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[Savage Worlds] Ghostbusters Solo Play
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Columbia University, Institute for Advanced Theoretical Research.
Jas Elliott und Egon Spengler stehen nebeneinander und schauen durch die Glasscheibe in das Zimmer mit dem Versuchsaufbau.
„… Das ist so ziemlich das Interessanteste, was Du je allein ausgeheckt hast, Egon!“, grinst Jas, mit einem irgendwie süffisanten Gesichtsausdruck.
„Ich selbst würde die meisten Projekte in ihrer wissenschaftlichen Bedeutsamkeit erst hinter dem tragbaren Nuklearbeschleuniger und dem Ecto-Sperrsystem einordnen“, sagt der Physiker, mit einem milden Lächeln.
„Ja, Du verkappter, kleiner Narzisst, aber die gehen zur Hälfte auf meine Kappe! Das hier, das hast Du Dir ganz allein ausgedacht! Weißt, Du, was ich dazu denke: Am Ende hast Du doch Gefühle! Ganz im Gegensatz zu dem, was man in der Feuerwache behauptet, wie Du weißt.“
„Da wäre einzuwenden, dass dieser Versuchsaufbau jedoch nicht auf emotionalen Befindlichkeiten, sondern wissenschaftlicher Neugier basiert“, stellt Egon fest.
„Aber diesmal erforschst Du immerhin Emotionen, anstelle von Teilchen, Wellen, und schnöden Partikeln!“
Jas unterdrückt ein Kichern, als er sich vorstellt, dass das vielleicht für seinen Kollegen Egon die Art und Weise ist, wie er sich an das Fühlen herantastet; vielleicht bekommt er es bis zur Pensionierung sogar hin, ein ganz normales, menschliches Gemüt zu entwickeln. Wer weiß!
„Es hat insgeheim den Charakter eines Zeitvertreibs“, sagt Egons tiefe Stimme, „Immerhin habe ich hier an der Universität einen Forschungsauftrag, dem ich nebenher nachzukommen habe. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Ergebnisse dieses Projekts sich potenziell für das Feld der Geisterjagd einsetzen lassen werden. Wenn wir wieder arbeiten dürfen.“
„Uuuh, ja. Wieder arbeiten dürfen! Hübsche Vorstellung!“, pflichtet Jas gut gelaunt bei.
Jing nähert sich lächelnd, in ihrem weißen Kittel und mit ihrem Klemmbrett, und bleibt in respektvollem Abstand zu Dr. Spengler stehen. Das ist eine seiner Laborassistentinnen, sie sieht aus wie ein asiatisches Porzellanpüppchen, total reizend. Für Jas ist es nicht schwer zu erkennen, wie verschossen sie in ihren Chef ist. Er wiederum scheint ihre Gegenwart als angenehm zu empfinden, aber abgesehen davon — natürlich — nichts zu schnallen.
„Wir wären dann bereit, Dr. Spengler“, sagt Jing.
„Gut. Wir beginnen mit der Negativ-Kalibrierung“, und er zückt ein kleines Messgerät, und tritt vor die Glasscheibe.
„Du glaubst, menschliche Emotionen könnten tatsächlich die physische Umgebung beeinflussen?“, fragt Jas.
„Nun, das tun sie ja, in Gestalt von manifestiertem Ectoplasma, wie die Großeinsätze vor zwei Jahren gezeigt haben. Aber dies stand im Zusammenhang mit massiven PKE-Spikes. Hier wollen wir feststellen, ob auch lebende Menschen ohne psychokinetische Veranlagung dazu beitragen. Das basiert auf einer Theorie von Ray und mir, als wir noch im Geschäft waren.“
Hinter der Scheibe geht ein abgespannt aussehendes Besserverdiener-Ehepaar ihrem Ehestreit nach.
„Stark. Und die können uns nicht sehen?“, fragt Jas, und winkt kokett durch die Scheibe.
„Nein, sie glauben, dies ist ein Spiegel, und dass sie hier zu einer Eheberatung sind. Sie warten seit jetzt exakt zweieinhalb Stunden, und wir haben die Raumtemperatur graduell erhöht, mittlerweile sind wir bei 95 Grad. Jetzt fragt sie mein Assistent, ob sie noch eine weitere halbe Stunde warten könnten.“
Das streitende Ehepaar gestikuliert abgenervt. Egons bescheuertes Handgerät gibt ein Summen von sich, das beinahe fröhlich klingt.
„Oh, exzellent“, sagt Egon, „Dann versuchen wir jetzt den Fröhlichkeits-Index. Schickt das Hundebaby rein.“
Sie betrachten durch die Glasscheibe, wie das etwas abseits sitzende Töchterchen des streitenden Ehepaars mit einem Welpen zu spielen beginnt. Egons Messgerät surrt bestätigend.
„Was wäre denn die Implikation für uns, wenn Deine Theorie bestätigt würde?“, fragt Jas.
„Perspektivisch? Möglicherweise könnten wir ein besseres Verständnis entwickeln für 55 Central Park West. Dort wurde erfolgreich versucht, die Brücke ins Jenseits mit physischen Mitteln zu schlagen. Wenn auch um sechzig Jahre zeitversetzt, entgegen der Intention des Architekten.“
„Und Du glaubst insgeheim, die Träger aus purem Selen und der ganze Krempel waren nur eine von mehreren Möglichkeiten, um so etwas abzuziehen!“
„… Das habe ich nicht gesagt“, murrt Egon dumpf, und notiert seine Messdaten auf einem Notizblock.
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„… Ihr habt wieder eine Eurer inoffiziellen Anfragen“, sagt Janine zu Ray, als der an ihrem Schreibtisch in der Fahrzeughalle der Feuerwache vorbei geht.
Beide gucken sich unauffällig um, ob auch nicht Phil Croucher gerade in Hörweite ist. Der darf davon keinesfalls was mitbekommen.
„Das scheint sich ja mittlerweile richtig herumzusprechen …!“, seufzt Ray. Was ihn betrifft, sitzt ihm immer noch der Schreck von neulich in den Knochen.
„Guck‘ doch nicht so bedröppelt“, schnarrt Janine, „Wir brauchen jeden Dollar, um die laufenden Kosten zu bezahlen. Schon allein die ganzen Gerichtskosten des letzten halben Jahres vergrößern das Loch in der Geschäftskasse immer weiter ...“
Apropos: An der Stelle ist es dann mal wieder Zeit für einen Trade-Wurf für unseren Manager Phil Croucher. Die Situation ist ja widrig durch die vielen Klagen seitens der staatlichen und halbstaatlichen Instanzen; aber auf der anderen Seite sonnt die Firma sich — obwohl die Geschäfte gerade brachliegen — in köstlicher, köstlicher Publicity. Allein Crouchers Idee mit der Zeichentrickserie für Kinder ist nichts geringeres als ein Geniestreich, zumindest finanziell betrachtet.
Nachdem er durch seine Auftritte in Teil I einen Advance zusammen bekommen hat, erhöhen wir Phils Intimidation auf W6 und sein Trade (Management) auf W10. Er ist an diesem Projekt merklich gewachsen. Dann würfle ich den frisch gesteigerten W10. Ein knapper Erfolg kommt bei seinem Trade-Wurf heraus. Phil hat also die Firma grade so eben über Wasser halten können in den letzten Monaten. Nicht mehr, nicht weniger!
Also, zurück zur Szene:
„... Aber die können hier doch nicht einfach die Geschäftsnummer anrufen, und uns herbestellen! Das ist dann ja, als wenn wir wieder auf hätten!“, sagt Ray leise, „Stell‘ Dir bloss mal vor, was wäre, wenn eines Tages Phil hier ist und das mit anhört — oder sogar so einen Anruf entgegennimmt!“
Janine schnaubt bockig, „Als würde der sich jemals ertüchtigen, hier ans Telefon zu gehen! Ha! Außerdem kannst Du Dich sowieso abregen, Ray. Hier geht’s lediglich um eine Beratung. Die könnt Ihr bei einem Feierabend-Bierchen in irgendeiner Eurer zwielichtigen Bars machen.“
„Ach so? Na okay … das ist was anderes … Oder geht’s da schon wieder um den rosa Schleim in der Bronx? Zu dem haben wir doch immer noch nicht die Messergebnisse ausgewertet!“
„Nein, nein. Das sage ich denen schon immer, dass wir nicht die dämliche Stadtreinigung sind, egal, welche Farbe das Zeugs hat! Nee, das sind diesmal Leute, die sich vernetzen wollen. Waren wahnsinnig freundlich, und hatten einen ganz drolligen Akzent. Europäer, oder so.“
„Okay, danke, Janine!“, sagt Ray erleichtert, „Machen wir. Ich nehm‘ Jas und Egon mit, wenn die nachher von der Uni zurückkommen.“
„Schön“, sagt Janine, und hebt wieder ihre Illustrierte vor ihr Gesicht, „Aber labert diese Herzchen nicht zu. Ihr drei zusammen auf einem Haufen? Laber, laber, laber.“
„Öh … wie meinen …?“, fragt Ray etwas ratlos. Janine kommt ihm schroffer vor als normalerweise.
„Seht zu, dass die nicht den Anschluss verpassen bei dem, was Ihr sagt.“
„Willst Du nicht auch mitkommen? Dann kannst Du uns bremsen, wenn wir uns in wissenschaftlichen Details verlieren!“, sagt Ray, und sein Gesicht hellt sich auf, er findet seine eigene Idee sofort offensichtlich prima.
„Mit Euch?“, fragt sie eisig, hinter ihrer Zeitschrift, „Danke, ich habe leider Dringlicheres zu tun!“
Ray legt den Kopf schief. Janine ist letztlich immer so, wenn’s um sowas geht, vor allem, wenn Egon dabei ist. Dabei dachte er, die beiden verstehen sich so gut! Hat er da irgendwas nicht mitbekommen ...?
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Advances
Zwischenzeitlich haben alle Wild Cards einen weiteren Advance zusammen bekommen. Der von Phil Croucher ist ja oben schon erwähnt worden. Um meine Narrative vom derzeitigen Ruhm zu unterfüttern, den sie in den vergangenen Jahren angehäuft haben, bekommen alle Ghostbusters (Ray, Peter, Jas, Winston, Egon, und Janine) den neuen Vorteil Fame. Dana derweil stand weniger im medialen Rampenlicht, für sie wähle ich den neuen Vorteil Charismatic.
⚡
In dem spätabendlichen Café ist es knüppelvoll. Die beiden Osteuropäer wollten sich nicht in einer der Kneipen treffen, die Ray, Jas, und Peter normalerweise für solche informellen Treffen benutzen, sondern schön gediegen im 'Russian Tea Room' bei der Carnegie Hall. Die gedimmte Saalbeleuchtung taucht die Szene in eine beinahe bronzene Lichtstimmung. Richtig feierlich geradezu.
Im 'Russian Tea Room' in New York City
Und dass die Wissenschaftler selbstredend eingeladen wären, haben die Unbekannten auch gleich angekündigt, bei dem Telefongespräch vorhin. Die beiden scheinen ordentlich Asche mitgebracht zu haben nach Amerika! Sie tragen sehr teuer aussehende, aber dennoch zurückhaltende Abendgarderobe. Die eine von ihnen ist eine sehr große, sehr dünne Dame, mit elegant geschwungenen Augenbrauen und streng zurückgebundenem Pferdeschwanz. Der andere ist ein kleiner, dicker Gentleman mit weißen Kraushaaren und Backenbart.
„Ich sag‘s Euch, die rufen uns nach Übersee!“, sagt Jas beschwingt zu den anderen beiden, während sie auf den Tisch zugehen, „Früher oder später musste das so kommen! Irgendwohin in die Pampa, wo unser Arbeitsverbot nicht gilt! Hier kommen die internationalen Gelder angerollt, Jungs, ich rieche es!“, und er schnappt sich im Vorbeischreiten mit flinken Fingern ein Häppchen von einem Servierwagen. (Der Kellner guckt verdutzt auf.)
Die beiden stellen ihr muttersprachliches Kauderwelsch ein, als sie ihre drei neuen Connections herannahen sehen, und erheben sich mit herzlichem Lächeln.
Die neuen Geschäfts-Connections aus Europa
„Es ist uns eine große Freude und Ehre, die Herren!“, sagt die Frau, „Wenn ich uns vorstellen dürfte: Dies ist Jalmar Litvinov, und ich bin Ivanka Litvinov.“
„Hocherfreut!“, pflichtet der kleine Krauskopf bei.
„Mit Verlaub, wie sollen wir Sie denn ansprechen?“, erkundigt sich Frau Litvinov halblaut.
„Nanu? Aber Sie kennen doch unsere Namen?“, sagt Ray.
„Gewiss! Es könnte ja aber sein, dass Sie Decknamen bevorzugen, während unserer Unterredung!“, lächelt die Frau charmant.
Jas lacht, „Das, meine Dame, wäre eine Übung in Sinnlosigkeit! Mein Gesicht grinst den New Yorkern ja derzeit von jeder zweiten bis dritten Plakatwand entgegen!“
„Ja, das stimmt natürlich. Es ist zwecklos, sich zu verstellen, nicht wahr? Ein Mann der Wissenschaft, der nebenher als Fotomodell arbeitet!“, lächelt die Frau, und mustert Jas anerkennend.
„Ich melke diesen Werbevertrag so lange ich irgendwie kann, Gnädigste!“, grinst Jas, „Wir haben nämlich ziemlich imposante Stromrechnungen zu bezahlen, seit unser neuer Verbannungscontainer ins städtische Netz eingestöpselt ist. Selbst, wenn der momentan nicht weiter befüllt wird, wollen doch die bisherigen Insassen stets gut gekühlt sein, Sie verstehen, nicht wahr. Und wir wissen noch nicht, ob und wann wir wieder arbeiten dürfen!“
„Dann kommen wir vielleicht ganz zur rechten Stunde!“, nickt sie, „Dieses kleine Gespräch soll für Sie ebenso einträglich sein wie es für uns möglicherweise informativ ist!“
„Aber erstmal bestellen wir!“, sagt Jalmar Litvinov und reibt sich freudig die kleinen, dicken Hände, „Sie müssen die Pirozhki probieren! Daheim bei uns wird dieses Gericht natürlich Colțunași genannt. Aber was sind schon Namen, auf die Inhalte kommt es an!“
Während sie auf das Essen warten, entpuppen sich die beiden Connections als Meister des Konversationmachens. Herr Litvinov ist Rumäne, Frau Litvinov gebürtig ebenfalls, aber ist in Zürich aufgewachsen. Aus Rumänien kommt jedenfalls ihrer beider schwerer Akzent. Sie fragen interessiert nach den Geschäften der drei Geisterjäger; da Egon jedoch nichts von seinem Forschungsprojekt an der Uni erzählen will und Ray nichts einfällt, was er von sich erzählen könnte, wird die ganze Zeit über Jas‘ Werbeverträge geredet.
„… Ford will mich gerne für ihre nächste Plakat-Kampagne haben, aber ich lasse Cadillac nicht sausen dafür. Witzigerweise ist es Hi-C, der Safthersteller, der am besten bezahlt. Aber am liebsten mache ich die wohltätigen Kampagnen! Artenschutz, Umweltschutz, Bildungsprogramme, und so weiter, so allgemeinnützige Sachen! Dabei fühle ich mich dann immer so großartig bescheiden!“, lacht er.
Ray lacht auch, der Aperitif steigt ihm etwas zu Kopfe. Er findet die beiden Europäer total nett. Natürlich wird die Frau mit Jas in der Kiste landen, wenn nicht noch heute Abend, dann binnen einer Woche. Ray hat gelernt, bei sowas nicht neidisch zu sein. Das bringt nichts! Es ist doch meistens dasselbe mit Jas Elliott und der Damenwelt!
Als das Essen da ist, schwärmt Herr Litvinov, „Das lobe ich mir an diesem Land, dem großen, amerikanischen Schmelztigel! Ich bin 10 Flugstunden von der Heimat entfernt, und dennoch kann ich hier Colțunași ordern, die so urig schmecken als habe meine selige Großmutter sie gemacht!“
„Führen die Geschäfte Sie wohl nach New York?“, erkundigt sich Egon, etwas hölzern.
„Nein, Dr. Spengler!“, sagt Litvinov, „Sondern die Stammbaumforschung! Ja, wie schon gesagt: Großer, amerikanischer Schmelztigel! Es gibt Generationen von Einwanderern in unseren Familien, und aus unserer ganzen Heimatregion, die es hierher nach New York gezogen hat.“
„Oh, wie schön!“, nickt Ray herzlich, „Familienwiedervereinigung!“
Die elegante Frau Litvinov sagt, „Sehr wohl! Und das ist auch der Grund, warum wir uns an Sie wenden!“
„Das ist der Grund?“, sagt Ray verblüfft, „Na ja, Peters und Egons Familien haben auch europäische Wurzeln …“
Frau Litvinov sagt, „Wir würden gerne eine Reihe von Interviews machen, mit Personen aus Ihrem Netzwerk! Uns geht es allem voran um Miss Dana Barrett!“
„Dana Barrett?“, fragt Jas überrascht.
„Ja! Sie war eine Kundin von Ihnen, nicht wahr? Sie soll auch zusammen mit Ihnen auf dem Shandor-Gebäude gewesen sein, beim Manhattan-Kreuzaufriss von 1984.“
Die drei Wild Cards wechseln einen verwirrten Blick miteinander.
„Die Barretts sind aber keine rumänischen Immigranten!“, sagt Ray zögerlich.
„Nein! Aber wir verfolgen eine Menge Stammbäume mit europäischem Ursprung! Sie werden das nicht wissen von Miss Barrett, aber die junge Dame könnte uns bei unserer Forschung höchstwahrscheinlich maßgeblich weiterhelfen!“
„Manhattan-Kreuzaufriss …“, sagt Ray nachdenklich.
„Sie sind ja ganz schön gut informiert, insbesondere dafür, dass Sie von so weit her kommen!“, grinst Jas.
In dem Moment packt es Ray blitzartig, und er zeigt mit einem anklagenden Zeigefinger auf die beiden, und ruft, „Sie beide sind von der Shandor Foundation geschickt!“
Die beiden Gegenüber sehen verblüfft aus.
„Was wollen Sie von unserer Dana?“, japst Ray.
„Raymond, ich würde vorschlagen, dass Du Dich mäßigst“, raunt Egon.
Tatsächlich: Die Gäste an den umstehenden Tischen gucken schon komisch. Ray nimmt also schnell seinen anklagenden Zeigefinger wieder herunter.
Die beiden Litvinovs reden auf Rumänisch miteinander, der Gentleman klingt verdutzt, die Dame scheint etwas zu erklären. Der Name ‚Shandor‘ kommt vor.
„Etwa nicht? Gestehen Sie!“, sagt Ray atemlos, jetzt aber unsicher.
„Verzeihen Sie“, sagt Frau Litvinov höflich, „Wir haben uns natürlich so wohl wie möglich gebildet vor unserer Abreise hierher. Der Name Shandor ist uns geläufig aus Ihren Fernseh-Auftritten von vor zwei Jahren, Dr. Stantz. Diese sogenannte Foundation ist doch ein Überbleibsel aus der Lebenszeit dieses Herrn Architekten — aber ohne verbleibenden Zusammenhang! Einmal vom Namen abgesehen natürlich. Ist das nicht so?“
Ray wirft Jas einen gehetzten Blick zu. Jetzt hat er auch noch — statt die scheinbaren Verschwörer als solche zu entlarven — Dinge ausgeplaudert, die diese beiden ja wohl überhaupt nichts angehen!
Jas springt ihm bei, „Wir müssen natürlich in jedem Fall die Interessen unseres Kundenstammes wahren, meine Verehrten. Das sehen Sie doch ein?“
„Absolut“, pflichtet Frau Litvinov bei, und beide nicken verständig.
„Wir hatten mit so einigen Instanzen hier in der Stadt so unsere liebe Mühe“, erklärt Jas fröhlich, „Städtische Einrichtungen, Kulturinstanzen, Vereine, alles mögliche! Tjaaa, man sollte meinen, den Weltuntergang abzuwenden, das würde reichen um alle zufrieden zu stellen! Aber Pustekuchen, nicht im modernen New York! Darum müssen wir uns hier ja auch so Mantel-und-Degen-mäßig heimlich treffen, statt bei einem regulären Kundentermin in unserer wohleingerichteten Einsatzzentrale! Was die wunderköstliche Shandor Foundation betrifft, und ihre angeblich wohltätigen — aber möglicherweise auch verspinnerten — Beweggründe, da tappen wir ehrlich gesagt etwas im Dunkeln!“
„Aber Sie glauben, dass die nicht nur eine wohltätige Organisation sind, sondern doch noch in Ivo Shandors Hinterlassenschaften verwickelt?“, bohrt Frau Litvinov nach.
„Wir vermögen zu diesem Zeitpunkt keinerlei Aussagen zu treffen“, sagt Egon, recht laut, und sehr streng.
Frau Litvinov nickt, und sagt, „In jedem Fall können wir Sie beruhigen, meine Herren. Wir gehören keinerlei organisierten Instanz an, sondern repräsentieren nur unsere Familien.“
„Ja, wir sind große Traditionalisten!“, pflichtet Herr Litvinov bei, „Bei uns ist die Komplettierung dieser Familiendaten gleichermaßen die Vollendung des Lebenswerks meines Vaters und Großvaters.“
Frau Litvinov sagt, „Wir bezahlen selbstverständlich allen Ihrer Bekannten, die wir interviewen dürfen, ein großzügiges Honorar! Über Veröffentlichungsrechte kann dann auch gleich gesprochen werden, denn wir gedenken, nach Abschluss des Projekts die Familienchronik in Buchform herausgeben!“
„Dies stelle ich mir als sehr interessante Lektüre vor“, lobt Egon, und niemand außer ihm selbst weiß, ob er das ironisch meint oder ernst.
„Oh, wir lassen Ihnen dann mit Freuden ein Exemplar zukommen“, lächelt Frau Litvinov, „Sind Sie möglicherweise des Rumänischen mächtig? Die Familienchronik wird natürlich in unserer Muttersprache erscheinen.“
„Das kann ich lernen“, lächelt Egon (auch diesmal möglicherweise unironisch).
Jas grinst weiter, und unterdrückt den Impuls, demonstrativ die Augen zu rollen, bei der Vorstellung, dass Egon und Ray solch eine Schwarte tatsächlich durcharbeiten!
Er sagt stattdessen, „So gern wir Ihnen da weiterhelfen würden, meine Verehrten, wir haben den Kontakt zu Miss Barrett leider mittlerweile verloren. Und unser ursprüngliches computerisiertes Kundenverzeichnis ist damals bei der Explosion in unserer Einsatzzentrale mit abgeraucht! Futsch-i-jama, alles weg! Wir müssten erstmal eine ganze Reihe Telefonate führen. Um die Gute überhaupt fragen zu können, ob Sie möglicherweise befragt werden möchte.“
„Sehr wohl!“, nickt Frau Litvinov, „Das gibt unserer Familie Gelegenheit, ein paar weitere der Sehenswürdigkeiten dieser wunderbaren Stadt anzusehen!“
Herr Litvinov nickt freudig.
„Ausgezeichnet!“, sagt Dr. Elliott, „Ich habe diese Woche etwas Zeit, ich zeige Ihnen die eine oder andere Amüsiergelegenheit!“
Er und Ivanka Litvinov wechseln einen zutraulichen Blick.
Schon geht’s los …!, denkt Ray.
⚡
Um mal wieder etwas Zufallsfaktor in die sich entfaltende Handlung zu bringen, würfle ich einen GM Move aus. Der Orakelwürfel zeigt an: Advance a Plot. Nanu, das haben wir doch hier sowieso schon die ganze Zeit gemacht! Na, dann geht’s entsprechend ohne Umschweife weiter mit der Rahmenhandlung:
Egon und Jas werden versuchen, Dana Barrett wiederzufinden. Sie haben beide einen W8 als Research-Würfel, Egon macht einen Unterstützungswurf für Jas‘ Hauptwurf. In der Zeit vor dem Internet gar nicht mal so einfach, sowas; sie werden viele Telefonate führen und Leute aus NYCs Kunstszene treffen müssen. Gut, dass Dr. Elliott so überzeugend quasseln kann! Er schafft allerdings nur eine Drei, dank Egons Support-Wurf wird diese jedoch zu einer Fünf, ein Erfolg. Damit finden sie gemeinsam binnen zweier Tage Miss Barretts Adresse heraus.
Ein weiterer GM Move soll uns sagen, ob ihre Recherche weitere Ereignisse aufwirft. Diesmal sagt der Orakelwürfel, Foreshadow Trouble! Demnach werden unliebsame Zeitgenossen auf die Recherche in der Kunstszene aufmerksam, und ihr Interesse ist geweckt! Das muss einer der Schergen der Stadtverwaltung sein, der sich darüber wundert, dass ein Jas Elliott und ein Egon Spengler derartige Nachforschungen anstellen …! Da nehmen wir gleich mal Jack Hardemeyer her, der sich in diesem Teil der Kampagne noch als amtliche Nervensäge herausstellen wird!
Dann mal folgendermaßen:
„Jaaa! Danke!“, sagt Jas gerade freudig in den Telefonhörer, „Ihnen auch einen wunderschönen Nachmittag! Und alles Gute für die Andy-Warhol-Gala! Immer schön dran denken, dass er eine zutiefst überflüssige Person ist!“, und nachdem etwas aus dem Hörer plärrt, fügt er hinzu, „Nein, ich habe das nicht gesagt, Warhol hat das über sich selbst gesagt! Ja, gewiss. Tüdelü!“
Dann haut er den Hörer drauf, und notiert schnell etwas auf seinen Notizblock.
„Erfolgreich?“, fragt Egon, der neben Janines Schreibtisch steht, an den Jas sich gesetzt hat.
„Sie wohnt in der Upper East Side! 325 East und 77th Street. Das Frollein am anderen Rohr macht sich Sorgen, dass unsere Dana trotzdem über ihre Verhältnisse lebt in der Butze da.“
„Yorkville, wie? Da hat sie sich ja ein wenig verschlechtert, was ihre Wohnsituation anbelangt … Nun, wir könnten angelegentlich mal dort vorbei fahren, um ihr hallo zu sagen, und dann dort zu Abend essen.“
„Au ja, ungarisch?“
„Ich hatte ehrlich gesagt an Burger und Fritten gedacht.“
Das Telefon klingelt, und Jas geht ran, wo er eh gerade auf Janines Platz sitzt, „Hallo, dies ist nicht das Hauptquartier der Geisterjäger, denn wir arbeiten derzeit nicht! Jas Elliott am Apparat, hallöle und Waldmanns Heil! … Wer? … Ja, da freue ich mich ja, dass Sie uns mit Ihrem Anruf beehren, Mister Hardemeyer! Aber wir können nichts für Sie tun!“
Jas würfelt schnell mal Common Knowledge, um zu sehen, ob er weiß, wer dieser Typ ist! Ein Erfolg:
„Schickt etwa Lenny Sie? Mit dem haben wir lange nicht mehr geredet — schmerzlich lange! Wir haben tausend fragen an ihn! Ja, Sir, klar weiß ich, für wen Sie arbeiten! … Worum geht’s denn dann? … So! Nein, nein, keine okkulte Nachforschung, Sir! Wir räumen gerade unsere frühere Kundendatenbank auf, müssen Sie wissen. Oder ist das auch verboten? … Sehen Sie! So, ich muss jetzt schnell weiter machen! Weltliche, dröge Verwaltungsarbeiten machen, ja ja! Auf bald, Jack, ich darf doch Jack sagen? Auf bald!“
Und schnell legt er auf.
„Hat man Worte?!“, fragt Jas empört.
„Jack Hardemeyer?“, fragt Egon.
„Der neue Assistent von Bürgermeister Lenny persönlich! Ruft der hier einfach an, und will kontrollieren, ob wir nicht doch heimlich weiter forschen!“
Egon zieht eine Augenbraue hoch, „Wie kommt denn der auf uns, gerade jetzt?“
„Hat um drei Ecken herum gehört, dass wir gestern am Lincoln Center waren, und in dieser Galerie in Harlem! Der ist anscheinend besser vernetzt in der Stadt als man ihm zutrauen würde, mit seinem doch etwas einfältig aussehenden Backpfeifengesicht!“
„Wir dürfen uns demnach keinesfalls zu weit aus dem sprichwörtlichen Fenster hängen.“
„Du sagst es, Mann! Jetzt kriegen wir schon persönliche Anrufe aus dem Bürgermeister-Büro!“
„Hast Du die Nummer? Ich ruf‘ da sofort zurück!“, tönt plötzlich Peters Stimme, als er unverhofft um die Ecke kommt. Eine Chipstüte in derselben Hand, in der er ebenfalls eine übervolle Tasse Kaffee hält, eine Zigarette in der anderen Hand, „Wollte sowieso mit den Hackfressen im Bürgermeister-Büro mal wieder ein ernstes Wörtchen reden!“
„Peter!“, sagt Jas, mit überspitzter Freude, „Schön, dass Du in der Feuerwache bist!“
„Wo sollte ich sonst sein? Zuhause in meinem Apartment, und mir den ganzen Tag die Zehennägel feilen? Hier ist übrigens der Scheiß-Kühlschrank leer, Leute. Ihr müsst mal wieder einkaufen!“
„Hier hat grade Jack Hardemeyer angerufen, Pete!“, sagt Jas, „Zieh‘s Dir rein!“
„Härtemeier? Wer issn das?“
„Wer ist das, Pete?“, braust Jas auf, mit gespielter Empörung, „Dafür, dass die Zukunft unserer Firma gerade an diesen Leuten hängt, bist Du alarmierend ignorant gegenüber New York Citys politischer Landschaft, das lass‘ Dir mal gesagt sein! Mister Hardemeyer hat sich in die Position von Bürgermeister Lennys persönlichem Assi manövriert! Mit gemeinsamer Kraftanstrengung gedenkt er, Lenny noch dazu zu verhelfen Gouverneur zu werden!“
Egon steuert bei, „Böse Zungen behaupten des weiteren, mit der heimlichen Absicht, daraufhin selbst das Bürgermeisteramt zu übernehmen.“
„Ein ganz besonders begnadeter Sesselfurzer also, ja?“, muffelt Peter, „Hab‘ ich noch nie gehört, den Scheiß-Namen! Kann man den direkt mal zurückrufen?“
„Das lässt Du schön bleiben, Du cholerischer Bengel!“, verwarnt Jas, „Außerdem hat er nicht dran gedacht, seine Nummer zu hinterlassen.“
Peter nörgelt, den Mund voller Kartoffelchips, „Wie kommt’n so einer auf uns? Wir liegen doch auf dem Rücken, strecken die Beine in die Luft, und präsentieren den Ämtern demütig unsere Kehle! Was schreibst‘n da überhaupt?“
„Nichts, nichts. Ich mache nur eine kleine Recherche“, wiegelt Jas ab, und steckt den Zettel ein. Peter wird nur wieder ungemütlich, wenn er rausbekommt, worum es hier geht.
Egon derweil fragt, „Könnte es sein, dass durch Ray, Winston, und Dich schon wieder schlafende Hunde geweckt wurden in der Stadtverwaltung?“
„Wieso? Wir dürfen doch keine Einsätze fahren!“, protestiert Peter, achtlos Chips fressend.
„Eben“, murrt Egon.
„Schlafende Hunde wecken, ich glaub‘s!“, setzt Peter noch einen drauf, um statt in die Defensive lieber in die Gegenoffensive zu gehen, „Das wär’s ja. Jack Hardemeyer, ja? Na, vielleicht stratze ich morgen einfach mal ins Rathaus, und klopfe bei dem an die Bürotür. Dann werden wir mal sehen, wer dann die Fragen stellt!“
„Tu‘ nichts, was wir nicht auch tun würden!“, warnt Jas.
„Wo kämen wir denn da hin?“, mosert Venkman, und schlurft um Janines Aktenschrank herum, in sein Büro.
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Also auf zur ermittelten Adresse! Ich habe schon eine Vorstellung davon wie‘s da weitergehen kann, aber neugierhalber erwürfeln wir uns außerdem einen GM Move. Diesmal ist es, An NPC Takes Action. Das machen wir dann so:
Als Jas, Egon, und Ray jedoch an diesem Abend in der Upper East Side eintreffen, erleben sie eine Enttäuschung: Bei Danas Adresse reagiert niemand auf ihr wiederholtes Türklingeln. Schließlich fragt ein dicker, schnauzbärtiger Typ, was sie wollten; das ist Frank, der Gebäudeverwalter. Er wirkt sehr misstrauisch.
„Wir wollen zu Dana Barrett, mein Bester!“, sagt Ray freundlich, „Können Sie uns sagen, ob sie um diese Zeit …“
„Nee, nix ist!“, muffelt der Verwalter, „Miss Barrett ist seit Tagen ausgeflogen!“
Aufgrund des Fame-Vorteils der Wild Cards würfeln wir grade mal den Common-Knowledge-W6 des NSCs, um zu sehen, ob er die Gesichter wiedererkennt (SWADE, S. 39). Ein Erfolg:
„Sie kommen zu spät. Und zwar viel zu spät! Ich weiß, wer Sie sind, und was Sie drei hier wollen. Aber der sogenannte Spuk ist längst schon wieder vorbei.“
Ray fragt verdutzt, „Wieso denn Spuk, ich höre immer Spuk?“
„Das mit dem Kinderwagen. Alles nur Humbug. Da brauchen Sie gar nicht erst Ihre Nasen reinzustecken, das will ich Ihnen aber mal sagen, alles schon wieder kalter Kaffee.“
Jas sagt freundlich, „Womöglich ist hier ein klitzekleiner Irrtum im Spiel, mein Herr! Das hier hätte wirklich nur ein Anstandsbesuch werden sollen. Aber jetzt mal Butter bei die Fische, oder wollen Sie uns dumm sterben lassen? Was für ein Spuk, bitteschön?“
Jas würfelt dafür mal Persuasion. Da braucht er seinen Gratis-Reroll durch Charsmatic gar nicht zu benutzen, er erzielt auf Anhieb eine 10, mit Fame-Bonus ist das eine 11. (Frank mag eher zur skeptischen Hörerschaft eines Percy Hayburn gehören, aber Prominente beeindrucken ihn dennoch immer).
Der Schnauzer seufzt, schaut jetzt doch etwas freundlicher drein, und sagt, „Ach ja? Aber Sie sind doch diese Hocuspocus-Schnüffler! Da hätte ich gedacht, dass Sie das gehört hätten, wenn ein Kinderwagen einen Kilometer weit entlang der First Avenue rollt. Angeblich ganz von alleine!“
„Aber doch nicht … der Kinderwagen von Miss Barrett?!“, entfährt es Ray.
Frank sagt schulterzuckend, „War tagelang ganz aufgelöst, die Ärmste. Wahrscheinlich alles ein Irrtum, oder irgendein Possenspiel. Nepper, Schlepper, Bauernfänger … was weiß denn ich! Aber hat die Miss Barrett nicht interessiert. Ist mit ihrem Jungen zwei Tage später auf und davon! Aufs Land, sagte sie nur. Ist seitdem nicht zurückgekehrt. … Was ist das bloß, mit dieser Stadt! Vor Weihnachten verlieren immer alle die Nerven!“
Wo in Upstate Dana sich versteckt, das wusste ihr Hausverwalter leider nicht. Kaum ist Frank weg, hat Egon auch schon mit unbewegter Miene sein PKE-Gerät aus seinem graublauen Wintermantel gezogen.
„Die arme Dana …!“, sagt Ray aufgewühlt, „Einen Kilometer weit von selbst gerollt?!“
„Fällt mir ein wenig schwer, das so hinzunehmen, Jungs“, sagt Jas, „Sie hätte sich doch wohl bei uns gemeldet, wenn ihr sowas passiert wäre. Oder wie, oder was?“
„Wir hätten sie einfach nicht so aus den Augen lassen dürfen!“, schimpft Ray.
„Na ja, sie war es doch, die die Brücken abgebrochen hat …!“, gibt Jas zu bedenken, „Und sie hatte sich recht klar ausgedrückt, wie ich finde. Hast Du hier irgendwas auf dem Schirm, Spengs?“
Spengler verzieht weiterhin keinen Gesichtsmuskel, und schwenkt das Messgerät hin und her.
Ray fragt, „Warum gerade jetzt? Warum ist Dana gerade jetzt verschwunden, wo auch diese beiden Geschäftsleute sich für sie interessieren? Sollte das einfach nur ein Zufall sein?!“
Egon sagt, „Hier liegen leicht erhöhte PKE-Werte vor. Nicht so hoch jedoch, dass man direkt Rückschlüsse auf übernatürliche Phänomene ziehen könnte. Aber das Ereignis ist ja bereits fast eine Woche her … Dana müsste uns die genaue Stelle zeigen, an der es geschehen ist.“
Wir lassen Egon interessehalber Notice mit -2 würfeln, und mit seinem W4 kommt er auf einen knappen Erfolg, da er ja auch den +1-Bonus vom PKE-Gerät hat:
„Merkwürdig … je höher ich das Messgerät halte, desto schwächer wird das Signal … als würde es nicht horizontal verlaufen … sondern … unter unseren Füßen!“
„Ach so …?“, sagt Stantz.
„Basierend auf dieser Ablesung kann ich keine Aussagen treffen. Vermutlich bräuchte ich auch ein anderes Messgerät hierfür.“
„Genug geschwafelt, Jungs!“, sagt Jas, „Wir werden wohl gleich weitermachen müssen mit dem Klinkenputzen! … Und fuchtel‘ hier mal nicht so auffällig mit dem Zirp-o-Meter rum, Egon! Braucht keiner zu wissen, dass Du hier geisterhafte Messungen machst!“
Egon nickt, und steckt das Gerät schnell wieder weg. Die drei eilen durch die beginnende Dunkelheit zu Jas‘ Auto zurück.
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Ich mache einen weiteren Research-Wurf für Jas, unterstützt von Egon und Ray. Ein Raise kommt dabei heraus: Noch am selben Abend können sie bei Danas Freunden in New Yorks Kunstszene und an der Philharmonie telefonisch herausbekommen, dass Dana auf Steward Bowers Hundezüchter-Hof in Upstate New York ist. Sie wollte nur ein Wochenende lang dort bleiben, aber hat anscheinend dann noch ein paar Tage drangehängt, und sich am Manhattan Museum of Art diese Woche krankgemeldet.
„… Sie muss ganz schön durch den Wind gewesen sein nach der Sache von der ihr Hausverwalter erzählt hat!“, sagt Ray mitleidig.
„Steward Bower!“, sagt Jas, „Von dem habe ich nichts mehr gehört, seit wir ihn der Shandor Foundation entrissen haben, und er dort raus aufs Land gezogen ist. Wollte doch wieder ganz neu anfangen, mit dem Geld, was ihm noch geblieben war, nicht? Aber kein Wunder, dass Dana weiterhin Kontakt mit ihm hält, der war doch ein Freund ihrer Eltern!“
Sie sitzen um den Tisch in der Küche im oberen Stockwerk der Feuerwache rum, vor ihnen ihre Telefonbücher, Zeitungen, und Notizzettel, mit denen sie bis eben ihre Informationen zusammengetragen haben. Mittlerweile geht’s auf Mitternacht zu.
Spätabendliche Recherche mit ordentlich schwarzem Kaffee
„… Hier ist ein interessanter Fall beschrieben, der dem unsrigen ähnelt“, sagt Egon, eins seiner Okkultbücher in Händen, „Im Berlin des Jahres 1939 ist ein Mehlkarren von dreihundert Augenzeugen beobachtet worden, der selbsttätig eine Strecke von fast 50 Metern gerollt ist!“
Peter ist auch noch munter, er kommt gerade die Treppe hinauf gestapft, „Ach da seid Ihr ja. Hier, Elliott, hatte ich ganz vergessen: Janine hat mir vorhin gesagt, ich soll Dir den Zettel hier weitergeben. Hat sie Dir aufgeschrieben, bevor sie Feierabend gemacht hat. Du sollst eine … Ivanka … Litvinov …?, also, die sollst Du jedenfalls zurückrufen, unter der Nummer hier. Und zwar pronto, noch heute Abend! Nix anbrennen lassen, was, Tiger? Ach so, mittlerweile schon etwas spät, na ja.“
„Ah! Danke, dass Du überhaupt noch dran gedacht hast, Venkman!“, sagt Jas, leicht genervt.
„Keine Ursache“, sagt Peter, und schaut in den Kühlschrank, sinnlos, denn dass der leer ist, das hatte er ja vorhin schon angeprangert.
„Was treibt Ihr Jungs denn hier oben? … Ihr heckt doch irgendwas aus.“
Ray zieht überrascht die Augenbrauen hoch, er fühlt sich ertappt. So viel Scharfsinn hätte er Peter um diese späte Stunde gar nicht mehr zugetraut.
Egon sagt, „Reines Routine-Gehirnjogging, Venkman. Ihr anderen: Wir sollten Rays Verdacht von neulich noch einmal Revue passieren lassen …“, dann aber schaut er zu Peter, der den dreien immer noch den breiten Rücken kehrt und im Kühli rumsucht. Geht der bald mal wieder außer Hörweite …?
„Macht‘s Spaß an der Schule, Egon?“, fragt stattdessen Peter, kommt mit einer Milchtüte in der Hand dazu, und fläzt sich auf einen der Stühle, „Ich wette, diese Wissenschafts-Miezen stehen voll auf Dein großes Cranium!“
„Ich denke, sie sind mehr interessiert an meiner Epidedymis“, lächelt Egon gewinnend.
Nanu, er hat es ja doch geschnallt!, denkt in dem Moment Jas anerkennend, man darf Spenglers Sozialkompetenz nicht immer so unterschätzen!
Peter rollt die Augen, ungewohnt konsterniert, dann setzt er die Milchpackung an den Mund.
„Nimm‘ Dir‘n Glas, Pete“, mahnt Ray müde, „Und dann vielleicht mal ab ins Bett mit Dir, was?“
Peter trinkt aus der Packung, und sagt, „Ach, Zeitverschwendung“, und sich das Milchbärtchen aus dem Gesicht wischend fügt er hinzu, „Hm, ich glaub‘ die ist eh schlecht. Und ins Bett, wer will schon ins Bett, ich bin putzmunter. Macht mal Ende mit Eurem Gehirnjogging, damit wir hier absperren können und Du mich auf 'ne Calzone einladen kannst, Ray.“
„Hm, kann ich nicht machen, wir sind hier noch nicht fertig, Peter.“
„Sieh‘ Dir das mal an“, sagt Egon zu Ray, und reicht ihm seinen aufgeschlagenen Wälzer. Der nimmt ihn interessiert entgegen.
„Womit noch nicht fertig?“, fragt Peter unschuldig.
„Och, wir … na, wir überprüfen nur mal was. Für 'nen alten Freund“, murmelt Ray, die Nase im Buch.
„Fein! Für wen?“
„Wir sollten auch mal einen Blick in ‚Studien über kontrollierte Psychokinese’ von der Duke University werfen“, sagt Jas im Plauderton, „Du hast das doch im Buchregal, unten, Ray, nicht wahr, Ray? Willst Du‘s nicht grade mal raufholen, Ray?“
„Oh, ja, ja …“, sagt dieser.
Peter patscht die Hand auf Rays Schulter, damit er sitzen bleibt, und wiederholt höflich, „Für wen?“
„Wen? Nur jemand, den wir so kennen …“
Peter verdreht die Augen, jetzt ist er gezwungen, andere Seiten aufzuziehen. Er steht auf, packt Ray bei den Ohrläppchen, und beginnt zu ziehen, „Für wen?“
„Aua, aua! Nicht doch! … Ich kann nicht!“
„Doch, Du kannst! Sag’ mal?“
„Nein, das geht nicht!“
„Jetzt vielleicht?“
„Dana Barrett!“
Peter lässt Ray los, und zieht verdutzt die dicken Augenbrauen hoch, „Meine Dana Barrett?“
„Wir hätten‘s ihm eh sagen müssen“, sagt Jas genervt.
„Hättest es ihm ja sagen können, bevor er anfängt mich zu foltern!“, sagt Ray wehleidig, und reibt seine Ohren.
„Was treibt Ihr da schon wieder?!“, will Peter wissen, „Und warum weiß ich nichts davon?“
Egon seufzt, „Es ist gerade ein Paar rumänischer Geschäftsleute in der Stadt, die gerne ein Interview mit Dana führen wollen. Sie sagen, dass sie leidenschaftliche Genealogen sind, aber Raymond hat den Verdacht aufgeworfen, dass sie insgeheim zur Shandor Foundation gehören könnten.“
„Was?! Aber die Shandor Foundation hat doch aufgehört, Dana hinterher zu laufen!“, sagt Peter, „Und ich musste nur einem einzigen von ihnen die Fresse polieren dafür!“
Jas sagt vorwurfsvoll, „Der, dem Du da letztes Jahr die Fresse poliert hast, war aber bewiesenermaßen ihr Chauffeur, der hatte am wenigsten was damit zu tun! Die eigentlichen Leute, die Dana da zu beschatten versucht haben, sind ja weggekommen.“
Peter verschränkt bockig die Arme, „Kein Grund, sich nicht seine verdiente Tracht Prügel abzuholen, wenn man so verdorben ist, für die zu arbeiten, und sei es nur als Chauffeur!“
„Und im übrigen weißt Du genau, warum wir Dir bisher nichts davon erzählt haben, Pete“, sagt Jas streng, „Dana hat sehr klar gesagt, dass sie mittlerweile ein neues Leben begonnen hat, und Du, Sportsfreund, in eben diesem nicht herumfuhrwerken sollst.“
„… War ein wildromantischer Abend, also hinterher, nachdem ich dem was auf die Schnauze gehauen habe, dem Sektierer!“, sagt Peter, etwas wehmütig.
„Chauffeur“, berichtigt Ray.
„Aber Ihr habt gesagt, von der Shandor Foundation haben Dana und Louis und Steward nichts mehr zu befürchten!“, sagt Venkman, sich wieder am Riemen reißend, „Die Bagage hatte doch ihre Chance in den 1920ern: Versiebt. Dann hatte sie ihre zweite Chance vorletztes Jahr: Wieder versiebt, dank uns. Und Ihr habt gesagt, jetzt werden sie sich zurückziehen!“
Egon stellt klar, „Wir haben gesagt, dass ein derartiger Rückzug hypothetisch gut möglich sei.“
„Alle von den Visagen, die zu dem Scheißverein gehören, denen Ihr in den letzten zwei Jahren habhaft werden konntet, hatten vom Übersinnlichen überhaupt keinen Plan!“, beharrt Peter, „Das waren tatsächlich doch nur Schön-Daher-Quassel-Heinis! So mit Kultur und Literatur und Knigge und so. Keine Ahnung vom Übernatürlichen, alles Fehlanzeige. Und die alte Glumby, von der Dana und Steward uns erzählt haben, hat keiner mehr gesehen.“
„Ja, ja“, bestätigt Egon, „Die Sitzungstreffen, wie Dana und Steward ihnen früher beigewohnt haben, haben sich seither tonal völlig gewandelt. Und es ist überhaupt fraglich, wie sehr die Foundation überhaupt imstande war, aktiven Einfluss auf das damalige Geschehen zu nehmen: Sie haben versucht, Steward durch ritualisierte Beschwörung zu Vinz Clorthos Wirt zu machen — aber stattdessen ist unerwartet Louis Tully es geworden. Sie glaubten, Dana sei ausersehen als Zuuls Wirt, aber sie ist wahrscheinlich tatsächlich nur deshalb erwählt worden, weil sie Nancy Duvivier Kontakt mit der altsumerischen Unterwelt aufnehmen lassen hat. Sie haben versucht, Dana und Louis im besessenen Zustand habhaft zu werden um sie zusammenzuführen, aber haben sie nicht finden können. … Aber mich besorgt dennoch, dass wir nie die verborgenen Strukturen dieser Gesellschaft aufdecken konnten. Trotz allen Ansatzpunkten, die wir von Dana, Steward, und von Nancy bekommen konnten.“
„Und was soll das jetzt mit diesen Rumänen? Die Foundation, das waren doch keine Rumänen!“, sagt Peter skeptisch.
„Denen werde ich demnächst mal genauer auf den Zahn fühlen!“, sagt Jas, „Danke für die Telefonnummer, Pete!“
Ray sagt zerknirscht, „Wahrscheinlich hab‘ ich mich einfach nur zum Obst gemacht bei diesen beiden, mit meinen voreiligen Anschuldigungen … Aber in dem Moment war ich so sicher! Ich glaube, Schuld war der Aperitif! Heftiges Zeugs war das.“
Peter muss kichern.
Jas entgegnet, „Vielleicht. Aber dass diese beiden eingefleischten Traditionalisten nicht in Wahrheit auch Esoteriker sind, das kann mir keiner erzählen, Alter. Darum war die Vermutung doch nicht gar so weit hergeholt …“
Schalter:
Dana sitzt mit Steward in seinem großen, etwas klapperigen Dodge, und sie fahren auf der I-87 durch den dunkelgrauen Morgen. Dana wollte mit Bus und Bahn zurück nach Hause fahren, aber Steward hat darauf bestanden, sie zu kutschieren. Obwohl er sich als Autofahrer immer ein bisschen töffelig anstellt! Aber er verkündet, er brauche die Fahrpraxis. Jahrelang war er schließlich nur gediegener Hunde-Gassigeher am Central Park West.
„… Ich hab‘ gestern nochmal ein bisschen nachgedacht über die Sache, von der Du mir erzählt hast, Dana-Schatz!“, sagt Steward gerade.
Sie schaut ihn fragend an.
„Na ja, mir sind mehrere Bücher in den Sinn gekommen, in denen was Stichhaltiges drin stehen könnte. Eins davon hatte unser beider Lieblings-Antiquar Lindhurst sogar damals in seinem Laden … Aber dann ist mir wieder eingefallen: Ich hab‘ mich ja der Welt des Okkulten abgewendet! Mit großer Entschlossenheit. Und das wird das beste sein.“
„Bestimmt. Und Du willst mir sagen …? … Fahr‘ ein bisschen weiter links, wir kommen dem Straßengraben etwas zu nahe.“
Steward korrigiert hastig, und sagt, „Ähm! Na ja, ich will sagen … Bestimmt wächst sozusagen wieder Gras über das alles, auch ohne esoterischen Bimmbamm. Kann doch nicht immer so weiter gehen, Dana, dass Dir so ein haarsträubender Firlefanz passiert. Also, vielleicht sollte man das alles einfach ruhen lassen.“
„Wenn‘s nur mich betroffen hätte, wie damals. Aber diesmal ist Oscar mit reingezogen worden. Ich würde alles tun, um mein Kind zu beschützen!“, und sie drückt ihn etwas fester an sich. Ängstlich — und ein ganz kleines bisschen manisch — klingt sie immer noch, als sie das sagt.
„Wie kann das überhaupt sein, dass Du immer in sowas verwickelt wirst? Andere Leute machen ihr ganzes Leben lang keine Erfahrungen der dritten Ordnung!“
„Warum? Na, weil New York City ein Tollhaus ist! 37% der Bürger haben schon einmal etwas erlebt, was sie als unerklärlich empfinden. Das hat die Times Anfang des Jahres geschrieben. Da braucht man mit anderen Worten doch nur lange genug auf einer Stelle zu stehen, bis die Phantasmagorie sich irgendwie bemerkbar macht!“
„Es hat also nichts zu tun mit vorletztem Jahr …?“, fragt Steward, und wirft Dana einen Seitenblick zu, etwas schafhaft.
„Wie denn? Der ganze faule Zauber ist doch vorüber! Oder ist Dir etwa Vinz Clortho jemals nochmal erschienen?“
Steward lacht meckernd, „Mir ist Vinz Clortho ja überhaupt nie erschienen! Obwohl ich‘s nach Kräften versucht habe, in meiner Vermessenheit! … Ach Du liebes Lieschen, jetzt kommen wir auf den Abfahrtkreisel. Gleich hupen sie wieder alle.“
„Weil Du so schleichst. Hier darf man 60 Meilen pro Stunde fahren.“
„Ach je, ach je! Ich weiß schon, warum es mich aufs Land gezogen hat!“, sagt Steward.
Ein krass angepisster Anzugträger in einer schnellen Karre überholt sie mit heulendem Motor, fährt ein paar Sekunden neben ihnen her, um Steward (unhörbar durch die Scheiben) anzubrüllen, und ihm den Stinkefinger zu zeigen. Steward grinst, und winkt ihm herzlich.
„Sieh‘ zu, dass alle einigermaßen nett zu Dir sind, in dieser Metropole des Blödsinns!“, mahnt er seine Beifahrerin.
Sie verabschieden sich mit einer festen Umarmung am Broadway vor dem Bowling Green Park. (Auch hier wird ärgerlich gehupt, weil Steward so scheiße eingeparkt hat, dass das Heck seines dicken Dodge immer noch halb auf die Fahrbahn ragt.) Dana bedankt sich noch einmal für die Zuflucht, dann eilt sie los, um das Baby bei seiner Sitterin abzugeben, und anschließend direkt zu ihrer Arbeit zu hetzen.
⚡
Als Dana im Manhattan Museum of Art ihren Kittel übergezogen hat und in den Restaurationssaal kommt, sieht Herb sie schon von Weitem. Ein großer Mann im karierten Jackett, mit Glatze, Brille, und dickem Schnauzer. Er schaut für einen kurzen Augenblick unwillkürlich vorwurfsvoll, als er Dana sieht. Er hatte sicherlich Scherereien damit, dass sie Anfang der Woche spontan ausgefallen ist; vielleicht hat er sogar mit dem Gedanken gespielt, sie kurzerhand wieder rauszuschmeißen. Dann aber ist in seinem Gesicht zu sehen, dass er Dana nun mal einfach gerne anguckt, und er lächelt gütig.
„Dana, da bist Du ja!“
„Guten Morgen, Herb.“
„Geht’s Dir wieder besser?“, und er schaut kurz prüfend drein, und sie fürchtet gleich, dass er durchschaut haben könnte, dass sie im Grunde nur krank gemacht hat. Blöde Schuldgefühle! Sie nickt schnell.
„Na, das ist doch schön. Aber das passt gut, dass Du heute zurück bist, da kann ich Dir gleich unseren neuen Kurator vorstellen!“
„Wir kriegen jetzt doch einen neuen Kurator?“
„Ja, sehr wohl!“, sagt Herb, „Der aus dem Westflügel, der Goldjunge des Kulturministeriums. Das ist jetzt endlich spruchreif! Ah, dort hinten ist er auch schon. Ich stelle Euch gleich vor!“
„… Und das habe ich Ihnen schon gestern gesagt, ja, da müssen Sie schon auf mich hören, das ist ein echter Mucha hier, da dürfen Sie nicht so drauf rum raspeln, gerade da an der Stelle, Firnis, Sie rauen ja die Firnis-Schicht auf, das geht nicht an! Sie sind ja immerhin Restaurator, und Sie sind nicht hier zum Schweineschlachten! Und ich will bloss nicht wieder dieses dumpfe Murmel-Gemurre hören, signalisieren Sie mir, dass Sie das für immer und alle Zeit verstanden haben, wie ein kultivierter Mensch, ja, sehr gut, fein fein!“
Danas älterer Kollege Matthew sitzt auf seinem Platz vor der Staffelei mit dem Mucha-Gemälde, und hat den Wortschwall klaglos über sich ergehen lassen. Beide haben den Näherkommenden die Rücken gekehrt.
„Das ist unser neuer Mann, ich sehe, er hat hier bereits alles fest im Griff“, lobt Herb.
Der Kurator hört auf mit den Händen in der Luft zu fuchteln und dreht sich auf dem Absatz um, quirlig irgendwie. Er schaltet von seinem Standpauke-Modus in den Höflichkeits-Modus, als er sich Herb und Dana gegenüber sieht, und lächelt (ohne dass er es will, wirkt das Lächeln ein wenig schmierig).
Herb sagt höflich, „Ich wollte Ihnen unsere Aushilfe Miss Barrett vorstellen, die ist seit heute auch zurück! Jetzt kennen Sie endlich Ihr ganzes Team. Dana — das ist Janosz Poha.“
„Aha! Es ist mir eine freudige Besonderheit!“, sagt verquer der Kurator, „Was machen Sie bei uns?“
„Ich mache kleine Ausbesserungsarbeiten, derzeit an dem Gauguin dort hinten.“
„Ah, soso! Die Reinemacherin! Na, ich kriege Sie schon im Team verarbeitet. Dana, ja? Geben Sie sich auch schön weiter Mühe, ja? Ich komme gleich bei Ihnen vorbei, wenn ich meine große Runde mache! Es gibt drei Gänge-Runden täglich, jeden Tag, um Punkt elf, Punkt zwei, und zehn vor vier, da halten Sie sich bitte immer bereit, Ihre Arbeit vorzuzeigen!“
Der Mann ist noch relativ jung für seine Position, dem Ruf nach ist er wohl so eine Art Wunderkind. Er hat mit seinen abstehenden blonden Locken etwas Jungenhaftes an sich, aber vom Auftritt her ist er ganz Diva!
Janosz Poha, der neue Kurator in der Restaurationsabteilung
Dana nickt ihm höflich zu. Das kann ja heiter werden mit der kleinen Schreckschraube hier! Aber so lange das Museum ihr weiterhin genug zahlt für Babynahrung und Miete, würde sie ehrlich gesagt auch mit den Glücksbärchis zusammenarbeiten, wenn die ihr als ihre neuen Kollegen präsentiert würden.
Schalter:
Auf Steward Bowers Hundezüchter-Hof stehen selben tags Jas und Winston, und machen total lange Gesichter. Wie bestellt und nicht abgeholt! Sie sind extra hier raus gefahren. Warum ist der dicke Quatschkopf denn jetzt nicht da? Vielleicht hätten sie erstmal anrufen sollen! Seine albernen Dobermänner tölen um die Wette, weil sie Fremde riechen, aus ihrem Zwinger. Klingt, als wären die Köter heute noch nicht gefüttert worden, dann muss das Herrchen doch wohl bald zurück sein? Und bingo, da kommt ein etwas klapperiger, geräumiger Dodge angerollt, und Steward Bower steigt aus. Herzliches Wiedersehen! Na ja, geht so, ehrlich gesagt. Also, Dana? Ja, die haben die beiden heute gerade verpasst, gibt ihnen Bower zu verstehen. Aber einen Dobermann-Welpen könnten sie hier kriegen, den könnten sie sich abrichten, na, wäre das nix, ein Geisterjäger-Hund …? Von dem Irrsinn mit dem psychokinetisch fahrenden Kinderwagen hat Steward auch gehört, wie er auf Nachfragen hin einräumt, aber er wimmelt die beiden Städter ab; das sollten sie Dana mal schön persönlich fragen! Aber nicht heute! Am besten gar nicht diese Woche. Die Ärmste soll sich erstmal wieder eingewöhnen, nachdem sie fünf Tage weg war.
Dann bleibt Jas und Winston nicht viel anderes übrig, als wieder nach Hause zurück zu fahren.
⚡
Soundtrack: Elmer Bernstein, Ghostbusters Theme
https://www.youtube.com/watch?v=EVYnUE04ZsA
Natürlich ist es entgegen Stewards Ratschlag aber dennoch am selben Tag, als sie allesamt in Danas Apartment schwadronieren, spät nachmittags: Janine, mit reizendem und mitfühlendem Lächeln, gefolgt von Egon und Ray, die freundlich Hallo sagen, die beiden wiederum gefolgt von Jas und Winston, Jas schenkt der Hausherrin ein entzücktes Grinsen.
Peter kriegt unbeabsichtigt die Tür vor den Latz geknallt, weil er als letzter hintendrein schlurft, und Dana schon dachte, jetzt sind sie endlich vollzählig.
„… Mehr ehemalige Geisterjäger gehen ja fast nicht mehr in diese kleine Wohnung!“, sagt sie, irgendwie entschuldigend, und versucht, witzig zu sein. Damit es nicht so peinlich ist.
„Ehemalig?“, fragen Ray und Winston, fast wie aus einem Mund, und Ray sagt, „Im Grunde legen wir nur eine Art Zwangspause ein.“
Peter reibt sich die Stirn, als er nach drinnen schlurft, „Eieiei! Voll an die Stirn, das piert! Das gibt womöglich 'ne Beule!“
„Stell‘ Dich nicht so an, Peter, Dana hat ja die Tür nichtmal richtig fest zugeworfen!“, versucht Ray zu beschwichtigen.
Dana dreht sich nach Ray um und guckt ihn mit bedeutsamer Miene an, in ihrem Gesicht steht, ‚was macht der denn jetzt hier?!‘
„Ja nun, er hat mich gefoltert, hat an meinen Ohren gezogen!“, verteidigt sich Stantz.
„… Jetzt auch egal“, sagt Dana, „Schön jedenfalls, Euch alle wiederzusehen!“
„Lang ist‘s her!“, sagt Winston freundlich, beinahe feierlich.
Peter reibt sich immer noch die Stirn und sieht sich abgelenkt im Raum um, als würde er nach Nervennahrung suchen, Übersprungshandlung. Etwas tapsig sieht er aus, wie ein zu groß geratener Junge, und weiß gar nichts zu sagen.
Dana schaut ihn betreten an und weiß offensichtlich auch nicht, was sie sagen soll.
„Also, wie besprochen!“, sagt Janine energisch, „Spengler und Ray machen PKE-Messungen im Kinderzimmer, und währenddessen schildert Dana mir und Jasper nochmal ganz in Ruhe, wie genau das passiert ist, letzte Woche. Das Psycho-Kinematische Dingens. Ich schreib‘ alles mit. Marsch, Marsch. Winston und Peter machen für alle vielleicht so lange mal eine schöne Tasse Kaffee, was?“
„Seit wann machst Du denn hier die Ansagen, Janine? Ich will aber …“, will Peter loslegen.
„Seit Ihr Trollos allesamt auf dem Schlauch steht! Kusch!“, befehligt Janine.
Irgendwie zieht das.
Die Babysitterin kommt neugierig auch dazu, aus dem Kinderzimmer, klein Oscar auf dem Arm. Bevor Peter Winston folgt, gucken er und Oscar sich an. Peter kennt Danas Sohn nur von dem Foto, das in der Feuerwache zusammen mit der Karte nach der Geburt eingetrudelt war. Peter lächelt das Kind an, ein bisschen dämlich vielleicht, aber freundlich.
Winston macht also den Kaffee in Danas Küche, während Peter dort sinnlos herum tappt, und sich alles anguckt. Dana wollte ihnen kurz zeigen, wo alles steht, Kaffeetassen und so, aber Winston hat sofort versichert, er fände sich zurecht. Der Anpacker.
„Jetzt degradieren die uns auch noch zum Kaffeekoch-Personal!“, muffelt Venkman, um irgendwas zu sagen, „Sind wir hier die Praktikanten, oder was?“
„Weil das doch eigentlich die Gastgeberin macht?“, lächelt Winston.
„Nee, besser nicht. Dana kann keinen richtigen Kaffee machen. Den hab‘ ich immer gemacht.“
„Na siehst Du, dann bist Du doch genau richtig hier, bei der Kaffeemaschine. Benimm‘ Dich, Pete!“, mahnt Winston, „Du hast uns allen versprochen, keine Szene zu machen, bevor wir losgefahren sind!“
„Das hab‘ ich doch nur gesagt, damit Ihr Moralapostel mich mitnehmt!“
„Halt‘ an Dich, Mann. Das dauert hier nicht lange, dann können wir raus auf die Straße, und unsere Messungen machen.“
„Ja, ja, ich sag‘ ja nix“, muffelt Peter, und schaut halb interessiert in Danas Gewürzregal. Er wusste, dass er einen großen Schmerz herausfordert, indem er mit hierher kommt, aber er hatte gedacht, er selber zumindest würde wissen, wie er damit umzugehen hat.
Im Kinderzimmer sehen Ray und Egon sich etwas bedröppelt um.
„Ziemlich fröhlich hier, was?“, fragt Ray, und schaut einen Plüsch-Triceratops an, „Hattest Du so viel Spielzeug als Kind?“
„Meine Eltern waren etwas avers eingestellt gegen so etwas. Ich hatte einen Fußball, den ich mit meinem Bruder zu teilen hatte, und außerdem gewissermaßen einen … wie hießen gleich diese Blechdackel mit dem spiralförmigen Draht als Torso?“
„Du hattest einen Slinky!“, sagt Ray, mit freudigem Wiedererkennen.
„Slinky, richtig“, sagt Egon, und kreuzt Kästchen auf seiner Checkliste an.
„Ja, die waren witzig! Warum gewissermaßen?“
„Ich hab‘ ihn irgendwann gerade gezogen“, sagt Egon nüchtern, er wirkt etwas schuldbewußt bei der Erinnerung daran.
Dana hat das leise quengelnde Baby auf dem Schoss, während sie im Wohnzimmer sitzen, und sie Jas‘ Fragen beantwortet, Janine kritzelt methodisch auf ihrem Klemmbrett herum.
„War an dem Tag wer dabei, den Du kennst? Können wir weitere Zeugen befragen?“, fragt Jas gerade, „Wie viele Leute haben das noch gesehen?“
„Hunderte von Menschen! Aber die meisten waren abgelenkt, denn direkt davor war dieser Polizeieinsatz, mit Schusswechsel. Die Passanten haben gar nicht so schnell geschaltet, vermutlich war es auch deswegen, dass mir keiner geholfen hat. Wahrscheinlich haben die gedacht, der Wagen rollt aus ganz gewöhnlichen Gründen, und ich hätte nur schlecht drauf aufgepasst“, und gleich hält sie Oscar etwas fester.
„Wenn der Wagen einen Kilometer weit gerollt ist, welches Tempo hatte er denn drauf?“, will Jas wissen.
„Wie soll ich das wissen? Vielleicht wie ein Fahrrad oder so … aber er musste ja ständig Slalom fahren auf dem Bürgersteig, das hat ihn verlangsamt.“
„Wie ein Fahrrad?“, fragt Janine verblüfft, „Und Du hast ihn zu Fuß eingeholt?“
„Ich kann richtig schnell sprinten, wenn ich muss …!“, sagt Dana verbissen, und sie schaut drein wie eine Wildkatze.
Elliott sagt etwas verhalten, „Zusatzfrage: Hat Deine Familie eigentlich osteuropäische Wurzeln …? Hat Du irgendwelche Verwandten in Rumänien?“
Dana fragt irritiert, „Was ist das denn für eine komische Frage?“
Er windet sich ein wenig und kichert, „Ah-ah-ah, Miss Barrett, nicht ablenken, einfach dem netten Onkel Wissenschaftsexperten seine Frage beantworten, ja? Schön spontan und unvoreingenommen!“
„Rumänien? Bei meinem Glück, vermutlich Dracula, Onkel Experte!“, witzelt Dana.
„Sooo, hier ist der Kaffée, den Sie geordert haben, werte Herrschaften“, näselt plötzlich Peter, jetzt ein Handtuch über dem Arm und ein Silbertablett mit Tassen darauf triumphal auf der Hand, wie ein Oberkellner. Er hat sich offensichtlich wieder gefangen, und schon scheint er in Stimmung für provokante Clownereien.
„Hier, voilá, für die eine Dame, und für den Herren“, sagt er, und reicht Janine und Jas ihre Tassen, Dana scheinbar ignorierend.
„Die Damen zuerst, Garçon“, bemerkt Jas.
„Und hier natürlich, last but not least, für die Dame des Hauses, mit besonderer Empfehlung des Küchenchefs“, sagt Peter und reicht Dana ihre Tasse, „Und was darf ich dem Baby bringen?“
„Sehr aufmerksam“, murrt Dana, „Der hatte gerade sein Fläschchen. Wenn Du mein bestes Geschirrhandtuch in die Küche zurückbringst, damit wäre uns allen schon geholfen, das ist ein Erbstück, wie Du vielleicht noch weißt.“
„Sehr wohl“, näselt Peter, kneift Oscar in die Wange, und schwebt erhobenen Hauptes davon.
Dana rollt die Augen.
„Wir wären dann so weit!“, sagt Ray, als er und Egon aus dem Kinderzimmer kommen, der steckt gerade das PKE-Gerät ein, „Wir könnten jetzt mal die Straße unter die Lupe nehmen. Und zwar hurtig, bevor's dunkel wird!“
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