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Kampferfahrung VS Training ?
Tele:
--- Zitat von: Supersöldner am 30.04.2020 | 09:09 ---Kampferfahrung vs Training ? Wenn zwei Kämpfer beide Schwertkampf 3 haben aber einer hat dutzende Feinde getötet und der andere hat das nur durch trainieren erreicht haben sie ja den selben wert. Sollten aber nicht gleich gut kämpfen. Grade wenn sie zb aufeinander Treffen wird der Erfahrende Kämpfer natürlich Siegen. Trotzt des Gleichen Wertes. Aber wie stellt man das da bzw Regelt es ?
--- Ende Zitat ---
Nach Jahrzehnten Vollkontakt im Ring, auf der Matte und im Oktagon sowie ein paar Jahre als Türsteher, würde ich immer auf den Trainierten, statt den "Straßenschläger" setzen. Egal ob unbewaffnet oder mit Waffe. Außer das Training war scheiße, aber dann wäre der Wert ja nicht so hoch...
Ich halte also die Grundprämisse für falsch.
Imion:
Die Grundannahme des OP ist dahingehend falsch als dass durch die Quantifizierung der Kampffertigkeit in einen Skill 'Schwertkampf' schon die Bewertung ebendieser abschliessend vorgenommen wurde. 'Regeln' liesse sich sich die vom OP wahrgenommene Diskrepanz durch, wie schon bei meinen Vorrednern aufgekommen, Neubewertung der Kampffertigkeiten und dementsprechend voneinander abweichenden Skillwerten der Charaktere oder durch Differenzierung des Skills in eine zusätzliche 'Sport'/'Art' (oä)-Variante die dann im Kampf gegen den nicht auf diese Weise qualifizierten Skill mit Mali belegt wird. Letzteres wäre aber auch nur eine Abwandlung der zuerst genannten Option mit zusätzlichen Zwischenschritten.
Pyromancer:
Prinzipiell besteht das Fertigkeitspaket "Kämpfen" in der Realität aus mehreren Aspekten.
1) Das sind zum einen die reinen motorischen und koordinatorischen Fähigkeiten. Bekomme ich meinen Körper (und als Ergänzung dazu meine Waffe) so bewegt, wie ich es will? Ist mein Körper stark und ausdauernd genug für die Tätigkeit "Kämpfen"? Rein praktisch spiegelt sich das dadurch wieder, dass ich bei Schnittübungen mit dem Schwert und bei Katas und Formenlaufen ganz gut bin oder auf der Schießbahn konsistent ins Schwarze treffe.
2) Erweitert wird das durch situative und reaktive Fertigkeiten. Erkenne ich, dass ich mein Schwert jetzt so und so bewegen muss, um einen Schlag des Gegners zu blocken und eine Lücke in seiner Abwehr zu schaffen? Kann ich meine eigene Bewegung so timen, dass mich der Gegner nicht über den Haufen knallt?
3) Dann kommt noch die mentale Komponente dazu: Wie gut krieg ich das Ganze unter Stress und Todesgefahr hin, und kann ich überhaupt einem denkenden, fühlenden, empfindsamen Wesen ein spitzes Stück Stahl in den Bauch rammen, mit der Absicht, es daran elendig verrecken zu lassen?
4) Man kann aber in der Modellierung noch weiter gehen: Die Wahl des Kampfplatzes und der Begleitumstände sind für einen Sieg ja auch sehr bedeutsam, und jemand, der ein "guter Kämpfer" ist, der ist auch darin gut. Kampftaktik, Flankenmanöver, Überraschungsmoment, Sonne im Rücken, rutschiger Untergrund, der den eigenen Kampfstil begünstigt und den des Gegners beeinträchtigt, etc.
5) Und am Ende wird es dann philosophisch, weil die Wahl und als Umkehrung davon die Vermeidung des Kampfes und der Umstände, die zu einem Kampf führen ja am Ende die Krönung der "Kämpfen"-Fertigkeit sind. Der Meister siegt, ohne zu kämpfen.
Und all das ist den allermeisten Rollenspielen völlig egal, weil ein Wert wie "Schwertkampf 3" ja gar nichts modelliert und mit der Realität nur so am Rande zu tun hat, sondern letztendlich nur eine spielmechanische Variable ist, die einen Zufallsprozess beeinflusst.
Tele:
--- Zitat von: Pyromancer am 30.04.2020 | 16:18 ---Und all das ist den allermeisten Rollenspielen völlig egal, weil ein Wert wie "Schwertkampf 3" ja gar nichts modelliert und mit der Realität nur so am Rande zu tun hat, sondern letztendlich nur eine spielmechanische Variable ist, die einen Zufallsprozess beeinflusst.
--- Ende Zitat ---
What he said!
OldSam:
--- Zitat von: Pyromancer am 30.04.2020 | 12:21 ---GURPS addressiert diese Thematik - wie ich finde ganz passabel - über die Initiative und den Vorteil "combat reflexes". Wenn unvermittelt ein Kampf losbricht, dann kann jemand mit diesem Vorteil (=der schlachtenerprobte Veteran) sofort handeln, während jemand ohne diesen Vorteil (=der Typ, der bisher nur im stillen Kämmerlein trainiert hat und von "echtem Kämpfen" keine Ahnung hat) erst einmal ein paar Runden mit der Situation überfordert rumsteht und dann über IQ-Würfe versuchen kann, handlungsfähig zu werden.
--- Ende Zitat ---
Ja, genau - diese Art der Umsetzung geht sicherlich von der realitätsnähe in die richtige Richtung. Obwohl mir da auch ein wenig noch was fehlt, da es durchaus auch viele Leute ohne wirkliche Kampferfahrung gibt, die trotzdem die Entschlossenheit u. Willensstärke mitbringen - ist immer schwierig auf einen bestimmten Wert festzulegen, es geht um einen "fighting spirit", ob das nun mit "Willenskraft" zu tun hat oder wie auch immer man das (als "Bonus" bzw. Vorteil) darstellen will im RPG.
Es gab IRL jedenfalls in der Tat schon Fälle, wo z. B. ein Karate-Schwarzgurt im "combat freeze" landete, mit schweren Verletzungen ohne es zu schaffen Gegenwehr zu leisten. Oder Erfahrungsberichte "kleinerer Art", von Leuten, die z. B. 2 Jahre oder so irgendwas trainiert haben und dann bei einer sich androhenden kleinen Prügelei ebenfalls völlig überfordert kaum in der Lage waren sich zu bewegen. Das hat alles in der Tat nichts mit "Skill" zu tun, sondern ist eher ne psychische Grundlagenthematik. (-> Das ist ja auch z. B. ein Grund warum "Minitrainings" zur Frauenselbstverteidigung sich folgerichtig viel auf diese psychischen Themen fokussieren, einfach "Handlungsfähig zu werden", weil das absolute "basics" sind, noch vor Technik.)
Gegenbeispiel: Wenn der Karate-Schwarzgurt sich "in Ruhe" auf der Matte mit dem dreckigen, semi-amateurhaften Straßenprügler anlegt, wird er sehr wahrscheinlich gewinnen, weil er dann "in der Lage ist" seinen trainierten Skill auch zur Anwendung zu bringen.
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