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SL-Spezies aufgepasst! Was würdet ihr hier anders machen?

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tanolov:

--- Zitat von: Gumbald am 27.12.2020 | 04:17 ---
Aber ich bin ihr schlimmster Feind, wenn sie meine Herausforderungen links liegen lassen, für die ich im Rahmen der Erstellung von Orten/NSCs und Hintergrundgeschichten zusätzliche Vorbereitungszeit investiert habe. Und dabei ist es mir egal, ob sie die Herausforderung gut oder schlecht finden. Mein Job ist es, sich was auszudenken. Der Job der Spieler ist es, das Beste aus der Vorlage zu machen. Wenn es dann doof lief kann man hinterher darüber sprechen, wie es in Zukunft besser laufen kann. Aber das ist kein Grund, während des Spiels die Arbeit einzustellen! Ich bin als SL kein Dienstleister, ich hab nur den aufwändigsten Job in der Gruppe. Die übrigen Spieler müssen sich nur auf eine Sache fokussieren: Wie kann ich den einen Charakter, den ich hier spiele, im Rahmen der aktuellen Herausforderungen bestmöglich in Szene setzen und unvergessliche Szenen gestalten?


--- Ende Zitat ---

Wenn ich das lese rollen sich bei mir alle Fußnägel hoch. Ist jetzt nur ein Absatz unter ewig vielen Wörtern und ist wahrscheinlich auch nicht so scharf gemeint wie du es geschrieben hast, aber hier steht im Grunde "ihr Spieler müsst mit dem interagieren was ich vorbereitet hab, sonst fuck you. mir ist völlig egal was ihr wollt". So einen GM würde ich als Spieler nicht mit der Kneifzange anfassen.
Das liegt allerdings daran das ich im Rollenspiel was anderes suche (und bekomme) als du und da würde ich jetzt mal ansetzen:

Du siehst dich als "Leveldesigner" und bietest den Spielern Herausforderungen die sie angehen müssen. Wollen die Spieler denn wirklich so spielen? Das ist nämlich mitnichten immer der Fall und oft ist Spielern (und Spielleitern) auch nicht klar was das heißt und wie die Sessions aussehen, wenn man diesen Spielstil konsequent anwendet. Wenn man die Szenen im Rollenspiel als Herausforderung betrachtet, dann ist es für die Spieler immer Vorteilhaft sich bestmöglich auf diese Herausforderungen vorzubereiten. Klingt gut? Jein. Das kann nämlich je nach Gruppendynamik bedeuten, das die Gruppe Stundenlang darüber diskutiert ob sie dem Bankier den blauen Stein bereits beim ersten oder erst bei einem Späteren Treffen zeigen möchten. Auf alle Fälle werden beim Herausforderungsorientiertem Spiel aber weniger Szenen geschafft, da jede Szene stärker auf der Metaebene oder einer Pseudo-Metaebene bearbeitet wird. Pseudo-Metaebene ist es für mich dann, wenn keine Charaktereigenschaften zum Tragen kommen (= die Szene merklich beeinflussen), aber dennoch "in Character" gesprochen wird. z.B. eine Diskussion wie man jetzt weiter vorgeht.

Da solltest du mit deiner Gruppe mal klar drüber reden. Ob das jetzt ein ergebnisoffenes Gespräch sein muss, liegt daran ob dir auch andere Spielstile Spaß machen.

Als kleiner Denkanstoß wie man auch anders Spielen kann:
Was mir in deinen Beschreibungen völlig fehlt, sind Bewusste Entscheidungsmöglichkeiten der Spieler eingebettet in die schönen "Harten Entscheidungen". Lustigerweise hattest du in deinem Spaziergang-Beispiel eine auf dem Silbertablett serviert bekommen und sie ungenutzt verstreichen lassen.
Was ich in Rollenspielen toll finde ist, wenn Entscheidungen die Welt verändern und diese Entscheidungen Ausdruck des Charaktser sind. (ob der Charakterzug jetzt ex ante oder ex post zum Vorschein kommt, ist mir dabei egal). Dazu müssen die Spieler aber wissen, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen haben. Das muss nicht in jedem Detail offensichtlich sein, aber die generelle Richtung muss klar sein.
Bei deinem Beispiel mit dem Bäcker laufen die Spieler eher zufällig ein zweites mal beim Bäcker vorbei, werden da in einen Kampf hineingezogen und als Ergebnis retten sie ein Dorf, das ihnen nie begegnet ist und das wissen sie nur, weil du den Spielern deine Vorbereitung zeigst. Da kann ich mir vorstellen wie die Spieler sich gegenseitig angucken, mit den Achseln zucken und einfach weiter im Text machen. Das klingt einfach sehr zufällig und beliebig alles. Welcher Charakterzug der Charaktere wird denn gehighligtet? Das sie sich nicht von Lebkuchenmännchen töten lassen wollen?

Bei der ganzen Spaziergangsgeschichte wurde hier eine riesige Chance vertan:
Die Charaktere wollen in dieser Region ihre Ziele verfolgen, die "Herrin" will den Blauen Stein und die Charaktere wollen den Stein nicht abgeben. Ist doch eine super Vorlage für die nächsten Sessions. Das muss man den Spielern dann aber auch in dieser schärfe mitteilen.
Stattdessen wird irgendwas von Ausgangssperre gefaselt obwohl die Herrin längst weiß wer den Blauen Stein hat und man wirklich von Anfang an Drama reinbringen kann und nicht erst in der letzten Sekunde als Konsequenz (und dann wieder ohne Entscheidungsmöglichkeit).

Scurlock:
Grundsätzlich sehe ich in den von Dir eingangs beschriebenen Handlungen keine groben SL-Schnitzer. Im Gegenteil, Du skizzierst einen konsistenten Handlungsraum mit verschiedenen Fraktionen und lieferst auch noch in-game ausgiebig Hinweise. Das ist schon mal eine Leistung, an der so manch anderer SL scheitern würde. Finde ich gut und würde mir persönlich als Spieler auch viel Spaß machen.

Aber mir ist noch nicht ganz klar geworden, welche Handlungsoptionen die Spieler eigentlich hatten. Dass der Spaziergang in nächtlicher Ausgangssperre keinen Preis für cleveres Spielervorgehen gewinnt, geschenkt. Die Konsequenzen sind deshalb nachvollziehbar, auch wenn sie auf mich ein klein wenig forced wirken. Ich frage mich allerdings, ob es für die Spieler alternative Möglichkeiten gegeben hätte aus dem Dorf zu kommen, ohne den Kristall abgeben zu müssen. Wie hättest Du als SL reagiert, wenn die Charaktere versucht hätten, sich still und heimlich abzusetzen? Wie hätten die Konsequenzen ausgesehen, wenn die Spieler richtig clevere Ideen (Ablenkungsmanöver, Ausspielen der Fraktionen gegeneinander etc.) gehabt hätten, um die Situation in ihrem Sinne aufzulösen?
Ich mag mich irren, aber Deine weiteren Ausführungen lassen darauf schließen, dass Du für Deine Herausforderungen nur wenige Lösungsmöglichkeiten vorsiehst. Und sollten die Spieler vom vorgesehenen (Lösungs-)pfad abweichen, müssen sie mit "Bestrafung" rechnen. Diese Art der SL ist dann tatsächlich problematisch, da sie den Spielern Freiheiten suggeriert, wo keine Freiheiten sind.
 

Grey:
@Gumbald: In deinem letzten Post erscheint mir folgender Absatz als Schlüsselstelle:


--- Zitat von: Gumbald am 27.12.2020 | 04:17 ---Aber was hat das jetzt mit meinen drei beschriebenen Szenen zu tun? Meine Spieler haben die Herausforderungen nicht als solche erkannt:

--- Ende Zitat ---

Meinem Eindruck nach siehst du hier ein potenzielles Problem und möchtest gern analysieren, ob dieses Problem
(a) bei dir liegt ("Ich nehme mir die Aktionen meiner Spieler zu sehr zu Herzen"),
(b) bei deinen Spielern liegt ("Diese Banausen wissen mein Szenario nicht zu schätzen") oder
(c) bei der Kommunikation zwischen euch liegt ("Ich als SL muss meine Herausforderungen klarer kommunizieren lernen und/oder die Spieler müssen sie besser erkennen lernen").

Was insbesondere in emotionaler Hinsicht an dir nagt, wäre demnach ein Gefühl, mit deinen Herausforderungen an die Spieler von eben selbigen nicht ernst genommen zu werden.

Verstehe ich dich hier richtig?

Gumbald:

--- Zitat von: ghoul am 27.12.2020 | 09:49 ---@Gumbald:
Ich verstehe noch immer nicht, warum du unzufrieden mit deinen Spielern bist.

[...]

Oder sind es die Spieler, die unzufrieden sind? Geht es darum?

--- Ende Zitat ---

Es kommt halt manchmal zu Szenen, wie hier, bei denen Spieler Aktionen bringen, die dann nicht zu dem von ihnen gewünschten Effekt führen. Das möchtie ich wenn möglich abstellen.
Das ist kein Dauerproblem. Es gibt viele gute Szenen. Aber ich rede hier ja über die Probleme und nicht über das was gut läuft.
Wenn meine Spieler das hier mal lesen werden sie vermutlich sagen: "Sag mal: Bist du bescheuert? Du schlägst die die Nacht wegen SOWAS um die Ohren? Was machst du dir fürn Kopp? Deppo!"


--- Zitat von: Scurlock am 27.12.2020 | 11:38 ---Wie hättest Du als SL reagiert, wenn die Charaktere versucht hätten, sich still und heimlich abzusetzen? Wie hätten die Konsequenzen ausgesehen, wenn die Spieler richtig clevere Ideen (Ablenkungsmanöver, Ausspielen der Fraktionen gegeneinander etc.) gehabt hätten, um die Situation in ihrem Sinne aufzulösen?
Ich mag mich irren, aber Deine weiteren Ausführungen lassen darauf schließen, dass Du für Deine Herausforderungen nur wenige Lösungsmöglichkeiten vorsiehst. Und sollten die Spieler vom vorgesehenen (Lösungs-)pfad abweichen, müssen sie mit "Bestrafung" rechnen. Diese Art der SL ist dann tatsächlich problematisch, da sie den Spielern Freiheiten suggeriert, wo keine Freiheiten sind.

--- Ende Zitat ---

Ich habe dazu weiter oben schon etwas geschrieben: Meines Erachtens hat es einfach keine wirkliche Auseinandersetzung mit der Situation gegeben, man hat nur "oberflächlich" mit unabgestimmten Aktionen reagiert. Ich hatte als SL selbst keine Ahnung, was die Spieler eigentlich vor hatten, als sie die Schenke verließen. Der vierte Spieler auch nicht. Wenn mir klar gewesen wäre, dass sie eine Flucht planen, hätte ich sie mit Ideen unterstützt (wie oben ausgeführt).
Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer: Man kann als SL explizit nachfragen, was denn der Plan ist (habe ich zwar versucht, hätte ich aber verstärkt tun können). Und es gab hier ja auch genug Anregungen. Die Frage, die mich halt beschäftigt, und die ich auch mit Hilfe des Feedbacks hier nun lösen möchte: Wieso agieren die Spieler so wirr, anstatt mir als SL klar zu sagen was sie eigentlich wollen, damit ich darauf vernünftig agieren kann.



--- Zitat von: Grey am 27.12.2020 | 11:54 ---@Gumbald: In deinem letzten Post erscheint mir folgender Absatz als Schlüsselstelle:

Meinem Eindruck nach siehst du hier ein potenzielles Problem und möchtest gern analysieren, ob dieses Problem
(a) bei dir liegt ("Ich nehme mir die Aktionen meiner Spieler zu sehr zu Herzen"),
(b) bei deinen Spielern liegt ("Diese Banausen wissen mein Szenario nicht zu schätzen") oder
(c) bei der Kommunikation zwischen euch liegt ("Ich als SL muss meine Herausforderungen klarer kommunizieren lernen und/oder die Spieler müssen sie besser erkennen lernen").

Was insbesondere in emotionaler Hinsicht an dir nagt, wäre demnach ein Gefühl, mit deinen Herausforderungen an die Spieler von eben selbigen nicht ernst genommen zu werden.

Verstehe ich dich hier richtig?

--- Ende Zitat ---

Ich würde mal sagen: Grundsätzlich alles richtig. Das "nicht ernst genommen werden" ist jetzt aber meiner Meinung nach kein Autoritäts-Problem, oder sowas. Und wie schon geschrieben: Es ist kein Dauer-Problem, es taucht halt nur immer wieder mal auf und ich will das gerne lösen, bzw. bei meinen Spielern "Awareness" dafür schaffen, so dass wir alle zusammen konkret daran arbeiten können, dass solche Szenen einfach nicht mehr auftreten.


Ansonsten: Wie schon gesagt werde ich Meinungen nicht kommentieren, aber nicht, weil ich sie nicht respektiere.
Ich muss mich hier natürlich (trotz meiner Textlängen) kurz halten und zuspitzen. Gerade meine letzten steilen Thesen sind natürlich ein Versuch von mir, sich (mitten in der Nacht) mal von einer anderen Perspektive dem Thema zu nähern. Vielleicht widerspreche ich mir da auch nächste Woche schon wieder vehement selbst! ;-) Eventuell würden also einige für hier geteilten Meinungen mit weiteren Ausführungen dann anders ausfallen, eventuell nicht.
Ich kann die Kommentare aber aufgrund der hier dargestellten Informationen nachvollziehen und damit etwas anfangen. Ich hoffe, ihr habt Verständnis dafür, dass ich keine Lust auf endlose Erklärungs-/Rechtfertigungs-/Das-sehe-ich-anders/Ich-meine-das-so Unterhaltungen habe. Das kann bei einem solchen Thema wie hier glaube schnell in eine Dauer-Konversation umschlagen.

Nochmal vielen Dank für die Rückmeldungen!

Achamanian:

--- Zitat von: tanolov am 27.12.2020 | 10:51 ---"ihr Spieler müsst mit dem interagieren was ich vorbereitet hab, sonst fuck you. mir ist völlig egal was ihr wollt"
--- Ende Zitat ---

Ohne den Teil ab "sonst fuck you" finde ich das eine legitime Erwartung seitens der SL.
Gilt allerdings in beide Richtungen: Alle müssen gewillt sein, mit dem zu interagieren, was die andere Seite anbietet. Wenn die SL stur an allen von den Spieler:innen gesetzten Flags vorbeispielt, dann muss sie sich tatsächlich nicht wundern, wenn die Spieler:innen die Lust verlieren. Aber oft ist das auch die Frage nach der Henne und dem Ei - wer hat jetzt angefangen, die Angebote der anderen Seite überhaupt nicht mehr wahrzunehmen und einfach missmutig seinen Striemel durchzuziehen? Ist irgendwann egal, wichtig ist, dass man feststellt, wenn es dazu kommt und dann ggf. OutGame klärt, wohin das Spiel eigentlich gehen soll und was (sowohl InGame als auch OutGame) mit bestimmten Aktionen beabsichtigt wird.
Prinzipiell hat es sich in meinen Runden als ziemlich hilfreich erwiesen, Handlungen von SC im Zweifelsfall gleich mit der dahinterstehenden Intention anzusagen. Also nicht: "Ich gehe jetzt einfach raus", sondern: "Also, ich bin so sauer über die Frechheiten, die sich diese Herrin uns gegenüber herausnimmt, ich gehe jetzt einfach raus und hoffe sogar, dass mich irgendwelche von ihren Wachen anhalten, damit ich denen so richtig die Fresse polieren kann." Damit erhält die SL dann gleich einen Spielervorschlag dafür, was als Nächstes passieren könnte. Außerdem unterstützt es die Herstellung eines gemeinsamen Vorstellungsraums; die anderen Spieler:innen können z.B. beschließen, dass ihre SC erkennen, dass SC1 stinksauer ist und ihn lieber aufzuhalten versuchen (oder mitkommen, weil sie auch Lust auf Ärger haben). Nur durch das reine Ansagen der Aktion oder knappe Dialoge kommt so was in der Regel ja nicht rüber, da die meisten Spieler:innen ja weder hochbegabte Method Actors noch unglaublich einfühlsame Empathen sind.

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