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Moonmoth:
Das ist ein sehr schönes Konzept, ich finde das viel angenehmer als die "Lagerfeuergespräche" mit ausladenden Monologen über die eigene Biographie.

Critical Role ist da vielleicht nicht das allerbeste Beispiel, weil da ja nun auch tatsächlich Schauspieler am Werk sind, deren tägliches Brot es ist, andere gut in Szene zu setzen. Die allermeisten Rollenspielgruppen bestehen hingegen nicht aus Profis und manchmal muss eben besonders darauf geachtet werden, gerade eher stille Figuren einzubeziehen - beim Pen&Paper ist ja nun verbale Kommunikation nicht ganz unwichtig und wer daran keinen großen Anteil hat, gerät leicht ins Hintertreffen. Gerade bei schwerem Fokus auf Charakterspiel könnten stille  Leute paradoxerweise schonmal ins Hintertreffen geraten - stark verregelte Teile des Rollenspiels wie der Kampf sorgen schon aufgrund ihrer Abläufe dafür, dass jeder einmal an die Reihe kommt: Jeder würfelt Initiative, jeder ist mal dran.

Außerhalb solche Szenen ist es daher nicht nur Aufgabe der SL, das Spotlight zu verteilen, sondern gerade auch Aufgabe der anderen Spieler:innen, alle am Tisch einzubeziehen. Stille/wortkarge Figuren werden (in meinen Runden jedenfalls) gern von Anfänger:innen übernommen, die verständlicherweise oft noch nicht so selbstbewusst im Spiel auftreten. Diese Charaktere sind allerdings oft nicht ganz einfach zu handhaben.

Es ist daher auch ganz gut, wenn alle am Tisch ein bisschen Ahnung davon haben, was die anderen Figuren "draufhaben" und wo ihre Stärken sind, auch wenn es nicht unbedingt Charakterwissen ist: Es kann ewig dauern, bis bei einem schweigsamen Charakter alle in der Runde mitgeteilt bekommen, dass sie in Wirklichkeit eine legendäre maskierte Meisterdiebin ist, die in den letzten Monaten vielleicht 20mal der Gruppe das kollektive Hinterteil gerettet hätte – wenn, ja wenn die denn davon gewusst hätten.

Issi:
Ich hoffe das klingt jetzt nicht komisch: Aber ich betrachte das, als was ganz Normales.
Rollenspiel spielt man zusammen, nicht alleine. Und es lebt davon sich gegenseitig zu zuspielen und in Szene zu setzen.
Das war doch noch nie anders. (Zumindest in meiner Lieblingsgruppe. Ich saß aber auch schon in anderen, in denen Spieler damit überfordert waren oder kein Interesse daran hatten. Insofern kann ich andere Erfahrungen schon auch teilen. )

Dass es manchmal auch stillere Spieler gibt ist klar- aber idR.  kann man tendenziell immer auch den anderen zuspielen, wenn man es denn möchte. Jeder so gut wie er eben kann.

Ist wie im Fußball. Wenn man das Tor nicht selbst schießen möchte, gibt man den Ball an einen Mitspieler ab. Und passt ihn im richtigen Moment zu. Man guckt auch, ob jeder ausreichend Ballkontakt hatte.

Edit.
Beobachtung: Das Zuspielen fällt Spielern mit Schauspielerfahrung tendenziell leichter.
Ist aber keine zwingende Voraussetzung.

Edit 2.
Es kommt zudem auf ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren an:
A. Achtet auch der SL darauf, dass jeder genug Einzel Spotlight bekommt?
(Ist das nicht der Fall, begünstigt das Gerangel darum. Da  die Spieler glauben, sich das beim SL erkämpfen zu müssen. (Der Lauteste kriegt das Spotlight))
B. Sind auch mal Einzelaktionen möglich?
Oder macht die Gruppe immer alles zusammen?
(Ist das Zweite der Fall (Never split the party Dogma), dann wird es wesentlich schwerer Figuren auch mal Einzelerfahrungen machen zu lassen. Das wiederum erzeugt mEn. Druck im Zusammenspiel. Etwas Luft sollte dafür übrig sein)

Zufriedene Spieler, die nicht um ihr Spotlight fürchten müssen, geben lieber ab, als unzufriedene.

First Orko:
Für mich ist das ein Sonderfall von "Don't be a dick" und umschreibt eine Reihe von "Verantwortlichkeiten", derer man sich speziell als erfahrer Spieler bewusst sein sollte:
(Warum besonders als erfahrener Spieler? Weil ein Neuling seine Aufmerksamkeit üblicherweise erstmal auf Regeln, Interaktion, direkte Rede, Setting usw. richtet und das alles noch nicht so natürlich "fließt" um entsprechend Kapazität für Metabetrachtungen zu haben. Ausnahmen bestätigen die Regel ;) )


* Sich zurücknehmen
Erkennen, wann man für den Momente genug Spotlight hatte und ggf. mal zurücktreten und Platz machen. Manche Spieler haben vielleicht gute Ideen, sind aber eingeschüchter von der "Frontsau" und lassen dann lieber machen. Oder brauchen etwas Nachdenkzeit um zu überlegen, wie sie mit der Situation umgehen

* Aktives Anspielen
Versuche möglichst viel in Dialogform mit Spielern anzugehen. Vermeide zu viel Solospiel mit SL (es sei denn natürlich, der SC ist allein unterwegs!). Stelle Fragen in die Gruppe "... oder habt ihr noch andere Ideen?"

* Kein Bloßstellen
Insbesondere bei Systemen mit Nachteilsmechanik: Akzeptiere die Schwächen des SC, mache dich nicht darüber lustig, der der SC mit Nachteil "Feigling" sich feige verhält sondern ermutige ihn stattdessen. Keine übertriebens Lustigmachen über schlechte Würfelwürfe - auch wenn sie öfter in Folge passieren. Besser: Enablement (bei der nächsten Aktion unterstützen und Bonus geben o.ä.)

* Beziehe dich auf Ideen Anderer und erweitere diese
Wenn jemand eine Idee hat, die du nicht so spannend findest: Erweitere sie um Aspekte, spiele damit. Versuche nicht, sie zu entwerten durch vermeintlich "bessere" Vorschläge (Ausnahme: Taktik-Metaspiel wo es neutral bewertbare Alternativen gibt)

* Spiele die Charaktere an, deren Konzepte dir am Wenigsten zusagen
Sozusgen die Zen-Königsklasse ;) Ich glaube, das kennen viele: Jeder erstellt sich zu Hause im Kämmerlein seine SC, dann trifft man sich zum ersten Mal im Spiel und einer wiederspricht deiner bisherigen Vorstellung von der Welt oder Meinung darüber, wie man so einen Charakter darstellen sollte usw.
Statt sich darüber zu ärgern habe ich die Erfahrung gemacht, dass es tatsächlich interessant sein kann, geziehlt mit diesem Charakter/Spieler zu interagieren. Das kann einen davon abhalten, sich mehr in seinen Frust zu flüchten - was sich eher negativ auf die Gruppe auswirken könnte.

Das mag jetzt für viele so wischi-waschi-Faktoren sein, aber Rollenspiel ist ein soziales Hobby. Und wenn ich eines in hunderten von Runden und vielen Seiten "Spieler würgen/Spielleiter würgen"-Threads gelernt habe, dann das: Je weniger Frust jeder Einzelne am Tisch hat, desto mehr Spass bringt die Runde für alle. Das obige sind praktische Erfahrungen, die für mich gut funktioniert haben  8)

KhornedBeef:
Ich finde,das führt über "Don't be a dick" hinaus. Nicht nur ist das ein Unterschied zu vielen anderen Spielen, es erfordert auch noch etwas mehr Fähigkeiten und aktives Bemühen. Man muss gewissermaßen seine Kreativität vom eigenen Charakter auf andere ausweiten, um auch zu denken "Hey das wäre doch ein cooles Ding für ...".

Daniel E.:

--- Zitat von: First Orko am 19.06.2020 | 10:22 ---
* Spiele die Charaktere an, deren Konzepte dir am Wenigsten zusagen
Sozusgen die Zen-Königsklasse ;) Ich glaube, das kennen viele: Jeder erstellt sich zu Hause im Kämmerlein seine SC, dann trifft man sich zum ersten Mal im Spiel und einer wiederspricht deiner bisherigen Vorstellung von der Welt oder Meinung darüber, wie man so einen Charakter darstellen sollte usw.
Statt sich darüber zu ärgern habe ich die Erfahrung gemacht, dass es tatsächlich interessant sein kann, geziehlt mit diesem Charakter/Spieler zu interagieren. Das kann einen davon abhalten, sich mehr in seinen Frust zu flüchten - was sich eher negativ auf die Gruppe auswirken könnte.

--- Ende Zitat ---
Das ist eine schöne Herausforderung, die ich für gewinnbringend halte.

Hast du eine Anekdote davon, wie sich das einmal positiv auf das Spiel ausgewirkt hat, First Orko? :)

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