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„Play to find out“ versus tiefgründige Story
Jiba:
--- Zitat von: GornOfDagon am 29.09.2020 | 12:34 ---Auch die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren grübeln sicherlich lange über ihre Geschichte und den darin enthaltenen Verwicklungen und Wendungen nach, statt auf ein „write to find out“ zu setzen.
--- Ende Zitat ---
Zugleich tauschen sich die meisten Drehbuchschreiber und Romanautoren mit anderen über ihre Geschichten aus. Sie beobachten auch ihre Umgebung und nehmen Eindrücke von außen auf. Ein einzelner Geist schreibt nicht die perfekte Story. Das gilt auch für Rollenspiele: Den Spielern die Möglichkeit zu geben, sich in die Weltgestaltung einzubringen, ist daher immer lohnenswert. "Play to find out" macht es einfacher, solche Spielerinhalte dann auch zu integrieren, weil weniger (nicht nichts!) vorbereitet wurde.
Abgesehen davon: Im Grunde spielen wir ja auch bei traditionelleren Systemen schon "to find out". Würfel fallen, Charaktere treffen Entscheidungen und die Handlung am Spieltisch verändert sich. Es ist ja auch nicht so, dass "Play to find out" bedeuten muss, dass die SL gar keine Idealhandlung im Kopf hat: Viele "Powered by the Apokalypse"-Spiele (aus denen stammt das "Play to find out"-Prinzip eigentlich) arbeiten schon damit, dass du dir NSCs ausdenkst, ihre Pläne und Beziehungen entwirfst und Probleme ausarbeitest, die im Spiel vorkommen können. Diese Rollenspiele lassen sich durch ihre Regeln, die Konflikte von sich aus eskalieren, natürlich auch gut ohne Vorbereitung spielen. Aber es hilft schon, sich Gedanken zu machen.
"Apocalypse World" und einige mehr arbeiten dazu z.B. mit Fronts (das sind so ausgearbeitete Bedrohungslagen und Spielweltfraktionen, die miteinander über Kreuz liegen und so Drama erzeugen) oder mit Clocks (Uhren, die runterziehen und wo dann zu bestimmten Zeitpunkten Dinge in der Spielwelt passieren).
Wobei: Bevor wir jetzt weitere, konkrete Tipps geben können, erklär bitte mal: Was verstehst du unter...
--- Zitat ---einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte [mit] oftmals spannende[n] Erzählbögen oder überraschende[n] Wendungen?
--- Ende Zitat ---
rillenmanni:
--- Zitat von: ArneBab am 29.09.2020 | 12:49 ---Den letzten Teil des Satzes würde ich so nicht stehen lassen. Ein wohlorchestrierter Plot kann sich sehr wohl im Spiel ändern, die dafür aufgebauten Spannungsmomente überstehen diese Änderungen aber größtenteils.
Auch das werden dir Schreibende erzählen: Die Planung für das Buch hilft auch dann, wenn der genaue Plot umgestellt wird.
--- Ende Zitat ---
Oh. Ich sehe auch gerade, dass man in meinen Beitrag Wertung hineinlesen könnte. Das war so nicht gemeint. Mir ging es um die Erwähnung der Intention, die bei einer gestalteten Dramaturgie mitschwingt. Inwieweit da jetzt tatsächlich jemand "durchzieht" und inwieweit tatsächlich Flexibilität Stabilität beeinträchtigt, hatte ich gar nicht im Fokus.
Isegrim:
Play to find out (Wie ich es für diesen Beitrag verstehe): Entscheidende Aspekte der allgemeinen Spielwelt oder der konkreten Situation sind nicht fest gelegt, sondern werden erst während des Spiels von Spielern und SL gemeinsam entwickelt: Wer ist der Bösewicht oder Mörder? Wie stehen zwei wichtige NSCs zu einander? Spielt ein Auftraggeber fair, oder will er die SCs benutzen und verraten? Was soll eigentlich das "Abenteuer" sein? Das weiß anfangs nicht mal die SL.
Ist nicht meins, hab ich fest gestellt. Wenn ich Spieler bin, will ich meinen Charakter spielen und aus dessen subjektiver Sicht Entscheidungen treffen, nicht aus Autorensicht eine Geschichte erzählen. Als SL sind mir Anregungen von Spielern durchaus willkommen. Da ich es aber als meine Aufgabe sehe, a) eine i-wie plausible Welt zu präsentieren und zu "spielen" und b) meine Spieler mit spannenden Situationen und interesanten Zusammenhängen zu konfrontieren, brauch ich letztendlich die Hoheit darüber, wie die Welt (exkl der SC) aussieht und wie sie funtioniert. Daher behalt ich mir ein Veto gegen Spieler-Vorschläge, Fakten schaffen uä Dinge vor (habs bisher aber nie wirklich einsetzen müssen, glaub ich).
Über erzwungene Dramaturgie etc kann man Aufsätze schreiben hat man Aufsätze geschrieben, aber ich denke nicht, das der Eröffner des Threads darauf hinaus wollte (Willkommen nebenbei!).
First Orko:
Dass die hier gezeigte Dichotomie zwischen:
--- Zitat von: GornOfDagon am 29.09.2020 | 12:34 ---zu einer tiefgründigen, vorbereiteten Geschichte [...] spannende Erzählbögen oder überraschende Wendungen [...] seltener coole WTF-Momente gibt.
--- Ende Zitat ---
und
--- Zitat von: GornOfDagon am 29.09.2020 | 12:34 ---[...] Ebene des spontan-trivialen Small-Talk-Erzählens [...]
--- Ende Zitat ---
gebunden sein soll an Spielerfreiheit, Improvisation vs. vorbereitetes Abenteuer und (nur dort mögliche) Dramaturgie steht erstmal zum Beweis an.
Ich habe schon ebenso flache, uninspirierte und vorhersehbare Plots bei fertigen Abenteuern erlebt wie ich dramatisch aufwühlende Momente und spanennde Wendungen beim improvisierten Spiel. Da überwiegt nix in eine Richtung dermaßen, dass ich die im Startthread erhobene Setzung mit meinen Erfahrungen überein bringe.
Fertigabenteuer leiden meiner Erfahrung nach allzu oft an Klischees, Selbstreferentialität und dem Ego des Autors.
schneeland (n/a):
Grundsätzlich schließe ich mich dem Rumpel an: wenn die Geschichte Bedeutung für die Spielercharaktere haben soll, muss sie Freiraum dafür lassen, mit deren Eigenschaften und Zielen verwoben zu werden.
Das geht aber m.E. sowohl mit klassischem Aufbau als auch mit Play-to-Find-Out.
Der spezielle Charme von PtFO ist m.E., dass die Spielleitung mit sehr groben Setzungen auskommen kann. In meiner aktuellen The Sprawl-Kampagne kenne ich z.B. die Motive und Möglichkeiten einiger zentraler Pro- und Antagonisten in der Welt sowie einige wichtige Orte der Handlung. Alles darüber hinaus ergibt sich erst im Spiel, so dass auch für mich als Spielleiter potentiell Überraschungen oder neue Elemente in der Geschichte auftreten können.
Wenn man PtFO mit sehr wenigen Vorgaben spielt, gibt es zumindest für die Spieler natürlich zumindest im klassischen Sinne keine Überraschungen mehr. Dass sich dabei eine spannende, zusammenhängende Geschichte ergibt, ist dann möglich, aber auch nicht mehr zwingend.
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