Autor Thema: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?  (Gelesen 1371 mal)

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Offline duderino

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In Shadowrun mögen Charaktere verschiedene Intentionen und Ziele haben, aber für die Spieler versteht es sich (nahezu) von selbst, dass die Richtung, in die Charaktere handeln so aussieht, dass ein Run dabei rauskommt. Oder was Run-artiges. Oder was Run-vorbereitendes.

Ähnliches gilt wohl für DnD, zumindest im angelsächsischen Sprachraum und mit Dungeon Crawls.

In meinen DSA oder Homebrew-Runden hingegen, ist der Fokus all over the place. Mal werden Berufsperspektiven für Bettler geschaffen, und einen Moment später entscheiden sich die Spieler für einen Heist oder das Gründen eines Tresormacher-Unternehmens.
Für diese Runden ist das auch cool. Die sollen so sein. Aber ich würde gerne ein System spielen, das mehr Management-Charakter hat. Die Atmosphäre und die generellen Szenarios sollen so aussehen, dass Charaktere sich eher mit dem Vergeben von Aufträgen, die Rücksprache mit Auftragnehmern, das bereinigen von Fährten, die zur eigenen Bande führen etc beschäftigen.
Das Spiel als ganzes soll also so gespielt werden, dass "wir machen das einfach selbst, statt zu organisieren" nicht attraktiver scheint, als die organisationsvariante zu spielen.

Wie geht das? Warum funktioniert das bei Shadowrun? Und warum fühlt es sich bei BitD so aufgezwungen an?

Camo

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #1 am: 25.06.2022 | 23:53 »
Das hat eher weniger mit dem System zu tun, eher damit, was die Spieler wollen. In jedem System kann man eine gut funktionierende, gut zusammenarbeitende und auf die anstehenden Sachen konzentrierende Gruppe spielen... oder eine Truppe von Leuten, von denen jeder etwas anderes will und die sich ständig verzetteln. Wenn die Spieler das nicht mittragen, dann ist es aufgezwungen. Und nein, das hat nichts mit Railroading zu tun. ;)

Alternativ hilft es, dass Probleme, mit denen sich die Gruppe nicht beschäftigen will, nicht verschwinden. Da steht eine Orkarmee vor den Toren der Stadt, aber die Gruppe will lieber Speiseeis verkaufen? Mal sehen, ob die neuen Orkherrscher das zulassen. Die Gruppe hat einen Einbruch begangen, tonnenweise Beweise gegen sich zurückgelassen, hat aber keine Lust, sich um die Verfolger zu kümmern? Willkommen im Kerker, hier ist ihr Willkommensgeschenk, dummerweise können sie es nicht annehmen, weil sie angekettet sind. Einfach Plotteile, auf welche die Gruppe keine Lust hat, nicht wegplöppen lassen, sondern weiterlaufen lassen. Die Welt dreht ich halt NICHT nur um die Wünsche der Spieler, sondern ein paar NSCs haben ihre eigenen Wünsche. Auch DAS ist kein Railroading, sondern der ganz normale Fluß einer Welt. Niemand hat Lust auf einen Krieg (abgesehen von denen, die ihn anfangen und denen, die davon profitieren, selbstverständlich), aber der geht deswegen halt nicht einfach weg. Ist zwar "unmodern" heute, gehört aber zum Realismus eines Settings dazu. Dinge passieren auch dann, wenn Charaktere sich nicht drum kümmern... das ist dann ihre Wahl, ob sie das aufhalten wollen oder nicht... wenn nicht, müssen sie halt die Konsequenzen der Entscheidung tragen.

Offline Megavolt

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #2 am: 26.06.2022 | 08:25 »
Enorm cooler Threadtitel  :d

Aber ich würde gerne nachfragen, ob ich das richtig verstanden habe: Die Figuren sollen nicht auf Abenteuer ausziehen "wollen"? Sie sollen Subunternehmer anheuern wollen für das Dungeon ? Und die Frage ist, wie man diesen Wunsch erzeugt?
« Letzte Änderung: 26.06.2022 | 09:16 von Megavolt »

Offline Maarzan

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #3 am: 26.06.2022 | 08:54 »
Die Welt dreht ich halt NICHT nur um die Wünsche der Spieler, sondern ein paar NSCs haben ihre eigenen Wünsche. Auch DAS ist kein Railroading, sondern der ganz normale Fluß einer Welt.
Railroading wird es, wenn mögliche Versuche der SC das den neuen Herrschern im wahrsten Sinne des Wortes - schmackhaft zu machen "alternativlos" hart vor die Pumpe laufen würde, weil der SL kein Bock auf diese Art Handlung hat oder ähnliche Aktionen.
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Offline nobody@home

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #4 am: 26.06.2022 | 09:10 »
Aber ich würde gerne nachfragen, ob ich das richtig verstanden habe: Die Figuren sollen nicht auf Abenteuer ausziehen "wollen"? Sie sollen Subunternehmer anheuern für das Dungeon wollen? Und die Frage ist, wie man diesen Wunsch erzeugt?

Es klingt mir eher nach der Frage, wie man seine Spieler dazu motiviert, sich an Kampagnenprämissen a la "Ihr seid Shadowrunner, ihr macht Runs, und dabei bleibt ihr eben nicht noch an jeder Ecke stehen, um an den Blümchen zu schnuppern!" zu halten. Aber ich könnte mich auch vertun. :)

Swafnir

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #5 am: 26.06.2022 | 09:46 »
Das Problem hatte ich gestern bei einem 9Jährigen. Aber selbst der hat schnell kapiert, dass es für ihn langweilig wird, wenn er schlafen geht, während die anderen das vermisste Kind suchen.

Offline Colgrevance

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #6 am: 26.06.2022 | 10:20 »
Ich sehe dafür zwei Möglichkeiten:

1. Ich nehme ein Spiel, dass Regelmechaniken bietet, die die gewollte thematische Fokussierung bewirken bzw. schon im Regelwerk eine entsprechende Core Gameplay Loop etablieren. BitD hast du ja schon genannt; auch PbtA-Spiele wirken mit ihren jeweils spezifischen Agenden, Prizipien und Moves in diese Richtung, ohne m. E. ganz so strukturiert zu sein wie FitD. Das neue Blade Runner-Rollenspiel von Fria Ligan wäre ein eher klassisches Rollenspiel mit starkem Fokus, da alle Charakteroptionen und Mechaniken auf das Thema (wir spielen Blade Runner, die Ermittlungsfälle lösen) ausgerichtet sind.
Wenn man "klassische" Rollenspiele gewohnt ist, fühlen sich diese Strukturen zunächst oft fremd oder künstlich an; das ist m. E. aber vor allem eine Gewohnheitssache.

2. In thematisch weniger stark fokussierten Spielen hilft meiner Meinung nach nur eine explizite Absprache in Session 0, bei der das Thema und die gewünsche Gameplay Loop besprochen und ggf. beispielhaft durchgegangen wird. Zudem würde ich die Spielercharaktere gemeinsam erschaffen (oder zumindest in Absprache), um am Spieltisch auch passende Konzepte zu haben.
Das klappt bei Shadowrun, weil das Spiel alt und verbreitet genug ist, dass sich die thematische Fokussierung auf "Runs" herumgesprochen hat (und in den Regelbüchern ja auch immer wieder beispielhaft auftaucht, auch wenn diese m. E. nicht ganz so festgelegt sind, wie es dann häufig gespielt wird) - wie genau sich das etabliert hat, müssen dir die Shadowrun-Experten erklären, dazu kenne ich mich mit dem Spiel viel zu wenig aus. Bei einem neuen/eigenen Spiel wird man um die Absprache aber wohl schwerlich herumkommen.
« Letzte Änderung: 26.06.2022 | 10:27 von Colgrevance »

Offline Tudor the Traveller

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #7 am: 26.06.2022 | 10:38 »
Aber ich würde gerne ein System spielen, das mehr Management-Charakter hat. Die Atmosphäre und die generellen Szenarios sollen so aussehen, dass Charaktere sich eher mit dem Vergeben von Aufträgen, die Rücksprache mit Auftragnehmern, das bereinigen von Fährten, die zur eigenen Bande führen etc beschäftigen.
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Wie geht das? Warum funktioniert das bei Shadowrun? Und warum fühlt es sich bei BitD so aufgezwungen an?

Es klingt mir eher nach der Frage, wie man seine Spieler dazu motiviert, sich an Kampagnenprämissen a la "Ihr seid Shadowrunner, ihr macht Runs, und dabei bleibt ihr eben nicht noch an jeder Ecke stehen, um an den Blümchen zu schnuppern!" zu halten. Aber ich könnte mich auch vertun. :)

Liest sich für mich nicht so. Es geht ja irgendwie um ein Management Spiel. Ich bekomme das aber mit SR noch nicht zusammen. Bei SR machen die Chars den Run ja selbst. Es hört sich aber so an, als ob die Spieler eher den Johnson spielen sollen?
« Letzte Änderung: 26.06.2022 | 10:42 von Tudor the Traveller »
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Offline Flamebeard

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #8 am: 26.06.2022 | 11:13 »
Liest sich für mich nicht so. Es geht ja irgendwie um ein Management Spiel. Ich bekomme das aber mit SR noch nicht zusammen. Bei SR machen die Chars den Run ja selbst. Es hört sich aber so an, als ob die Spieler eher den Johnson spielen sollen?

Naja, in meinen Runden habe ich es schon eher regelmäßig, dass, je nach Charakterverteilung, ganze Teile von Aufträgen an Sub-Unternehmer von Runners'R'Us vergeben werden (Decking, Transport, Rituelle magische Unterstützung,...).

 Versteht mich nicht falsch: Auch eine Runde, in der alle 5 Spieler eine Ork-Messerklaue namens Klaus-Uwe spielen, macht Spaß. Aber dann wird halt alles außer dem Wegmoschen der Site-Security von NSCs erledigt; Und selbst das eher nicht unauffällig.
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Offline Eadee

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #9 am: 26.06.2022 | 11:28 »
Mein erster Ansatz wäre:
1) finde spieler die spaß an Managment haben.
2) wähle ein System mit vielen Kompetenzbereichen.
3) halte die Gruppengröße und Anzahl Fähigkeiten so gering dass die SCs nicht alle notwendigen Kompetenzbereiche abdecken können
4) gib den SCs Aufgaben die klar außerhalb ihrer Kompetenzbereiche liegen und deutlich mehr Manpower benötigen als die SCs alleine aufbringen können
5) gib den Spielern Zugriff zu einer offensichtlichen Möglichkeit/Plattform NSCs anzuheuern
6) belohne die SCs für gute Auswahl an NSCs und erfolgreiches delegieren. Belohne vor allem mit Ressourcen, weniger mit Erfahrung
7) die gewonnenen Ressourcen können für folgende Aufträge reinvestiert werden um mehr/bessere NSCs anzuheuern, ggf auch um NSCs ausbilden zu lassen

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #10 am: 26.06.2022 | 11:34 »
Bitte entschuldigt meine Frage, falls sie irgendwie nicht in den Thread passt - also die Antwort gerne auch per PN. Aber ... warum sollte man das eigentlich wollen? Was ist so schlimm daran, wenn die SCs alles selbst machen wollen? Ist das nicht der Sinn des Spiels? Dass die Spieler Herausforderungen meistern? Egal welcher Art?  wtf?

Offline Boba Fett

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #11 am: 26.06.2022 | 11:38 »
Wie geht das? Warum funktioniert das bei Shadowrun? Und warum fühlt es sich bei BitD so aufgezwungen an?

Bei Shadowrun funktioniert es auch nicht immer... aber meistens.
Shadowrun hat einen klaren Fokus: Runner machen Runs. Also baut man sich einen dafür kompatiblen Charakter.
(Da tauchen oftmals andere Probleme in der Rollenzusammenstellung auf. Balancing ist ein Problem, Lone Wolf / Edgelord Charaktere ein anderes [kann ich gern näher ausführen, ist hier aber OT])

Bei DSA ist kein klarer Fokus gegeben, weil DSA den Fokus auf "Weltsimulation Aventurien" hat.
Und klar, da kann man sich den Bettler und den Adligen zusammenbauen, aber die beiden werden nicht viel Gemeinsamkeiten finden, um zusammen Dinge zu erleben.
(Und ja, an den Haaren herbeizaubern lässt sich da was, aber wahrscheinlich würde der Adlige den Bettler dann erstmal ausstaffieren (und waschen) und danach wäre der Bettler kein Bettler mehr)

Auf die Frage "wie schafft man das (trotzdem)" gibt es eigentlich nur eine Lösung: Es muss ein klarer Fokus geschaffen werden.
Und dazu gibt es die Session 0, wo demokratisch oder diktatorisch festgelegt wird, was zum Inhalt des Rollenspiels und wie gespielt werden soll. Und damit schränkt man die Auswahl eben deutlich ein.
(die Session 0 ist bei Shadowrun natürlich genauso hilfreich, um die dort liegenden Fallstricke zu umschiffen)
Wichtig bei der S0 ist vor allem, dass die Leute vorab klären, in welchem Rahmen die Abenteuer stattfinden wollen, danach die Limits (was ist zu spielen möglich und was nicht) definieren und sich danach erst einen Kopf machen, was sie für Charaktere in diesem Bezug spielen wollen. Wenn die Spieler mit einer zementierten Vorstellung der Charakterrolle an den Tisch kommen, wird es schwierig.

Man sollte bestimme Festlegungen (Absprachen und Limitierungen auch mal festhalten (niederschreiben)), damit man sich das abgemachte auch später noch mal ins Gedächtnis zurück holen kann.

Ich mache das bei mir im Moment mehr oder minder diktatorisch. Meistens habe ich eine Idee, in welchem Umfeld ich spielleiten möchte. Den stelle ich vor und damit stelle ich auch klar was geht und was nicht.
(Beispiel: aktuelle Shadowrun 4 Runde: Charaktere fangen mit einem gemeinsamen Gefängnisausbruch an. "ihr sitzt alle zusammen wegen eines gemeinsam verübten Verbrechens seit 5 Jahren" war also die Ausgangslage.
Zuerst hatte ich die Überlegungen, Limitierungen im Powerleven zu machen. Da ich aber einen Spieler habe, der sich daran nicht halten kann, und dann doch immer versteckte Optimums auswählt, gab es bei mir eine Auswahl an Archtypen aus dem Grundregelwerk, die im Powerlevel zueinander passen. Und ja, das ist undemokratisch.)
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Offline Boba Fett

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #12 am: 26.06.2022 | 11:51 »
Aber ... warum sollte man das eigentlich wollen?

Es kommt darauf an, wie sehr es am Spieltisch gewünscht ist, dass sich völlig konträr verhaltende Charaktere gemeinsam eine Handlung teilen.
Im Fantasy haben wir gerne mal "Dieb und Paladin" als Streitmuster. Der eine identifiziert sich über "Diebstahl" und der andere über "Rechtschaffenheit".
Das kann Spaß machen, wenn die sich am Tisch kabbeln, kann aber auch schiefgehen (eine Seite überspannt den Bogen) oder sich auch abnutzen und dann nur noch nerven.
Es kann auch schlicht völlig inkompatibel sein, weil sich die beiden Pole existenziell ausschließen. (Hexe und Inquisition)
Solange alle Spaß haben - wie gesagt - erfordert es nur Mühe. Blöd nur, wenn es jemanden nervt und den Spielspaß raubt.

Es kann auch sein, dass der Spielleiter für diese Runde eine Idee hatte, die bestimmte Voraussetzungen hat und in der es bestimmte NoGos gibt.
Die Spielleitung ist ja nicht der reine Dienstleister, der gefälligst das zu leiten hat, was die Kundschaft bestellt hat, sondern will auch Spaß am Spiel haben und bringt auch Wünsche mit an den Tisch.
Und vor allem ist die Spielleitung meistens nicht das offene Angebot, sondern bringt die Speisekarte mit einem limitierten Angebot an Ideen, an denen man sich was raussuchen kann.

"anything goes open world" Rollenspiele sind extrem aufwendig und erfordern auch viel Absprache. Und meistens ergibt sich in der Absprachen eben nicht "anything goes" sondern ein Kompromiss, der es erlaubt, dass man gemeinsam spielt und niemand am Ende der Spielsitzung frustriert nach Hause geht.
« Letzte Änderung: 26.06.2022 | 11:56 von Boba Fett »
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Offline Space Pirate Hondo

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #13 am: 26.06.2022 | 12:23 »

Auf die Frage "wie schafft man das (trotzdem)" gibt es eigentlich nur eine Lösung: Es muss ein klarer Fokus geschaffen werden.
Und dazu gibt es die Session 0, wo demokratisch oder diktatorisch festgelegt wird, was zum Inhalt des Rollenspiels und wie gespielt werden soll. Und damit schränkt man die Auswahl eben deutlich ein.
(die Session 0 ist bei Shadowrun natürlich genauso hilfreich, um die dort liegenden Fallstricke zu umschiffen)
Wichtig bei der S0 ist vor allem, dass die Leute vorab klären, in welchem Rahmen die Abenteuer stattfinden wollen, danach die Limits (was ist zu spielen möglich und was nicht) definieren und sich danach erst einen Kopf machen, was sie für Charaktere in diesem Bezug spielen wollen. Wenn die Spieler mit einer zementierten Vorstellung der Charakterrolle an den Tisch kommen, wird es schwierig.

Man sollte bestimme Festlegungen (Absprachen und Limitierungen auch mal festhalten (niederschreiben)), damit man sich das abgemachte auch später noch mal ins Gedächtnis zurück holen kann.

Ich mache das bei mir im Moment mehr oder minder diktatorisch. Meistens habe ich eine Idee, in welchem Umfeld ich spielleiten möchte. Den stelle ich vor und damit stelle ich auch klar was geht und was nicht.

Genau das ist der Punkt. Man legt zusammen in Session 0 ein Gruppenkonzept fest, wo jeder seine Nische ausfüllen kann. Je nach Konzept, kann man da auch problemlos alle gewünschten Klassen/Archetypen unterbringen. Wenn man z.B. für eine größere Organisation arbeitet, sollten auch fast alle Klassen/Archetypen vorhanden sein. Man sollte sich da vielleicht nicht zu eng an die Buchbeschreibungen der Klassen festbeißen, sondern lieber überlegen, wie man das für das gewüschte Konzept anpasst.

Offline Isegrim

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #14 am: 26.06.2022 | 12:24 »
Das Problem, dass duderino beschreibt, ist die andere Seite der eigenen Agenda der SCs. In einigen Spielstilen notwendig, damit überhaupt etwas passiert, steht sie anderen Stilen va im Weg. Muss man halt wissen, was man will.

Ich persönlich präferiere auf der einen Seite Inhalte & Konflikte, die die ganze Gruppe betreffen. Auf der anderen hab ich keine Lust auf ausufernde OG-Absprachen. Daher ist es mir am liebesten, wenn Abenteuerinhalte va vom Spielleiter kommen, ob nun mittels Aufträgen (Runs etc), oder meinethalben auch der an den Haaren herbei gezogenen "Ihr rutscht da in Wasauchimmer rein"-Sachen. Wenns für den SC nicht völlig abstrus wär (und das zu vermeiden gehört dann zu den SL-Aufgaben), geh ich gerne darauf ein; bin ja da, um was zu erleben.

Ergeben sich Themen oder Konflikte, die die ganze Gruppe interessieren, aus dem Spiel heraus ist das nett. Aber das lässt sich nicht planen, und geschieht nicht immer.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline Tudor the Traveller

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #15 am: 26.06.2022 | 12:50 »
Naja, in meinen Runden habe ich es schon eher regelmäßig, dass, je nach Charakterverteilung, ganze Teile von Aufträgen an Sub-Unternehmer von Runners'R'Us vergeben werden (Decking, Transport, Rituelle magische Unterstützung,...).

Ich wüsste aber nicht, dass SR das regelseitig  irgendwie besonders unterstützt. Gefolgschaft und Hirelings sind z.B. in D&D explizit etabliert und bis AD&D sogar tendenziell vorgesehen. Auch in der 3 x gab es als Option das Leadership Feat für diesen Zweck.
Deswegen meine Nachfrage, warum gerade SR das so toll tun soll.
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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #16 am: 26.06.2022 | 12:52 »
Mit aus den angesprochenen Gründen gibt's ja beispielsweise bei Fate dieser Tage den Ansatz mit der gemeinsamen Kampagnen- und Charaktererschaffung und haben diverse -- nicht alle -- einschlägige Settingprodukte für das System so ihren recht straffen Fokus darauf, um was es überhaupt gehen soll. (Fate of Cthulhu etwa: Man spielt per Voreinstellung nicht einfach irgendwelche "Mythos-Investigatoren", die sich halt mit gepflegtem Grusel die überschüssige freie Zeit vertreiben, sondern genau die Leute, die die anstehende große Mythos-Apokalypse, die für einige von ihnen dank Zeitreise schon konkrete Vergangenheit sein mag, doch noch irgendwie abwenden oder zumindest ihre Auswirkungen reduzieren sollen. Kein Druck... >;D)

Muß man sich da zwingend dran halten? Wie üblich natürlich nicht (die Rollenspielpolizei hat Wichtigeres zu tun), aber der Ansatz hat aus meiner Sicht schon etwas.

Camo

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #17 am: 26.06.2022 | 16:14 »
Ein "Management"-Setting war z.B. Birthright für AD&D, da füllte man die Rollen von Anführern einer Nation aus. Kennt hierzulande kaum noch einer und könnte deswegen etwas kniffliger aufzutreiben sein.

Offline duderino

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Re: Identitäts-Railroading: Wie macht man das am besten?
« Antwort #18 am: 26.06.2022 | 18:11 »
Enorm cooler Threadtitel  :d

Aber ich würde gerne nachfragen, ob ich das richtig verstanden habe: Die Figuren sollen nicht auf Abenteuer ausziehen "wollen"? Sie sollen Subunternehmer anheuern wollen für das Dungeon ? Und die Frage ist, wie man diesen Wunsch erzeugt?

Jain, fast. Wenn du Spielfigur durch Spieler ersetzt, stimmt das so. Also wie motiviere ich Spieler dazu, Charaktere so zu bauen und zu spielen, dass sie innerhalb der angepeilten Spielinhalte bleiben und nicht etwas ganz anderes machen.

Im speziellen Fall geht es um bspw. den Prozess des Anheuerns, Vertrauen aufbauen, Gefahren ausloten, eventuelle Fehlschläge kompensieren, Spuren verwischen, Friedensverhandlungen durchführen, Propaganda etc geht. Aber generelle Meinungen zu "wie Rollenspiele einen Rahmen dafür schaffen, dass sie von Spielern so gespielt werden, dass Szenen der Art X häufig auftreten", sind ebenso willkommen.


Liest sich für mich nicht so. Es geht ja irgendwie um ein Management Spiel. Ich bekomme das aber mit SR noch nicht zusammen. Bei SR machen die Chars den Run ja selbst. Es hört sich aber so an, als ob die Spieler eher den Johnson spielen sollen?
Das SR-Beispiel deshalb, weil: Wenn ich das SR-Regelwerk auf den Tisch klatsche, dann ist allen klar, dass sich das Spiel um Einbrüche, Extraktionen, Spionage-Arbeit etc drehen wird. Und nicht darum, Topmodel zu werden. Es ist damit also ein Beispiel für eine gelungene Lösung meines generalisierten Problems: Wie macht Shadowrun das? Welche Bedingungen müssen dafür zusammentreffen?

Bitte entschuldigt meine Frage, falls sie irgendwie nicht in den Thread passt - also die Antwort gerne auch per PN. Aber ... warum sollte man das eigentlich wollen? Was ist so schlimm daran, wenn die SCs alles selbst machen wollen? Ist das nicht der Sinn des Spiels? Dass die Spieler Herausforderungen meistern? Egal welcher Art?  wtf?

Ich finde Verhandlungen einfach interessanter als Kämpfe. Und die können ja auch herausfordernd sein.
Und es ist nicht schlimm, wenn SCs "alles selbst machen wollen". Aber ich würde gerne eine Runde bzw ein Rollenspiel spielen, in dem das anders ist. Einfach für Abwechslung. Oder weil man andere Herausforderungen spielen kann. Oder weil es plausibler ist, zumindest in Settings mit hoher Mobilität und Kommunikationstechnologie. Dazu müssen SCs (bzw die Spieler dahinter) natürlich ein bisschen anders agieren, als im "Standard-"Rollenspiel. Und die Frage dabei ist offensichtlich, wie man Spieler dafür begeistert.





« Letzte Änderung: 26.06.2022 | 18:12 von duderino »