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[Candela Obscura] Ein erster Eindruck
Jens:
--- Zitat von: Quaint am 28.05.2023 | 23:07 ---Vielen Dank für deine Beschäftigung mit Candela Obscura und dem Abenteuer. Sehr erhellend.
--- Ende Zitat ---
Vielen Dank für diesen grandiosen Wortwitz ;D :d
Wisdom-of-Wombats:
--- Zitat von: sma am 28.05.2023 | 22:52 ---Mehr zum Abenteuer, sicherheitshalber in Spoiler-Tags, mit Spuren von Rant, aber auch ein paar Ideen, wie ich's für mich zu reparieren plane.
Bei den Bahnhöfen habe ich mich vielleicht davon leiten lassen, dass in den letzten 100 Jahren die Städte über ihre ursprünglichen Grenzen gewuchert sind. Ich habe mir Lübeck und Nürnberg um 1900 angeschaut und da ist der Bahnhof tatsächlich am Rand des historischen Stadtkerns. Ich nehme da mein Meckern zurück :)
--- Ende Zitat ---
Danke für die ausführliche Betrachtung des Abenteuers. Ich gebe echt zu, auf solche Ungereimtheiten achte ich bei fertigen Abenteuern eher selten. Daher vielen Dank. Candela Obscura wirkt deutlich weniger interessant.
sma:
--- Zitat von: Murphy am 28.05.2023 | 10:30 ---Falls du es doch leitest, bin ich gespannt auf deinen Erfahrungsbericht. :d
--- Ende Zitat ---
Wie geplant haben wir's gespielt und wie vermutet, sind wir noch nicht damit durch. Nettospielzeit war ca. 2h, zwei der vier Szenen fehlen noch. Zum der Agenda unterworfenen unlogisch-fragmentarischen Abenteuer sage ich nichts weiter, außer, dass ich's durchgezogen habe und den Spielern alle Vorlesetext aufgezwungen habe damit wir auch sehen, wie sich die Autoren das vorgestellt haben.
Die Regeln sind simpel und sofort verständlich, fielen aber weder angenehm noch unangenehm auf. Sie sind eigentlich egal, und das ist fatal, da eine Spielerfrage war "warum sollen wir jetzt das System spielen, wo es doch auch dutzende ähnliche Systeme gibt." Und darauf gibt es in dem Schnellstarter keine gute Antwort, außer vielleicht, dass viele Critical Role Fans möglicherweise diese dutzenden ähnlichen Systeme alle nicht kennen und daher ihr erstes Nicht-W20-basiertes-nicht-D&D-System kennenlernen.
Charaktere fühlen sich zumindest kompetent an, weil man mit 2W6 eine 75%, 3W6 eine 88% und 4W6 eine 94% Erfolgschance hat (ohne Nachwürfeln zu berücksichtigen). Dadurch, dass man dort, wo man am meisten Motivationswürfel hat, auch die goldenen Würfel hat, bietet sich an, diesen großzügig zu benutzen.
Ein Spieler merkte noch an, dass es einfacher wäre, wenn nicht alles so krampfhaft anders benannt wäre. Mein Antrieb – oder meine Motivation – sind Nerven? Hm. Ich packe zur Körperbeherrschung (das hatte ich weiter oben noch mit dem falschen Freund Kontrolle übersetzt) noch zwei Nerven-Würfel dazu, weil ich als Muskel davon sechs habe? Ich gebe einmal Nerven aus, um die Verstandsmarkierung zu übernehmen? Von ausblutender Magie markiert? Das geht schon eher…
Kann man's spielen? Sicherlich. Funktioniert. Muss man's spielen? Also nicht der Regeln wegen. Das exakt gleiche Abenteuer hätte man auch mit Call of Cthulhu, Väsen, Cthulhu Dark, Fate oder D&D-Regeln spielen können.
Will man als SL aber irgendwie Charaktere mal in ernsthafte Gefahr bringen, sollte es noch Regeln geben, Würfel abziehen zu können. Denn schauen wir uns mal den Explorer an, der Spezialist für Bewegung und Angriff, wo er je 2 Würfel hat und 6 im Pool. Mit einem Talent kann er da auch noch 2 goldene Würfel benutzen, sobald er einmal von Magie berührt wurde. Als Pool hat er also mindestens 3, wird im Schnitt seinen Nerven-Würfel wieder bekommen und kann auch noch 2W6 wiederholen, wenn's sein muss. Das der da scheitert, ist nahezu ausgeschlossen.
Und dann gibt es komische Regeln wie: Der Professor (der komischerweise Intuition, also Gefühl, statt Schläue, also Verstand benutzt) bekommt seine Intuition zurück, wenn er einen Wurf verreißt, was gar nicht so leicht ist. Hier kann man dann einmal auf Untersuchen mit 2 Basiswürfeln plus 4 Intuition würfeln, um den Erfolg zu garantieren, nur um dann in der nächsten Situation einen Wurf auf Gespür zu forcieren, absichtlich nur mit 1W6, weil dann eine 50% Chance da ist, die 4 Intutionswürfel wieder zu bekommen.
Einfach nur als Fehler im Schnellstarter werte ich dann ja, dass der Kriminelle ein Talent hat, für das er Intuitionswürfel ausgeben muss, aber gar keine hat.
sma:
Eine schöne [Zusammenfassung von Setting und Regeln als Video](https://www.youtube.com/watch?v=uiKQN6T2UNI) und er beschreibt auch, was ich nicht so ausdrücken konnte, nämlich dass der Schnellstarter den _moral high ground_ haben möchte, aber sich dabei widersprüchlich selbst im Weg steht.
Wonko:
Vielen Dank für die interessanten und detaillierten Einblicke. Ich möchte hier mal ein paar positive Punkte anbringen, die in der ganzen Diskussion etwas zu kurz kommen:
Zunächst einmal: Es ist ein Quickstarter. Ich kann hundert intelligente Fragen zum Setting stellen, aber ich kann nicht erwarten, dass sie alle auf 9 Seiten Regel- und Settingbeschreibung beantwortet werden. Ist das Setting interessant? Mit Sicherheit. Eine untergegangene Zivilisation, gefährliche Magie, ein mühsam abgewehrte und jederzeit neu drohende Invasion, Geheimgesellschaften, angedeutete cthulhoide Elemente gemischt mit Teslapunk ... wer daraus keine Inspiration für viele, viele Abenteuer ziehen kann, ist selber schuld.
Grundsätzlich neu ist davon nix, letztendlich muss es die Mischung machen, und dafür wird man auf das eigentliche Regelwerk warten müssen. Interessant finde ich das angedeutete "Bleed", die Korruption durch Magie (Verzeihung: Magick), das sich hier nicht nur auf die Bösewichte sondern auch die SC auswirkt.
Sind die Regeln funktional? Ich glaube schon und sie passen gut zum Setting und helfen unmittelbar dabei, die Stimmung und den Fokus des Spieles zu setzen. Es wird viel davon abhängen, wie die Subsystem im eigentlichen Spiel zusammenhängen und welche Mittel der GM (dazu gibt es leider sehr wenig im Quickstarter) zur Verfügung hat.
Am schwierigsten fand ich die eingestreuten moralischen Ansprüche ... an die Spieler (!), die aber irgendwie auch ins Spiel übertragen werden sollen, obwohl es da im Setting wiederum ziemlich rau zugeht und auch nicht gerade immer sehr differenziert ... Ich habe da beim Lesen reflexhaft ziemlich ablehnend reagiert, weil ich mir nicht gern vorschreiben lasse, wie ich mein Spiel zu spielen habe. Andererseits finde ich das Anliegen, sich mit stereotypen Darstellungen und problematischen Genrekonventionen auseinanderzusetzen, an sich sehr unterstützenswert und auch spannend. Auch hier wird man sicherlich sehen müssen, wie sehr das Endprodukt mit dieser schwierigen Balance zurechtkommt.
Das Abenteuer lässt mich zwiegespalten zurück. Mir gefällt gut der Fokus auf Struktur (Hook, Arrival, Exploration, Escalation, Climax, Epilogue) und die Betonung von "Reveals", die von Szene zu Szene führen. Mir gefällt auch die Offenheit gegenüber verschiedenen Lösungsansätzen und der Versuch, der SL einen Werkzeugkasten dafür bereitzustellen statt jedes Detail von vornherein bestimmen zu wollen. Allerdings bleibt es oft ein bisschen beim Versuch, weil die Hinweise oft zu vage sind. Gerade in der Anfangsszene, wo überhaupt keine NPC beschrieben werden, obwohl sie einfach notwendig sind. Und auch später, wenn es solche gibt, werden sie nur angedeutet und sind nicht gut zur praktischen Nutzung ausgearbeitet.
Möchte ich den Quickstarter leiten? Eher nicht, dazu kenne ich das Blades-System zu wenig und Setting und Abenteuer lassen mich mit zu vielen Fragezeichen zurück. Aber ich bin froh, dass ich ihn gelesen habe. Das ist eines der interessanteren Rollenspielunternehmen, die ich in letzter Zeit gesehen habe, und ich wünsche dem System viel Erfolg und werde es mit Sicherheit weiter beobachten.
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