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proaktives Rollenspiel - nur ein neuer Begriff für eine alte Thematik?(Sandbox)

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Issi:
Nicht viel Zeit und nicht alles gelesen, daher kurz:

1. Um wen soll sich das Ganze denn sonst drehen, wenn nicht um die SC?

Das jetzt als besonders spektakulär zu hypen, kann ich mir nur so erklären, dass es da draußen noch immer genug Spielleiter gibt, (die sich in ihre Abenteuer verlieben), und für die die Figuren ihrer Spieler austauschbar sind.

Das muss auch gar kein böser Wille sein, schließlich funktionieren viele Kaufabenteuer genau so.
Das Abenteuer steht, die Figuren sind austauschbar.

Keiner nimmt SL Frischlinge an die Hand, und sagt ihnen, dass das so nicht sein muss.
Zeigt Ihnen, wie man selbst Kaufabenteuer nachträglich personalisieren kann oder Abenteuer baut, die für die SC maßgeschneidert sind.

Man muss dazu sagen: Manche wollen das auch gar nicht.

Murphy:
Ich habe lieber Geschichten, die in der Welt geschehen und auf die die SC reagieren können. Da wir ihre Geschichte erzählen, sind sie automatisch Mittelpunkt davon. Aber, dass sich die Welt so anpassen muss, damit die Geschichte möglichst egozentrisch wird, verstehe ich nicht. Weder als SL, noch als Spieler.

Und ja, ich schicke auch keine Gruppe von Piraten auf eine One-shot-Wüstenexpedition, aber es gibt Geschichten zu erleben und als welcher Charakter du da hineinstolperst ist tatsächlich Zufall (wie im Leben) und nicht so wichtig. Du löst die Probleme mit den Fähigkeiten, die dir gegeben sind. Wie auch sonst?

Sonst wären wir ja wieder beim Roman, den alle partout nicht spielen wollen, weil gescriptet. Wenn die Figur aber perfekt auf die Story geformt ist, bzw. umgekehrt, ist das doch auch wie im Roman und nicht wie im Leben.

Diese «neue» Art des Rollenspiels geht weiter als die Sandbox, da sie nicht nur offen ist (im Stile von: hier Sandkasten, gehe hin, wo du willst und tue, was du willst). Sie sagt sogar: Du willst einen Drachen zähmen? Dann ist da natürlich ein Drache. Was für ein Drache soll es denn sein? Are you happy, yet? Oder du willst ein mächtiges Artefakt wiederfinden? Selbstverständlich kannst du das Höhlensystem erkunden und am Ende den magischen Kristall finden. Bei mir ist es dann aber so: In der Zwischenzeit trägt leider niemand den Ring nach Mordor und die Welt geht unter.

Eine Nebenquest aus der Hintergrundstory eines Charakters einzufügen, dagegen habe ich nichts. Aber Wunschkonzert geht mir zu weit.

Dieses «ich will der Mittelpunkt sein und alles soll sich um mich und meine Wünsche drehen», scheint mir ein Gen-Z-Thema zu sein und sich daher natürlich auch im Rollenspiel niederzuschlagen. Drum ist es «modern». Mir persönlich geht da der Service-Gedanke als SL definitiv zu weit. Wenn es nur noch um spontane Bespassung und Befriedigung von Individualwünschen geht, könnte ich auch in der Kita arbeiten.

Boba Fett:
Ich bin erst einmal pro proaktiv.
Denn, wenn die Spieler motiviert sind, dann befruchtet dies das Rollenspiel. Das finde ich allgemein besser, als wenn der Spielleiter Motivationen (Weltuntergang verhindern, Geld, irgendwas dazwischen) liefern muss.
Und das sehe ich auch unabhängig von Sandboxing. Wobei Sandboxing natürlich ohne Interesse und Motivation seitens der Spieler(-Charaktere) extrem schwer ist.
Aber proaktives Spiel kann ich überall betreiben. Man muss halt in der Lage sein, seinen Charakter zu formen.

Letztendlich ist proaktives Spiel doch das genaue Gegenteil von "mein Charakter ist halt so" Blockadehaltung... (These)

Was ich gern mag, ist, wenn man sich zum Anfang eines Charakters erst einmal vage aufstellt, was Motivationen und Hintergrund angeht und das sich dass dann mit der Zeit präzisiert - passend zur Kampagne. Ich komme nicht mit 10 Seiten Charakterbeschreibung zum Spiel. Wenn es 10 Worte sind, ist es schon viel.
Nach ein paar Sitzungen weiss ich dann, wie die Figur sich anfühlt und spielt, wie die Welt im Kopf des SpL funktioniert und in welche Richtung die Kampagne geht. Und dann entwickelt sich auch der Charakter backwards weiter. Und zwar, damit er proaktiv ist...

Ein Spielleiter, der erwartet, dass die Spieler gleich mit ihren Charakteren ankommen und konkret was wollen, wird meiner Auffassung nach oft Enttäuschungen erleben. Sowas klappt nur, wenn man seit Jahren bei dem SpL im gleichen Setting das gleiche System spielt. Also wenn die Umgebungsvariablen wirklich gut bekannt sind.
Sobald aber was neues dabei ist - woher soll ich wissen, wie der Spielleiter sich die Welt in der wir neuerdings spielen, vorstellt und ob mein Konzept da reinpasst. Und ja, er kann natürlich sich voll anpassen, weil er so superflexibel ist. Aber dann wird es eben auch schnell Wischi-Waschi, weil der Spielleiter mir keinerlei Rahmenbedingungen liefert und dann gibt es wenig, auf das ich meine Flexibilität beweisen kann.

Zum Thema Dienstleistung: Liefern müssen immer beide Seiten. Der SpL ist nicht der alleinige Bespaßer aber er ist nun mal der, der im Spiel eine leitende Funktion hat. Und das heisst für mich auch, dass er eben oft richtungsgebend mitwirkt.
Aber die Charakter-Spielenden müssen auch liefern. Motivation der Charakere, Ideen, Beteiligung... Irgendwo muss der Spielleiter ja auch seine Motivation bekommen.
Das ist keine One-Man Show aber auch kein Spontan-Theater... Es ist Rollenspiel.

Sphinx:
Ich habe das Buch auch schon zur Hälfte durchgelesen (brauche aktuell ein zweites paar Augen, so viel wie ich Lesen möchte aber Zeitlich nicht schaffe). Ansich ist das ganze sehr schön beschrieben und es macht in der Tat lust so zu Leiten.
Tja wenn ich nicht schon mal so geleitet hätte und es schlechter funktioniert hat als "klassisch" zu Leiten. Ich bin allerdings sicher das es gut funktionieren kann Proaktiv zu spielen. Nur sind meine Spieler nicht dafür geeignet bzw. wollen nicht ihre Komfortzone verlassen. Zwar haben deren Charaktere zwar Ziele, aber sie versuchen sie irgendwie nicht richtig zu verfolgen.

Als ich meine ersten Gehversuche als DM hinter mir hatte, hab ich eine neue Gruppe gestartet. Die hatte ich von Anfang an Proaktiv geleitet, hat auch ganz gut funktioniert. Nur irgendwann haben die Spieler die Lust an ihrer eigenen Story verloren und wir haben gemeinschaftlich neu Angefangen, ein vorgefertigtes lineares AB zu spielen. Wo die allgemeine Meinung war das es so schöner ist zu Spielen.
Ich glaube das liegt maßgeblich daran wie voll das Leben der Spieler ist. Ich merke sehr häufig wie schwankend die Spieler "Leistung" ist, je nachdem wie Anstrengend das restliche Leben aktuell ist. Und ich hab viele mit vollem Terminplan. Da ist es vermutlich angenehmer einfach einem Strom zu folgen als konstant etwas aus eigenem Antrieb zu bewerkstelligen.
So wie ich nach einem anstrengendem Tag ehr sinnlos Youtube schaue als selbst ein PC Spiel zu spielen.

Ich Plane aber für vermutlich nächstes Jahr eine dritte Runde aufzubauen. Dort will ich die PF2 Königsmacher Kampagne Leiten. Die kann man als Sandbox mit Checkpoints auslegen und bietet sehr viel Platz für Proaktives Rollenspiel mit einem Mantel einer vorgegebenen Story. Ich hoffe das ich dort das beste aus beiden Welten Kombinieren kann. Dort werde ich dann auch entsprechende Sorgfalt bei der Spielerauswahl walten lassen. Damit ich Spieler habe, die eben Spaß dran haben ihren Charakter Proaktiv zu spielen. Bin sehr gespannt wie das Experiment ausgeht.

unicum:
Ich denke bei dieser Art zu spielen ist es noch wichtiger als bei anderen Spielarten das die Gruppe einfach passt.

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