Wie gesagt, konsequent zuende gedacht, wird jede hinreichend große Gruppe irgendwie von der Gesellschaft beachtet werden (müssen). Natürlich würden findige Ökonomen auch Menschen mit Superkräften als Zielgruppe erkennen und ihre Angebote daran ausrichten. Natürlich würde versucht werden, staatliche Bildungsangebote zu schaffen, Jobs bereitzustellen, Superversicherungen würden plötzlich existieren... und natürlich würde sich auch die Kriminalität verändern. Ob das jetzt zur Schurkenakademie führt, wage ich zu bezweifeln, aber das ist letztlich nicht der Punkt.
Der Punkt ist, dass das Superheldengenre an sich erstmal Quatsch ist, der nie logisch funktionieren sollte. Man kann das schon bespielen, aber dann sollte man sich klar machen, was das Genre ausmacht. Meiner Meinung nach sind das Konflikte zwischen wenigen (!) übermenschlichen Figuren, die höchstens stellvertretend für die Normalos stehen, z.B. Superman oder Cpt. America in den frühen Geschichten als Archetyp des amerikanischen Streiters für das Gute. Die Figuren und ihre Geschichten sollen ja gerade nicht Normalität zeigen, sondern Action und Eskapismus aus der Realität. Vor diesem Hintergrund erscheint mir geradezu absurd, solchen Figuren normale Probleme und Institutionen an die Seite zu stellen. Der Schurke wird individuell zum Schurken, hat individuelle Lösungen für sein Geldproblem und individuell unterschiedlich Zugriff auf Helfer. Es kann gar keine Akademie, keinen Schurkenpräsidenten und keine Schurkenfreunde geben, weil das alles zu wenige sind. Superschurken sind Einzelbedrohungen, keine Masse an gesichtslosen Bösewichtern, die man haufenweise ausbildet, einknastet, rehabilitiert oder sonstiges. Es braucht individuelle Lösungen - beispielsweise den passenden Helden.
Das führt zur nächsten Frage: Was ist denn jetzt ein Superheld und was ein Superschurke? Beides sind Figuren mit besonderen Fähigkeiten. Der Unterschied liegt üblicherweise auf der Achse Altruismus-Egoismus. Wo der Held seine Fähigkeiten zum Wohl der Gesellschaft einsetzt und ihr einen Wert zuerkennt, sich letztlich als Teil der Gesellschaft sieht, ist der Schurke Egoist, dem die Gesellschaft wenig Wert ist. Und auch hier gilt wieder: Genau deswegen kann eine Gesellschaft nicht viele Schurken beinhalten und denen Angebote machen und ebenso kann es keine Schurkengesellschaft geben mit Schurkenbanken usw. - eine Gesellschaft kann nicht nur aus gesellschaftsunwilligen Einzelgängern bestehen, sie würde zerfallen und sich zerfleischen.
Die Konsequenz daraus ist für mich zwingend folgende: Entweder, man thematisiert klassisches Superhelden-Actionkino oder man weicht bewusst davon ab, mit der klaren Intention, diese Konventionen zu brechen und zu verändern. Watchmen hat das getan, The Boys auch. Generell viele der aktuellen Comics und Serien tun das zumindest in Teilen. Man kann nur nicht das Originalmaterial verwässern und gleichen Geschmack erwarten, das funktioniert bei einem so eng gefassten Thema einfach nicht gut.
Jetzt bist du ja jemand, der gern Welten bastelt und die gerne umfassend formuliert. Ich würde hier aber raten, zunächst das Genre genau zu beobachten und danach zu überlegen, ob bestimmte Elemente im Setting dies nur verwässern oder in eine andere Richtung lenken - wie zum Beispiel hier, wo mehrere User eher Comedy Elemente sehen. Vielleicht reicht es ja beispielsweise zu sagen, dass der Schurke durch diverse illegale Geschäfte genug Geld hat, ohne all dies zu benennen.