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Aufgewärmt: Cinematisches Rollenspiel
Issi:
--- Zitat von: nobody@home am 21.11.2018 | 12:14 --- Ein einfaches Beispiel, da der Faden ja schon Bezug darauf genommen hat: der "Held" der Geschichte mag nun überleben oder im passenden dramatischen Finale ums Leben kommen, das ist beides mit seiner Heldenrolle durchaus vereinbar...aber daß er (vielleicht auf Grund von Würfelpech?) beispielsweise schon in den ersten drei Minuten abnippelt und die Geschichte dann noch zwei Stunden weitergeht, ohne sich nennenswert weiter mit ihm zu beschäftigen, das geht auf alle Fälle gar nicht. Da schaltet unser Leser/Zuhörer/wasauchimmer ganz automatisch auf "also, das kann schon mal nicht unser Held gewesen sein, ist ja schon weg vom Fenster".
--- Ende Zitat ---
Naja, es handelt sich im Rollenspiel ja um eine ganze Heldengruppe.
Könnte auch sein wie bei "Alien" z.B. .
Man hat am Anfang ein Crew, die sich dann stückchenweise verkleinert.
Am Schluss bleiben nur noch wenige übrig. Oder halt keiner.
Selbst bei den Avengers springen ja inzwischen ab und an ein paar über die Klinge. Vermutlich, weil sonst keine Spannung mehr da wäre.
Wenn man das also im Rollenspiel so hinbiegen will, dass wirklich jeder in der Grupe ein unentbehrlicher Held ist, der sicher bis zum Ende überlebt, wäre das mMn. wenig spannend.
Und eigentlich auch nicht wie in gutem Kino.
>;D
Edit. Bei einem einzigen Helden, gebe ich dir natürlich Recht.
Wenn der früh stirbt, ist der Film vorbei. :)
Wobei es in Kinofilmen in so einer Gruppe meist A, B und C Helden gibt.
Und die sterben dann meistens in umgekehrter alphabetischer Reihenfolge.
(Also entbehrliche und weniger entbehrliche Charaktere.)
Im Rollenspiel wollen Spieler idR. alle den A Helden spielen. Und das ist eigentlich nicht Kino-Like.
nobody@home:
--- Zitat von: Issi am 21.11.2018 | 13:52 ---Naja, es handelt sich im Rollenspiel ja um eine ganze Heldengruppe.
Könnte auch sein wie bei "Alien" z.B. .
Man hat am Anfang ein Crew, die sich dann stückchenweise verkleinert.
Am Schluss bleben nur noch wenige übrig. Oder halt keiner.
--- Ende Zitat ---
Und je länger sie überleben, um so "heldenhafter" oder zumindest um so mehr "Hauptperson", richtig? ;)
Nun ist natürlich mit der Unterschied zwischen erzählter Geschichte und real miterlebter Entwicklung der, daß in der einen der "Heldenstatus" schon von vornherein zementiert ist, auch wenn's das Publikum beim ersten Mal vielleicht noch nicht weiß, während bei der zweiten im Vorfeld niemand weiß, wer am Ende das Rennen macht und in die Geschichtsbücher eingeht. (Das schlägt sich nebenbei auch in Geschichten aus der Geschichte nieder -- weil die zum Zeitpunkt der Erzählung schon feste Vergangenheit ist und man's hinterher immer besser weiß, kann man sich seine Helden dann auch zuverlässig passend aussuchen.) Und speziell "herausforderungsorientiertes" Rollenspiel am Tisch ist nun mal -- für Leute, die sich eher von klassischen Abenteuer- und Heldengeschichten inspiriert fühlen, oft dummerweise -- gerade eher das Modell "real miterlebte Entwicklung"...ob da also am Ende tatsächlich eine so tolle "Geschichte" im klassischen Sinn herauskommt oder eben nicht, ist dann zum großen Teil einfach eine Frage des Zufalls, und damit meine ich nicht mal nur die Würfel. Will ich also umgekehrt eher "geschichtenorientiert" spielen, dann muß ich entweder ein System verwenden, das mir passende Hilfsmittel von vornherein auch bietet...na ja, oder in Ermangelung eines solchen ein mehr klassisch "simulativ-herausforderungsorientiertes" soweit mit Hausregeln und SL-Fiat und dergleichen in Brezelform bringen, daß es dieselbe Funktion zumindest notdürftig und unter Protest auch mal erfüllt. Ich denke, aus der Wortwahl heraus ergibt sich schon so ungefähr, welchen Ansatz ich da für sinnvoller halte. :)
Issi:
--- Zitat von: nobody@home am 21.11.2018 | 14:29 ---Und je länger sie überleben, um so "heldenhafter" oder zumindest um so mehr "Hauptperson", richtig? ;)
Nun ist natürlich mit der Unterschied zwischen erzählter Geschichte und real miterlebter Entwicklung der, daß in der einen der "Heldenstatus" schon von vornherein zementiert ist, auch wenn's das Publikum beim ersten Mal vielleicht noch nicht weiß, während bei der zweiten im Vorfeld niemand weiß, wer am Ende das Rennen macht und in die Geschichtsbücher eingeht.
--- Ende Zitat ---
Ganz ehrlich: Doch das weiß man idR.
Man kann eigentlich ganz gut einschätzen, wer die wichtigen Hauptfiguren sind.
Genau deshalb gab es z.B. in GoT von den Fans auch am Tod von Jon Snow soviele Zweifel. Mehr als bei allen anderen Toten.
A la :"Der kann doch nicht tot sein, das geht nicht. Der ist doch die Hauptfigur!"
Und ja das war richtig.
Deshalb wird er, genau wie Dani auch bis zur letzten Staffel dabei sein.
Und man wusste es mMn. auch von Anfang an.
Und Figuren die sterben können, steht das idR. auch leider oft auf die Stirn geschrieben.
Oft gibt es in Filmen nämlich nur eine männliche und eine weibliche Hauptfigur. Der Rest sind eher Nebenplots.
Bzw. Tarnung um die eigentlichen Hauptcharaktere.
--- Zitat ---Und speziell "herausforderungsorientiertes" Rollenspiel am Tisch ist nun mal -- für Leute, die sich eher von klassischen Abenteuer- und Heldengeschichten inspiriert fühlen, oft dummerweise -- gerade eher das Modell "real miterlebte Entwicklung"...ob da also am Ende tatsächlich eine so tolle "Geschichte" im klassischen Sinn herauskommt oder eben nicht, ist dann zum großen Teil einfach eine Frage des Zufalls, und damit meine ich nicht mal nur die Würfel. Will ich also umgekehrt eher "geschichtenorientiert" spielen, dann muß ich entweder ein System verwenden, das mir passende Hilfsmittel von vornherein auch bietet...na ja, oder in Ermangelung eines solchen ein mehr klassisch "simulativ-herausforderungsorientiertes" soweit mit Hausregeln und SL-Fiat und dergleichen in Brezelform bringen, daß es dieselbe Funktion zumindest notdürftig und unter Protest auch mal erfüllt. Ich denke, aus der Wortwahl heraus ergibt sich schon so ungefähr, welchen Ansatz ich da für sinnvoller halte. :)
--- Ende Zitat ---
Ich sehe da ehrlich gesagt nicht soviel Widerspruch.
Denn die Gefahr zu sterben, steigt in einem Plot normalerweise stückchenweise an. Will sagen- die Gefahr am Anfang eines Abenteuers zu sterben ist ohnehin wesentlich kleiner als am Ende. Weil man muss sich ja idR. erst mal mit jmd. Gefährlichem anlegen, oder sich Feinde machen, bevor man in den Genuss einer lebensgefährlichen Auseinandersetzung kommt.
Und der Spannungsaufbau in Plots sorgt da idR. auch dafür, dass es einen zeitlichen Ablauf gibt- wann welche Gegner auf den Plan treten.
Die Gefahr frühzeitig durch Würfelpech und falsche Entscheidungen zu sterben mag es zwar geben, aber sie ist mEn. in den meisten Fällen nicht sehr groß.
Kann man mEn. ganz gut über den Plot regeln. Relativ unabhängig vom System.
Lord Verminaard:
Schöner Post, ich denke, du deckst die wesentlichen Ausprägungen ab, auch wenn ich das zwischen den Zeilen die ganze Zeit mitschwingende Augenrollen eher nicht teile. :P ;) An einer Stelle muss ich aber widersprechen, und zwar hier:
--- Zitat ---Es wird in diesem angeblich cinematischen Rollenspiel unheimlich oft verkannt, dass ein Film nur deswegen rund läuft, weil alles vorgeplant ist und der Held sich quasi darauf verlassen kann, dass ihm nichts passiert - jedenfalls nichts Endgültiges. Das funktioniert am Tisch nur, indem entweder der Plot vorgezeichnet ist oder man zumindest nichts wirklich falsch machen kann. Diese Art von Spiel klammert also einmal den Charaktertod aus und viel wichtiger: es fordert dem Spieler keine guten Entscheidungen ab.
--- Ende Zitat ---
Dazu möchte ich zwei Punkte anbringen, einen bezogen auf Filme und einen bezogen auf jegliche Form erzählerischen Rollenspiels.
1) Ein Film ist zwar vorgeplant, aber das weiß ja der Protagonist nicht, und ein guter Actionfilm ist auch und gerade deshalb spannend. Vergleiche statt aller Stirb Langsam, Teil eins. John McClane denkt sich nicht „ach, alles Zwischengegner“, John McClane denkt sich „ach du Kacke ach du Kacke ACH DU KACKE“, Darstellung und Regie nehmen den Zuschauer dabei emotional voll mit, und das macht den Film so gut. Richtig ist, dass im modernen Actionkino (auch späteren Teilen derselben Reihe) dieser Aspekt teilweise vernachlässigt wird, solche Filme werden aber nie so sauspannend sein, wie der Original Stirb Langsam.
2) Aufs Rollenspiel bezogen, haben immer wieder Leute die These vertreten, dass diese Art von Spannung durch ein tödliches Kampfsystem erzeugt werden kann. Meine Erfahrung besagt aber eher, dass mit einem tödlichen Kampfsystem eine solche Handlung gar nicht zustande kommt, weil Charaktere dann so gar nicht agieren, sondern viel vorsichtiger, viel taktischer vorgehen, um sich möglichst nicht dieser Gefahr auszusetzen. Oder du brauchst einen doppelten Boden wie Wiederbelegung in D&D.
Wenn man also Action „wie im Film“ spielen will, dann kriegt man diesen „ACH DU KACKE“ Faktor in der Tat nicht 1:1 abgebildet, weil man regeltechnisch schon irgendwo überblickt, dass der Charaktertod eine recht weit entfernte Möglichkeit ist. Gute Entscheidungen brauchst du aber trotzdem für gutes Spiel. Du bist dann halt im Erzählspiel-Territorium, hier kann es zum Einen, wie du richtig sagst, um die Form gehen, um coole Schauplätze, coole Moves, coole Sprüche, es kann aber Spannung durchaus auch entstehen, wenn etwas auf dem Spiel steht, was dem Spieler und dem Charakter wichtig ist. Mal ein Beispiel aus eine Runde, die ich vor ein paar Monaten geleitet habe:
Die Runde war im Potterverse angesiedelt, System war The Pool. Die Charaktere befanden sich in Uagadou, der Zaubererschule im Bergland von Uganda. Es fand ein Quidditch-Freundschaftsspiel statt, wobei das Stadion ein natürlicher, zu einer Seite offener Talkessel mit steilen Felshängen war, unten Nebel, an einer Seite ein Wasserfall, die Quidditch-Ringe an langen Seilen darüber gespannt, zwei gigantische Gorillastatuen in die Flanken des Berges gemeißelt. Cooler Schauplatz: Check.
Es griffen dann fiese Schwarzmagier eines afrikanischen Geheimkultes an, die einen der Spielercharaktere gefangen nehmen wollten (lange Geschichte). Es kam zum Kampf, der zwischen SL und Spielern im Dialog erspielt wurde, Aktion und Reaktion, gelegentlich wurde auch mal gewürfelt, es gab natürlich coole Moves (Schmierseife-Flüche auf dem Berghang, Ranholen von Besen mittels „Accio“-Zauber, Sturzflüge in den Nebel), unterarmlange Killerbienen waren auch dabei, Panik unter den Zuschauern usw. usf. So weit, so „Form“, aber das alleine hat schon mega viel Spaß gemacht und war voller Überraschungen und (für alle, auch den SL) unerwarteter Wendungen.
Und dann kam es zum Showdown mit dem Bösewicht, einem Todesser aus England, Verbündeter der afrikanischen Schwarzmagier, Drahtzieher des Mordes an den Eltern eines SC und zugleich der Vater einer anderen SC. Nun kam es erstens zum Dialog zwischen Vater und SC-Tochter, in dem die Tochter, die immer noch auf das Gute in ihrem Vater gehofft hatte, endgültig einsah, dass ihr Vater einfach nur ein fieses Arschloch war, und sich gegen ihn und auf die Seite ihres SC-Freundes stellte. Und zweitens kam es zum Kampf, der in The Pool natürlich ein einziger Würfelwurf (Konflikt) ist. Hier wäre ein Scheitern nicht tödlich gewesen, aber es hätte die Demütigung des SC und das Entkommen des Schurken bedeutet, während bei einem Erfolg der SC endlich seine langjährige Vendetta zum Abschluss gebracht und die Verantwortlichen für den Tod seiner Eltern alle dingfest gemacht hätte. Es stand hier also durchaus sehr viel auf dem Spiel, und dementsprechend befriedigend war auch der Erfolg.
Ja okay das war jetzt schon der große Showdown, auch wenn die Geschichte danach noch weiterging (übrigens hatte ich den Showdown ursprünglich anders geplant gehabt, das am Rande). Aber der Punkt ist, es kann durchaus sehr viel auf dem Spiel stehen und es kann durchaus sehr spannend sein, auch ohne dass die Möglichkeit des Charaktertodes regeltechnisch überhaupt im Raum steht. Du hast insofern Recht, als ein konventionelles Regelwerk dabei nur im Weg gewesen wäre. Aber dass hier von Spielern „keine guten Entscheidungen abgefordert wurden“, ist Unsinn, hier erliegst du einer Taktiker-Bias. Natürlich bestraft erzählerisches Rollenspiel schlechte Entscheidungen nicht auf genau die Weise, wie es taktisches Rollenspiel tut, d’uh. Aber dass irgendeiner der Mitspieler in der genannten Runde irgendwas anderes als sein absolut Bestes in dieser Szene gegeben hätte, ist ein völlig abwegiger Gedanke. Es galt der Geschichte, es galt den Charakteren gerecht zu werden, alles andere wäre völlig inakzeptabel gewesen.
Ich glaube, woran du denkst, ist diese bescheuerte „everybody is awesome“ Mentalität, von der man manchmal so liest, wo ein Spielleiter jede noch so dummer Aktion positiv aufnehmen und beklatschen soll. Das ist (oh jetzt mach ich mir wieder Feinde) einfach nur lahmes Spiel für lahme Spieler. Das hat mit gutem erzählerischem Rollenspiel absolut nichts zu tun.
nobody@home:
--- Zitat von: Lord Verminaard am 21.11.2018 | 18:01 ---[...] (oh jetzt mach ich mir wieder Feinde) [...]
--- Ende Zitat ---
Na, wenigstens siehst du's ein. ~;D
Wobei ich, wohlgemerkt, in der Sache anscheinend gerade voll auf deiner Seite bin -- daß aus einer geringen bis gar nicht vorhandenen Chance ausdrücklich auf Charaktertod noch lange nicht folgt, daß die Spieler und ihre Charaktere nicht trotzdem Bockmist bauen können (dürfen), predige ich ja seit einiger Zeit auch schon immer wieder mal, nur an meiner Ausdrucksweise muß ich eindeutig noch feilen. :d
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