute des Säuglings, während die Frau ihre Unwissenheit beteuert.

"Es tut mir so leid Ihnen nicht weiter helfen zu können. Das Auto ist vorbei gefahren und dann ist es gegen ein Hindernis geprallt. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen und ich muss jetzt wirklich weiter. Entschuldigen Sie bitte."
« Letzte Änderung: 3.02.2018 | 18:15 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #35 am: 4.02.2018 | 08:51 »
Ich werfe dem Kind ein gezwungenes Lächeln zu, bevor ich mich von der Frau verabschiede. "Ich verstehe, danek trotzdem. Und passen Sie auf sich auf!"
Dann begebe ich mich zu dem Auto, wobei ich diesmal zumindest kurz nach links und rechts blicke, ob bevor ich die Straße überquere. Ich sehe, wie Herr Hempel den Verletzten fachmännisch versorgt und versuche, meinen Blick von dem Blut fernzuhalten. Stattdessen umrunde ich das Auto und betrachte die Schäden, in der Hoffnung, so mehr über den Unfallhergang sagen zu können. Dass der Nieselregen allmählich durch meine dicke Kleidung dringt, nehme ich dabei nur am Rande wahr.
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #36 am: 10.02.2018 | 18:46 »
AM KAISERDAMM

Als Du die Strasse überquerst sind die Autofahrer rücksichtsvoller als sonst. Auf allen Spuren verlangsamen die Automobile ihre Geschwindigkeit, so dass Du fast wie Moses nach der Teilung des Roten Meeres, von der einen auf die andere Seite kommst.
Als Du drüben angekommen bist, nehmen die Autos ihre ursprüngliche Geschwindigkeit wieder auf.

Du erreichst den verunfallten Wagen, blickst Anton an und nickst ihm zustimmend zu.

Ein Blick auf das Tuch am Verletzten zeigt Dir, dass er unter Blutverlust leidet.

Dann nimmst Du ein leises metallisches Knirschen wahr und siehst, dass sich der Kotflügel zurück zu verformen scheint. Nur ein wenig aber auffallend als Du es betrachtest.
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #37 am: 12.02.2018 | 23:38 »
AM KAISERDAMM

Verwirrt wandert mein Blick zwischen all den seltsamen Details hin- und her. Es scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben und verschwimmt nun, wie in einem einzigen Traum. Es ist fast schon kindliche Neugier, die mich ein verbeifahrendes Auto aufmerksam betrachten lässt, nur um mich im nächsten Augenblick fast schon traumwandlerisch zu dem geborstenen Autospiegel gehen zu lassen. Meine Finger bewegen sich sanft über das Glas, das sich unter meiner Berührung wieder zusammensetzt. Zumindest wirkt es für einen Augenblick so. Doch nicht nur die Umwelt ist langsamer geworden, auch die rote Flüssigkeit tropft nur erstaunlich langsam auf das Auto und die Glasscherben hinab. Es ist meine Flüssigkeit, wie ich weiß, auch wenn es sich nicht so anfühlt. Es ist mehr ein seltsames Phänomen, das nichts mit mir zu tun hat.

"Schau mal, Hans!", mache ich meinen Gatten auf meine Entdeckung aufmerksam. "Schau, wie langsam das Blut doch tropft."
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #38 am: 13.02.2018 | 11:38 »
Am Kaiserdamm

Ich bin so überrascht über Agathes Worte, dass ich einen Augenblick verwirrt zu ihr aufblicke. Dann weicht der Ausdruck der Verwirrung einem seligen und zugleich verschwörerischen Lächeln, das auf meinem Gesicht vermutlich - wie so oft - eher dümmlich wirkt. Ich suche in Agathes Gesicht nach einer Bestätigung für die vermeintlich geteilte Faszination ... für das Blut ... das langsam tropfende, sich verbreitende Blut ...

"Ich hätte nie gedacht, dass jemand diese Faszination mit mir teilen könnte!"

"Ja, faszinierend ... jedesmal von neuem!", bestätige ich knapp und wende meinen Blick eilig wieder dem Gemälde unter meiner Hand zu.

Der Anblick des Mannes auf der Kühlerhaube erfüllt mich mit innerer Ruhe und Glück. "Die Kameraden an der Front und die Kollegen auf der Ambulanz hielten das für eine professionelle Gelassenheit und damit für eine besondere Qualität zum Nutzen der Verletzten. Niemand von Ihnen hat die Wahrheit erkannt ... dieses Gefühl ... tiefer ... spiritueller ... Befriedigung! ... Keiner außer mir hat die Schönheit des Sterbens sehen können, nur den Schmutz, den Gestank, die Angst ... Ich dachte immer, niemand sonst könnte das verstehen!"

"Natürlich darf ich Agathe Lohenstein nicht darauf ansprechen. Aber vielleicht gibt es eine stumme Übereinkunft ... einen unausgesprochenen Pakt ... ein tieferes wortloses Verstehen?", hoffe ich. Nach außen flüchte ich mich wieder in meine geistlose Miene, aber innerlich sauge ich das Bild vor mir in mich auf: der Mann, die Wunde, das Blut, die messergleiche Scherbe ... "Ein Anblick wie er sich einem Aztekenpriester vor dem Opferaltar geboten haben muss. ... Kann es verwundern, dass die Azteken überzeugt waren, mit einem solchen Bild die Götter zu erfreuen?"
« Letzte Änderung: 13.02.2018 | 12:26 von Joran »

Offline Mondsänger

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #39 am: 14.02.2018 | 13:10 »
Am Kaiserdamm

Ich komme wieder aus dem Haus, nachdem ich die Ambulanz verständigt habe. Geraden Schrittes gehe ich zu Agathe und dem Auto.

*Sehe ich auch die merkwürdig langsamen Bewegungen?*
Hans Hermann Lohenstein
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #40 am: 14.02.2018 | 20:51 »
Die Minuten vergehen. Langsam. Träge. Schleppend. Wie in Zeitlupe.

Fussgänger bleiben stehen und schauen neugierig. Kaum jemand hilft. Und keiner geht weiter.
Mehr und mehr gesellen sich hinzu. Eine grosse Menschentraube entsteht.

Berauscht vom Unglück des Einzelnen. Sie alle können den Blick nicht abwenden. Sie scheinen gefangen zu sein. Gefangen von einem Bannspruch, der sie zwingt.

Das Blut. Das Grauen. Das alle fasziniert. Und alle sind froh, dass nicht sie es sind. Dass es einen anderen getroffen hat und atmen durch. Das Blutopfern ist dargebracht worden. Aber vielleicht ist man morgen schon selbst an der Reihe. Doch niemand weiss es mit Sicherheit.

Einige schütteln den Kopf. Andere tuscheln miteinander oder halten sich erschreckt die Hand vor den Mund. Sie deuten mit dem Finger auf dies und das, als wüssten sie was geschehen ist. Unwissende Narren. Nicht einmal Knallzeugen. Aber jeder weiss etwas. Manche sprechen sogar zu Gott.

Doch Gott ist gerade nicht hier.
Dafür aber die Physik. Sie hat allen Anwesenden ihr Prinzip der Fliegkraft demonstriert.

Die schwarzen Regenschirme der Menschen formen einen düsteren Regenwald riesiger Pilze. Bedrohlich. Und doch feige.

Die Situation scheint sich wieder normalisiert zu haben, als aus der Ferne ein Signalhorn zu hören ist. Vermutlich nähert sich der Rote Kreuz Wagen.

Der Zustand des Verunglückten ist noch immer gleich. Kritisch? Noch lebt er. Sein Körper hebt und senkt sich. Wenn er nicht stirbt, gilt das Ritual als nicht vollzogen. Dann ist ein anderer fällig. Der Moloch ist gierig und will befriedigt werden.

Blut tropft. Agathes Blut. Tropft in eine Pfütze aus Wasser und Öl. Schlieren in Regenbogenfarben verbreiten sich kreisförmig. Ein kleines, fast unmerkliches Kunstwerk. Ein Werk aus Schmerz und Schmutz.

Niemand nimmt jedoch dieses Kunstwerk wahr. Niemand sieht es entstehen oder hörte den Tropen aufschlagen. Ein faszinierend schönes Schauspiel. Und schon ist es wieder vorbei.

Die Ambulanz hält. Zwei steigen aus. Drei steigen ein...

Der Unfallwagen verändert sich nicht mehr. Hat er sich überhaupt verändert?

Und noch immer ist unklar, was hier überhaupt geschehen ist.
« Letzte Änderung: 14.02.2018 | 20:55 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #41 am: 15.02.2018 | 13:09 »
Am Kaiserdamm

Gedankenverloren bleibe ich noch einen Moment auf der Straße stehen und betrachte das Tuch in meinen Händen. Ich werde es sorgsam trocknen und dann zu den anderen legen. Eine Sammlung, von der jedes einzelne Stück die Geschichte eines Lebens schreibt ... und die nur ich zu lesen vermag ...

Nachdem die Ambulanz sich eilig entfernt hat, wird der Verkehr wieder drängender. Das gelegentliche Hupen und die Motorengeräusche der beschleunigenden Fahrzeuge rufen meine Aufmerksamkeit auf die Straße zurück. Eilig trete ich ein paar Schritte zurück und verschmelze mit der in Auflösung begriffenen Menge der Gaffer. Ich nutze die Anonymität der Menge als Mantel, aber ich fühle mich diesen Menschen nicht verbunden. Sie haben nicht gesehen, was ich erkennen kann. Daher nutze ich die erste sich bietende Möglichkeit, um die Straße sicher in Richtung Villa zu überqueren. Ich werfe noch einen Blick zurück, um mich zu vergewissern, ob die Lohensteins ebenfalls folgen oder sich noch näher mit dem Unfallwagen beschäftigen.

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #42 am: 15.02.2018 | 23:04 »
Am Kaiserdamm

"Hans!", rufe ich aus, als meinen Gatten erblicke. Endlich ein vertrauter Anblick, während doch alles andere so seltsam wirkt. Erleichtert werfe ich mich Hans an die Brust und merke gar nicht, wie das Blut meiner Hand sein Hemd beschmutzt. Das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit lässt die Anspannung von mir abfallen. Meine Hände beginnen zu zittern - oder zittern sie schon die ganze Zeit und ich merke es erst jetzt? Auch meine Beine fühlen sich weich an. "Was ist hier los, Hans?", frage ich, eine Spur von Verzweiflung in der Stimme. "Warum bewegt sich plötzlich alles so langsam? Und was war das für ein seltsamer Unfall? Das war kein Auffallunfall, sondern da war etwas. Das Auto muss gegen eine unsichtbare Wand gefahren sein."
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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #43 am: 16.02.2018 | 11:09 »
Am Kaiserdamm

"Nun, hier störe ich nur ... der 'Held' ist erschienen ...", registriere ich mit gemischten Gefühlen das Bild.

Ich wende mich dem Dienstboteneingang der Villa zu, um meinen guten Anzug gegen die Arbeitskleidung zu tauschen ... und das Tuch zu trocknen.

Nachdem dies geschehen ist, öffne ich die Garage, setze den Wagen herein und wasche den Dreck vom Friedhofsparkplatz ab. Eine leise rauschende Gaslaterne spendet mir Licht, wo ich es brauche. Ich genieße die Abgeschiedenheit und Ruhe der Garage ... mein Reich. Draußen ist es bereits dunkel, als Lack und Chrom wieder zu meiner Zufriedenheit glänzen. Als ich nach getaner Arbeit den Eimer mit einer trübe Brühe aus geweihter Erde, Wasser und Seife in den Rinnstein gieße, fällt mein Blick erneut auf den Unfallwagen. Die Straße hat sich inzwischen geleert. Der Zinkeimer gibt ein leises Scheppern von sich, als ich ihn neben mich auf den Bürgersteig setze und den Lappen über den Henkel hänge. Einen Augenblick ringe ich mir, den Wagen nach Wertsachen zu durchstöbern. Ein Blick über meine Schulter zeigt mir, dass die Fenster der Villa noch erleuchtet sind. Ich wäge Chancen und Risiken gegeneinander ab und überlege es mir anders.

Wieder blicke ich zum Wagen. Die Umstände des Unfalls gehen mir noch einmal durch den Kopf. "Merkwürdige Sache das! Niemand scheint etwas gesehen zu haben."

Mit einem Achselzucken schaffe ich den Eimer zurück in die Garage und verschließe diese sorgsam. Nachdem ich mich gewaschen habe, treffe ich das Mädchen in der Küche beim Abwasch. Ich greife mir das Trockentuch und beginne eine belanglose Unterhaltung. Das Mädchen steht leicht über das Becken gebeugt vor mir, die Schürze eng um ihre Taille gebunden. Meine rückwärtige Position gestattet es mir, sie unverholen und eingehender zu betrachten als es der Schicklichkeit entspricht. Als die Arbeit fast getan ist, nutze ich die Gelegenheit, nach Ausgaben des Berliner Adressbuchs der letzten Jahre zu fragen.
« Letzte Änderung: 16.02.2018 | 12:41 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm
« Antwort #44 am: 9.03.2018 | 20:23 »
AM KAISERDAMM - CHAUFFEURSWOHNUNG

Du suchst Dir die beiden letzten Adressbücher von Berlin heraus und nimmst diese mit in Dein Quartier - die Jahrgänge 1919 und 1924.

Im jüngsten Band ist ein K. Nebolowski unter Königsallee 133a, Grunewald, gelistet, der im vorherigen Band noch fehlte.
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« Antwort #45 am: 10.03.2018 | 12:56 »
AM KAISERDAMM

Als das Haus endlich zur Ruhe gekommen ist und die letzten Lichter gelöscht wurden, fallt Ihr, nach einem anstrengenden Tag voller unglaublicher Entwicklungen, in einen tiefen Schlaf.
Agathe träumt von einem sternenlosen, schwarzen Himmel. Ein kontinuierlicher und sanfter Wind trägt dabei wieder und wieder das gleiche, geflüsterte Wort an Dein Ohr; A - S - S - A - S - S - O - T.
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« Antwort #46 am: 10.03.2018 | 20:11 »
AM KAISERDAMM - CHAUFFEURSSTUBE UNTER DEM DACH

Im Bett liege ich noch eine Weile wach. Der Mond scheint durch das kleine Fenster. Wie ein Bilderrahmen legt sich ein silbernes Quadrat auf dem Kissen um mein Gesicht. Ich grinse bei dem Gedanken, welches Gemälde mein Gesicht hergeben würde. Doch das Lächeln verschwindet, als mir die Portraitzeichnungen im Haus der Witwe Elfriede von Eisenstein wieder in den Sinn kommen. "Ob das Silberlicht des Mondes die bösen Geister in den Zeichnungen jetzt gerade zum Leben erweckt?", frage ich mich. Hier alleine in der Stille meiner Kammer erscheint mir dieser Gedanke plötzlich nicht so abwegig. "Nachts geschehen mit den Menschen merkwürdige Dinge ... dann machen sie Sachen, die sie am Tage nicht in Betracht ziehen würden. Die Nacht ist die Zeit der schleichenden Schrecken..."

Ich versuche mich abzulenken. Mein Blick fällt auf die Adressbücher auf meinem Nachttisch. Die Anschrift erscheint mir vielversprechend. "Die Königsallee ist eine sehr gute Adresse. Viele reiche Anwohner, die dort in ihren Villen ihr Vermögen demonstrieren. Wenn Nebolowski dort ein Haus erwerben konnte, muss er tatsächlich zu viel Geld gekommen sein." Ich beschließe, mir das Haus gleich am Montag einmal genauer anzusehen. "Vielleicht finde ich dort tatsächlich das Mädchen mit dem Bastard ... wer weiß!"


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« Letzte Änderung: 27.08.2018 | 17:12 von Joran »