Das Tanelorn spielt > [Cthulhu] Spawn of Azathoth
[SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm - Sa., 17.09.1927
Joran:
AM KAISERDAMM
Ungeachtet ihrer Worte scheint das Objekt bei Agathe Lohenstein ähnlich widersprüchliche Gefühle auszulösen wie bei mir … eine morbide Faszination. "Nun, mit meine Bildern aus Blut ist es nicht wirklich vergleichbar, aber … dennoch … hat das Ding eine … Ausstrahlung. Agathe starrt es an, als ginge es ihr wie mir, als vermeinte sie, den Finger durch sein Leichentuch aus Butterbrotpapier hindurch sehen zu können." Noch gerade rechtzeitig gelingt es mir, ein verschwörerisches Grinsen zu unterdrücken. Verlegen lasse ich den verpackten Finger wieder in meiner Tasche verschwinden.
Ich atme auf, als der Professor seinen Auftrag, Blumen zu liefern, zurückzieht. Denn ich wüsste nicht, an wen ich unter welcher Anschrift Blumen liefern sollte. Das Haus der von Eisensteins dürfte nun - mit Ausnahme von Trudi - verwaist sein.
"Der dürre Mann Gottes? … Und seit wann interessiert sich der Professor für die Höhenflüge der Physik?" Auch der Professor scheint mir wie ausgewechselt. "Die Ereignisse müssen ihn sehr mitgenommen haben", entscheide ich. Ohne so recht darüber nachzudenken rezitiere ich halblaut aus der Erinnerung die Nachricht über den Physiker-Kongress aus der Zeitung:
"Vorträge und Lesungen werden von Montag bis Donnerstag, zwischen 09.00 Uhr und 18.00 Uhr im Hotel Esplanade stattfinden. Ab 20.00 Uhr wird das Hotel für die Öffentlichkeit geschlossen sein."
Für solche völlig belanglosen Details habe ich ein Gedächtnis. Nicht dass es mir jemals genutzt hätte...
Dann trete ich aus der Tür in den Salon, um den Professor passieren zu lassen. Ich blicke meinem Chef verunsichert nach, bis er aus meinem Sichtfeld verschwindet. Dann wende ich mich wieder Agathe Lohenstein zu. Ich bin verwirrt. Mir ist, als würde ich heute eine ganz neue Seite der Lohensteins kennenlernen … jenseits der gesetzten Bourgeoisie … und viel … unterschiedlicher. … Ist hier noch irgendetwas unausgesprochen? Was erwarte ich von Agathe Lohenstein? Eine verschwörerische Geste? Eine heimliche Fahrt zum Haus der von Eisensteins? Eine gemeinsame akribische Untersuchung des Leichenteils in stillem Einvernehmen über die Faszination des Todes? … Ich kann nicht sagen, was mich zurückhält, aber gehen kann ich jedenfalls noch nicht. Meine Füße scheinen wie angenagelt. Es braucht ein Wort, eine abweisende Geste oder auch nur eine lange genug andauernde Missachtung, um meine Starre zu durchbrechen.
Katharina:
AM KAISERDAMM
"Vielen Dank, Herr Hempel", antworte ich, während mir die genauen Daten schon wieder zu entfallen scheinen. "Magst du dort am Montag hinschauen, Hans? Nachdem 'Der letzte Schrei', mein jüngster Roman noch immer beim Lektor ist, hätte ich gut Zeit für einen Besuch."
Während ich auf eine Antwort warte, schweift mein Blick zwischen dem mittlerweile kalten Tee und dem Strauß Blumen auf dem Tisch - sahen Sie vor wenigen Minuten nicht noch frischer aus? - hin und her.
"Die Kinder in der Ferne? Was soll das sein, Hans?" Irritiert und besorgt blicke ich meinem Gatten hinterher, als dieser sich daraufhin schweigend umdreht und geht. Einen Moment stehe ich einfach nur da, dann fällt mein Blick auf den wartenden Herrn Hempel.
"Ach ja, jetzt hätte ich es in der Aufregung fast vergessen. Vielen Dank, Herr Hempel. Vielen Dank, dass Sie...nun, dass Sie uns heute das Leben gerettet haben!" Ich blicke ihn an, nicht ganz sicher, ob meine Worte nich übertrieben sind. Aber hatte er nicht tatsächlich genau das getan?
Der Läuterer:
Agathe
AM KAISERDAMM
Hans ist schon fast aus der Tür raus, da dreht er sich auf der Schwelle noch kurz um. "Ich meinte Eisensteins Sohn und dessen Tochter. Lydia? Ich glaube sie heisst Lydia."
Joran:
AM KAISERDAMM
Der Dank überrascht mich und ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Ich hoffe, dass Agathe Lohenstein meine grobschlächtige Mimik inzwischen deuten kann. Dann nicke ich kurz.
"Wenn ich noch etwas tun kann, stehe ich zu Ihrer Verfügung."
Von diesem Moment an ist es für mich Agathe Lohenstein, die das Heft in der Hand hält. Etwas an dem Verhalten des Professors hat mein Misstrauen geweckt. "Was interessiert es ihn, wem das dürftige Erbe der von Eisensteins zufällt? Warum sollte es den Kindern vorenthalten werden, nur weil sie sich im Ausland befinden? Wer außer Lydia befindet sich denn noch 'in der Fremde'? Und wer will schon dieses düstere, verkommene Haus mit seinen mottenkugelvernebelten Erinnerung ... außer, um es schnellstmöglich zu versilbern?" Als ich mich bereits herumzudrehen begonnen habe, um in der Küche den Auftrag des Professors auszuführen, halte ich noch einmal inne und fasse Mut, jetzt wo ich Agathe Lohenstein alleine sprechen kann.
"Was werden Sie nun tun?" Und ich meine in diesem Augenblick ganz konkret Agathe, nicht auch Hans. "Wir scheinen da in eine wirklich schlimme Sache hereingeraten zu sein. Schrecklich und ... unglaublich. Wäre es besser ... und sicherer, die Angelegenheit den Behörden zu überlassen? ... Aber wäre ein preußischer Beamter bereit zu glauben, was wir gesehen haben? ... Und könnte er es beenden? ..." "Was würde es nützen, Krassimir wieder einzusperren? Irgendwann würde es von neuem beginnen! Solange Krassimir lebt und ... seine Augen diese leuchtende Pforte in seinem Kopf öffnen ..., wird niemand sicher sein." "Es ist nicht meine Art, in der dreckigen Wäsche anderer zu wühlen", nehme ich es mit der Wahrheit nicht so genau, "aber wenn ich eines im Krieg gelernt habe, dann ist es, dass nur diejenigen überleben, die der Gefahr aus dem Weg gehen oder ihr zuvorkommen. Gräben ausheben, sich verstecken, ausharren und warten bringt früher oder später den Tod."
Katharina:
AM KAISERDAMM
"Aber, die Polizeit ermittelt doch ohnehin bereits.", antworte ich Herrn Hempel, während ich ihn noch ein wenig verständnislos anblicke. "Dass ich mich mit einzelnen Fragen, die aufgetaucht sind, noch weiter beschäftigen möchte, liegt nicht daran, dass ich Miss Marple spielen möchte. Es ist eher Neugier und, wenn Sie so wollen, auch berufliches Interesse. Mystische Geschichten und Kriminalromane gehen schließlich sehr gut, im Moment." Als Herr Hempel weiterspricht, nimmt mein Gesicht jedoch einen zusehends besorgteren Ausdruck an. "Sie meinen, wir könnten in Gefahr sein? Aber, was würde dieser Russe denn von uns wollen?" Ich blicke mich um, stelle aber fest, dass Hans den Raum bereits verlassen hat. Mein Blick bleibt einen Augenblick an den großen Fenstern hängen, durch die Krassimir wohl problemlos in das Haus eindringen könnte. "Hören Sie, ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand wie wir plötzlich das Ziel eines russischen Serienmörders werden könnte. Aber ich verstehe auch nicht viel vom Krieg. Was würden Sie denn vorschlagen?"
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