Medien & Phantastik > Lesen
Reading Challenge 2025
Weltengeist:
Der April war erstaunlich "leseaktiv" für meine Verhältnisse:
* David Safier - Miss Merkel: Mord in der Uckermarck.
Nette Unterhaltung für zwischendurch, und Safier kann einfach schreiben. Auf den ersten hundert Seiten musste ich wirklich ziemlich häufig lachen, später ist es dann eher ein gut gemachter Feelgood-Krimi (wenn es sowas denn überhaupt gibt).
* Zümrüt Gülbay-Peischard - Akadämlich.
Normalerweise fasse ich Bücher mit derart provokanten Titeln (es geht um die Studierunfähigkeit der jungen Generation) gar nicht erst an, aber hier haben Rezensenten versichert, das Buch sei viel differenzierter als sein Cover. Ich finde, die haben gelogen. Die Autorin fällt immer und immer wieder in "die jungen Leute von heute"-Klischees. Zwischendurch fällt ihr zwar immer mal wieder ein, dass sie hier eigentlich nur von einer Teilmenge redet und dass die eigentlich auch gar nichts dafür können, aber dann geht es sofort wieder mit "die jungen Leute" weiter. Hinzu kommt, dass sogar für jemanden wie mich (der eigentlich schon eher konservativ ist und bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen auch mit Sorge sieht) vieles von dem, was sie sich vorstellt oder auch wie sie kommuniziert, schwer aus der Zeit gefallen klingt. Oder auch schon zu Zeiten, als ich Student war, absurd war (Beispiel: Wer von euch, die ihr studiert habt, war von Dankbarkeit ergriffen über das Privileg, im deutschen Hochschulsystem kostenlos studieren zu dürfen? Die Autorin beklagt aber, dass das die heutigen Studierenden nicht mehr sind...). Was bleibt, ist eine Ansammlung von Beobachtungen, die jeder Lehrende bestätigen kann, die aber (1) nicht für alle Studis/Schüler zutreffen und die man (2) auch bei reichlich Vertretern der älteren Generationen beobachten kann. Insgesamt zwar gut runterzulesen, aber zumindest für mich mit wenig Erkenntnisgewinn.
* Richard Hemmer, Daniel Meßner - Geschichten aus der Geschichte.
Eine Sammlung von Kurzbiografien oder Kurzerzählungen über historische Personen und Gegebenheiten. Hätte eigentlich genau mein Ding sein müssen, aber vielleicht war der Fokus (ausschließlich Entdeckergeschichten) zu eng? Jedenfalls war ich irgendwann gar nicht mehr so begeistert, wie ich es erwartet hätte.
* Anthony McCarthen - Warren Buffett und Bill Gates.
Interessanter Ansatz einer Kombibiografie von zwei der reichsten Männer der Welt (die eng befreundet sind, daher die gemeinsame Betrachtung). Die erste Hälfte habe ich auch mit Freuden gelesen, in der zweiten Hälfte kippt der Fokus aber zunehmend in Richtung "Kritik privater Spendenaktivität" mit der generellen Stoßrichtung "es wäre besser gewesen, sie wären gar nicht reich geworden". Das hatte für mich mal wieder den Beigeschmack von "ich hab zwar selbst nichts gerissen, aber zumindest weiß ich besser, was die anderen hätten machen sollen" und ist mir immer ein wenig unsympathisch. Sagt der Typ, der hier ein Buch rezensiert, ohne je selbst eins geschrieben zu haben...Abbrecher gab es auch:
* Jan Nowatschek - Die Verschwörung von Eldergrove.
Vielleicht der schnellste Abbrecher, den ich jemals hatte, aber ich bin gegen den Schreibstil schon vom Start weg nicht angekommen. Auf Seite 3 war daher bereits Feierabend.
* Max McCoy - Indiana Jones und das Geheimnis von Thule.
Pulp und Hohlwelt, was kann da schon schiefgehen? Dachte ich jedenfalls. Aber nach 75 (von 300) Seiten waren wir noch nicht mal in der Nähe der Hohlwelt, und die Story erstreckte sich im Wesentlichen darauf, dass alle 15 Seiten ein anderer Nazi versucht, Indy umzubringen - der sich an diesen Umstand überdies auch überhaupt nicht anpasst, sondern einfach so tut, als sei nichts gewesen. Dazu fügen wir noch die üblichen ignoranten Autoritäten hinzu, die JEDESMAL statt der Nazis dann lieber Indy verhaften oder verprügeln - irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr.Zwischenstand zum Leseziel: 4.352 Seiten (von 12.000).
Belfionn:
Ich wollte nur Mal gerade von der Seitenlinie einwerfen, dass ich mich zwar selbst nicht hier beteilige, aber fleißig eure Meinungen lese und schon einige gute Lesetipps aus diesem Thread (und dem "Was Lest ihr gerade?") für mich gezogen habe. Danke für die Kurzrezis wie in den letzten drei Beiträgen! :d
Ich muss mich echt auch Mal aufraffen dazu...
Irian:
#21 Adrian Tchaikovsky - Service Model
Ich würde es mal als eine Mischung von "Murderbot" (auch wenn in diesem Fall eher "Butlerbot") und "Per Anhalter durch die Galaxis" beschreiben. Ein Roboter-Protagonist in einer durch die Umstände recht weirden Welt, die sich am Ende etwas als Kritik an der aktuellen Menschheit entpuppt, was alles in allem tatsächlich recht gut ist.
Menthir:
Folgende Bücher habe ich seit meinem letzten Beitrag gelesen, deswegen nur verkürzte Texte dazu:
#7 Barbara Kingsolver - Demon Copperhead
Dieses Buch sollte ein ergreifendes Werk über die Opioid-Krise in den Südstaaten der USA sein. Manche fanden es auch spannend. Ich fand, dass die Autorin viele gute und spannende Themen gesetzt hat, am Ende bleibt viel davon aber leer und ausgebrannt. Das war mein Eindruck des Buches. Ich verstehe, dass es Preise gewonnen hat. Der Aufbau ist definitiv von professioneller Hand gestaltet. Aber weder die Auflösung des Buches ist stilistisch befriedigend, noch hat es mich ergriffen. Ich habe mich auf die Lektüre gefreut, weil das Thema Schmerzmittel und Drogen auch in meinem Umfeld eine Rolle gespielt haben. Den Verfall hat Kingsolver weniger ergreifend als konstruiert dargestellt. Das mag sogar eine Stärke sein, denn was das angeht, ist das Buch so, wie es häufig den Betroffenen von diesen Krisen geht: ihnen wird ein Stück weit alles egal. Sie sind emotional ausgebrannt und mit sich selbst und der Sucht beschäftigt. Und das ist das Werk dann auch. Was ich schade finde, denn es hätte definitiv alle Zutaten für ein Meisterwerk, vom Schreibstil, von den Themen, von der Länge: am Ende klickt es jedoch für mich nicht. Am Ende bleibt es etwas zu egal und zu wenig konsequent in seinen Erzählstrukturen.
5 von 10 Punkten
#8 David Zeb Cook - Vikings - Campaigns Sourcebook - AD&D
Ich gehöre schon zu einer Spielergeneration von D&D, die erst mit der 3. Edition um das Jahr 2000 in das Spiel eingestiegen ist. AD&D im Rückgriff ist vor allem durch die PC-Spiele (Baldur's Gate v.a.) und durch die Beschäftigung mit den Realms für mich wichtig geworden.
Jahrelang habe ich schon historische und pseudohistorische Runden geleitet, aber den Kampagnenbüchern aus AD&D wenig Beachtung geschenkt. Und ich muss sagen, das war vielleicht ein Fehler. Das Buch ist kurz, aber schlüssig. Es ist auf dem Stand der historischen Forschung der damaligen Zeit und zeigt genau auf, wo Phantasie und Geschichte zu trennen sind. Es ist lediglich etwas zu kurz geraten und in alter AD&D-Art gibt es dem Spielleiter zu wenig an die Hand, wie er das neu gewonnene Wissen wirklich anwendet. Mehr Wissensquelle als Komptenzwerk. Aber trotzdem erfrischend gut.
6,5 von 10 Punkten
#9 Wolf Haas - Müll
Ich habe vorher noch nie einen Brenner-Krimi gelesen und habe den aus einer Krabbelkiste geborgen. Es ist dunkel, lebensweise, und trotzdem eine Mischung aus gritty und witzig. Wolf Haas hat sich zurecht einen Ruf erarbeitet und einen berühmten Stil. Man kann die Wiener Schmäh rauslesen, ohne dass es kitschig oder nervig wird. Der Erzähler ist launig, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Das Buch ist glaubwürdig abstrus, manchmal sogar poetisch; und gerade dann, wenn es das nicht so richtig sein will. Lebensklug. Und der Umgang mit Sprache ist es wert, dass man das Buch liest. Ich würde auf jeden Fall noch einen Haas in die Hand nehmen.
8 von 10 Punkten
#10 Ian Heath - The Vikings
Ich liebe die historischen Illustrationen von Angus McBride. Es ist ein kurzes Buch aus der Osprey-Reihe. Im Rahmen einer Kampagnenvorbereitung habe ich das kurze Büchlein gelesen. Es ist quasi eine noch kürzere Einführung, an 2-3 Stellen fast zu Detail-verliebt, und dann am Ende nicht zusammenhängend genug, aber trotzdem eine brauchbare Einführung. Und dann sind da eben noch die Illustrationen.
Deswegen 6 von 10 Punkten
#11 Klaus-Jürgen Bremm - 1864 - Bismarcks erster Krieg
Bremms Buch hat auf der Habenseite für sich stehen, dass es die Vorgeschichte des Krieges, gerade unter Einbeziehung der Erhebung ab 1848, verständlich und konzise beschreibt.
Insgesamt ist der Erkenntnisgewinn für mich jedoch nicht so groß gewesen. Das Buch will ein Stück weit Militärgeschichte, Vertragsgeschichte und Populärgeschichte miteinander vermählen. Der Grundidee ist unbedingt zu folgen. Allerdings ist die Perspektive auf Moltke und Bismarck zu verkürzt und zu einfach; die anderen Macher und Teilnehmer der wichtigen Entscheidungen sind zu kurz angeschnitten. Die Urteile über die Teilnehmer und Protagonisten dieses Kriegers und seiner Vorgeschichte zu deutlich bei zu wenig Informationen. Es wird sozusagen - überspitzt dargestellt - nur in Versager und Genies unterschieden. Das wird der sehr komplexen Geschichte am Ende m.E. nicht gerecht.
Um wirklich populärwissenschaftlich zu sein, entbehrt es dann wiederum den flüssigen Stil, den es bräuchte, um den Erfolg zu zeitigen, den man solchen Wirken gerne gönnen mag.
Die militärgeschichtliche Seite des Buches wiederum zeigt, dass Bremm aus diesem Thema kommt. Es gelingt ihm hier am ehesten, ein sehr komplexes Thema einfach und anschaulich zu beschreiben, und das passt dann auch in den kurzen Rahmen des Buches.
Insgesamt gelingt die Vermählung dieser unterschiedlichen Bereiche nicht immer überzeugend. Als Einstiegswerk in die Thematik ist es dennoch geeignet, gerade weil die Vorgeschichte und die besonders schwer zu verstehenden Vorbedingungen verständlich dargestellt sind. Allerdings übernimmt es manche Mythen aus der Bismarck-Welt zu unreflektiert und zu unkritisch; und die zu knappe Charakterisierung der handelnden Menschen ist am Ende der größte Mangel einer letzlich lesbaren Einführung.
4,5 von 10 Punkten
Weltengeist:
--- Zitat von: Managarmr am 27.01.2025 | 22:00 ---#4 Stuart Turton - The Seven Deaths of Evelyn Hardcastle
Gibt's auf Deutsch als "Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle".
Normalerweise ziehe ich es vor, wenn möglich, Bücher in der Originalsprache zu lesen, dies hier las ich in der schwedischen Ausgabe (De sju morden på Evelyn Hardcastle), da geschenkt bekommen.
Kriminalgeschichte im Agatha Christie Stil, aber was für eine Achterbahn, im positiven Sinne. Turton hat 3 Jahre gebraucht mit einem Zimmer voller Post It Zettel. Genial konstruiert, aber mehr zu sagen wäre Spoiler.
Und eine interessante Fundgrube für Spielleitung die was im viktorianischen England oder zwischen den Weltkriegen machen will. Ginge auch für Fading Suns o.ä.
Lauter +/-widrige Leute aus der Oberschicht, und dazwischen unterdrückte gierige Dienerschaft. Zwischendurch ganz schön düster.
--- Ende Zitat ---
Ich komme mal hierauf zurück. Bin derzeit bei ca. Seite 175 und ringe gerade mit mir, ob ich das Buch weiterlese. Mein Problem: Gerade bei der ganzen Zeitsprung- und Hostthematik kann ich mir mittlerweile nicht mehr vorstellen, dass er das noch vernünftig (lies: logisch) aufgelöst kriegt. Gefühlt ist das Buch jetzt schon voller Widersprüche, wer was wann weiß oder was er/sie dann tun müsste. Und ich weiß, dass ich mich irre aufregen werde, wenn ich nach 600 Seiten feststellen muss, dass das alles irgendwie nur Vehikel für eine abgedrehte Story waren, dass aber keine brauchbare Erklärung dafür geliefert wird.
Daher mal die direkte Frage an dich (in der Hoffnung, dass sich das ohne Spoiler beantworten lässt): Gelingt das? Gibt es am Ende wirklich eine befriedigende Auflösung? Oder geht es dem Autoren nur darum, möglichst viel Verwirrung für den Leser zu stiften?
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