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Sandbox oder Abenteuer

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Vecna:

--- Zitat von: Fasuhl am 19.08.2021 | 09:21 ---Wie spielt Ihr FATE und welche Erfahrungen habt ihr so?
--- Ende Zitat ---

Mein Eindruck, von dem was ich so mitbekommen habe über die Jahre, ist, dass Fate fast nur für Oneshots genutzt wird.
Und die Gruppen, die damit Kampagnen spielen, die spielen mit Fate erzkonservatives RPG: das heißt die klassische Form mit dem einzigen Unterschied, das halt ein paar der Fate-Regeln benutzt werden. Also wie jedes andere RPG auch, das Bennies, Schicksalspunkte, Göttliche Gnade, Heldenpunkte -was auch immer - hat.

Blechpirat:
Meine Erfahrungen sind da anders. Wir spielen seit 2011 eine shared-world Dresden-Files Kampagne mit rotierenden SLs, die quasi mit den Änderungen der Spielwelt durch die Vorgänger leben müssen - also auf diese Welt aufbauen. Wir haben den durch die Romane gesetzten Kanon längst hinter uns gelassen und spielen nach der Logik der Welt, nicht mehr mit dem Personal oder den Entwicklungen der jüngeren Bücher - weil diese mit unseren Inhalten kollidieren.

Das geht wunderbar. Man kann also sehr gut Kampagnen spielen.

Sandbox hingegen... Jein. So im Sinne von einer Welt, in der die Dinge sich entwickeln, wenn man die PCs rausdenkt? Daran haben meine Spieler keinen Spaß, denn das bedeutet auch immer Abenteuer die man nicht spielen kann, oder das man etwas effektives, aber langweiliges macht. Die wollen Drama.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass eine Sandbox funktioniert, wenn man das denn möchte. Allerdings muss man natürlich vorher am Tisch ausreichend Klarheit erzeugen, was gesetzt ist, und was mitbestimmbar. "Der Kaiser ist mein Kumpel" passt eben eher zu einer Reihe von Intrigen am Hof, und nicht so sehr zu einem Wildnisabenteuer. Wenn man sich da aber vorher drauf einigt, dann kommen solche Aspekte eben nicht vor.

LordBorsti:
Für echtes Sandkasten-Spiel (Sandbox) ist Fate eher nicht so geeignet.

Mit "echtem Sandkasten" meine ich: die Spieler bekommen eine Karte der Region mit ein paar interessanten Orten und ein paar Gerüchte über Schätze, Gefahren und Mysterien. Dann ziehen die Spieler mit ihren Charakteren los und erkunden und verändern die Welt nach ihrem Gutdünken.

Für echtes Sandkasten-Spiel braucht man:
- Regeln für die Erforschung unbekannter Orte (Dungeons und Regionen)
- Prozeduren, die dem SL helfen schnell Abenteuerinhalt generieren zu können (typischerweise Zufallstabellen und Zufallsgeneratoren)
- Prozeduren, die dem SL helfen eine (pseudo)lebendige Welt darzustellen (typischerweise sowas wie Zufallsbegegnungen)
- Einen Anreiz für die Charaktere die Welt zu erforschen und im Sandkosten zu spielen (Looooot  >;D)

Von aus Haus bringt Fate da nix. Man müsste da schon etwas Arbeit reinstecken, damit Sandkasten-Spiel mit Fate funktioniert.


Für welche Art von Spiel eignet sich Fate denn gut?


--- Zitat von: Fate SRD ---...Es ist ganz egal, ob ihr Fantasy, Science-Fiction, Superhelden-Stories oder ein dreckiges Polizeidrama spielen wollt – Fate funktioniert am besten, wenn ihr damit Geschichten über Leute erzählt, die von selbst die Initiative ergreifen, die kompetent sind und die dramatisches Potential besitzen...
--- Ende Zitat ---

Nach meiner Erfahrung ist vor allem letzterer Punkt sehr wichtig. Fate ist, aus der Box, ziemlich gut für charakterzentriertes Drama geeignet. Man  kann wunderbar Geschichten erspielen, die an typische "Drama Series" wie Breaking Bad oder auch Game of Thrones erinnern (Season 8 hat niemals existiert ~;D).
Was auch gut funktioniert, ist pulpige Action a la Indiana Jones oder A-Team, aber auch andere Action-lastige Settings, wie z.B. Star Wars, könnten aus meiner Sicht gut funktionieren.


Funktioniert Fate auch in längeren Kampagnen?

Ich habe mehrere Kampagnen unterschiedlicher Länge mit Fate geleitet (Dauer: zwischen 1-3 Jahr reale Jahre). Kurze bis mittellange Kampagne funktionieren wunderbar. Für lange Kampagnen mit vielen Sitzungen, die mehrere reale Jahre dauern, würde ich Fate nicht verwenden (Wobei Blechpirat sicherlich protestieren wird ;D), dafür ist es für meinen Geschmack zu grob-granular.

Riddley:
Ich habe Fate in zwei Runden gespielt bzw. geleitet. In der einen waren nur Spieler die eher dem "Konsumenten-Typ" angehörten, das ging in die Hose. In der anderen hatten wir mehrere Spieler die gerne aktiv in die Geschichte eingegriffen haben, das lief wirklich gut, hat uns aber vom "vorgesehenen" Plot des SL abgelenkt. Wir hatten viel Spass, aber der SL meinte wir würden nicht gut "vorankommen". Als wir geklärt hatten, dass wir unseren eigenen Plot formen wollen, lief es wirklich gut. Die Kampagne war nicht besonders lang, das lag aber nicht an Fate sondern an anderen RPGs die auch gespielt werden wollten.

Ich kenne das echte Sandbox-Spiel nicht in der Praxis, habe das aber als eher Wildnis-orientiert eingestuft. (Und etwas Dungeoncrawling-lastig) Bei Fate hatte ich den Eindruck dass man eher urban spielt, um ständig irgendwelche Aktionen einleiten zu können.

aikar:
Ich denke der Hauptunterschied ist, dass eine "echte"/klassische Sandbox von der schlüssigen und unparteiischen Entwicklung der Welt geprägt ist. Handlungen (oder Nicht-Handlungen) führen zu Reaktionen, die unabhängig (großteils) davon sind, ob sie gerade cool sind und in die Geschichte passen, sondern vor allem plausibel sein müssen.
FATE ist aber von der Drama-Kurve einer Geschichte geprägt. Es passiert das, was die beteiligten cool und interessant finden (und daher dafür Punkte ausgeben oder erhalten).

Das heißt nicht, dass man eine klassische Sandbox mit FATE nicht bespielen kann, aber es heißt dass FATE dabei seine Stärken nicht wirklich ausspielen kann.
Ebenso wie wenn ich ein gewaltfreies Diplomatie-Setting mit D&D bespielen würde. Machbar ist es, aber die großen Stärken des Systems werden nicht genutzt und es gibt bessere Lösungen dafür.

Was aber interessant ist und mir erst in diesem Thema wirklich klar geworden ist, dass FATE ja auch explizit nicht den Weg der vorgescripteten Abenteuer geht, weil das durch die starken Einflussmöglichkeiten der Spieler kaum zu machen ist und damit tatsächlich einen dritten Weg darstellt.

Damit als Antwort auf die initiale Frage: Spielt man mit FATE (Vorgefertigte) Abenteuer oder Sandbox? Weder noch.
Man spielt Abenteuergeschichten, die sich gemeinsam aus den Vorstellungen der Gruppe von einer interessanten Geschichte ergeben.

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